Dirk Lottner: "Man hat ein Kribbeln im Bauch"

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Dirk Lottner weiß, wovon er spricht. Gerade wenn es um das Derby zwischen dem 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) geht. Schließlich hat der 39-Jährige für beide Vereine gespielt. Seit Saisonbeginn betreut der frühere offensive Mittelfeldspieler die U 21 des 1. FC Köln in der Regionalliga, und das mit Erfolg. Seine junge Mannschaft ist Tabellenfünfter - und spielt am Samstag (ab 15.30 Uhr) ebenfalls gegen Leverkusen, allerdings im Stadion der Bayer-Reserve.

Lottner, der gebürtige Kölner, macht im DFB.de-Gespräch mit Mitarbeiter Sven Winterschladen keinen Hehl daraus, dass sein Herz für den bedeutendsten Klub seiner Heimatstadt schlägt. Außerdem verrät der achtmalige U 21-Nationalspieler, warum ein selbst geschossenes Tor die für ihn wahrscheinlich bitterste Derbyerfahrung ist. Selbstkritisch erzählt er, warum er sich bei Bayer 04 Leverkusen nicht durchsetzen konnte - und er spricht über seinen großen Traum.

DFB.de: Herr Lottner, am Samstag trifft der 1. FC Köln auf Bayer Leverkusen. Ist das Ihrer Meinung nach eigentlich ein Derby?

Dirk Lottner: Ja, natürlich. Alleine schon wegen der räumlichen Nähe der beiden Klubs. Am Wochenende gibt es dieses Duell sogar dreimal: Die A-Juniorenteams spielen gegeneinander, meine U 21 gegen Bayer II und natürlich die Profis. Das ist etwas Besonderes, auch für mich. Man merkt schon, dass im Umfeld etwas mehr Anspannung ist, das Interesse der Medien ist noch größer. Man hat ein Kribbeln im Bauch. Als Trainer habe ich oft ganz gute Ergebnisse gegen Leverkusen erzielt, als Spieler war ich leider nicht immer so erfolgreich.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie an die Derbys, als Sie noch als Spieler aktiv waren?

Lottner: Ich kann mich eigentlich an fast alle noch sehr gut erinnern, so etwas vergisst man nicht so schnell. Besonders prägend war sicher jenes Duell am letzten Spieltag der Saison 1997/1998, als ich bei Bayer 04 unter Vertrag stand und Köln erstmals abgestiegen ist - ausgerechnet nach einem 2:2 gegen uns. Und ich habe nach meiner Einwechslung auch noch spät den Ausgleichstreffer erzielt. Das hat mir schon extrem wehgetan. Aber ich stand zu jener Zeit eben bei Leverkusen unter Vertrag. Für mich war es nachher beruhigend zu erfahren, dass Köln auch ein 2:1-Sieg nichts gebracht hätte, weil Mönchengladbach zeitgleich klar gewonnen hatte. Der FC wäre also sowieso abgestiegen. Aber die Umstände waren schon krass: Ausgerechnet ich mache dieses Ausgleichstor gegen den Verein meiner Heimatstadt - und dann dieser Abstieg.

DFB.de: Aus Ihren Schilderungen kann man interpretieren, dass der FC Ihr Herzensverein ist - oder täuscht dieser Eindruck?

Lottner: Genauso ist es. Ich bin waschechter Kölner, da gibt es keine zwei Meinungen. Ich bin hier geboren, ich habe fast meine gesamte Jugend bei Fortuna Köln gespielt, aber auch zu der Zeit bin ich schon regelmäßig zu den Spielen des FC gegangen. Außerdem hatte ich lange eine Dauerkarte für die Kölner Haie. Meine Fanszene war sehr intensiv, sehr intensiv kölnlastig.

DFB.de: Komischerweise hatten Sie Ihre beste Zeit auch immer in den Trikots Ihrer Heimatstadt.

Lottner: Das stimmt nur teilweise, da muss man etwas differenzieren. In Leverkusen hatte ich etwas Pech, weil ich zweimal operiert worden bin. Leider habe ich dann aber nicht die optimale Leistung abrufen können, als mir Christoph Daum die Chance gegeben hat. So selbstkritisch bin ich schon. Aber trotzdem war das eine sehr lehrreiche Zeit, zum Beispiel mit den Champions-League-Spielen gegen Real Madrid. Ich möchte diese Jahre nicht missen, für meine Weiterentwicklung war das wichtig.

DFB.de: Gibt es noch Kontakte auf die andere Rheinseite?

Lottner: Wenig. Aber wir haben einen vernünftigen Umgang miteinander. Ich habe große Anerkennung für die Arbeit, die sie seit Jahren in Leverkusen leisten.

DFB.de: Obwohl Sie den FC im Sommer 2004 verlassen haben, werden Sie noch immer von vielen Fans verehrt. Wie erklären Sie sich das?

Lottner: Na ja, das hat verschiedene Gründe. Aber vor allem glaube ich, dass die Fans meinen Charakter schätzen. Ich war immer nahbar und antastbar, nie arrogant oder überheblich. Ich bin an den Leuten nicht vorbeigegangen, wenn sie ein Autogramm wollten. Außerdem habe ich ja auch viele gute Spiele und einige wichtige Tore für den Klub gemacht. Das schätzen die Fans.

DFB.de: Sind das auch Eigenschaften, die Sie dem Nachwuchs in Ihrer täglichen Arbeit mit auf den Weg geben?

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Lottner: Ich versuche es. Aber Sie können mir glauben, dass das gar nicht so leicht ist. Das gelingt leider nicht bei jedem. Einige kommen hier mit 15 Jahren mit Manager oder Berater an. Das ist in dieser Beziehung schon teilweise eine andere Welt geworden. Was die Erziehung charakterlicher Art betrifft, ist es für einen Trainer nicht immer so leicht. Manchmal kommt man an die Jungs kaum noch ran, weil sie von allen Seiten Lob bekommen und sich verständlicherweise schon für die Größten halten. Aber das ist natürlich auch nicht immer der Fall. Wir haben sehr viele gute Jungs im Verein. Es macht extrem viel Spaß, mit denen zu arbeiten, sie zu entwickeln und auf dem letzten Schritt in den Profibereich zu begleiten.

DFB.de: Fehlt heute zu oft die Identifikation mit einem Verein?

Lottner: Es gibt noch immer viele gute Typen in der Bundesliga, aber es gibt auch die Egoisten. Dass Spieler von außerhalb niemals so eine Identifikation mit einem Verein aufbauen können, wie das bei mir der Fall ist, das ist doch ganz normal. Wie soll das auch gehen? Ich meine das überhaupt nicht negativ. Es kann ja auch gut sein, wenn man verschiedene Mentalitäten in einem Team vereint.

DFB.de: Könnten Sie sich denn ein Engagement als Trainer im Profifußball in einer anderen Stadt vorstellen?

Lottner: Das ist etwas zwiespältig. Ich fühle mich hier sehr wohl, auch im Nachwuchsbereich. Ich finde mich in meinem aktuellen Job wieder. Andererseits soll man ja nie zufrieden sein. Aber vor allem im Fußball kann man nicht sagen, dass man jetzt die nächsten 20 Jahre beim 1. FC Köln bleibt. Als Trainer muss ich noch flexibler sein, als ich es als Spieler war.

DFB.de: Ihr größter Traum dürfte also der Posten des Cheftrainers beim 1. FC Köln sein?

Lottner: Ich durfte das im vergangenen Jahr zusammen mit Frank Schaefer teilweise schon erleben. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass das keine großartige Erfahrung war. Das hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, es war eine tolle Zeit. Ich muss spontan an unsere sieben Heimsiege in Serie denken. Oder an den Erfolg gegen Bayern München nach 0:2-Rückstand. Das war fantastisch, es macht richtig Laune, wenn man dann hinterher mit 50.000 Zuschauer im Stadion zu den kölschen Tönen feiern kann. Natürlich träumt davon jeder Trainer. Aber ich bin mit meiner aktuellen Tätigkeit sehr glücklich und konzentriere mich zurzeit nur auf die vor uns liegenden Aufgaben mit der U 21 des FC.

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Dirk Lottner weiß, wovon er spricht. Gerade wenn es um das Derby zwischen dem 1. FC Köln und Bayer 04 Leverkusen am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) geht. Schließlich hat der 39-Jährige für beide Vereine gespielt. Seit Saisonbeginn betreut der frühere offensive Mittelfeldspieler die U 21 des 1. FC Köln in der Regionalliga, und das mit Erfolg. Seine junge Mannschaft ist Tabellenfünfter - und spielt am Samstag (ab 15.30 Uhr) ebenfalls gegen Leverkusen, allerdings im Stadion der Bayer-Reserve.

Lottner, der gebürtige Kölner, macht im DFB.de-Gespräch mit Mitarbeiter Sven Winterschladen keinen Hehl daraus, dass sein Herz für den bedeutendsten Klub seiner Heimatstadt schlägt. Außerdem verrät der achtmalige U 21-Nationalspieler, warum ein selbst geschossenes Tor die für ihn wahrscheinlich bitterste Derbyerfahrung ist. Selbstkritisch erzählt er, warum er sich bei Bayer 04 Leverkusen nicht durchsetzen konnte - und er spricht über seinen großen Traum.

DFB.de: Herr Lottner, am Samstag trifft der 1. FC Köln auf Bayer Leverkusen. Ist das Ihrer Meinung nach eigentlich ein Derby?

Dirk Lottner: Ja, natürlich. Alleine schon wegen der räumlichen Nähe der beiden Klubs. Am Wochenende gibt es dieses Duell sogar dreimal: Die A-Juniorenteams spielen gegeneinander, meine U 21 gegen Bayer II und natürlich die Profis. Das ist etwas Besonderes, auch für mich. Man merkt schon, dass im Umfeld etwas mehr Anspannung ist, das Interesse der Medien ist noch größer. Man hat ein Kribbeln im Bauch. Als Trainer habe ich oft ganz gute Ergebnisse gegen Leverkusen erzielt, als Spieler war ich leider nicht immer so erfolgreich.

DFB.de: Welche Erinnerungen haben Sie an die Derbys, als Sie noch als Spieler aktiv waren?

Lottner: Ich kann mich eigentlich an fast alle noch sehr gut erinnern, so etwas vergisst man nicht so schnell. Besonders prägend war sicher jenes Duell am letzten Spieltag der Saison 1997/1998, als ich bei Bayer 04 unter Vertrag stand und Köln erstmals abgestiegen ist - ausgerechnet nach einem 2:2 gegen uns. Und ich habe nach meiner Einwechslung auch noch spät den Ausgleichstreffer erzielt. Das hat mir schon extrem wehgetan. Aber ich stand zu jener Zeit eben bei Leverkusen unter Vertrag. Für mich war es nachher beruhigend zu erfahren, dass Köln auch ein 2:1-Sieg nichts gebracht hätte, weil Mönchengladbach zeitgleich klar gewonnen hatte. Der FC wäre also sowieso abgestiegen. Aber die Umstände waren schon krass: Ausgerechnet ich mache dieses Ausgleichstor gegen den Verein meiner Heimatstadt - und dann dieser Abstieg.

DFB.de: Aus Ihren Schilderungen kann man interpretieren, dass der FC Ihr Herzensverein ist - oder täuscht dieser Eindruck?

Lottner: Genauso ist es. Ich bin waschechter Kölner, da gibt es keine zwei Meinungen. Ich bin hier geboren, ich habe fast meine gesamte Jugend bei Fortuna Köln gespielt, aber auch zu der Zeit bin ich schon regelmäßig zu den Spielen des FC gegangen. Außerdem hatte ich lange eine Dauerkarte für die Kölner Haie. Meine Fanszene war sehr intensiv, sehr intensiv kölnlastig.

DFB.de: Komischerweise hatten Sie Ihre beste Zeit auch immer in den Trikots Ihrer Heimatstadt.

Lottner: Das stimmt nur teilweise, da muss man etwas differenzieren. In Leverkusen hatte ich etwas Pech, weil ich zweimal operiert worden bin. Leider habe ich dann aber nicht die optimale Leistung abrufen können, als mir Christoph Daum die Chance gegeben hat. So selbstkritisch bin ich schon. Aber trotzdem war das eine sehr lehrreiche Zeit, zum Beispiel mit den Champions-League-Spielen gegen Real Madrid. Ich möchte diese Jahre nicht missen, für meine Weiterentwicklung war das wichtig.

DFB.de: Gibt es noch Kontakte auf die andere Rheinseite?

Lottner: Wenig. Aber wir haben einen vernünftigen Umgang miteinander. Ich habe große Anerkennung für die Arbeit, die sie seit Jahren in Leverkusen leisten.

DFB.de: Obwohl Sie den FC im Sommer 2004 verlassen haben, werden Sie noch immer von vielen Fans verehrt. Wie erklären Sie sich das?

Lottner: Na ja, das hat verschiedene Gründe. Aber vor allem glaube ich, dass die Fans meinen Charakter schätzen. Ich war immer nahbar und antastbar, nie arrogant oder überheblich. Ich bin an den Leuten nicht vorbeigegangen, wenn sie ein Autogramm wollten. Außerdem habe ich ja auch viele gute Spiele und einige wichtige Tore für den Klub gemacht. Das schätzen die Fans.

DFB.de: Sind das auch Eigenschaften, die Sie dem Nachwuchs in Ihrer täglichen Arbeit mit auf den Weg geben?

[bild2]

Lottner: Ich versuche es. Aber Sie können mir glauben, dass das gar nicht so leicht ist. Das gelingt leider nicht bei jedem. Einige kommen hier mit 15 Jahren mit Manager oder Berater an. Das ist in dieser Beziehung schon teilweise eine andere Welt geworden. Was die Erziehung charakterlicher Art betrifft, ist es für einen Trainer nicht immer so leicht. Manchmal kommt man an die Jungs kaum noch ran, weil sie von allen Seiten Lob bekommen und sich verständlicherweise schon für die Größten halten. Aber das ist natürlich auch nicht immer der Fall. Wir haben sehr viele gute Jungs im Verein. Es macht extrem viel Spaß, mit denen zu arbeiten, sie zu entwickeln und auf dem letzten Schritt in den Profibereich zu begleiten.

DFB.de: Fehlt heute zu oft die Identifikation mit einem Verein?

Lottner: Es gibt noch immer viele gute Typen in der Bundesliga, aber es gibt auch die Egoisten. Dass Spieler von außerhalb niemals so eine Identifikation mit einem Verein aufbauen können, wie das bei mir der Fall ist, das ist doch ganz normal. Wie soll das auch gehen? Ich meine das überhaupt nicht negativ. Es kann ja auch gut sein, wenn man verschiedene Mentalitäten in einem Team vereint.

DFB.de: Könnten Sie sich denn ein Engagement als Trainer im Profifußball in einer anderen Stadt vorstellen?

Lottner: Das ist etwas zwiespältig. Ich fühle mich hier sehr wohl, auch im Nachwuchsbereich. Ich finde mich in meinem aktuellen Job wieder. Andererseits soll man ja nie zufrieden sein. Aber vor allem im Fußball kann man nicht sagen, dass man jetzt die nächsten 20 Jahre beim 1. FC Köln bleibt. Als Trainer muss ich noch flexibler sein, als ich es als Spieler war.

DFB.de: Ihr größter Traum dürfte also der Posten des Cheftrainers beim 1. FC Köln sein?

Lottner: Ich durfte das im vergangenen Jahr zusammen mit Frank Schaefer teilweise schon erleben. Und ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass das keine großartige Erfahrung war. Das hat wahnsinnig viel Spaß gemacht, es war eine tolle Zeit. Ich muss spontan an unsere sieben Heimsiege in Serie denken. Oder an den Erfolg gegen Bayern München nach 0:2-Rückstand. Das war fantastisch, es macht richtig Laune, wenn man dann hinterher mit 50.000 Zuschauer im Stadion zu den kölschen Tönen feiern kann. Natürlich träumt davon jeder Trainer. Aber ich bin mit meiner aktuellen Tätigkeit sehr glücklich und konzentriere mich zurzeit nur auf die vor uns liegenden Aufgaben mit der U 21 des FC.