Dietmar Demuth: "Auch mit 60 nicht ruhiger"

Demuth: Der FC St. Pauli wird immer mein Verein sein. Dort bin ich groß geworden. Es herrschte damals ein außergewöhnlicher Zusammenhalt und Kameradschaftssinn in der Mannschaft. Ich sehe mich als recht einfachen und anpassungsfähigen Menschen an. Daher blicke ich selbst auf mein chaotisches Jahr als Spieler der Offenbacher Kickers noch positiv zurück. In der Saison 1983/1984 hatte der Verein drei verschiedene Präsidenten, stieg am Saisonende aus der Bundesliga ab.

DFB.de: Was denken Sie beim Blick auf die Tabelle in der 2. Bundesliga und die Situation bei St. Pauli?

Demuth: Der Verein steht nicht da, wo er eigentlich hingehört. Mit dieser Infrastruktur sollte man eigentlich oben anklopfen und - wie beispielsweise der SC Freiburg - zumindest das eine oder andere Jahr in der Bundesliga mitmischen. Mit Ewald Lienen ist nun aber ein erfahrener und akribischer Arbeiter als Trainer, der das Ruder herumreißen kann, am Millerntor tätig. Ich wünsche dem FC St. Pauli, dass er vor allem im eigenen Stadion schnell wieder eine Macht wird.

DFB.de: Allgemein ging der Trend in Deutschland in den vergangenen Jahren eher zu jüngeren Trainern!

Demuth: Stimmt, dieser Trend war für mich persönlich auch teilweise zu extrem. Da waren auf einmal die Trainer jünger als manche Spieler. Jeder Verein wollte auf einmal einen Typen wie Jürgen Klopp verpflichten. Bei aller Trainingslehre sollte man sich als junger Trainer im Umgang erst einmal beweisen und nicht sofort von der Schulbank in die Bundesliga wechseln.

DFB.de: Hat sich Ihre Arbeits- und Verhaltensweise als Trainer über die Jahre verändert?

Demuth: Du entwickelst dich als Trainer immer weiter, aber meine Linie habe ich immer durchgezogen. Mit meiner Art von Menschenführung war ich als Trainer schließlich nicht unerfolgreich. Bei mir fallen auch mal harte Worte. Damit ecke ich schon mal an, lasse mich aber nicht verbiegen. An der Seitenlinie bin ich auch mit 60 nicht ruhiger. Es tut gut, auch mal Dampf abzulassen.

DFB.de: Beim SV Babelsberg 03 wurden Sie im Mai 2012 nach fünf Jahren entlassen. Ärgern Sie sich noch darüber?



60 Jahre und kein bisschen müde: Dietmar Demuth hat in seiner Karriere schon viel erlebt und ist noch immer mit großem Elan bei der Sache. Auch beim ZFC Meuselwitz, seiner mittlerweile zehnten Trainer-Station im Fußball, will der gebürtige Querfurter seine Erfahrungen einbringen, um den Klassenverbleib in der Regionalliga Nordost zu schaffen. "Ich fühle mich eher wie 47 als 60", sagt der Routinier.

Seinen größten Erfolg als Trainer feierte der Mann, der als aktiver Spieler in der Saison 1979/1980 das erste Bundesligator in der Vereinsgeschichte von Bayer 04 Leverkusen (1:3 beim FC Bayern München) erzielt hatte, mit dem FC St. Pauli. Seinen Heimatklub führte Demuth im Jahr 2001 zum Aufstieg in die Bundesliga. Weitere Stationen waren unter anderem Eintracht Braunschweig sowie der 1. FC Kaiserslautern und der VfL Wolfsburg (jeweils als Co-Trainer unter Willi Reimann).

Im aktuellen DFB.de-Interview lässt Dietmar Demuth mit Dominik Sander einige Meilensteine seiner Karriere noch einmal Revue passieren, spricht außerdem über die Generationsunterschiede in der Trainerbranche und die Entlassung nach einer Hochzeit.

DFB.de: Wie fielen die Feierlichkeiten zu Ihrem 60. Geburtstag vor wenigen Tagen aus, Herr Demuth?

Dietmar Demuth: Privat ruhig und im Kreise der Familie. Beim ZFC Meuselwitz haben wir uns mit der Mannschaft und dem Präsidium zu einem Grillabend getroffen. Die Zahl 60 ist für mich nicht schön, aber auch kein Problem.

DFB.de: Gibt es Geschichten aus dem Fußball, die Sie bei solchen Anlässen immer und immer wieder erzählen müssen?

Demuth: Eher weniger. Einige Dinge werden über die Jahre auch vergessen. Wenn Sie beispielsweise auf den allerersten Bundesligatreffer für Bayer 04 Leverkusen anspielen, den ich damals beim 1:3 bei Bayern München per Foulelfmeter erzielt hatte: Das ist für mich ein Tor wie jedes andere auch.

DFB.de: Wo hatten Sie als Spieler und Trainer ihre schönste Zeit?

Demuth: Der FC St. Pauli wird immer mein Verein sein. Dort bin ich groß geworden. Es herrschte damals ein außergewöhnlicher Zusammenhalt und Kameradschaftssinn in der Mannschaft. Ich sehe mich als recht einfachen und anpassungsfähigen Menschen an. Daher blicke ich selbst auf mein chaotisches Jahr als Spieler der Offenbacher Kickers noch positiv zurück. In der Saison 1983/1984 hatte der Verein drei verschiedene Präsidenten, stieg am Saisonende aus der Bundesliga ab.

DFB.de: Was denken Sie beim Blick auf die Tabelle in der 2. Bundesliga und die Situation bei St. Pauli?

Demuth: Der Verein steht nicht da, wo er eigentlich hingehört. Mit dieser Infrastruktur sollte man eigentlich oben anklopfen und - wie beispielsweise der SC Freiburg - zumindest das eine oder andere Jahr in der Bundesliga mitmischen. Mit Ewald Lienen ist nun aber ein erfahrener und akribischer Arbeiter als Trainer, der das Ruder herumreißen kann, am Millerntor tätig. Ich wünsche dem FC St. Pauli, dass er vor allem im eigenen Stadion schnell wieder eine Macht wird.

DFB.de: Allgemein ging der Trend in Deutschland in den vergangenen Jahren eher zu jüngeren Trainern!

Demuth: Stimmt, dieser Trend war für mich persönlich auch teilweise zu extrem. Da waren auf einmal die Trainer jünger als manche Spieler. Jeder Verein wollte auf einmal einen Typen wie Jürgen Klopp verpflichten. Bei aller Trainingslehre sollte man sich als junger Trainer im Umgang erst einmal beweisen und nicht sofort von der Schulbank in die Bundesliga wechseln.

DFB.de: Hat sich Ihre Arbeits- und Verhaltensweise als Trainer über die Jahre verändert?

Demuth: Du entwickelst dich als Trainer immer weiter, aber meine Linie habe ich immer durchgezogen. Mit meiner Art von Menschenführung war ich als Trainer schließlich nicht unerfolgreich. Bei mir fallen auch mal harte Worte. Damit ecke ich schon mal an, lasse mich aber nicht verbiegen. An der Seitenlinie bin ich auch mit 60 nicht ruhiger. Es tut gut, auch mal Dampf abzulassen.

DFB.de: Beim SV Babelsberg 03 wurden Sie im Mai 2012 nach fünf Jahren entlassen. Ärgern Sie sich noch darüber?

Demuth: Ja, aber es war vorauszusehen. Einen Tag vor der Entlassung waren die Verantwortlichen des Vereins sogar noch auf meiner Hochzeit und wollten sich nichts anmerken lassen. Meiner Meinung nach habe ich den Laden mit geringen finanziellen Mitteln zusammengehalten. Einige Jungs kamen quasi von der Straße zu uns. Jetzt sind Spieler wie Joan Oumari, Dominik Stroh-Engel oder Süleyman Koc in der 1. und 2. Bundesliga am Ball.

DFB.de: Zu den kürzesten Amtszeiten gehörte Ihre Tätigkeit für den Hamburger Landesligisten FC Bergedorf 85. Dort hatten Sie sogar die vereinseigene Gastronomie übernommen. Warum hat es nicht gepasst?

Demuth: Es wurden bestimmte Zusagen nicht eingehalten. Eigentlich wollte ich länger in Bergedorf bleiben als ein paar Monate. Vielleicht bin ich selbst auch etwas zu euphorisch an diese Aufgabe herangegangen.

DFB.de: Hatten Sie zu dieser Zeit einmal darüber nachgedacht, als Trainer aufzuhören?

Demuth: Ganz ehrlich: Solche Gedanken kamen mir bisher noch nie. Solange ich geistig und gesundheitlich voll auf der Höhe bin, möchte ich im Fußballgeschäft arbeiten. Wer einmal mit diesem Virus infiziert ist, der kann nur schwer aufhöhren.

DFB.de: Wie kam es - nur knapp einen Monat nach der Beurlaubung beim Ligakonkurrenten Berliner AK - zum Engagement bei Ihrem aktuellen Verein ZFC Meuselwitz?

Demuth: Der Verein suchte nach acht Niederlagen aus den ersten zehn Saisonspielen einen erfahrenen Trainer und ist direkt auf mich zugekommen. Ich sehe Meuselwitz als einen gut geführten Dorfverein mit dem Modell Arbeit und Fußball an. In den kommenden Jahren möchte der ZFC den nächsten Schritt machen. Beim Aufbau neuer Strukturen will ich mich einbringen.

DFB.de: Sie kamen damals zum Tabellenletzten, holten mit Meuselwitz dann aber vor der Winterpause zehn Punkte aus fünf Partien. Mit welchen Erwartungen starten Sie in die Restrunde?

Demuth: Für unser Ziel Klassenverbleib müssen wir genau da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Dafür benötigen unsere Spieler, die tagsüber arbeiten, auch eine gewisse Lockerheit. Zu Restrundenbeginn bekommen wir es sofort mit den beiden Spitzenmannschaften FSV Zwickau und Wacker Nordhausen zu tun. Diese Spiele werden sofort ein Gradmesser für uns.