"Die WM soll Afrika zu neuem Selbstbewusstsein verhelfen"

Nach der WM ist vor der WM. Vor allem für den DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Am 9. Juli war die FIFA WM 2006, bei der Schmidt als 1. Vizepräsident des Organisationskomitees der Chef des gesamten operativen Geschäfts gewesen war, mit dem Finale in Berlin zu Ende gegangen. Ein paar Wochen später, im Oktober 2006, stand der 65-jährige Aschaffenburger bereits in Diensten für die WM 2010 in Südafrika. Im Auftrag der FIFA ist er als Berater des südafrikanischen OK zum zehnten Mal seit 1974 in die Organisation einer Fußball-Weltmeisterschaft eingebunden.

Auf www.dfb.de zieht Horst R. Schmidt im Gespräch mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien eine erste Zwischenbilanz zum Stand der WM-Vorbereitungen in Südafrika und beschreibt seine Berater-Rolle.

Frage: Herr Schmidt, seit sechs Monaten sind Sie inzwischen als Berater des südafrikanischen Organisationskomitees für die FIFA WM 2010 tätig. Wie muss man sich Ihre Rolle vorstellen und wie hat man Sie und Ihre Tätigkeit in Südafrika bisher auf- und angenommen?

Horst R. Schmidt: Vorausschicken muss ich, dass ich hauptberuflich ja weiterhin als DFB-Generalsekretär arbeite. Mit der FIFA ist vereinbart, dass ich sieben Tage im Monat – entweder vor Ort in Südafrika oder hier in Frankfurt – als Berater des südafrikanischen WM-OK tätig bin. Diese beiden Tätigkeiten lassen sich natürlich zeitlich nicht so exakt trennen, denn eigentlich habe ich jeden Tag mit der WM 2010 zu tun.

Frage: In welcher Form?

Schmidt: Es ist nicht so, dass ich in Südafrika ein Defizit an Know How beseitigen soll. Hintergrund meiner Tätigkeit ist, dass die FIFA es für notwendig hält, generell in Zukunft einen schnellen und umfassenden Wissenstransfer von der einen zur nächsten WM herzustellen. Daher ist meine Berufung nicht überraschend. Sie basiert auch auf dem sehr vertrauensvollen Verhältnis zwischen den südafrikanischen WM-Organisatoren und mir, mit dem dortigen OK-Chef Danny Jordaan verbindet mich zum Beispiel eine langjährige Freundschaft.

Frage: Wie würden Sie pauschal den gegenwärtigen Stand der Vorbereitungen beschreiben?

Schmidt: Südafrika will natürlich nicht permanent erinnert werden an den Ablauf der WM 2006 und wie gut wir das alles bei uns in Deutschland hinbekommen haben. Wobei ich in diesem Zusammenhang immer daran erinnere, dass auch bei uns im Vorfeld nicht alles immer nach Plan und wie am Schnürchen ablief. Südafrika sucht mit hohem Einsatz seinen eigenen Weg zu einer afrikanischen WM. "Die afrikanische WM" – das schält sich als überragendes Thema heraus. Dafür gibt es 1000 Ideen, wie ich gemerkt habe. Doch auch dabei gilt es zunächst technische Probleme zu lösen, was aber mit einem eher geringen Schwierigkeitsgrad verbunden ist, weil Südafrika ein High-Tech-Land ist. Die meisten Planungen, zum Beispiel beim Stadionbau, werden jetzt in die Tat umgesetzt. Die ganz normale OK-Arbeit hat begonnen.

Frage: Was heißt dies für das heikle Thema "Stadionbau", dem neben der hohen Kriminalitätsrate und der problematischen Verkehrsinfrastruktur mit großer Skepsis in Europa begegnet wird?

Schmidt: Mit dem Plan, von den zehn WM-Arenen fünf Stadien ganz neu zu bauen und eines komplett umzugestalten, hat man sich in der Tat viel vorgenommen. Die zentrale Vergabe der Finanzmittel hat natürlich viel Zeit gekostet. Doch jetzt steht die Finanzierung, und noch in diesem Monat wird mit allen Bauvorhaben begonnen.

Frage: Wann ist mit ihrer Fertigstellung zu rechnen?

Schmidt: Ich habe keinen Zweifel, dass spätestens im Oktober 2009 alle Stadien übergeben sein werden. Auch die für den Confederations Cup 2009 als große WM-Generalprobe vorgesehenen Arenen werden vorher rechtzeitig und voll funktionsfähig fertig sein. Damit wären die nötigen Vorläufe für die Überprüfung der Technik und der Sicherheitsstandards gegeben. Ein ganz großer Vorteil ist der Fakt, dass die Bauvorhaben, anders als in Deutschland, ungestört durch Wintereinflüsse und Ligabetrieb durchgezogen werden können.

Frage: In Kapstadt und anderswo gibt es oder drohen Einsprüche gegen WM-Bauvorhaben. Ist mit Verzögerungen zu rechnen?

Schmidt: Ich sehe keine Gefährdung. Und die Südafrikaner beginnen auf jeden Fall mit allen Bauvorhaben. Sollte aber ein Stadion wider Erwarten nicht rechtzeitig fertig werden, könnte die WM 2010 auch problemlos in acht oder neun Stadien ausgerichtet werden.

Frage: Wie und auf welchen Wegen werden angesichts der schwierigen Verkehrsinfrastruktur die Zuschauer in die Stadien gelangen?

Schmidt: Ich bin sicherlich kein probater Ratgeber für die Lösung von Verkehrsproblemen. Ich werde die Südafrikaner aber immer wieder auf die Bedeutung einer guten Infrastruktur hinweisen. Und das dortige OK ist sich bewusst, dass es das Thema eines reibungslosen WM-Verkehrs rund um und zu den Stadien fest im Auge haben muss. Das gilt auch für die Sicherheit. Südafrikas Regierung weiß ganz genau, welche Räume in dieser Beziehung wichtig sein werden für die WM, und sie plant entsprechend. Ich gehe fest davon aus, dass es eine sichere WM werden wird. Generell kann ich feststellen, dass alle Dokumente, die ich bisher in der Hand gehabt habe, von sehr hoher Qualität sind. Südafrika profitiert ganz eindeutig von einer langen Planungsphase, da der dortige Verband ja auch Mitbewerber für die WM 2006 gewesen war und hierfür schon entsprechende Vorbereitungen und Vorleistungen hatte liefern müssen.

Frage: Wie groß wird die Akzeptanz der WM 2010 durch Südafrikas Bevölkerung sein?

Schmidt: Auf keinen Fall geringer als bei uns, wo alle Umfragen um die 90 Prozent Zustimmung ergeben hatten. Beim Turnier selbst wird es auf jeden Fall wieder Public Viewing und damit auch die nötige WM-Stimmung geben. Für die Gesamtatmosphäre bei der WM 2006 war unsere teils spontane, teilweise aber auch bewusst herbeigeführte Gastgeberrolle entscheidend. Wenn so etwas auch Südafrika gelingt, dann wird es eine sehr gute, wenn auch eine andere und deswegen nicht weniger enthusiastische WM geben.

Frage: Spüren Sie auf dem Weg dorthin eine ähnliche Last an Verantwortung wie als 1. OK-Vizepräsident der WM 2006?

Schmidt: In Südafrika habe ich doch eine ganz andere Rolle. Dort bin ich nur ein Berater, ein hoffentlich guter Berater. Ich kann und werde Empfehlungen für bestimmte Sachverhalte und Vorhaben geben und eigene Erkenntnisse mit einbringen. Die Entscheidungen, wie alles gestaltet werden soll, müssen die Südafrikaner selbst treffen. Ich bin dort kein Ersatzorganisator.

Frage: In Südafrika werden sie zum 10. Mal seit 1974 in die Organisation einer Fußball-WM eingebunden sein. Hat Ihre Jubiläums-WM einen anderen Stellenwert als die acht Turniere vor der Heim-WM 2006?

Schmidt: Ja, weil ich diesmal bei der FIFA anders involviert bin. Von 1978 bis 2002 war ich immer als Mitglied der FIFA-Organisationskommission tätig. Dabei habe ich die Vorbereitungen natürlich mit einer gewissen Stetigkeit begleitet – aber doch nicht mit solcher Intensität wie jetzt zur WM 2010. Ich bin diesmal in der Tat anders gefordert, auch nach meinem eigenen Selbstverständnis. Wir haben in Südafrika unser FIFA-Office, das die Interessen des Weltverbandes umsetzt, in dem ich arbeite und das gut funktionieren soll. Und wir haben dort das lokale Organisationskomitee. Beide Einrichtungen müssen gedeihlich zusammenarbeiten, ohne das man Leerlauf produziert. Wir müssen ein vernünftiges Miteinander haben, damit diese erste WM in Afrika die hohen Erwartungen erfüllt, die das Land und der ganze Kontinent mit diesem Weltereignis verbinden. Diese WM soll Afrika zu einem neuen Selbstbewusstsein verhelfen.

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Nach der WM ist vor der WM. Vor allem für den DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt. Am 9. Juli war die FIFA WM 2006, bei der Schmidt als 1. Vizepräsident des Organisationskomitees der Chef des gesamten operativen Geschäfts gewesen war, mit dem Finale in Berlin zu Ende gegangen. Ein paar Wochen später, im Oktober 2006, stand der 65-jährige Aschaffenburger bereits in Diensten für die WM 2010 in Südafrika. Im Auftrag der FIFA ist er als Berater des südafrikanischen OK zum zehnten Mal seit 1974 in die Organisation einer Fußball-Weltmeisterschaft eingebunden.

Auf www.dfb.de zieht Horst R. Schmidt im Gespräch mit DFB-Redakteur Wolfgang Tobien eine erste Zwischenbilanz zum Stand der WM-Vorbereitungen in Südafrika und beschreibt seine Berater-Rolle.

Frage: Herr Schmidt, seit sechs Monaten sind Sie inzwischen als Berater des südafrikanischen Organisationskomitees für die FIFA WM 2010 tätig. Wie muss man sich Ihre Rolle vorstellen und wie hat man Sie und Ihre Tätigkeit in Südafrika bisher auf- und angenommen?

Horst R. Schmidt: Vorausschicken muss ich, dass ich hauptberuflich ja weiterhin als DFB-Generalsekretär arbeite. Mit der FIFA ist vereinbart, dass ich sieben Tage im Monat – entweder vor Ort in Südafrika oder hier in Frankfurt – als Berater des südafrikanischen WM-OK tätig bin. Diese beiden Tätigkeiten lassen sich natürlich zeitlich nicht so exakt trennen, denn eigentlich habe ich jeden Tag mit der WM 2010 zu tun.

Frage: In welcher Form?

Schmidt: Es ist nicht so, dass ich in Südafrika ein Defizit an Know How beseitigen soll. Hintergrund meiner Tätigkeit ist, dass die FIFA es für notwendig hält, generell in Zukunft einen schnellen und umfassenden Wissenstransfer von der einen zur nächsten WM herzustellen. Daher ist meine Berufung nicht überraschend. Sie basiert auch auf dem sehr vertrauensvollen Verhältnis zwischen den südafrikanischen WM-Organisatoren und mir, mit dem dortigen OK-Chef Danny Jordaan verbindet mich zum Beispiel eine langjährige Freundschaft.

Frage: Wie würden Sie pauschal den gegenwärtigen Stand der Vorbereitungen beschreiben?

Schmidt: Südafrika will natürlich nicht permanent erinnert werden an den Ablauf der WM 2006 und wie gut wir das alles bei uns in Deutschland hinbekommen haben. Wobei ich in diesem Zusammenhang immer daran erinnere, dass auch bei uns im Vorfeld nicht alles immer nach Plan und wie am Schnürchen ablief. Südafrika sucht mit hohem Einsatz seinen eigenen Weg zu einer afrikanischen WM. "Die afrikanische WM" – das schält sich als überragendes Thema heraus. Dafür gibt es 1000 Ideen, wie ich gemerkt habe. Doch auch dabei gilt es zunächst technische Probleme zu lösen, was aber mit einem eher geringen Schwierigkeitsgrad verbunden ist, weil Südafrika ein High-Tech-Land ist. Die meisten Planungen, zum Beispiel beim Stadionbau, werden jetzt in die Tat umgesetzt. Die ganz normale OK-Arbeit hat begonnen.

Frage: Was heißt dies für das heikle Thema "Stadionbau", dem neben der hohen Kriminalitätsrate und der problematischen Verkehrsinfrastruktur mit großer Skepsis in Europa begegnet wird?

Schmidt: Mit dem Plan, von den zehn WM-Arenen fünf Stadien ganz neu zu bauen und eines komplett umzugestalten, hat man sich in der Tat viel vorgenommen. Die zentrale Vergabe der Finanzmittel hat natürlich viel Zeit gekostet. Doch jetzt steht die Finanzierung, und noch in diesem Monat wird mit allen Bauvorhaben begonnen.

Frage: Wann ist mit ihrer Fertigstellung zu rechnen?

Schmidt: Ich habe keinen Zweifel, dass spätestens im Oktober 2009 alle Stadien übergeben sein werden. Auch die für den Confederations Cup 2009 als große WM-Generalprobe vorgesehenen Arenen werden vorher rechtzeitig und voll funktionsfähig fertig sein. Damit wären die nötigen Vorläufe für die Überprüfung der Technik und der Sicherheitsstandards gegeben. Ein ganz großer Vorteil ist der Fakt, dass die Bauvorhaben, anders als in Deutschland, ungestört durch Wintereinflüsse und Ligabetrieb durchgezogen werden können.

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Frage: In Kapstadt und anderswo gibt es oder drohen Einsprüche gegen WM-Bauvorhaben. Ist mit Verzögerungen zu rechnen?

Schmidt: Ich sehe keine Gefährdung. Und die Südafrikaner beginnen auf jeden Fall mit allen Bauvorhaben. Sollte aber ein Stadion wider Erwarten nicht rechtzeitig fertig werden, könnte die WM 2010 auch problemlos in acht oder neun Stadien ausgerichtet werden.

Frage: Wie und auf welchen Wegen werden angesichts der schwierigen Verkehrsinfrastruktur die Zuschauer in die Stadien gelangen?

Schmidt: Ich bin sicherlich kein probater Ratgeber für die Lösung von Verkehrsproblemen. Ich werde die Südafrikaner aber immer wieder auf die Bedeutung einer guten Infrastruktur hinweisen. Und das dortige OK ist sich bewusst, dass es das Thema eines reibungslosen WM-Verkehrs rund um und zu den Stadien fest im Auge haben muss. Das gilt auch für die Sicherheit. Südafrikas Regierung weiß ganz genau, welche Räume in dieser Beziehung wichtig sein werden für die WM, und sie plant entsprechend. Ich gehe fest davon aus, dass es eine sichere WM werden wird. Generell kann ich feststellen, dass alle Dokumente, die ich bisher in der Hand gehabt habe, von sehr hoher Qualität sind. Südafrika profitiert ganz eindeutig von einer langen Planungsphase, da der dortige Verband ja auch Mitbewerber für die WM 2006 gewesen war und hierfür schon entsprechende Vorbereitungen und Vorleistungen hatte liefern müssen.

Frage: Wie groß wird die Akzeptanz der WM 2010 durch Südafrikas Bevölkerung sein?

Schmidt: Auf keinen Fall geringer als bei uns, wo alle Umfragen um die 90 Prozent Zustimmung ergeben hatten. Beim Turnier selbst wird es auf jeden Fall wieder Public Viewing und damit auch die nötige WM-Stimmung geben. Für die Gesamtatmosphäre bei der WM 2006 war unsere teils spontane, teilweise aber auch bewusst herbeigeführte Gastgeberrolle entscheidend. Wenn so etwas auch Südafrika gelingt, dann wird es eine sehr gute, wenn auch eine andere und deswegen nicht weniger enthusiastische WM geben.

Frage: Spüren Sie auf dem Weg dorthin eine ähnliche Last an Verantwortung wie als 1. OK-Vizepräsident der WM 2006?

Schmidt: In Südafrika habe ich doch eine ganz andere Rolle. Dort bin ich nur ein Berater, ein hoffentlich guter Berater. Ich kann und werde Empfehlungen für bestimmte Sachverhalte und Vorhaben geben und eigene Erkenntnisse mit einbringen. Die Entscheidungen, wie alles gestaltet werden soll, müssen die Südafrikaner selbst treffen. Ich bin dort kein Ersatzorganisator.

Frage: In Südafrika werden sie zum 10. Mal seit 1974 in die Organisation einer Fußball-WM eingebunden sein. Hat Ihre Jubiläums-WM einen anderen Stellenwert als die acht Turniere vor der Heim-WM 2006?

Schmidt: Ja, weil ich diesmal bei der FIFA anders involviert bin. Von 1978 bis 2002 war ich immer als Mitglied der FIFA-Organisationskommission tätig. Dabei habe ich die Vorbereitungen natürlich mit einer gewissen Stetigkeit begleitet – aber doch nicht mit solcher Intensität wie jetzt zur WM 2010. Ich bin diesmal in der Tat anders gefordert, auch nach meinem eigenen Selbstverständnis. Wir haben in Südafrika unser FIFA-Office, das die Interessen des Weltverbandes umsetzt, in dem ich arbeite und das gut funktionieren soll. Und wir haben dort das lokale Organisationskomitee. Beide Einrichtungen müssen gedeihlich zusammenarbeiten, ohne das man Leerlauf produziert. Wir müssen ein vernünftiges Miteinander haben, damit diese erste WM in Afrika die hohen Erwartungen erfüllt, die das Land und der ganze Kontinent mit diesem Weltereignis verbinden. Diese WM soll Afrika zu einem neuen Selbstbewusstsein verhelfen.