DFB-Wochenschau: Weltmeister-Titel und Schützenfest

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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

17. Oktober

Vor 75 Jahren verliert die Nationalmannschaft auch ihr zweites Spiel der Britannien-Reise. Nach Schottland (0:2) ist auch Irland zu stark für die letztmals von Otto Nerz betreute Elf. In Dublin unterliegt sie trotz beachtlicher Leistung mit 2:5. Immerhin drei Minuten (32 – 35) liegt sie nach dem Doppelschlag von Stanislaus Kobierski und Fritz Szepan in Führung, danach treffen nur noch die Iren in diesem Freundschaftsspiel.

Auch vor 60 Jahren spielt Deutschland in Dublin – und wieder gibt es eine Niederlage gegen Irland (2:3). Doch diesmal ist es viel spannender: Nach einem Eigentor von Jupp Posipal und einem Treffer von Fitzsimmons zur Pause 0:2 zurückliegend, gleicht die Herberger-Elf dank Toren von Max Morlock und Fritz Walter nach 75 Minuten aus. Doch dann überwindet Glynn Torwart Toni Turek zum 3:2-Endstand (84.). Die Deutschen gehen traurig vom Platz, denn ein Kopfball-Tor von Bayern-Verteidiger Jackl Streitle in letzter Minute wird aberkannt, weil der englische Schiedsrichter Ling unmittelbar vor dem Einschlag ins Netz abpfeift. Da er zunächst zur Mitte zeigt, glauben alle an ein Tor und die Deutschen „führen einen Freudentanz auf“ (Sport Magazin). Die irritierten Zuschauer bleiben noch minutenlang im Stadion, ehe der Stadionsprecher das Endergebnis von 3:2 durchgibt und großen Jubel auslöst. Jackl Streitle unkt derweil, es sei wohl doch was dran an der ominösen Zahl 13 – denn er bestreitet sein 13. Länderspiel an diesem Tag. Das Sport Magazin titelt: „Tragik von Dublin“. Kleiner Trost am Rande: Kapitän Fritz Walter gibt nach dem Spiel bekannt, in Kaiserslautern zu bleiben. Dabei will ihm Atletico Madrid für einen Drei-Jahres-Vertrag 250.000 DM überweisen.

Vor 30 Jahren bekommt die Bundesliga einen neuen Tabellenführer. Ganz Köln träumt nach dem 4:0 des 1. FC gegen die vom Gipfel geholten Münchner Bayern von der Meisterschaft. „Köln schwebt im siebenten Himmel“, stellt der Kicker fest. Selbst der Dauer-Optimist im Tor, Toni Schumacher, staunt: „Ich habe den Bayern beim Länderspiel in Wien zwar prophezeit, dass sie am Samstag nicht mehr Tabellenführer sein würden. So klar allerdings habe selbst ich unseren Sieg nicht erwartet.“ Kollege Rainer Bonhof stichelt: „Die Bayern haben offensichtlich den Schwung früherer Zeiten verloren.“ Jedenfalls verlieren sie ihren Torwart: Manfred Müller muss nach 20 Minuten nach Paul Steiners 1:0 mit Gehirnerschütterung ins Krankenhaus, Vertreter Walter Junghans muss noch drei Tore durch Tony Woodcock, Thomas Kroth und Gerd Strack quittieren. 60.000 feiern die Geißböcke, Bayerns Jung-Manager Uli Hoeneß schützt die Verlierer: „Von einer Krise würde ich erst reden, wenn das vier, fünf Wochen so schlecht liefe.“ Immerhin ist es die dritte Auswärtsniederlage in Serie. Davon profitiert auch Rivale HSV, dem ein 1:1 gegen Gladbach reicht, um vorbei zu ziehen auf Platz zwei.

Dennoch überwiegt die Enttäuschung bei 53.000 Zuschauern im Volkspark, Gladbachs Ausgleich durch Joker Kurt Pinkall fällt zwei Minuten vor Schluss. Noch später trifft Frankfurts Charly Körbel zum 2:1 gegen Schlusslicht Arminia Bielefeld, auch Nürnberg genießt das Glück des Sieges in letzter Minute beim 3:2 gegen Leverkusen – Horst Weyerich verwandelt einen umstrittenen Elfmeter. Ein Handspiel des Nürnbergers Reinhold Schöll ist vorausgegangen, aber der Linienrichter sieht es nicht. „Wäre er doch zuhause geblieben“, schimpft Bayer-Kapitän Jürgen Glowacz. Wäre Hans-Peter Briegel zuhause geblieben, wären ihm Schmerzen erspart worden. Aber auch ein Erfolgserlebnis versagt. Beim 1:1 gegen Aufsteiger Werder Bremen erleidet Briegel einen Nasenbeinbruch. Das FCK-Tor erzielt der wackere Haudegen trotz dieses Handicaps.

Vor zehn Jahren wird der vierte Spieltag in der Champions League komplettiert. Bayer Leverkusen wird erstmals geschlagen, doch das 1:2 beim FC Barcelona ist keine Schande. Vor 75.000 im Camp Nou fallen die Tore schon vor der Pause: Patrick Kluivert macht den Anfang, Carsten Ramelow gleicht aus, Luis Enrique sorgt für den Endstand. Bayer verliert außer den Punkten und der Tabellenführung auch Abwehrchef Jens Nowotny, der verletzt ausgewechselt werden muss. Am selben Abend ziehen die Bayern quasi schon in die 2. Runde ein – nach dem 5:1 gegen Spartak Moskau gibt es nur noch minimale theoretische Zweifel. 25.000 Zuschauer im Olympia-Stadion sehen ein glänzendes Stürmer-Duo: Claudio Pizarro und Giovane Elber erzielen je zwei Tore, Joker Alexander Zickler setzt den Schlusspunkt.

18. Oktober

Vor 50 Jahren schreibt der 1. FC Nürnberg Europapokal-Historie. Als erste Mannschaft gewinnen die Franken bei Fenerbahce Istanbul (2:1) und verschaffen sich vor dem Rückspiel im Landesmeister-Pokal eine glänzende Ausgangsposition. Ein Doppelschlag von Gustav Flachenecker (52.) und Heinz Strehl (55.) stellt die Weichen zum Sieg, der glänzend erspielt, aber auch hart erkämpft wird. Der 19-jährige Kurt Haseneder erleidet schon nach sieben Minuten einen Zehenbruch und auch die anderen Clubberer kommen nicht ohne Blessuren vom Ascheplatz. Torwart Roland Wabra sagte: „Ich wunderte mich, dass der Fenerbahce-Torhüter keine Knieschützer trug. Dabei hielten meine bei diesem harten Boden nicht mal alles auf.“ DDR-Pokalsieger Carl Zeiss Jena zieht durch ein 5:1 über Swansea City in die 2. Runde ein.

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Vor 30 Jahren feiert der deutsche Fußball einen großen Triumph. Die von Dietrich Weise trainierte U 20-Auswahl wird erstmals Junioren-Weltmeister. Beim Turnier in Australien stellt sie wegen Personalproblemen zwar die jüngste Mannschaft, aber bis auf Ägypten kann sie in der Vorrunde keiner schlagen. Katar ist im Finale von Sydney gegen das deutsche Team chancenlos und muss sich bei strömenden Regen 0:4 geschlagen geben. Die siegreiche Mannschaft: Rüdiger Vollborn – Helmut Winklhofer, Michael Zorc, Anton Schmidkunz, Martin Trieb – Alfred Schön, Ralf Loose, Ralf Sievers (66. Thomas Brunner) – Holger Anthes, Axel Brummer (84. Thomas Herbst), Roland Wohlfarth. Die Tore: 1:0 Loose (28.), Roland Wohlfarth (43.), 3:0 Loose (65., Elfmeter), 4:0 Anthes (86.). Leiter der Delegation in Down Under ist der spätere DFB-Präsident Egidius Braun, der stolz sagt: „Eine Bombentruppe, alles prima Kerle.“ Der Kicker schreibt: „So etwas hat es im deutschen Fußball noch nie gegeben und es dürfte sich wohl auch nicht so schnell wiederholen lassen.“

Vor 25 Jahren gibt es in der Bundesliga sechs Unentschieden und nur 19 Tore. Die Ausgeglichenheit der Liga führt sogar dazu, dass der Erste beim Letzten nicht gewinnen kann: Aufsteiger Blau-Weiß 90 Berlin trotzt den ungeschlagenen Bayern einen Punkt ab – es ist eines von vier 1:1-Resultaten des 11. Spieltages. Berlins Held heißt Horst Feilzer, der Jean-Marie Pfaff aus über 20 Metern bezwingt. Uli Hoeneß ist empört: „Fast 90 Minuten lang lassen wir uns hier vom Tabellenletzten unter Druck setzen und müssen am Ende noch froh sein, überhaupt einen Punkt zu holen.“ Trotzdem bleibt der Meister Erster mit zwei Punkten Vorsprung, denn auch Verfolger HSV spielt 1:1 – weil Dietmar Beiersdorfer auf Schalke ein Eigentor fabriziert.

Neuer Zweiter wird Bayer Leverkusen (2:0 am Vortag gegen Eintracht Frankfurt) dank zweier Tore von Herbert Waas. Schützenkönig des Tages ist der Nationalspieler damit nicht, denn Kölns Klaus Allofs schießt ausgerechnet bei seinem Heimatklub Fortuna Düsseldorf einen Hattrick. Fortuna rutscht damit auf den letzten Platz. Wenigstens hat Allofs Gewissensbisse: „Ich hätte lieber gegen eine andere Mannschaft getroffen.“ Zumal im Fortuna-Tor ein 17jähriger Debütant stand – Frank Kirn geht an diesem Tag als jüngster Torwart in einer Startelf in die Bundesliga-Geschichte ein. Nichts Historisches hatte dagegen die Nullnummer zwischen Waldhof Mannheim und dem VfL Bochum. „Fehlpass-Festival – Zuschauer lachten“, titelte der Kicker über das Spiel, bei dem einige der 8000 Waldhof-Fans den Rauswurf von Trainer Klaus Schlappner fordern. Schlappi bügelt Fragesteller ab: „Die Rufe habe ich nicht gehört – und außerdem sind sie mir piepschnurzegal.“

Vor zehn Jahren entlässt Bundesligist 1860 München morgens um halb zehn seinen langjährigen Trainer Werner Lorant. Es ist ein Rauswurf mit Verzögerung. Präsident Karl-Heinz Wildmoser liegt das 1:5 im Derby gegen die Bayern auch nach fünf Tagen noch im Magen. „Erfolglosigkeit und die Art und Weise wie sich das Team beim 1:5 gegen den FC Bayern präsentierte“ führen nach neun Jahren zur Trennung. Auch habe Lorant beim anschließenden Straftraining wohl etwas überzogen, ergibt die interne Ermittlung. Der Österreicher und Ex-Löwen-Stürmer Peter Pacult übernimmt seinen Job.

Am Abend patzen zwei deutsche UEFA-Cup-Vertreter in Heimspielen. Zweitligist Union Berlin verliert gegen Litex Lowetsch 0:2, der SC Freiburg in der dritten Minute der Nachspielzeit nach Fehler von Torwart Richard Golz 0:1 gegen den FC St. Gallen.

19. Oktober

Vor 70 Jahren finden Gau-Liga-Spiele statt. Die Erfordernisse des Krieges sorgen mancherorts für Wettbewerbsverzerrung, nicht alle Mannschaften werden im gleichen Maße geschwächt. So kommt es zu immer ungewöhnlicheren Ergebnissen auf der höchsten Ebene des deutschen Fußballs. Im Sudetenland gewinnt der LSV Olmütz in Jägerndorf mit 16:0, im Niederrhein-Gau putzt RW Essen Turu Düsseldorf 11:0, wobei August Gottschalk sieben Tore gelingen. Der Dresdner SC siegt im Lokalderby gegen Guts Muts 9:1. Auch das 6:1 von Eintracht Braunschweig über Hannover 96 zählt der Kicker zu den „Überraschungen des Sonntages“.

Vor 20 Jahren endet die längste Sieglos-Serie des 1. FC Köln in seiner Bundesliga-Geschichte. Nach dem späten Treffer von Pierre Littbarski in Karlsruhe gibt es erstmals seit fünf Monaten und 18 Spielen wieder mal zwei Punkte – und Trainer Jörg Berger gibt den Siegern zwei Tage frei. „Ein herrliches Gefühl, an das man sich aber erst wieder gewöhnen muss“, sagt Verteidiger Alfons Higl. Das gilt auch für den Tabellenplatz des FC Bayern, der als Vierzehnter ungewöhnlich viel Luft nach oben hat. In Stuttgart muss der neue Trainer Sören Lerby auch im zweiten Spiel eine Niederlage quittieren (2:3). Sein Risiko, den 17-jährigen Max Eberl, heute Sportdirektor in Mönchengladbach, aufzustellen, misslingt. Der Debütant muss zur Pause raus und wird nie mehr für Bayern spielen. Neu-Bayer Thomas Berthold beruhigt die Reporter: „Wir werden beim FC Bayern auch wieder lachen. Jetzt haben wir halt zu wenig Glück.“

Weil es nach Stefan Effenbergs Elfmeter-Tor noch mal spannend geworden ist, sagt VfB-Trainer Christoph Daum: „Statt eines Top-Zuschlags wäre eher eine Gefahrenzulage für Herz- und Kreislaufschwäche angebracht gewesen.“ Der VfB schiebt sich auf Platz zwei vor, doch Tabellenführer Eintracht Frankfurt bleibt vorläufig außer Reichweite. Nach dem 4:2 in Wattenscheid haben die Hessen drei Punkte Vorsprung. Eine Attraktion sind sie trotz ihrer Ballzauberer Uwe Bein (zwei Tore) und Andy Möller noch nicht – nur 8000 kommen in die Lohrheide. Nie sahen weniger Zuschauer einen Tabellenführer. Kaum mehr kommen zum ersten Ost-Derby der Liga: Hansa Rostock begrüßt beim 3:0 gegen Dynamo Dresden nur 9000 Fans und schickt die Sachsen auf den 20. und letzten Platz.

20. Oktober

Vor 40 Jahren ist am Bökelberg der Teufel los. Borussia Mönchengladbach zelebriert im Landesmeister-Pokal gegen Inter Mailand Zauberfußball und gewinnt nach grandioser Leistung sensationell mit 7:1, doch der Sieg wird nichts wert sein. Denn Inters Nationalspieler Robert Boninsegna wird beim Stand von 2:1 nach 28 Minuten von einer Cola-Büchse am Kopf getroffen. Ob er deshalb wirklich ausgewechselt werden musste? Der Vereinsarzt attestiert ihm 15-minütige Bewusstlosigkeit. „Eine meisterhafte schauspielerische Leistung, wie sich später herausstellen wird“, stellt dagegen das Kicker-Jahrbuch 1971/72 fest. Die im Übrigen leere und nur 55 Gramm schwere Büchse wird zum Strohhalm für den desolaten italienischen Meister, der am nächsten Tag erfolgreich Protest einlegt. Das Spiel wird annulliert und wiederholt. Die Polizei verhaftet noch im Stadion auf Hinweis des Inter-Kapitäns Sandro Mazzola einen 29-jährigen Gabelstapler, dessen Unschuld sich aber 1972 vor Gericht herausstellen wird. Er geht dennoch nie mehr in ein Stadion. Der wahre Täter wird nie gefunden. Die Republik erfährt von dem Spektakel, bei dem Günter Netzer sein bestes Spiel überhaupt gemacht haben soll, übrigens nur aus der Presse; die geplante Live-Übertragung scheitert an der Mehrwertsteuer von 6600 D-Mark, die die ARD an die Gladbacher weitergeben will.

Die übrigen Spiele verblassen hinter dem Bökelberg-Skandal. Dabei kann sich das 0:0 von Pokalsieger Bayern beim FC Liverpool auch sehen lassen. Der 1. FC Köln kommt im UEFA-Cup durch ein Joker-Tor von Hannes Löhr noch zu einem 2:1 gegen den FC Dundee, mit dem gleichen Resultat bezwingt Eintracht Braunschweig Atletic Bilbao, Ludwig Bründl schießt beide Tore. Hertha BSC schlägt sich beim AC Mailand wacker, verliert aber nach 2:1-Führung noch mit 2:4. DDR-Pokalsieger Dynamo Berlin gewinnt in Belgien beim AC Beerschot mit 3:1, Carl Zeiss Jena spielt bei OFK Belgrad 1:1.

Vor zehn Jahren gibt es in der Bundesliga nur Sieger und Verlierer, keine Unentschieden am zehnten Spieltag. Es ist der Tag, an dem die alte Ordnung wieder hergestellt wird. „Der Machtwechsel: Für Bayern ein Kinderspiel“, titelt die Sonntagsausgabe der FAZ. Der Hattrick-Meister aus München stürzt Emporkömmling 1. FC Kaiserslautern durch ein 4:1 im direkten Vergleich und erntet Lobeshymnen: Vize-Präsident Karl-Heinz Rummenigge schwärmt von „modernstem und fantastischstem Fußball von der ersten bis zur letzten Minute“ und Claudio Pizarro ist überzeugt: „Ich glaube, uns stoppt niemand mehr.“ Mann des Tages ist Hasan Salihamidzic, der zwei Tore schießt. „Das bosnische Energiebündel war nicht zu bremsen“, lobt der Kicker.

Verfolger Bayer Leverkusen bleibt als einzige Mannschaft unbesiegt und schickt den VfB Stuttgart trotz Rückstands mit 4:1 geschlagen nach Hause. VfB-Trainer Felix Magath sagt ernüchtert: „Von den Teams, die oben stehen, sind wir noch weit entfernt.“ Kollege Kurt Jara gewinnt mit dem HSV auch sein zweites Spiel, weil Torwart Martin Pieckenhagen in Wolfsburg (1:0) einen Petrow-Elfmeter hält. Die Premiere von Peter Pacult auf der Bank von 1860 München misslingt dagegen. Bei Schalke verlieren die Löwen durch ein Eigentor von Torwart Simon Jentzsch mit 0:1. Nach Spielende ruft der Kicker beim entlassenen Löwen-Trainer Werner Lorant im Spanien-Urlaub an. Es wird ein kurzes Gespräch. Lorant: „Seit Donnerstag halb zehn sage ich nichts mehr zu 1860.“

Aufsteiger FC St. Pauli kommt gegen Energie Cottbus endlich zum ersten Saison-Sieg – es wird der zweithöchste in der Bundesliga-Historie der Hamburger (4:0). Der kommende Meister Borussia Dortmund verbucht gegen den SC Freiburg 9:0 Ecken und doch die zweite Heimniederlage – 0:2. Das zweite Tor schießt Sebastian Kehl, den der BVB prompt in der Winterpause verpflichten wird.

21. Oktober

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden bleibt das Spitzenduo punktgleich, denn beide gewinnen am Tag der (fünf) Unentschieden: der VfB Stuttgart verteidigt beim 4:1 gegen VfR Mannheim die Tabellenführung, Verfolger 1. FC Nürnberg vermeldet beim 1:0 gegen den FC Bayern die Rekordkulisse des Tages (17.000). Der Club erwischt einen schwachen Tag und gewinnt glücklich, Max Morlock scheitert gar mit einem Elfmeter an Bayern-Keeper Werner Gutendorf. Nur einen Punkt hinter dem Spitzenduo schielen 1860 München (3:1 gegen Kickers Stuttgart) und der VfB Mühlburg (1:1 gegen Kickers Offenbach) auf Platz eins.

Im Norden leistet sich Tabellenführer FC St. Pauli gegen Viktoria Hamburg die erste Niederlage (1:2) und Paulis Walter Dzur eine Frechheit zuviel gegen Schiedsrichter mit dem passenden Namen Schwarzmann. Wiederholt reklamiert Dzur vor dem Freistoß den Abstand der Mauer und fordert den Schiedsrichter auf, die neun Schritte abzumessen. Beim ersten Mal macht er es, beim zweiten Mal nicht mehr, und nach dem folgenden Disput muss Dzur vom Platz. Nach Abpfiff braucht Schwarzmann Polizeischutz „und der Pöbel hatte seinen Triumph“ (Sport Magazin).

Holstein Kiel rückt durch ein 6:2 über Eimsbüttel auf einen Zähler an St. Pauli heran. Und der große HSV? Verliert vor 15.000 bei Hannover 96 (0:2) schon zum dritten Mal in der Saison 1951/52 und ist Achter. Der Gastgeber feiert seinen Doppel-Torschützen Erich Loth. Die meisten Zuschauer kommen zum Bremer Derby zwischen Werder und dem Bremer SV – 25.000 sehen ein 5:2 für den Favoriten Werder, der ohne Nationalspieler Herbert Burdenski antritt. „Zoff mit dem Vorstand am Vorabend“, mutmaßt das Sport Magazin. Auch auf dem Platz gibt es Ärger, es gibt Verletzte und SV-Spieler Erdmann fliegt wegen Tätlichkeit runter. Den dritten Platzverweis des Tages erhält Braunschweigs Werner Seitz beim 1:3 in Osnabrück. Raue Luft im Norden.

Im Westen kommen wieder die meisten Zuschauer zusammen – 114.000 sehen im Schnitt drei Tore pro Spiel. Tabellenführer RW Essen ist auch Kassenmagnet Nummer eins, 25.000 verfolgen das 2:1 gegen Katernberg, alle Tore fallen binnen sieben Minuten. RWE beendet das Spiel in Unterzahl, denn August Gottschalk verletzt sich bei seinem 2:0 und muss mit Jochbeinbruch ins Krankenhaus. Dort erfährt er von den für RWE günstigen Ergebnissen: Die schärfsten Verfolger spielen nur 1:1 auf eigenem Platz. Der 1. FC Köln braucht gegen Schwarz-Weiss Essen einen Elfmeter um einen Punkt zu retten, Schalke 04 gleicht erst spät gegen Kellerkind Preußen Dellbrück aus – und, fast schlimmer noch, begrüßt nur 12.000 Zuschauer. Da hat Aufsteiger Leverkusen mehr – 14.000 sehen das 2:2 gegen Borussia Dortmund nach 0:2- Rückstand. Somit bleiben die Leverkusener weiterhin unbesiegt - in ihrer ersten Oberliga-Saison überhaupt.

Im Südwesten büßt Tabellenführer Wormatia Worms gegen Tura Ludwigshafen einen Punkt ein (1:1), weshalb der Deutsche Meister 1. FC Kaiserslautern auf zwei Punkte heranrückt. Beim 5:2 gegen VfR Neunkirchen ist Fritz Walter „erneut der überragende Spielmacher“, wie das Sport Magazin feststellt: „Walter-Vorlagen sprengen Neunkirchen-Deckung“. Per Elfmeter reiht sich der Kapitän auch unter die Torschützen, zu denen ferner der junge Horst Eckel und Karl Wanger (je zwei) zählen.

Vor 30 Jahren gibt es für drei der fünf Bundesligavertreter Niederlagen auf europäischer Bühne. Alle knapp und auswärts, noch ist nichts verloren. Pokalsieger Eintracht Frankfurt verliert beim SKA Rostow mit 0:1. Auch der 1. FC Kaiserslautern patzt in Russland – 1:2 bei Spartak Moskau. Friedhelm Funkels Tor in der 83. Minute bewahrt die Hoffnung fürs Rückspiel in der 2. Runde des UEFA-Pokals. Identische Ausgangslage für den HSV nach seinem 1:2 bei Girondins Bordeaux, ein Kaltz-Elfmeter sorgt für das wertvolle Auswärtstor. Libero Franz Beckenbauer „lieferte eine Glanzpartie“, lobt der Kicker.

Meister Bayern München kommt zu später Stunde bei Benfica Lissabon zu einem befriedigenden 0:0. Den einzigen Sieg verbucht Borussia Mönchengladbach, das am Bökelberg Dundee United 2:0 bezwingt. Es ist ein glücklicher Sieg, den letztlich die Innenverteidiger sichern müssen: Frank Schäffer (70.) und Winfried Hannes (86.) köpfen jeweils nach Ecken ins Tor der Schotten. „Im Training hundertfach geübt“, begründet Nationalspieler Hannes, warum ausgerechnet eine britische Domäne zum Borussen-Erfolg geführt hat.

DDR-Vertreter Carl Zeiss Jena lockt 75.000 Zuschauer ins Estadio Santiago Bernabeu und unterliegt Real Madrid ehrenhaft mit 2:3 zunichte. Pokalsieger Lok Leipzig trennt sich zuhause von Velez Mostar 1:1.

22. Oktober

Vor 50 Jahren spielt die Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Griechenland und gewinnt auch das letzte Gruppenspiel (2:1). Das WM-Ticket für Chile hat sie längst gelöst, entsprechend nachlässig gehen die Deutschen zu Werke. „Nach 15 Minuten riss der Faden“, titelt das Sport Magazin über den Tag von Augsburg. Nach zwei frühen Toren von Uwe Seeler läuft nicht mehr viel zusammen und nach dem Anschlusstor aus rund 30 Metern (58.) wird es vor 65.000 in der Rosenau noch mal spannend. Sepp Herberger sagt kritisch: „Es war wirklich kein gutes Länderspiel. Und woran lag es? Es lag an den Griechen und an uns.“ Zu den Gewinnern des Spiels gehört Lokalmatador Helmut Haller, der „knallte einige Male unerhört kraftvoll aufs Tor“ (Sport Magazin). Unter dem Strich steht: erstmals beendet Deutschland eine WM-Qualifikation ohne Punktverlust (8:0 Punkte). Am selben Tag wird es in der einzigen Oberliga, die trotz Länderspiels nicht ausfällt, wieder etwas spannender. Nachdem Tabellenführer Pirmasens am Vortag in Ludwigshafen (3:3) seinen zweiten Punkt abgegeben hat, fügt der 1. FC Kaiserslautern an diesem Sonntag Verfolger Borussia Neunkirchen die erste Saisonniederlage (2:0) zu und schließt auf. Unter den 7000 Zuschauern sitzt Fritz Walter, er sieht Tore von Neumann und Bauer.

Vor 25 Jahren starten acht deutsche Klubs in die zweite Europapokalrunde. Meister Bayern München schlägt Austria Wien mit 2:0, Hansi Flick und Lothar Matthäus per Elfmeter treffen vor 48.000 im Olympia-Stadion. Nach den Chancen hätte Bayern weit höher gewinnen, doch Franz Wohlfahrt im Austria-Tor erwischt einen Glanztag. DDR-Meister BFC Dynamo Berlin unterliegt bei Bröndby Kopenhagen 1:2, Frank Rohdes spätes Tor (87.) nährt die Hoffnungen. Im Pokalsieger-Cup muss der VfB Stuttgart gewaltig zittern, bei Torpedo Moskau setzt es eine 0:2-Pleite und die Erkenntnis, dass ein Zwilling selten allein trifft: die Gebrüder Sawitschew schießen die Tore gegen die enttäuschende Coordes-Elf. Zu allem Übel wird die Delegation auch noch patschnass: es gibt kein Dach im Stadion, VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder und der Vorstand sitzen 90 Minuten im Regen.

DDR-Vertreter Lok Leipzig kommt mit einem 1:1 von Rapid Wien zurück, Matthias Lindner erzielt das Tor. Im UEFA-Pokal schießt nur Borussia Mönchengladbach aus dem DFB-Trio Tore – dafür reichlich. Gegen Feyenoord Rotterdam gibt es am Bökelberg ein 5:1-Schützenfest. „Gladbach wie in besten Zeiten“, titelt der Kicker. Defensiv-Mann Hans-Georg Drehsen entdeckt seine stürmische Ader an diesem Herbstabend 1986 und erzielt zwei Tore. Die Werksklubs spielen dagegen torlos in der Fremde: Bayer Uerdingen bei Widzew Lodz und Bayer Leverkusen bei Dukla Prag feiern ihre Torhüter. Uerdingens Werner Vollack hält in Lodz einen Elfmeter, Leverkusens Rüdiger Vollborn in Prag alles was auf sein Tor kommt. DDR-Vertreter Stahl Brandenburg muss nach dem 0:2 in Göteborg mit dem Aus rechnen.

Vor zwanzig Jahren spielen vier deutsche Klubs im UEFA-Pokal. Bayern München erlebt bei Bröndby Kopenhagen einen schwarzen Nachmittag (Anpfiff: 15 Uhr) und blamiert sich bis auf die Knochen – 2:6. Mehr Tore haben die Bayern im Europapokal noch nie kassiert. Dabei sind sie nach 32 Minuten durch Mazinho in Führung gegangen, noch nach 56 Minuten steht es 1:1 – dann bricht der Bröndby-Sturm los. Trainer Sören Lerby gesteht: „Wir haben den FC Bayern in ganz Europa lächerlich gemacht.“ Und mit Blick auf die Bundesliga-Tabelle sagt er schier Unerhörtes: „Ab sofort kämpfen wir gegen den Abstieg.“ Der bereits zurückgetretene Weltmeister Klaus Augenthaler, nunmehr 34, hat noch einen Spielerpass und bietet seine Hilfe an „Ich bin bereit für Samstag.“ Die anderen UEFA-Cup-Vertreter schlagen sich wackerer: der VfB Stuttgart (in Osasuna) und Eintracht Frankfurt (in Gent) ertrotzen jeweils ein 0:0, der HSV schlägt vor nur 8120 Getreuen im Volkspark ZSKA Sofia mit 2:0. Beide Tore schießt Abwehrchef Frank Rohde, dem die Interviews hinterher mehr Probleme bereiten: „Ich habe lange zurückgedacht, aber zwei Tore in einem Spiel habe ich noch nie gemacht.“

23. Oktober

Vor 40 Jahren fallen 42 Tore in der Bundesliga – erst viermal gab es noch mehr. Dass ausgerechnet Tabellenführer Schalke 04 die meisten hinnehmen muss, ist kaum zu glauben, doch die Königsblauen geraten bei Meister Borussia Mönchengladbach mit 0:7 unter die Räder. Die Borussen schießen sich den Frust über das annullierte 7:1 gegen Inter Mailand (siehe 20. Oktober) von der Seele, schon nach 36 Minuten steht es 5:0. Schalkes Torwart Norbert Nigbur, über 555 Minuten ohne Gegentor und damit neuer Rekordhalter der Bundesliga, steht plötzlich in der Schießbude. Günter Netzer, Jupp Heynckes und Ulrik Le Fevre treffen je zwei Mal ins Tor, Schalke-Trainer Ivica Horvath verbucht wenigstens noch einen Lacherfolg als er auf der Pressekonferenz von „unserem besten Auswärtsspiel“ spricht. Der Torhagel vom Bökelberg verhilft den ebenfalls treffsicheren Bayern (5:1 gegen Duisburg) zur Tabellenführung. Fast genauso wichtig; nach drei Fehlversuchen des danach abgesetzten Gerd Müller hat Bayern wieder einen sicheren Elfmeterschützen; Franz „Bulle“ Roth verwandelt gleich zwei an diesem stürmischen Herbst-Samstag 1971.

Die meisten Tore an diesem Rekord-Tag erzielen jedoch der Frankfurter Bernd Nickel beim 4:3 in Bielefeld und (schon am Freitag) Kaiserslauterns Seppl Pirrung beim 6:0 gegen Dortmund – jeweils drei. Durch den Wind ist hingegen Hannovers Stürmer Willi Reimann, der in Bremen so lange meckert bis er vom Platz fliegt – obwohl ihm Mitspieler noch den Mund zuhalten. Der Vorstand verkündet spontan eine Gehaltssperre für den wilden Willi.

Vor zwanzig Jahren gehen drei weitere Deutsche im Europacup an den Start. Meister 1. FC Kaiserslautern unterliegt beim FC Barcelona 0:2, beide Tore erzielt Beguiristain. Guido Hoffmann hätte auch eines erzielen müssen, doch er vergibt eine unglaubliche Chance. Nachdem er Zubizaretta schon umspielt hat, schießt Hoffmann mit dem schwächeren rechten Fuß am Tor vorbei. „Es gibt überhaupt keine Entschuldigung“, sagt der arme Sünder. „Kostet der Fehltritt 10 Millionen Mark?, fragt der Kicker. Auch Pokalsieger Werder Bremen muss nach seinem suboptimalen Heimsieg gegen Ferencvaros Budapest (3:2) zittern. Am Sturm liegt s nicht, Frank Neubarth (2x) und Klaus Allofs treffen. Für Außenseiter Rot-Weiß Erfurt, Schlusslicht der 2. Liga Nord, ist Ajax Amsterdam im UEFA-Cup zwar eine Nummer zu groß, aber zur Pause führen die Thüringer dank Uwe Schulz. Ajax dreht das Spiel noch, Nationalspieler Dennis Bergkamp schießt das 2:1 für die Niederländer.

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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

17. Oktober

Vor 75 Jahren verliert die Nationalmannschaft auch ihr zweites Spiel der Britannien-Reise. Nach Schottland (0:2) ist auch Irland zu stark für die letztmals von Otto Nerz betreute Elf. In Dublin unterliegt sie trotz beachtlicher Leistung mit 2:5. Immerhin drei Minuten (32 – 35) liegt sie nach dem Doppelschlag von Stanislaus Kobierski und Fritz Szepan in Führung, danach treffen nur noch die Iren in diesem Freundschaftsspiel.

Auch vor 60 Jahren spielt Deutschland in Dublin – und wieder gibt es eine Niederlage gegen Irland (2:3). Doch diesmal ist es viel spannender: Nach einem Eigentor von Jupp Posipal und einem Treffer von Fitzsimmons zur Pause 0:2 zurückliegend, gleicht die Herberger-Elf dank Toren von Max Morlock und Fritz Walter nach 75 Minuten aus. Doch dann überwindet Glynn Torwart Toni Turek zum 3:2-Endstand (84.). Die Deutschen gehen traurig vom Platz, denn ein Kopfball-Tor von Bayern-Verteidiger Jackl Streitle in letzter Minute wird aberkannt, weil der englische Schiedsrichter Ling unmittelbar vor dem Einschlag ins Netz abpfeift. Da er zunächst zur Mitte zeigt, glauben alle an ein Tor und die Deutschen „führen einen Freudentanz auf“ (Sport Magazin). Die irritierten Zuschauer bleiben noch minutenlang im Stadion, ehe der Stadionsprecher das Endergebnis von 3:2 durchgibt und großen Jubel auslöst. Jackl Streitle unkt derweil, es sei wohl doch was dran an der ominösen Zahl 13 – denn er bestreitet sein 13. Länderspiel an diesem Tag. Das Sport Magazin titelt: „Tragik von Dublin“. Kleiner Trost am Rande: Kapitän Fritz Walter gibt nach dem Spiel bekannt, in Kaiserslautern zu bleiben. Dabei will ihm Atletico Madrid für einen Drei-Jahres-Vertrag 250.000 DM überweisen.

Vor 30 Jahren bekommt die Bundesliga einen neuen Tabellenführer. Ganz Köln träumt nach dem 4:0 des 1. FC gegen die vom Gipfel geholten Münchner Bayern von der Meisterschaft. „Köln schwebt im siebenten Himmel“, stellt der Kicker fest. Selbst der Dauer-Optimist im Tor, Toni Schumacher, staunt: „Ich habe den Bayern beim Länderspiel in Wien zwar prophezeit, dass sie am Samstag nicht mehr Tabellenführer sein würden. So klar allerdings habe selbst ich unseren Sieg nicht erwartet.“ Kollege Rainer Bonhof stichelt: „Die Bayern haben offensichtlich den Schwung früherer Zeiten verloren.“ Jedenfalls verlieren sie ihren Torwart: Manfred Müller muss nach 20 Minuten nach Paul Steiners 1:0 mit Gehirnerschütterung ins Krankenhaus, Vertreter Walter Junghans muss noch drei Tore durch Tony Woodcock, Thomas Kroth und Gerd Strack quittieren. 60.000 feiern die Geißböcke, Bayerns Jung-Manager Uli Hoeneß schützt die Verlierer: „Von einer Krise würde ich erst reden, wenn das vier, fünf Wochen so schlecht liefe.“ Immerhin ist es die dritte Auswärtsniederlage in Serie. Davon profitiert auch Rivale HSV, dem ein 1:1 gegen Gladbach reicht, um vorbei zu ziehen auf Platz zwei.

Dennoch überwiegt die Enttäuschung bei 53.000 Zuschauern im Volkspark, Gladbachs Ausgleich durch Joker Kurt Pinkall fällt zwei Minuten vor Schluss. Noch später trifft Frankfurts Charly Körbel zum 2:1 gegen Schlusslicht Arminia Bielefeld, auch Nürnberg genießt das Glück des Sieges in letzter Minute beim 3:2 gegen Leverkusen – Horst Weyerich verwandelt einen umstrittenen Elfmeter. Ein Handspiel des Nürnbergers Reinhold Schöll ist vorausgegangen, aber der Linienrichter sieht es nicht. „Wäre er doch zuhause geblieben“, schimpft Bayer-Kapitän Jürgen Glowacz. Wäre Hans-Peter Briegel zuhause geblieben, wären ihm Schmerzen erspart worden. Aber auch ein Erfolgserlebnis versagt. Beim 1:1 gegen Aufsteiger Werder Bremen erleidet Briegel einen Nasenbeinbruch. Das FCK-Tor erzielt der wackere Haudegen trotz dieses Handicaps.

Vor zehn Jahren wird der vierte Spieltag in der Champions League komplettiert. Bayer Leverkusen wird erstmals geschlagen, doch das 1:2 beim FC Barcelona ist keine Schande. Vor 75.000 im Camp Nou fallen die Tore schon vor der Pause: Patrick Kluivert macht den Anfang, Carsten Ramelow gleicht aus, Luis Enrique sorgt für den Endstand. Bayer verliert außer den Punkten und der Tabellenführung auch Abwehrchef Jens Nowotny, der verletzt ausgewechselt werden muss. Am selben Abend ziehen die Bayern quasi schon in die 2. Runde ein – nach dem 5:1 gegen Spartak Moskau gibt es nur noch minimale theoretische Zweifel. 25.000 Zuschauer im Olympia-Stadion sehen ein glänzendes Stürmer-Duo: Claudio Pizarro und Giovane Elber erzielen je zwei Tore, Joker Alexander Zickler setzt den Schlusspunkt.

18. Oktober

Vor 50 Jahren schreibt der 1. FC Nürnberg Europapokal-Historie. Als erste Mannschaft gewinnen die Franken bei Fenerbahce Istanbul (2:1) und verschaffen sich vor dem Rückspiel im Landesmeister-Pokal eine glänzende Ausgangsposition. Ein Doppelschlag von Gustav Flachenecker (52.) und Heinz Strehl (55.) stellt die Weichen zum Sieg, der glänzend erspielt, aber auch hart erkämpft wird. Der 19-jährige Kurt Haseneder erleidet schon nach sieben Minuten einen Zehenbruch und auch die anderen Clubberer kommen nicht ohne Blessuren vom Ascheplatz. Torwart Roland Wabra sagte: „Ich wunderte mich, dass der Fenerbahce-Torhüter keine Knieschützer trug. Dabei hielten meine bei diesem harten Boden nicht mal alles auf.“ DDR-Pokalsieger Carl Zeiss Jena zieht durch ein 5:1 über Swansea City in die 2. Runde ein.

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Vor 30 Jahren feiert der deutsche Fußball einen großen Triumph. Die von Dietrich Weise trainierte U 20-Auswahl wird erstmals Junioren-Weltmeister. Beim Turnier in Australien stellt sie wegen Personalproblemen zwar die jüngste Mannschaft, aber bis auf Ägypten kann sie in der Vorrunde keiner schlagen. Katar ist im Finale von Sydney gegen das deutsche Team chancenlos und muss sich bei strömenden Regen 0:4 geschlagen geben. Die siegreiche Mannschaft: Rüdiger Vollborn – Helmut Winklhofer, Michael Zorc, Anton Schmidkunz, Martin Trieb – Alfred Schön, Ralf Loose, Ralf Sievers (66. Thomas Brunner) – Holger Anthes, Axel Brummer (84. Thomas Herbst), Roland Wohlfarth. Die Tore: 1:0 Loose (28.), Roland Wohlfarth (43.), 3:0 Loose (65., Elfmeter), 4:0 Anthes (86.). Leiter der Delegation in Down Under ist der spätere DFB-Präsident Egidius Braun, der stolz sagt: „Eine Bombentruppe, alles prima Kerle.“ Der Kicker schreibt: „So etwas hat es im deutschen Fußball noch nie gegeben und es dürfte sich wohl auch nicht so schnell wiederholen lassen.“

Vor 25 Jahren gibt es in der Bundesliga sechs Unentschieden und nur 19 Tore. Die Ausgeglichenheit der Liga führt sogar dazu, dass der Erste beim Letzten nicht gewinnen kann: Aufsteiger Blau-Weiß 90 Berlin trotzt den ungeschlagenen Bayern einen Punkt ab – es ist eines von vier 1:1-Resultaten des 11. Spieltages. Berlins Held heißt Horst Feilzer, der Jean-Marie Pfaff aus über 20 Metern bezwingt. Uli Hoeneß ist empört: „Fast 90 Minuten lang lassen wir uns hier vom Tabellenletzten unter Druck setzen und müssen am Ende noch froh sein, überhaupt einen Punkt zu holen.“ Trotzdem bleibt der Meister Erster mit zwei Punkten Vorsprung, denn auch Verfolger HSV spielt 1:1 – weil Dietmar Beiersdorfer auf Schalke ein Eigentor fabriziert.

Neuer Zweiter wird Bayer Leverkusen (2:0 am Vortag gegen Eintracht Frankfurt) dank zweier Tore von Herbert Waas. Schützenkönig des Tages ist der Nationalspieler damit nicht, denn Kölns Klaus Allofs schießt ausgerechnet bei seinem Heimatklub Fortuna Düsseldorf einen Hattrick. Fortuna rutscht damit auf den letzten Platz. Wenigstens hat Allofs Gewissensbisse: „Ich hätte lieber gegen eine andere Mannschaft getroffen.“ Zumal im Fortuna-Tor ein 17jähriger Debütant stand – Frank Kirn geht an diesem Tag als jüngster Torwart in einer Startelf in die Bundesliga-Geschichte ein. Nichts Historisches hatte dagegen die Nullnummer zwischen Waldhof Mannheim und dem VfL Bochum. „Fehlpass-Festival – Zuschauer lachten“, titelte der Kicker über das Spiel, bei dem einige der 8000 Waldhof-Fans den Rauswurf von Trainer Klaus Schlappner fordern. Schlappi bügelt Fragesteller ab: „Die Rufe habe ich nicht gehört – und außerdem sind sie mir piepschnurzegal.“

Vor zehn Jahren entlässt Bundesligist 1860 München morgens um halb zehn seinen langjährigen Trainer Werner Lorant. Es ist ein Rauswurf mit Verzögerung. Präsident Karl-Heinz Wildmoser liegt das 1:5 im Derby gegen die Bayern auch nach fünf Tagen noch im Magen. „Erfolglosigkeit und die Art und Weise wie sich das Team beim 1:5 gegen den FC Bayern präsentierte“ führen nach neun Jahren zur Trennung. Auch habe Lorant beim anschließenden Straftraining wohl etwas überzogen, ergibt die interne Ermittlung. Der Österreicher und Ex-Löwen-Stürmer Peter Pacult übernimmt seinen Job.

Am Abend patzen zwei deutsche UEFA-Cup-Vertreter in Heimspielen. Zweitligist Union Berlin verliert gegen Litex Lowetsch 0:2, der SC Freiburg in der dritten Minute der Nachspielzeit nach Fehler von Torwart Richard Golz 0:1 gegen den FC St. Gallen.

19. Oktober

Vor 70 Jahren finden Gau-Liga-Spiele statt. Die Erfordernisse des Krieges sorgen mancherorts für Wettbewerbsverzerrung, nicht alle Mannschaften werden im gleichen Maße geschwächt. So kommt es zu immer ungewöhnlicheren Ergebnissen auf der höchsten Ebene des deutschen Fußballs. Im Sudetenland gewinnt der LSV Olmütz in Jägerndorf mit 16:0, im Niederrhein-Gau putzt RW Essen Turu Düsseldorf 11:0, wobei August Gottschalk sieben Tore gelingen. Der Dresdner SC siegt im Lokalderby gegen Guts Muts 9:1. Auch das 6:1 von Eintracht Braunschweig über Hannover 96 zählt der Kicker zu den „Überraschungen des Sonntages“.

Vor 20 Jahren endet die längste Sieglos-Serie des 1. FC Köln in seiner Bundesliga-Geschichte. Nach dem späten Treffer von Pierre Littbarski in Karlsruhe gibt es erstmals seit fünf Monaten und 18 Spielen wieder mal zwei Punkte – und Trainer Jörg Berger gibt den Siegern zwei Tage frei. „Ein herrliches Gefühl, an das man sich aber erst wieder gewöhnen muss“, sagt Verteidiger Alfons Higl. Das gilt auch für den Tabellenplatz des FC Bayern, der als Vierzehnter ungewöhnlich viel Luft nach oben hat. In Stuttgart muss der neue Trainer Sören Lerby auch im zweiten Spiel eine Niederlage quittieren (2:3). Sein Risiko, den 17-jährigen Max Eberl, heute Sportdirektor in Mönchengladbach, aufzustellen, misslingt. Der Debütant muss zur Pause raus und wird nie mehr für Bayern spielen. Neu-Bayer Thomas Berthold beruhigt die Reporter: „Wir werden beim FC Bayern auch wieder lachen. Jetzt haben wir halt zu wenig Glück.“

Weil es nach Stefan Effenbergs Elfmeter-Tor noch mal spannend geworden ist, sagt VfB-Trainer Christoph Daum: „Statt eines Top-Zuschlags wäre eher eine Gefahrenzulage für Herz- und Kreislaufschwäche angebracht gewesen.“ Der VfB schiebt sich auf Platz zwei vor, doch Tabellenführer Eintracht Frankfurt bleibt vorläufig außer Reichweite. Nach dem 4:2 in Wattenscheid haben die Hessen drei Punkte Vorsprung. Eine Attraktion sind sie trotz ihrer Ballzauberer Uwe Bein (zwei Tore) und Andy Möller noch nicht – nur 8000 kommen in die Lohrheide. Nie sahen weniger Zuschauer einen Tabellenführer. Kaum mehr kommen zum ersten Ost-Derby der Liga: Hansa Rostock begrüßt beim 3:0 gegen Dynamo Dresden nur 9000 Fans und schickt die Sachsen auf den 20. und letzten Platz.

20. Oktober

Vor 40 Jahren ist am Bökelberg der Teufel los. Borussia Mönchengladbach zelebriert im Landesmeister-Pokal gegen Inter Mailand Zauberfußball und gewinnt nach grandioser Leistung sensationell mit 7:1, doch der Sieg wird nichts wert sein. Denn Inters Nationalspieler Robert Boninsegna wird beim Stand von 2:1 nach 28 Minuten von einer Cola-Büchse am Kopf getroffen. Ob er deshalb wirklich ausgewechselt werden musste? Der Vereinsarzt attestiert ihm 15-minütige Bewusstlosigkeit. „Eine meisterhafte schauspielerische Leistung, wie sich später herausstellen wird“, stellt dagegen das Kicker-Jahrbuch 1971/72 fest. Die im Übrigen leere und nur 55 Gramm schwere Büchse wird zum Strohhalm für den desolaten italienischen Meister, der am nächsten Tag erfolgreich Protest einlegt. Das Spiel wird annulliert und wiederholt. Die Polizei verhaftet noch im Stadion auf Hinweis des Inter-Kapitäns Sandro Mazzola einen 29-jährigen Gabelstapler, dessen Unschuld sich aber 1972 vor Gericht herausstellen wird. Er geht dennoch nie mehr in ein Stadion. Der wahre Täter wird nie gefunden. Die Republik erfährt von dem Spektakel, bei dem Günter Netzer sein bestes Spiel überhaupt gemacht haben soll, übrigens nur aus der Presse; die geplante Live-Übertragung scheitert an der Mehrwertsteuer von 6600 D-Mark, die die ARD an die Gladbacher weitergeben will.

Die übrigen Spiele verblassen hinter dem Bökelberg-Skandal. Dabei kann sich das 0:0 von Pokalsieger Bayern beim FC Liverpool auch sehen lassen. Der 1. FC Köln kommt im UEFA-Cup durch ein Joker-Tor von Hannes Löhr noch zu einem 2:1 gegen den FC Dundee, mit dem gleichen Resultat bezwingt Eintracht Braunschweig Atletic Bilbao, Ludwig Bründl schießt beide Tore. Hertha BSC schlägt sich beim AC Mailand wacker, verliert aber nach 2:1-Führung noch mit 2:4. DDR-Pokalsieger Dynamo Berlin gewinnt in Belgien beim AC Beerschot mit 3:1, Carl Zeiss Jena spielt bei OFK Belgrad 1:1.

Vor zehn Jahren gibt es in der Bundesliga nur Sieger und Verlierer, keine Unentschieden am zehnten Spieltag. Es ist der Tag, an dem die alte Ordnung wieder hergestellt wird. „Der Machtwechsel: Für Bayern ein Kinderspiel“, titelt die Sonntagsausgabe der FAZ. Der Hattrick-Meister aus München stürzt Emporkömmling 1. FC Kaiserslautern durch ein 4:1 im direkten Vergleich und erntet Lobeshymnen: Vize-Präsident Karl-Heinz Rummenigge schwärmt von „modernstem und fantastischstem Fußball von der ersten bis zur letzten Minute“ und Claudio Pizarro ist überzeugt: „Ich glaube, uns stoppt niemand mehr.“ Mann des Tages ist Hasan Salihamidzic, der zwei Tore schießt. „Das bosnische Energiebündel war nicht zu bremsen“, lobt der Kicker.

Verfolger Bayer Leverkusen bleibt als einzige Mannschaft unbesiegt und schickt den VfB Stuttgart trotz Rückstands mit 4:1 geschlagen nach Hause. VfB-Trainer Felix Magath sagt ernüchtert: „Von den Teams, die oben stehen, sind wir noch weit entfernt.“ Kollege Kurt Jara gewinnt mit dem HSV auch sein zweites Spiel, weil Torwart Martin Pieckenhagen in Wolfsburg (1:0) einen Petrow-Elfmeter hält. Die Premiere von Peter Pacult auf der Bank von 1860 München misslingt dagegen. Bei Schalke verlieren die Löwen durch ein Eigentor von Torwart Simon Jentzsch mit 0:1. Nach Spielende ruft der Kicker beim entlassenen Löwen-Trainer Werner Lorant im Spanien-Urlaub an. Es wird ein kurzes Gespräch. Lorant: „Seit Donnerstag halb zehn sage ich nichts mehr zu 1860.“

Aufsteiger FC St. Pauli kommt gegen Energie Cottbus endlich zum ersten Saison-Sieg – es wird der zweithöchste in der Bundesliga-Historie der Hamburger (4:0). Der kommende Meister Borussia Dortmund verbucht gegen den SC Freiburg 9:0 Ecken und doch die zweite Heimniederlage – 0:2. Das zweite Tor schießt Sebastian Kehl, den der BVB prompt in der Winterpause verpflichten wird.

21. Oktober

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden bleibt das Spitzenduo punktgleich, denn beide gewinnen am Tag der (fünf) Unentschieden: der VfB Stuttgart verteidigt beim 4:1 gegen VfR Mannheim die Tabellenführung, Verfolger 1. FC Nürnberg vermeldet beim 1:0 gegen den FC Bayern die Rekordkulisse des Tages (17.000). Der Club erwischt einen schwachen Tag und gewinnt glücklich, Max Morlock scheitert gar mit einem Elfmeter an Bayern-Keeper Werner Gutendorf. Nur einen Punkt hinter dem Spitzenduo schielen 1860 München (3:1 gegen Kickers Stuttgart) und der VfB Mühlburg (1:1 gegen Kickers Offenbach) auf Platz eins.

Im Norden leistet sich Tabellenführer FC St. Pauli gegen Viktoria Hamburg die erste Niederlage (1:2) und Paulis Walter Dzur eine Frechheit zuviel gegen Schiedsrichter mit dem passenden Namen Schwarzmann. Wiederholt reklamiert Dzur vor dem Freistoß den Abstand der Mauer und fordert den Schiedsrichter auf, die neun Schritte abzumessen. Beim ersten Mal macht er es, beim zweiten Mal nicht mehr, und nach dem folgenden Disput muss Dzur vom Platz. Nach Abpfiff braucht Schwarzmann Polizeischutz „und der Pöbel hatte seinen Triumph“ (Sport Magazin).

Holstein Kiel rückt durch ein 6:2 über Eimsbüttel auf einen Zähler an St. Pauli heran. Und der große HSV? Verliert vor 15.000 bei Hannover 96 (0:2) schon zum dritten Mal in der Saison 1951/52 und ist Achter. Der Gastgeber feiert seinen Doppel-Torschützen Erich Loth. Die meisten Zuschauer kommen zum Bremer Derby zwischen Werder und dem Bremer SV – 25.000 sehen ein 5:2 für den Favoriten Werder, der ohne Nationalspieler Herbert Burdenski antritt. „Zoff mit dem Vorstand am Vorabend“, mutmaßt das Sport Magazin. Auch auf dem Platz gibt es Ärger, es gibt Verletzte und SV-Spieler Erdmann fliegt wegen Tätlichkeit runter. Den dritten Platzverweis des Tages erhält Braunschweigs Werner Seitz beim 1:3 in Osnabrück. Raue Luft im Norden.

Im Westen kommen wieder die meisten Zuschauer zusammen – 114.000 sehen im Schnitt drei Tore pro Spiel. Tabellenführer RW Essen ist auch Kassenmagnet Nummer eins, 25.000 verfolgen das 2:1 gegen Katernberg, alle Tore fallen binnen sieben Minuten. RWE beendet das Spiel in Unterzahl, denn August Gottschalk verletzt sich bei seinem 2:0 und muss mit Jochbeinbruch ins Krankenhaus. Dort erfährt er von den für RWE günstigen Ergebnissen: Die schärfsten Verfolger spielen nur 1:1 auf eigenem Platz. Der 1. FC Köln braucht gegen Schwarz-Weiss Essen einen Elfmeter um einen Punkt zu retten, Schalke 04 gleicht erst spät gegen Kellerkind Preußen Dellbrück aus – und, fast schlimmer noch, begrüßt nur 12.000 Zuschauer. Da hat Aufsteiger Leverkusen mehr – 14.000 sehen das 2:2 gegen Borussia Dortmund nach 0:2- Rückstand. Somit bleiben die Leverkusener weiterhin unbesiegt - in ihrer ersten Oberliga-Saison überhaupt.

Im Südwesten büßt Tabellenführer Wormatia Worms gegen Tura Ludwigshafen einen Punkt ein (1:1), weshalb der Deutsche Meister 1. FC Kaiserslautern auf zwei Punkte heranrückt. Beim 5:2 gegen VfR Neunkirchen ist Fritz Walter „erneut der überragende Spielmacher“, wie das Sport Magazin feststellt: „Walter-Vorlagen sprengen Neunkirchen-Deckung“. Per Elfmeter reiht sich der Kapitän auch unter die Torschützen, zu denen ferner der junge Horst Eckel und Karl Wanger (je zwei) zählen.

Vor 30 Jahren gibt es für drei der fünf Bundesligavertreter Niederlagen auf europäischer Bühne. Alle knapp und auswärts, noch ist nichts verloren. Pokalsieger Eintracht Frankfurt verliert beim SKA Rostow mit 0:1. Auch der 1. FC Kaiserslautern patzt in Russland – 1:2 bei Spartak Moskau. Friedhelm Funkels Tor in der 83. Minute bewahrt die Hoffnung fürs Rückspiel in der 2. Runde des UEFA-Pokals. Identische Ausgangslage für den HSV nach seinem 1:2 bei Girondins Bordeaux, ein Kaltz-Elfmeter sorgt für das wertvolle Auswärtstor. Libero Franz Beckenbauer „lieferte eine Glanzpartie“, lobt der Kicker.

Meister Bayern München kommt zu später Stunde bei Benfica Lissabon zu einem befriedigenden 0:0. Den einzigen Sieg verbucht Borussia Mönchengladbach, das am Bökelberg Dundee United 2:0 bezwingt. Es ist ein glücklicher Sieg, den letztlich die Innenverteidiger sichern müssen: Frank Schäffer (70.) und Winfried Hannes (86.) köpfen jeweils nach Ecken ins Tor der Schotten. „Im Training hundertfach geübt“, begründet Nationalspieler Hannes, warum ausgerechnet eine britische Domäne zum Borussen-Erfolg geführt hat.

DDR-Vertreter Carl Zeiss Jena lockt 75.000 Zuschauer ins Estadio Santiago Bernabeu und unterliegt Real Madrid ehrenhaft mit 2:3 zunichte. Pokalsieger Lok Leipzig trennt sich zuhause von Velez Mostar 1:1.

22. Oktober

Vor 50 Jahren spielt die Nationalmannschaft in der WM-Qualifikation gegen Griechenland und gewinnt auch das letzte Gruppenspiel (2:1). Das WM-Ticket für Chile hat sie längst gelöst, entsprechend nachlässig gehen die Deutschen zu Werke. „Nach 15 Minuten riss der Faden“, titelt das Sport Magazin über den Tag von Augsburg. Nach zwei frühen Toren von Uwe Seeler läuft nicht mehr viel zusammen und nach dem Anschlusstor aus rund 30 Metern (58.) wird es vor 65.000 in der Rosenau noch mal spannend. Sepp Herberger sagt kritisch: „Es war wirklich kein gutes Länderspiel. Und woran lag es? Es lag an den Griechen und an uns.“ Zu den Gewinnern des Spiels gehört Lokalmatador Helmut Haller, der „knallte einige Male unerhört kraftvoll aufs Tor“ (Sport Magazin). Unter dem Strich steht: erstmals beendet Deutschland eine WM-Qualifikation ohne Punktverlust (8:0 Punkte). Am selben Tag wird es in der einzigen Oberliga, die trotz Länderspiels nicht ausfällt, wieder etwas spannender. Nachdem Tabellenführer Pirmasens am Vortag in Ludwigshafen (3:3) seinen zweiten Punkt abgegeben hat, fügt der 1. FC Kaiserslautern an diesem Sonntag Verfolger Borussia Neunkirchen die erste Saisonniederlage (2:0) zu und schließt auf. Unter den 7000 Zuschauern sitzt Fritz Walter, er sieht Tore von Neumann und Bauer.

Vor 25 Jahren starten acht deutsche Klubs in die zweite Europapokalrunde. Meister Bayern München schlägt Austria Wien mit 2:0, Hansi Flick und Lothar Matthäus per Elfmeter treffen vor 48.000 im Olympia-Stadion. Nach den Chancen hätte Bayern weit höher gewinnen, doch Franz Wohlfahrt im Austria-Tor erwischt einen Glanztag. DDR-Meister BFC Dynamo Berlin unterliegt bei Bröndby Kopenhagen 1:2, Frank Rohdes spätes Tor (87.) nährt die Hoffnungen. Im Pokalsieger-Cup muss der VfB Stuttgart gewaltig zittern, bei Torpedo Moskau setzt es eine 0:2-Pleite und die Erkenntnis, dass ein Zwilling selten allein trifft: die Gebrüder Sawitschew schießen die Tore gegen die enttäuschende Coordes-Elf. Zu allem Übel wird die Delegation auch noch patschnass: es gibt kein Dach im Stadion, VfB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder und der Vorstand sitzen 90 Minuten im Regen.

DDR-Vertreter Lok Leipzig kommt mit einem 1:1 von Rapid Wien zurück, Matthias Lindner erzielt das Tor. Im UEFA-Pokal schießt nur Borussia Mönchengladbach aus dem DFB-Trio Tore – dafür reichlich. Gegen Feyenoord Rotterdam gibt es am Bökelberg ein 5:1-Schützenfest. „Gladbach wie in besten Zeiten“, titelt der Kicker. Defensiv-Mann Hans-Georg Drehsen entdeckt seine stürmische Ader an diesem Herbstabend 1986 und erzielt zwei Tore. Die Werksklubs spielen dagegen torlos in der Fremde: Bayer Uerdingen bei Widzew Lodz und Bayer Leverkusen bei Dukla Prag feiern ihre Torhüter. Uerdingens Werner Vollack hält in Lodz einen Elfmeter, Leverkusens Rüdiger Vollborn in Prag alles was auf sein Tor kommt. DDR-Vertreter Stahl Brandenburg muss nach dem 0:2 in Göteborg mit dem Aus rechnen.

Vor zwanzig Jahren spielen vier deutsche Klubs im UEFA-Pokal. Bayern München erlebt bei Bröndby Kopenhagen einen schwarzen Nachmittag (Anpfiff: 15 Uhr) und blamiert sich bis auf die Knochen – 2:6. Mehr Tore haben die Bayern im Europapokal noch nie kassiert. Dabei sind sie nach 32 Minuten durch Mazinho in Führung gegangen, noch nach 56 Minuten steht es 1:1 – dann bricht der Bröndby-Sturm los. Trainer Sören Lerby gesteht: „Wir haben den FC Bayern in ganz Europa lächerlich gemacht.“ Und mit Blick auf die Bundesliga-Tabelle sagt er schier Unerhörtes: „Ab sofort kämpfen wir gegen den Abstieg.“ Der bereits zurückgetretene Weltmeister Klaus Augenthaler, nunmehr 34, hat noch einen Spielerpass und bietet seine Hilfe an „Ich bin bereit für Samstag.“ Die anderen UEFA-Cup-Vertreter schlagen sich wackerer: der VfB Stuttgart (in Osasuna) und Eintracht Frankfurt (in Gent) ertrotzen jeweils ein 0:0, der HSV schlägt vor nur 8120 Getreuen im Volkspark ZSKA Sofia mit 2:0. Beide Tore schießt Abwehrchef Frank Rohde, dem die Interviews hinterher mehr Probleme bereiten: „Ich habe lange zurückgedacht, aber zwei Tore in einem Spiel habe ich noch nie gemacht.“

23. Oktober

Vor 40 Jahren fallen 42 Tore in der Bundesliga – erst viermal gab es noch mehr. Dass ausgerechnet Tabellenführer Schalke 04 die meisten hinnehmen muss, ist kaum zu glauben, doch die Königsblauen geraten bei Meister Borussia Mönchengladbach mit 0:7 unter die Räder. Die Borussen schießen sich den Frust über das annullierte 7:1 gegen Inter Mailand (siehe 20. Oktober) von der Seele, schon nach 36 Minuten steht es 5:0. Schalkes Torwart Norbert Nigbur, über 555 Minuten ohne Gegentor und damit neuer Rekordhalter der Bundesliga, steht plötzlich in der Schießbude. Günter Netzer, Jupp Heynckes und Ulrik Le Fevre treffen je zwei Mal ins Tor, Schalke-Trainer Ivica Horvath verbucht wenigstens noch einen Lacherfolg als er auf der Pressekonferenz von „unserem besten Auswärtsspiel“ spricht. Der Torhagel vom Bökelberg verhilft den ebenfalls treffsicheren Bayern (5:1 gegen Duisburg) zur Tabellenführung. Fast genauso wichtig; nach drei Fehlversuchen des danach abgesetzten Gerd Müller hat Bayern wieder einen sicheren Elfmeterschützen; Franz „Bulle“ Roth verwandelt gleich zwei an diesem stürmischen Herbst-Samstag 1971.

Die meisten Tore an diesem Rekord-Tag erzielen jedoch der Frankfurter Bernd Nickel beim 4:3 in Bielefeld und (schon am Freitag) Kaiserslauterns Seppl Pirrung beim 6:0 gegen Dortmund – jeweils drei. Durch den Wind ist hingegen Hannovers Stürmer Willi Reimann, der in Bremen so lange meckert bis er vom Platz fliegt – obwohl ihm Mitspieler noch den Mund zuhalten. Der Vorstand verkündet spontan eine Gehaltssperre für den wilden Willi.

Vor zwanzig Jahren gehen drei weitere Deutsche im Europacup an den Start. Meister 1. FC Kaiserslautern unterliegt beim FC Barcelona 0:2, beide Tore erzielt Beguiristain. Guido Hoffmann hätte auch eines erzielen müssen, doch er vergibt eine unglaubliche Chance. Nachdem er Zubizaretta schon umspielt hat, schießt Hoffmann mit dem schwächeren rechten Fuß am Tor vorbei. „Es gibt überhaupt keine Entschuldigung“, sagt der arme Sünder. „Kostet der Fehltritt 10 Millionen Mark?, fragt der Kicker. Auch Pokalsieger Werder Bremen muss nach seinem suboptimalen Heimsieg gegen Ferencvaros Budapest (3:2) zittern. Am Sturm liegt s nicht, Frank Neubarth (2x) und Klaus Allofs treffen. Für Außenseiter Rot-Weiß Erfurt, Schlusslicht der 2. Liga Nord, ist Ajax Amsterdam im UEFA-Cup zwar eine Nummer zu groß, aber zur Pause führen die Thüringer dank Uwe Schulz. Ajax dreht das Spiel noch, Nationalspieler Dennis Bergkamp schießt das 2:1 für die Niederländer.