Dr. Hans-Dieter Drewitz: "Die Junioren-Bundesliga ist eine Marke"

Seit mehr als zehn Jahren gibt es die A-Junioren-Bundesliga. Schnell hat sie sich als Sprungbrett etabliert - für heutige Nationalspieler wie Sami Khedira ebenso wie für Fußball-Lehrer, die mittlerweile Bundesligaprofis trainieren, zum Beispiel Christian Streich. Zum Jubiläum beleuchtet DFB.de die wichtigste Junioren-Spielklasse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Heute: Dr. Hans-Dieter Drewitz, DFB-Vizepräsident Jugend.

DFB-Vizepräsident Dr. Hans-Dieter Drewitz (65) hat sich der Jugendarbeit und der Nachwuchsförderung im Deutschen Fußball-Bund verschrieben. Von 1998 bis 2007 leitete der promovierte Volljurist aus Haßloch bereits den DFB-Jugendausschuss, ehe er erstmals ins Präsidium gewählt wurde und dort den gesamten Nachwuchsbereich verantwortet.

Hans-Dieter Drewitz, der hauptberuflich 30 Jahre lang in der Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz gearbeitet hatte, war maßgeblich an den großen Reformen im deutschen Jugendfußball wie der Etablierung von DFB-Stützpunkten, Nachwuchsleistungszentren und Eliteschulen sowie der Einführung der Junioren-Bundesligen beteiligt.

Im Rahmen der Jubiläumsserie zum zehnjährigen Bestehen der A-Junioren-Bundesliga äußert sich Dr. Hans-Dieter Drewitz, der als Präsident auch dem Fußballverband Südwest und dem Südwestdeutschen Regionalverband vorsteht, im DFB.de-Gespräch der Woche mit dem Journalisten Ralf Debat über die Entwicklung der Nachwuchsförderung, das Ende des "Rumpelfußballs" und leuchtende Augen beim DFB-Empfang.

DFB.de: Was hat zu Beginn des neuen Jahrtausends den Anstoß gegeben, eine neue Premium-Spielklasse im deutschen Nachwuchsfußball einzuführen, Herr Dr. Drewitz?

Dr. Hans-Dieter Drewitz: Nach dem WM-Debakel 1998 und dem frühzeitigen Ausscheiden unserer Nationalmannschaft bei der Euro 2000 hat vor allem Gerhard Mayer-Vorfelder als DFB-Präsident die wichtigen Reformen, zu denen auch die Gründung der Junioren-Bundesliga gehörte, auf den Weg gebracht. Ich bin froh, dass auch ich daran auf einer verantwortungsvollen Position mitwirken konnte. Um ganz ehrlich zu sein, mussten wir uns gerade im Bereich der A-Junioren-Bundesliga gegen einige Widerstände durchsetzen.

DFB.de: Welche Bedenken gab es?

Drewitz: Wir hatten erst wenige Jahre zuvor im U 19-Bereich die Regionalligen eingeführt, die sich aus der Sicht vieler Beobachter schon recht gut bewährt hatten. Ich will auch gar nicht verhehlen, dass es ganz sicher einige gute Gründe gibt, sich im Leistungsbereich recht breit aufzustellen. Nachdem wir jedoch durch die Etablierung der zertifizierten Nachwuchsleistungszentren und der DFB-Stützpunkte bereits im Trainingsbereich eine Eliteförderung erreicht hatten, war es für uns der logische Schritt, die Elite auch im Wettbewerbsbereich noch stärker zu konzentrieren.

DFB.de: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der A-Junioren-Bundesliga? Welche Auswirkungen auf den deutschen Fußball hatte die Einführung der Junioren-Bundesligen?

Drewitz: Die Einführung der A- und später auch der B-Junioren-Bundesligen war die richtige Antwort auf die an uns gestellten Herausforderungen. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Spielklasse jetzt schon über zehn Jahre nie in Frage gestellt wurde. Die Junioren-Bundesliga ist eine Marke geworden, das Interesse an der Spielklasse entsprechend groß.

DFB.de: Die Spiele der Endrunde um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft werden in diesem Jahr erneut auf Sport1 live im Free-TV übertragen. Nach jedem Spieltag läuft auf DFB-TV eine Torshow aller drei Staffeln. Sehen Sie Möglichkeiten, die öffentliche Aufmerksamkeit noch weiter zu steigern?

Drewitz: Die Resonanz ist auf jeden Fall sehr erfreulich, auch die Rückmeldungen durch die Vereine sind ausgesprochen positiv. Grundsätzlich gehört Klappern nun mal zum Handwerk. Früher waren die Vertreter des Jugendfußballs eher die Stillen im Lande, das hat sich zum Glück deutlich geändert. Die Leistungen werden jetzt viel stärker wahrgenommen.

DFB.de: Es wird in den A-Junioren-Bundesliga von Anfang an in den drei Staffeln Nord/Nordost, West und Süd/Südwest gespielt. Anschließend findet die Meisterschaftsendrunde mit vier Mannschaften statt. Hat sich dieser Modus bewährt oder sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Drewitz: Der aktuelle Modus ist - das haben die vergangenen Jahre eindrucksvoll gezeigt - auf jeden Fall eine sehr gute Lösung. Dass er auch in fünf oder zehn Jahren noch die bestmögliche Variante sein wird, möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhersagen. Wir beobachten die Entwicklung jedenfalls ganz genau und stellen beispielsweise fest, dass die absoluten Spitzenspieler unserer Profivereine im U 19-Alter oft gar nicht mehr in der A-Junioren-Bundesliga eingesetzt werden, sondern für die jeweilige U 23-Mannschaft spielen oder sogar schon den Sprung zu den Profis geschafft haben. Es gibt verschiedene Modelle, wie man darauf strukturell reagieren könnte.

DFB.de: Sie sind seit 2007 als DFB-Vizepräsident für den Nachwuchs zuständig, waren zuvor Vorsitzender des DFB-Jugendausschusses. Welche Themen und Projekte sind Ihnen besonders wichtig?

Drewitz: Da spielen neben dem Wettbewerbsfußball viele Faktoren eine Rolle. Beispielsweise die Fortentwicklung der Zusammenarbeit mit den Eliteschulen, die intensive Begleitung und Förderung der Junioren-Nationalmannschaften, aber auch mögliche und notwendige Strukturveränderungen im Jugendbereich unserer Amateurvereine. Dazu haben der DFB-Amateurfußballkongress in Kassel und der DFB-Bundestag wichtige Anstöße gegeben. Gerade unsere kleinen Vereine leisten großartige Sozialarbeit, indem sie Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, mit ihren Freunden Sport zu treiben und Gemeinschaft zu erleben.

DFB.de: Welchen Raum nehmen die Junioren-Bundesligen im Rahmen Ihrer Tätigkeit ein?

Drewitz: Da sämtliche Bereiche ineinander übergehen und miteinander verzahnt sind, lässt sich das sicher nicht in Stunden messen. Dazu gehören beispielsweise der Besuch und die Abwicklung von Staffeltagungen, regelmäßige Treffen der Gremien und ein ständiger Austausch mit der DFB-Zentralverwaltung, die auch in diesem Bereich über hoch motivierte und bestens geschulte Mitarbeiter verfügt. Die Zusammenarbeit ist mir eine große Freude.

DFB.de: Vor allem aus dem Süden sind einige Profivereine der 2. Bundesliga gar nicht oder nicht regelmäßig in den Junioren-Bundesligen vertreten. Wo sehen Sie die Ursachen?

Drewitz: Zum einen spielt sicher eine Rolle, welche Schwerpunkte die Vereine setzen. So sind beispielsweise der SV Sandhausen und der VfR Aalen noch sehr neu im Profifußball und können erst nach und nach ihre Strukturen verbessern. Auch der FSV Frankfurt hat es in Hessen nicht leicht, sich gegenüber der Eintracht zu behaupten. Oder nehmen Sie das Beispiel meines eigenen Regionalverbandes Südwest. Dort ist Mainz als inzwischen etablierter Bundesligist auch in den obersten Junioren-Spielklassen gesetzt. Aber selbst für einen Traditionsverein wie den 1. FC Kaiserslautern ist es schwierig, sich mit der U 19 und U 17 ständig in der Bundesliga zu halten. Der 1. FC Saarbrücken schafft es sogar nur gelegentlich. Die Zusammensetzung der Ligen ist unter anderem auch ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der jeweiligen Region.

DFB.de: Reine Amateurvereine tun sich schwer, ihre Nachwuchsmannschaften in der Junioren-Bundesliga zu halten. Ist diese Konzentration der Kräfte gewollt?

Drewitz: Wir wollten und wollen die Elite fördern. Dafür war eine Konzentration der Kräfte notwendig und richtig. Grundsätzlich aber sind wir nach wie vor offen für alle, die Leistung bringen und die sich sportlich qualifizieren. Von ‚closed shops’ halte ich nichts. Es gibt deshalb für die kleineren Vereine, die in den Junioren-Bundesligen mitspielen, auch eine besondere Förderung durch den DFB, um ihre Arbeit zu unterstützen. Nicht nur im DFB-Pokal zeigt die eine oder andere Überraschung, wozu die vermeintlich 'Kleinen' fähig sind.

DFB.de: Der DFB steht der in diesem Jahr von der UEFA eingeführten Youth League, an der alle U 19-Mannschaften der für die Champions League qualifizierten Vereine teilnehmen müssen, kritisch gegenüber. Was sind die Gründe? Welche Änderungen könnten für ein Umdenken sorgen?

Drewitz: Zum einen müssen wir darauf achten, dass unsere jungen Spieler nicht überlastet werden, zumal sie neben dem Fußball auch ihre schulische Entwicklung im Auge behalten müssen. Vor allem aber ist es aus unserer Sicht nicht schlüssig, wenn als einziges Qualifikationskriterium die Leistungen der jeweiligen Männermannschaft herangezogen werden. Deshalb spielt in diesem Jahr beispielsweise der Deutsche A-Junioren-Meister VfL Wolfsburg nicht mit, weil die eigenen Profis sich nicht für den internationalen Wettbewerb qualifizieren konnten. Das ist aus sportlicher Sicht schwer nachvollziehbar.

DFB.de: In ihr Aufgabenfeld fallen auch der Schulfußball, das Stützpunkttraining und die Junioren-Nationalmannschaften. Wie bewerten Sie das Zusammenspiel dieser Eckpfeiler des deutschen Nachwuchsfußballs?

Drewitz: Alles hängt mit allem zusammen, das macht in erster Linie den Erfolg aus. Dazu ein konkretes Beispiel: Durch die Etablierung von Eliteschulen ist es gelungen, für noch professionellere Trainingsbedingungen zu sorgen. Da auf der anderen Seite aber auch die schulischen Anforderungen an unsere jungen Spieler steigen, sind inzwischen bei mehrwöchigen Maßnahmen oder Turnieren unserer U-Nationalmannschaften immer auch zwei Lehrkräfte für die Bereiche Naturwissenschaften und Sprachen dabei, die in Abstimmung mit den Schulen Unterrichtsmaßnahmen durchführen. So können beispielsweise sogar Klassenarbeiten nahezu zeitgleich geschrieben werden und müssen nicht später aufwendig nachgeholt werden. Das ist ein riesiger Fortschritt.

DFB.de: Wie wichtig ist für Sie der sportliche Erfolg der Junioren-Nationalmannschaften? Oder steht allein die Weiterentwicklung der jungen Spieler im Vordergrund?

Drewitz: Wer auf dem Platz nicht gewinnen will, der sollte mit dem Leistungsfußball aufhören. Immer Erster werden zu wollen und dafür mit fairen Mitteln das Optimale herauszuholen, ist ein fester Bestandteil unserer Ausbildung. Zu behaupten, es gehe immer nur um die individuelle Weiterentwicklung, wäre Quatsch.

DFB.de: Wie sehr hat sich die Ausbildung der Nachwuchsspieler in den vergangenen zehn bis 15 Jahren verändert? Welche Maßnahmen waren und sind entscheidend?

Drewitz: Entscheidend war für mich vor allem die Ganzheitlichkeit des Konzepts. Früher wurden obeliskartig einzelne Maßnahmen beschlossen, die erhoffte Wirkung blieb meistens aus. Da wir damals jedoch ein Paket von Neuerungen auf den Weg gebracht haben, die zusammen optimal wirken, kann sich das Ergebnis heute wahrlich sehen lassen. Wenn wir Spiele der Junioren-Bundesliga, vor allem aber unserer U-Nationalmannschaften verfolgen, kann von Rumpelfußball schon lange keine Rede mehr sein. Wo wir früher noch zahlreiche Stockfehler und versprungene Bälle gesehen haben, ist das jetzt die absolute Ausnahme. Das Niveau ist deutlich höher - und davon profitiert auch die A-Mannschaft.

DFB.de: Deutschland wird in diesem Jahr bei der WM in Brasilien mit einer A-Nationalmannschaft an den Start gehen, deren Spieler fast ausnahmslos das Förderprogramm des DFB und der DFL durchlaufen und früher auch in den Junioren-Bundesligen gespielt haben. Geht Ihnen da das Herz auf?

Drewitz: Die Entwicklung zahlreicher Nationalspieler konnte ich in den vergangenen Jahren selbst beobachten und kenne viele auch persönlich - wie etwa Sami Khedira oder Manuel Neuer. Dass unsere gemeinsam angestoßenen Maßnahmen gut gedeihen, ist der schönste Lohn für unsere Arbeit.

DFB.de: Zum Abschluss: Welche Momente sind Ihnen aus zehn Jahren A-Junioren-Bundesliga ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Drewitz: Da gab es fußballerisch mit Sicherheit viele Höhepunkte. Besonders gerne denke ich aber an die DFB-Empfänge vor Meisterschafts- oder Pokalendspielen zurück. Mitzuerleben, wie junge Fußballer einem solchen Ereignis entgegen fiebern, und dabei in leuchtende Augen zu blicken, da geht mir wirklich das Herz auf.

[mspw]

Seit mehr als zehn Jahren gibt es die A-Junioren-Bundesliga. Schnell hat sie sich als Sprungbrett etabliert - für heutige Nationalspieler wie Sami Khedira ebenso wie für Fußball-Lehrer, die mittlerweile Bundesligaprofis trainieren, zum Beispiel Christian Streich. Zum Jubiläum beleuchtet DFB.de die wichtigste Junioren-Spielklasse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Heute: Dr. Hans-Dieter Drewitz, DFB-Vizepräsident Jugend.

DFB-Vizepräsident Dr. Hans-Dieter Drewitz (65) hat sich der Jugendarbeit und der Nachwuchsförderung im Deutschen Fußball-Bund verschrieben. Von 1998 bis 2007 leitete der promovierte Volljurist aus Haßloch bereits den DFB-Jugendausschuss, ehe er erstmals ins Präsidium gewählt wurde und dort den gesamten Nachwuchsbereich verantwortet.

Hans-Dieter Drewitz, der hauptberuflich 30 Jahre lang in der Staatskanzlei des Landes Rheinland-Pfalz gearbeitet hatte, war maßgeblich an den großen Reformen im deutschen Jugendfußball wie der Etablierung von DFB-Stützpunkten, Nachwuchsleistungszentren und Eliteschulen sowie der Einführung der Junioren-Bundesligen beteiligt.

Im Rahmen der Jubiläumsserie zum zehnjährigen Bestehen der A-Junioren-Bundesliga äußert sich Dr. Hans-Dieter Drewitz, der als Präsident auch dem Fußballverband Südwest und dem Südwestdeutschen Regionalverband vorsteht, im DFB.de-Gespräch der Woche mit dem Journalisten Ralf Debat über die Entwicklung der Nachwuchsförderung, das Ende des "Rumpelfußballs" und leuchtende Augen beim DFB-Empfang.

DFB.de: Was hat zu Beginn des neuen Jahrtausends den Anstoß gegeben, eine neue Premium-Spielklasse im deutschen Nachwuchsfußball einzuführen, Herr Dr. Drewitz?

Dr. Hans-Dieter Drewitz: Nach dem WM-Debakel 1998 und dem frühzeitigen Ausscheiden unserer Nationalmannschaft bei der Euro 2000 hat vor allem Gerhard Mayer-Vorfelder als DFB-Präsident die wichtigen Reformen, zu denen auch die Gründung der Junioren-Bundesliga gehörte, auf den Weg gebracht. Ich bin froh, dass auch ich daran auf einer verantwortungsvollen Position mitwirken konnte. Um ganz ehrlich zu sein, mussten wir uns gerade im Bereich der A-Junioren-Bundesliga gegen einige Widerstände durchsetzen.

DFB.de: Welche Bedenken gab es?

Drewitz: Wir hatten erst wenige Jahre zuvor im U 19-Bereich die Regionalligen eingeführt, die sich aus der Sicht vieler Beobachter schon recht gut bewährt hatten. Ich will auch gar nicht verhehlen, dass es ganz sicher einige gute Gründe gibt, sich im Leistungsbereich recht breit aufzustellen. Nachdem wir jedoch durch die Etablierung der zertifizierten Nachwuchsleistungszentren und der DFB-Stützpunkte bereits im Trainingsbereich eine Eliteförderung erreicht hatten, war es für uns der logische Schritt, die Elite auch im Wettbewerbsbereich noch stärker zu konzentrieren.

DFB.de: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der A-Junioren-Bundesliga? Welche Auswirkungen auf den deutschen Fußball hatte die Einführung der Junioren-Bundesligen?

Drewitz: Die Einführung der A- und später auch der B-Junioren-Bundesligen war die richtige Antwort auf die an uns gestellten Herausforderungen. Es kommt nicht von ungefähr, dass die Spielklasse jetzt schon über zehn Jahre nie in Frage gestellt wurde. Die Junioren-Bundesliga ist eine Marke geworden, das Interesse an der Spielklasse entsprechend groß.

DFB.de: Die Spiele der Endrunde um die Deutsche A-Junioren-Meisterschaft werden in diesem Jahr erneut auf Sport1 live im Free-TV übertragen. Nach jedem Spieltag läuft auf DFB-TV eine Torshow aller drei Staffeln. Sehen Sie Möglichkeiten, die öffentliche Aufmerksamkeit noch weiter zu steigern?

Drewitz: Die Resonanz ist auf jeden Fall sehr erfreulich, auch die Rückmeldungen durch die Vereine sind ausgesprochen positiv. Grundsätzlich gehört Klappern nun mal zum Handwerk. Früher waren die Vertreter des Jugendfußballs eher die Stillen im Lande, das hat sich zum Glück deutlich geändert. Die Leistungen werden jetzt viel stärker wahrgenommen.

DFB.de: Es wird in den A-Junioren-Bundesliga von Anfang an in den drei Staffeln Nord/Nordost, West und Süd/Südwest gespielt. Anschließend findet die Meisterschaftsendrunde mit vier Mannschaften statt. Hat sich dieser Modus bewährt oder sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?

Drewitz: Der aktuelle Modus ist - das haben die vergangenen Jahre eindrucksvoll gezeigt - auf jeden Fall eine sehr gute Lösung. Dass er auch in fünf oder zehn Jahren noch die bestmögliche Variante sein wird, möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht vorhersagen. Wir beobachten die Entwicklung jedenfalls ganz genau und stellen beispielsweise fest, dass die absoluten Spitzenspieler unserer Profivereine im U 19-Alter oft gar nicht mehr in der A-Junioren-Bundesliga eingesetzt werden, sondern für die jeweilige U 23-Mannschaft spielen oder sogar schon den Sprung zu den Profis geschafft haben. Es gibt verschiedene Modelle, wie man darauf strukturell reagieren könnte.

DFB.de: Sie sind seit 2007 als DFB-Vizepräsident für den Nachwuchs zuständig, waren zuvor Vorsitzender des DFB-Jugendausschusses. Welche Themen und Projekte sind Ihnen besonders wichtig?

Drewitz: Da spielen neben dem Wettbewerbsfußball viele Faktoren eine Rolle. Beispielsweise die Fortentwicklung der Zusammenarbeit mit den Eliteschulen, die intensive Begleitung und Förderung der Junioren-Nationalmannschaften, aber auch mögliche und notwendige Strukturveränderungen im Jugendbereich unserer Amateurvereine. Dazu haben der DFB-Amateurfußballkongress in Kassel und der DFB-Bundestag wichtige Anstöße gegeben. Gerade unsere kleinen Vereine leisten großartige Sozialarbeit, indem sie Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, mit ihren Freunden Sport zu treiben und Gemeinschaft zu erleben.

DFB.de: Welchen Raum nehmen die Junioren-Bundesligen im Rahmen Ihrer Tätigkeit ein?

Drewitz: Da sämtliche Bereiche ineinander übergehen und miteinander verzahnt sind, lässt sich das sicher nicht in Stunden messen. Dazu gehören beispielsweise der Besuch und die Abwicklung von Staffeltagungen, regelmäßige Treffen der Gremien und ein ständiger Austausch mit der DFB-Zentralverwaltung, die auch in diesem Bereich über hoch motivierte und bestens geschulte Mitarbeiter verfügt. Die Zusammenarbeit ist mir eine große Freude.

DFB.de: Vor allem aus dem Süden sind einige Profivereine der 2. Bundesliga gar nicht oder nicht regelmäßig in den Junioren-Bundesligen vertreten. Wo sehen Sie die Ursachen?

Drewitz: Zum einen spielt sicher eine Rolle, welche Schwerpunkte die Vereine setzen. So sind beispielsweise der SV Sandhausen und der VfR Aalen noch sehr neu im Profifußball und können erst nach und nach ihre Strukturen verbessern. Auch der FSV Frankfurt hat es in Hessen nicht leicht, sich gegenüber der Eintracht zu behaupten. Oder nehmen Sie das Beispiel meines eigenen Regionalverbandes Südwest. Dort ist Mainz als inzwischen etablierter Bundesligist auch in den obersten Junioren-Spielklassen gesetzt. Aber selbst für einen Traditionsverein wie den 1. FC Kaiserslautern ist es schwierig, sich mit der U 19 und U 17 ständig in der Bundesliga zu halten. Der 1. FC Saarbrücken schafft es sogar nur gelegentlich. Die Zusammensetzung der Ligen ist unter anderem auch ein Spiegelbild der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in der jeweiligen Region.

DFB.de: Reine Amateurvereine tun sich schwer, ihre Nachwuchsmannschaften in der Junioren-Bundesliga zu halten. Ist diese Konzentration der Kräfte gewollt?

Drewitz: Wir wollten und wollen die Elite fördern. Dafür war eine Konzentration der Kräfte notwendig und richtig. Grundsätzlich aber sind wir nach wie vor offen für alle, die Leistung bringen und die sich sportlich qualifizieren. Von ‚closed shops’ halte ich nichts. Es gibt deshalb für die kleineren Vereine, die in den Junioren-Bundesligen mitspielen, auch eine besondere Förderung durch den DFB, um ihre Arbeit zu unterstützen. Nicht nur im DFB-Pokal zeigt die eine oder andere Überraschung, wozu die vermeintlich 'Kleinen' fähig sind.

DFB.de: Der DFB steht der in diesem Jahr von der UEFA eingeführten Youth League, an der alle U 19-Mannschaften der für die Champions League qualifizierten Vereine teilnehmen müssen, kritisch gegenüber. Was sind die Gründe? Welche Änderungen könnten für ein Umdenken sorgen?

Drewitz: Zum einen müssen wir darauf achten, dass unsere jungen Spieler nicht überlastet werden, zumal sie neben dem Fußball auch ihre schulische Entwicklung im Auge behalten müssen. Vor allem aber ist es aus unserer Sicht nicht schlüssig, wenn als einziges Qualifikationskriterium die Leistungen der jeweiligen Männermannschaft herangezogen werden. Deshalb spielt in diesem Jahr beispielsweise der Deutsche A-Junioren-Meister VfL Wolfsburg nicht mit, weil die eigenen Profis sich nicht für den internationalen Wettbewerb qualifizieren konnten. Das ist aus sportlicher Sicht schwer nachvollziehbar.

DFB.de: In ihr Aufgabenfeld fallen auch der Schulfußball, das Stützpunkttraining und die Junioren-Nationalmannschaften. Wie bewerten Sie das Zusammenspiel dieser Eckpfeiler des deutschen Nachwuchsfußballs?

Drewitz: Alles hängt mit allem zusammen, das macht in erster Linie den Erfolg aus. Dazu ein konkretes Beispiel: Durch die Etablierung von Eliteschulen ist es gelungen, für noch professionellere Trainingsbedingungen zu sorgen. Da auf der anderen Seite aber auch die schulischen Anforderungen an unsere jungen Spieler steigen, sind inzwischen bei mehrwöchigen Maßnahmen oder Turnieren unserer U-Nationalmannschaften immer auch zwei Lehrkräfte für die Bereiche Naturwissenschaften und Sprachen dabei, die in Abstimmung mit den Schulen Unterrichtsmaßnahmen durchführen. So können beispielsweise sogar Klassenarbeiten nahezu zeitgleich geschrieben werden und müssen nicht später aufwendig nachgeholt werden. Das ist ein riesiger Fortschritt.

DFB.de: Wie wichtig ist für Sie der sportliche Erfolg der Junioren-Nationalmannschaften? Oder steht allein die Weiterentwicklung der jungen Spieler im Vordergrund?

Drewitz: Wer auf dem Platz nicht gewinnen will, der sollte mit dem Leistungsfußball aufhören. Immer Erster werden zu wollen und dafür mit fairen Mitteln das Optimale herauszuholen, ist ein fester Bestandteil unserer Ausbildung. Zu behaupten, es gehe immer nur um die individuelle Weiterentwicklung, wäre Quatsch.

DFB.de: Wie sehr hat sich die Ausbildung der Nachwuchsspieler in den vergangenen zehn bis 15 Jahren verändert? Welche Maßnahmen waren und sind entscheidend?

Drewitz: Entscheidend war für mich vor allem die Ganzheitlichkeit des Konzepts. Früher wurden obeliskartig einzelne Maßnahmen beschlossen, die erhoffte Wirkung blieb meistens aus. Da wir damals jedoch ein Paket von Neuerungen auf den Weg gebracht haben, die zusammen optimal wirken, kann sich das Ergebnis heute wahrlich sehen lassen. Wenn wir Spiele der Junioren-Bundesliga, vor allem aber unserer U-Nationalmannschaften verfolgen, kann von Rumpelfußball schon lange keine Rede mehr sein. Wo wir früher noch zahlreiche Stockfehler und versprungene Bälle gesehen haben, ist das jetzt die absolute Ausnahme. Das Niveau ist deutlich höher - und davon profitiert auch die A-Mannschaft.

DFB.de: Deutschland wird in diesem Jahr bei der WM in Brasilien mit einer A-Nationalmannschaft an den Start gehen, deren Spieler fast ausnahmslos das Förderprogramm des DFB und der DFL durchlaufen und früher auch in den Junioren-Bundesligen gespielt haben. Geht Ihnen da das Herz auf?

Drewitz: Die Entwicklung zahlreicher Nationalspieler konnte ich in den vergangenen Jahren selbst beobachten und kenne viele auch persönlich - wie etwa Sami Khedira oder Manuel Neuer. Dass unsere gemeinsam angestoßenen Maßnahmen gut gedeihen, ist der schönste Lohn für unsere Arbeit.

DFB.de: Zum Abschluss: Welche Momente sind Ihnen aus zehn Jahren A-Junioren-Bundesliga ganz besonders in Erinnerung geblieben?

Drewitz: Da gab es fußballerisch mit Sicherheit viele Höhepunkte. Besonders gerne denke ich aber an die DFB-Empfänge vor Meisterschafts- oder Pokalendspielen zurück. Mitzuerleben, wie junge Fußballer einem solchen Ereignis entgegen fiebern, und dabei in leuchtende Augen zu blicken, da geht mir wirklich das Herz auf.