Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.
22. Februar:
Vor 35 Jahren gibt es in der Bundesliga acht Heimsiege und nur einen Auswärtssieg, den Fortuna Düsseldorf bei Schlusslicht Wuppertaler SV (3:2) auch erst nach 0:2-Rückstand erkämpft. Bayern München stellt durch das 0:1 beim 1. FC Köln, für den Heinz Flohe einen Handelfmeter verwandelt, einen bis heute gültigen Vereinsrekord auf: Es ist in der Bundesliga die fünfte Auswärtsniederlage in Folge. Dass Schiedsrichter Linn hinterher bedauerte, den Elfmeter gegeben zu haben, ist nur ein kleiner Trost für die in Abstiegsgefahr geratenen Münchner.
Vor 20 Jahren wird das Bundesligaspiel zwischen dem 1. FC Nürnberg und Borussia Dortmund abgesagt, weil Nägel und Glassplitter im Rasen gefunden werden.
Vor 15 Jahren kommt die Nationalmannschaft in Jerez de la Frontera gegen Spanien im Testspiel zu einem torlosen Unentschieden. Trotz vieler Ausfälle macht die Elf von Berti Vogts vor 19.000 Zuschauern ein ordentliches Spiel. Die Abwehrkette hat in der Summe die Erfahrung von elf Länderspielen, Markus Babbel und Steffen Freund geben gar ihr Debüt, Jens Todt macht sein zweites und Dirk Schuster sein drittes Länderspiel. Jürgen Klinsmann trägt in seinem 71. Einsatz erstmals die Spielführerbinde, weshalb Jürgen Kohler an Rücktritt denkt, da er sich von Berti Vogts übergangen fühlt.
23. Februar
Vor 100 Jahren meldet die Neue Sportwoche auf ihrer Titelseite, dass auf New Yorks Schulhöfen ein Fußballverbot erlassen worden sei. „Die Veranlassung für diese Entscheidung war die Rohheit, mit der dieser Sport in Amerika betrieben wird, und die zahlreichen, alljährlich wiederkehrenden Unglücksfälle.“ So erklärt sich vielleicht die relative Bedeutungslosigkeit des US-Soccers in den folgenden Jahrzehnten!?
Vor 10 Jahren absolviert die Nationalmannschaft ein Testspiel in Amsterdam und unterliegt nach schwacher Leistung der Niederlande mit 1:2. Teamchef Erich Ribbeck setzt zwei Debütanten ein: den Wolfsburger Zoltan Sebescen und den Berliner Sebastian Deisler. Für Sebescen bleibt es ein einmaliges Erlebnis, er ist überfordert als Außenverteidiger. Das deutsche Tor erzielt Christian Ziege. Am selben Tag stirbt in Newcastle im Alter von 85 Jahren Englands Fußball-Legende Stan Matthews. Der 54malige Nationalspieler stand noch mit 50 (!) für seinen Heimatklub Stoke City in der ersten Liga auf dem Feld und wurde 1965 von der Queen geadelt.
24. Februar
Vor 40 Jahren macht Bayern München im Nachholspiel gegen Scalke 04 kurzen Prozess. 6:0 (3:0) heißt es nach 90 einseitigen Minuten, die im Zeichen eines Mannes stehen: „Supermann Beckenbauer“, titelt der Kicker. Der junge Kaiser erzielt auch als Abwehrchef ein Tor und kurbelt das Bayern-Spiel unermüdlich an. Franz „Bulle“ Roth und Dieter Brenninger (je 2) sowie der unvermeidliche Gerd Müller sorgen für die weiteren Treffer. Schalkes Trainer Rudi Gutendorf sagt zerknirscht: „München hat nicht die wahre Schalker Elf gesehen.“
Vor 25 Jahren glückt der Nationalmannschaft ein bedeutender Sieg in der WM-Qualifikation. Mit dem letzten Aufgebot schafft die Elf von Franz Beckenbauer in Lissabon einen 2:1-Sieg über Portugal. Der Grippevirus legt gleich drei Spieler lahm, Karl-Heinz Förster, Karl-Heinz Rummenigge und Olaf Thon fallen aus, doch Pierre Littbarski, Ralf Falkenmayer und Michael Frontzeck schließen die Lücken. „Rudi Völler und Briegel rissen die Youngsters mit!“, lobt der Kicker. Pierre Littbarski und Völler schießen eine 2:0-Pausenführung heraus, vor 60.000 Zuschauern können die Portugiesen nur noch verkürzen. Somit bleibt die DFB-Auswahl auch im 33. WM-Qualifikationsspiel ungeschlagen. Am selben Tag gelingen Diego Maradona anno 1985 in der italienischen Liga drei Tore für den SSC Neapel beim 4:0 über Lazio Rom, darunter ist ein direkt verwandelter Eckball.
Vor 20 Jahren schließt Eintracht Frankfurt in der Bundesliga zu Tabellenführer Bayern München (1:1 in Köln) auf. Die Hessen schlagen den VfB Stuttgart im Waldstadion mit 5:1, Dieter Eckstein und Jörn Andersen treffen jeweils doppelt. Die meisten Zuschauer strömen an diesem Tag aber ins Schalker Park-Stadion – 61.400 kommen zum Zweitliga-Spiel gegen Aufstiegsaspirant Wattenscheid 09. Sie werden enttäuscht, es endet 1:1. Immerhin haben sie zu diesem Zeitpunkt die viertgrößte Kulisse in der Historie der 2. Liga gebildet.
25. Februar
Vor 70 Jahren rehabilitiert sich der Großdeutsche Meister Schalke 04 für zwei schwächere Spiele der Vorwochen und gewinnt beim VfL Bochum mit 10:2 (!). Schon zur Pause hieß es zur Ernüchterung der VfL-Fans 8:1. Barufka ist mit vier Treffern am torhungrigsten auf Seiten der Knappen, die im Westfalen-Gau souverän mit seinem Punkten Vorsprung regieren. „Ein volles Haus – man schätzte annähernd 15.000 Zuschauer – erlebten staunend die Wiederauferstehung der vorzeitig totgesagten Meisterelf“, stellt der Kicker fest.
Vor 20 Jahren kommt die Bundesliga aus der Winterpause. Prompt entlässt der 1. FC Kaiserslautern einen Tag nach der 0:4-Niederlage bei Waldhof Mannheim seinen Trainer Gerd Roggensack. „So wie sich die Mannschaft präsentierte, mussten wir reagieren“, sagt Manager Reiner Geye. Kein Wunder, das Gründungsmitglied der Bundesliga ist auf den 17. Platz abgerutscht und droht erstmals abzusteigen.
Vor 15 Jahren übersteht Tabellenführer Borussia Dortmund auch das 14. Spiel in Serie ungeschlagen (2:1 gegen 1. FC Köln), aber Verfolger Werder Bremen (2:1 in Leverkusen) hält dank zweier Treffer von Mario Basler Schritt. Von Bayern München spricht nach dem 2:2 im Heimspiel gegen den SC Freiburg keiner mehr.
Vor fünf Jahren wird Schiedsrichter Robert Hoyzer in Berlin nach 14 Tagen vorläufig aus der Haft entlassen. Die zentrale Figur im Wett- und Manipulationsskandal erhält die Auflage, sich drei Mal wöchentlich bei der Polizei zu melden und darf nun in Freiheit auf seinen Prozess warten.
26. Februar
Vor 60 Jahren wird in der Oberliga Süd das Spiel Schwaben Augsburg – Kickers Offenbach in der 88. Minute beim Stand von 2:3 abgebrochen, weil Schiedsrichter Pennig nach einem Elfmeterpfiff von Augsburger Spielern attackiert wird. Für Bayern München dagegen kam der Schlusspfiff gegen den BC Augsburg zu früh, endete die Aufholjagd doch beim Stand von 3:4. „Alarm bei Bayern – 17 Gegentore in 5 Treffen“ titelt das Sport Magazin über die dritte Niederlage der Münchner in Folge. Im Norden verteidigt der HSV durch ein 3:1 in Eimsbüttel vor der Tagesrekordkulisse von 20.000 Zuschauern die Spitze, doch sein schärfster Verfolger anno 1950 hält Schritt: Lokalrivale FC St. Pauli bezwingt am Millerntor den Bremer SV mit 4:0 und bleibt nur einen Punkt zurück.
Im Westen ist es plötzlich nicht mehr ganz so spannend. Borussia Dortmund (1:0 gegen Aachen durch ein Tor von Adi Preißler) ist Horst-Emscher (0:1 gegen Erkenschwick) vier Punkte enteilt und die Schalker brauchen nach dem 2:2 bei Preußen Dellbrück schon ein Fernglas, liegen sie doch neun Punkte hinter dem Rivalen vom Borsig-Platz. Im von der Besatzungsmacht Frankreich kontrollierten Südwesten sind die Leistungsunterschiede zuweilen gravierend. So kommt Wormatia Worms in der Nord-Staffel zu einem 15:0 über FV Engers. In der Südstaffel wird das Spitzenspiel zwischen dem SSV Reutlingen und dem Freiburger FC beim Stand von 0:1 abgebrochen, da der vom Feld verwiesene Reutlinger Feuerlein die Entscheidung des Schiedsrichters ignoriert und weiter spielen will.
Vor 40 Jahren sind die Platzverhältnisse in vielen Bundesligastadien so schlecht, dass selbst ein Vorzeige-Profi wie Uwe Seeler nicht spielen will. „Wir suhlen uns nicht im Eiswasser und Schlamm, uns wird niemand auf einen Platz bringen, der kein einwandfreies Spiel zulässt. Noch sind wir Menschen und keine Tiere. Und wenn wir streiken müssten!“, macht der HSV-Kapitän deutlich, was er von der geplanten Austragung des Heimspiels gegen Hertha BSC hält.
Vor zehn Jahren vollbringt Meister und Tabellenführer Bayern München ein seltenes Kunststück und gewinnt gegen Eintracht Frankfurt auch sein drittes Februar-Heimspiel mit 4:1. Mal ein besonderer Hattrick des Rekordmeisters, der durch ein Fallrückziehertor von Alexander Zickler in Führung geht.
27. Februar
Vor 100 Jahren demonstriert der VfB Leipzig seine Extra-Klasse und nimmt die Dresdner Sportslust mit 10:2 auseinander. Die Neue Sportwoche schreibt: „Die Chancen Dresdens um die mitteldeutsche Meisterschaft sinken erheblich, während V.f.B. heute begründete Aussichten hat, den Meistertitel an sich zu reissen. Wir gönnen’s ihnen neidlos – solche Spiele wie das gegen Sportslust wirken anders auf uns ein. Dresden zeigte man, dass Leipzigs Fußballkunst auf starken Grund gebaut ist, wenn ein Wille bindet, würdig zu repräsentieren. Das freut uns ehrlich.“
Vor 70 Jahren meldet der Kicker, dass im Gau Mitte (Thüringen), in der Saison 1939/40 von 26 Elfmetern 15 verschossen worden seien. Da ähnliche Quoten in vielen Gauen des Reiches zunehmend vorkommen, nimmt sich das Fachblatt des Problems wissenschaftlich an und räumt dem 1936 abgesetzten Reichstrainer Dr. Otto Nerz eine Doppelseite zu dem Thema frei. Nerz philosophiert: „Der Elfmeter ist oft eine sehr starke Belastungsprobe für den Ausführenden. Das ist die Ursache dafür, dass sich manchmal die Fälle häufen, in denen Elfmeter verschossen werden. Da haben die Nerven nicht standgehalten. Oder es fehlte am Training. Das Tor ist an sich ziemlich groß. Wenn man aber in einem wichtigen Spiel plötzlich allein dem Torwächter allein gegenübersteht und von diesem Stoß hängt alles ab, dann schrumpft das Tor ungeheuer zusammen.“ Nerz empfiehlt den „scharfen Spannstoß“, das sei „auf Dauer der sicherste Weg. Er passt auf alle Bodenverhältnisse und ist in jedem Fall anwendbar und sicher.“ Vielen Dank.
Vor 50 Jahren meldet Borussia Mönchengladbach einen Nachkriegs-Rekordbesuch für den Bökelberg, denn zum Oberliga-Spiel gegen Tabellenführer 1. FC Köln kommen über 33.000 Zuschauer. Als Nationalspieler Albert Brülls die Führung erzielt, sieht es auch nach einem sportlichen Erfolgserlebnis aus. Aber Weltmeister Helmut Rahn und Christian Müller wenden das Blatt noch zu Gunsten der Kölner.
Vor 45 Jahren feiert 1860 München seinen Rekordsieg in der Bundesliga – 9:0 gegen den Karlsruher SC. Rudi Brunnenmeier gelingen auf schneebedecktem Boden an der Grünwalder Straße fünf Tore gegen den Abstiegskandidaten. „Wir haben noch nie so primitiv gespielt“, klagt KSC-Manager Walter Baureis.
Vor 35 Jahren hat der FC Bayern 75. Geburtstag, doch gefeiert wird wegen der Krise nicht. Vereinsboss Wilhelm Neudecker setzt alle Festivitäten ab, nur zum Empfang ins Rathaus muss das Star-Ensemble mit fünf amtierenden Weltmeistern.
Vor 30 Jahren hat die Nationalmannschaft leichtes Spiel. In Bremen gewinnt sie die letzte Partie in der EM-Qualifikation gegen Malta mit 8:0, Lokalmatador Dieter Burdenski im deutschen Tor wird nicht beschäftigt.
28. Februar
Vor 20 Jahren missglückt der Start der Nationalmannschaft ins WM-Jahr. Verletzungsbedingt stehen nur 15 Spieler im DFB-Kader. In Montpellier unterliegt man Frankreich mit 1:2, Andy Möller erzielt das Führungstor für die Elf von Teamchef Franz Beckenbauer. Die Franzosen kontern durch Treffer von Jean-Pierre Papin und Eric Cantona.
Vor zehn Jahren vermeidet Arminia Bielefeld einen unrühmlichen Bundesliga-Rekord und gewinnt an einem Montagabend das Nachholspiel gegen den SSV Ulm mit 4:1. Damit reißt die Serie von zehn Niederlagen ab, die dennoch die längste in der Liga-Historie ist – aber mit Tasmania Berlin und dem 1. FC Nürnberg gibt es noch zwei weitere Rekordinhaber.
