DFB-Wochenschau: Entlassung im Trainingslager

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

23. Januar

Vor 30 Jahren finden nur fünf Bundesligaspiele statt. Eines steht unter merkwürdigen Vorzeichen. Da sich Bielefelds Ewald Lienen beim Hinspiel in Bremen schwer verletzt hatte (Foul von Norbert Siegmann), sind vor dem Rückspiel auf der Alm Morddrohungen gegen Werder-Trainer Otto Rehhagel eingegangen. Lienen sieht in ihm den vermeintlichen Anstifter zu dem Foul. So sitzen erstmals in der Bundesliga zwei Kripo-Beamte auf der Bank, außerdem trägt Rehhagel eine kugelsichere Weste.

Geschossen wird dann zum Glück nur mit dem Ball und Werders Norbert Meier macht es am besten: Ihm gelingen die beiden einzigen Tore des Tages, der Aufsteiger behauptet damit den vierten Platz. Auch das Spitzentrio kommt zu Siegen: Meister FC Bayern schlägt Neuling Darmstadt 98 vor nur 11.324 Fans im Olympiastadion 4:1, Paul Breitner verschießt noch einen Elfmeter. Treffsicherer ist Vorstopper Klaus Augenthaler, der zwei Tore erzielt. Auf Platz zwei bleibt Borussia Mönchengladbach nach einem glatten 3:0 im Rheinderby gegen Fortuna Düsseldorf. Der 1. FC Köln, nach Minuspunkten gleichauf mit den Bayern, weist Nürnberg in die Schranken, Tony Woodcock trifft beim 4:1 zweifach.

Auf Platz fünf steht nach dem überraschenden 4:1 in Frankfurt Borussia Dortmund, die sich auch durch Rolf Rüssmanns frühes Eigentor nicht irritieren lässt. In Duisburg fällt mit dem Heimspiel des Tabellenletzten MSV gegen Braunschweig auch eine angemeldete Demonstration gegen den Vorstand aus – rund 500 Fans können ihren Unmut nun erst in zwei Wochen los werden.

Vor 20 Jahren entlässt Fortuna Düsseldorf bereits seinen zweiten Trainer der Saison 1991/1992. Rolf Schafstall erhält im Winter-Trainingslager auf Gran Canaria die Papiere, was ein Novum darstellt. Präsident Peter Förster: "Herr Schafstall hat die Übersicht verloren. Er hat gar nicht mitgekriegt, dass die Mannschaft gegen ihn war." Morgens um fünf Uhr verlässt Schafstall das Hotel. Die Spieler bereiten sich vorerst ohne Trainer auf die Rückrunde vor und der als Nachfolger gehandelte Jupp Heynckes erteilt eine telefonische Absage.

Vor zehn Jahren erreicht Bayern München das Viertelfinale des DFB-Pokals. Im Olympiastadion versammeln sich an diesem Mittwochabend nur 4000 Zuschauer beim Kick gegen den Bundesligisten VfL Wolfsburg. Der Gast geht durch Robson Ponte in Führung, die Michael Tarnat und Giovane Elber mit einem Doppelschlag kurz vor der Pause (43., 44.) umdrehen. Das Erfreulichste aus Bayern-Sicht ist das geglückte Comeback von Nationalspieler Jens Jeremies acht Monate nach seiner Knieverletzung.

Am selben Tag bestreitet die Nationalmannschaft der Frauen ein Turnier-Spiel in China. Sie unterliegt dem Gastgeber in Huada 1:2, Ariane Hingst schießt das deutsche Tor.

24. Januar

Vor 80 Jahren finden in Süddeutschland Endrundenspiele statt. Der große Sieger des dritten Spieltags in der Süd-Ost-Staffel sind die Bayern, die in Rastatt 5:1 triumphieren – dreimal trifft Fritz Krumm. Da sich der 1. FC Pforzheim und der 1. FC Nürnberg im Spitzenspiel (3:3) vor 12.000 Zuschauern und die Mit-Favoriten SpVgg Fürth und Karlsruher FV (1:1) gegenseitig die Punkte wegnehmen, haben die Bayern wieder Chancen auf die Endrunde. Aber auch der Lokalrivale 1860, mit einem 4:1 über VfB Stuttgart der zweite Sieger des Sonntags, meldet sich zurück. Fürth (5:1 Punkte) führt die Achter-Gruppe an, Pforzheim und die Bayern (je 4:2) folgen, der VfB (0:6) ziert das Tabellenende.

In der Nordwest-Staffel des Südens regiert Eintracht Frankfurt auch nach dem ersten Punktverlust – einem 3:3 gegen FV Saarbrücken. Lokalrivale FSV erleidet bei seinem von Ausschreitungen überschatteten Kampf in Worms (1:2) die erste Niederlage und muss den FK Pirmasens und den VfL Neckarau, die die Punkte teilen (3:3), vorbei ziehen lassen. Mainz 05 muss nach dem 2:4 bei Waldhof Mannheim und nunmehr 0:6 Punkten an die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft keine Gedanken mehr verschwenden. Der kommende Nationalspieler Otto Siffling schießt zwei Mannheimer Tore.

In den anderen Landesteilen spielt man noch auf Bezirksebene. Der HSV feiert gegen Eimsbüttel ein Schützenfest (9:1) und braucht aus drei Spielen noch einen Punkt zur Bezirksmeisterschaft. Westfalen-Primus Schalke 04 gewinnt auch ohne Szepan und Kuzorra 3:1 in Castrop, der Meidericher SV überfährt am Niederrhein Mörs 11:1. Der 1. FC Kaiserslautern bezwingt im Rhein-Saar-Bezirk Mannheim 08 3:1.

Vor 75 Jahren verschießt Eintracht Frankfurt in der Gauliga Südwest gleich zwei Elfmeter: Nationalspieler Hans Stubb und Stürmer August Möbs scheitern im Heimspiel gegen den FV Saarbrücken. Obwohl auch noch Verteidiger Friedrich Groß nach 20 Minuten ausscheidet und nicht ersetzt werden darf, gewinnen die Hessen gegen den Vorletzten 3:1. Tabellenführer bleibt an einem Tag voller Heimsiege Kickers Offenbach (3:2 gegen Pirmasens) mit einem Zähler Vorsprung vor Wormatia Worms (4:0 gegen Bor. Neunkirchen) und der Eintracht.

Vor 25 Jahren endet die Hallen-Saison erstmals mit einem finalen Turnier. Erster Sieger der vom Kicker initiierten Hallenmeisterschaft in der Dortmunder Westfalen-Halle wird Bayer Leverkusen, das im Finale Gastgeber Borussia 4:2 schlägt. Auf den weiteren Plätzen folgen der HSV, Schalke 04 und Werder Bremen, das immerhin den Torschützenkönig stellt (Manfred Burgsmüller/gleichauf mit BVB-Kicker Frank Pagelsdorf). 23.000 Zuschauer an zwei Tagen bescheren der Borussia als Veranstalter rund 650.000 D-Mark. Ab der kommenden Saison will der DFB die Hallen-Meisterschaft organisieren, das Hallen-Masters. Spielausschuss-Chef Jürgen Werner: "Der Hallenspielbetrieb gehört in die Hand des DFB."

Vor 20 Jahren wird bekannt, dass Bundesliga-Stürmer Torsten Gütschow von Dynamo Dresden Stasi-Mitarbeiter war. Die Staatssicherheit der DDR hatte Gütschow mit gerade 17 Jahren unter Druck gesetzt und angeworben. Unter dem Decknamen "Schröter" hat der DDR-Nationalspieler Berichte über rund 60 Personen angefertigt. Gütschow bricht nach der Enttarnung schier zusammen: "Die ganze Nacht vom Freitag zum Samstag habe ich mehr geheult als zuvor im ganzen Leben." Trainer Helmut Schulte setzt auf die Solidarität bei Dynamo: "Wir, die ganze Mannschaft, stehen zu ihm. Wir helfen, wenn immer er Hilfe braucht."

25. Januar

Vor 70 Jahren lassen Winter und/oder Krieg nur wenige Meisterschafts-Spiele zu. In denen aber fallen Tore wie reife Früchte. Eintracht Braunschweig schlägt den VfL Osnabrück 10:0, in gleicher Höhe fertigt Dessau 08 Halle 96 ab. Gar 11:1 endet das Kellerduell in Pommern zwischen SC Stettin und MTV Pommerensdorf. Spannender ist es in den Derbys zwischen VfB und Tura Leipzig (5:3) sowie DSC und Guts Muts Dresden (3:2). In Kurhessen gibt es eine Überraschung: Der bisher verlustpunktfreie Primus Borussia Fulda unterliegt beim Vorletzten Hermannia Kassel 3:4.

Vor zehn Jahren bleibt die Frauen-Nationalelf auch im zweiten Spiel beim internationalen Turnier in China sieglos. Gegen Weltmeister USA erreicht sie in Panyu jedoch ein achtbares 0:0. Silke Rottenberg ist nicht zu bezwingen.

26. Januar

Vor 30 Jahren unterliegt die Nationalmannschaft der DDR in Natal gegen Brasilien 1:3. Der Dresdener Dixie Dörner erzielt das Tor der Ost-Deutschen.

Vor 20 Jahren gewinnt Borussia Dortmund in München das Hallen-Masters 1992. Es ist bereits der dritte Sieg in Folge für die Borussen, die im Finale den VfL Bochum 2:1 schlagen. Gastgeber Bayern ist den Hallenkönigen im Halbfinale gar 2:8 unterlegen, freut sich aber über eine Einnahme von 1,6 Millionen D-Mark.

Vor zehn Jahren startet die Bundesliga furios aus der Winterpause. Meister Bayern München erhält einen kräftigen Dämpfer für seine Pläne, den Titel zu verteidigen. Bei Pokalsieger Schalke 04 verlieren die Bayern 1:5 – und Michael Tarnat durch Platzverweis (41.). "Jetzt brennt bei uns der Baum", sagt Giovane Elber nach dem siebten sieglosen Spiel in Serie. Kapitän Stefan Effenberg spricht offen von internen Spannungen und droht: "Ich werde in Zukunft nicht mehr den Kopf für alle Jungs hinhalten." Vorstand Karl-Heinz Rummenigge spricht derweil von "einer Beleidigung für den Namen FC Bayern". Das ist auch das Tabellenbild. Bei acht Punkten Rückstand auf die Spitze muss der Tabellenfünfte um die Champions League bangen.

Tabellenführer Bayer Leverkusen besiegt Hansa Rostock 2:0, Michael Ballacks Elfmeter sorgt für Klarheit. Der 1. FC Kaiserslautern verzeichnet an einem Spieltag mit acht Heimsiegen den einzigen Auswärtssieg und rückt durch das 2:0 am Gladbacher Bökelberg auf Platz drei vor. Am Tabellenende schöpft St. Pauli neue Hoffnung – das 3:1 über Wolfsburg ist erst der zweite Saisonsieg für den Aufsteiger.

27. Januar

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Das Spitzenduo des Südens gibt sich keine Blöße. Der 1 FC Nürnberg fegt den VfR Mannheim aus seinem Stadion (6:1), 13.000 Zuschauer am Zabo sehen allein drei Tore von Nationalspieler Max Morlock. "Wie ein Schneepflug arbeitete er sich durch unsere Reihen", stellte VfR-Trainer Helmut Schneider fest. Der Vergleich ist angebracht an einem Tag, an dem fast überall auf Schnee gespielt werden muss. Weshalb der VfB Stuttgart mit Abstiegskandidat Schwaben Augsburg so seine Mühe hat, ehe der Sieg (2:0) eingefahren ist. Doch da der Abstand zum Dritten wächst, ist auch dieser Arbeitssieg wertvoll für die Teilnahme an der Endrunde.

Für Kickers Offenbach, nach dem 1:1 in Aschaffenburg sechs Punkte zurück, und die Frankfurter Eintracht (0:2 gegen Bayern/sieben Punkte), ist die Saison fast schon gelaufen. Die abstiegsbedrohten Bayern atmen auf und feiern ihren Doppel-Torschützen Rudolf Scholz, der sein Werk schon nach acht Minuten vollendet hat. Doch in Sicherheit sind sie längst nicht. Denn sie gehören zu einer Fünfer-Gruppe, die jeweils 18:22 Punkte hat, drei weitere haben 19:21 Punkte. Den 14. dieser sehr kompakten Tabelle trennen vom Vierten nur vier Punkte. Nur der abgeschlagene Letzte VfL Neckarau hat nach dem 0:2 in Schweinfurt ziemliche Klarheit über seine Zukunft.

Im Westen überschlagen sich an diesem letzten Januar-Sonntag 1952 die Ereignisse. Tabellenführer RW Essen kassiert seine erste Heimniederlage ausgerechnet gegen den Vorletzten SpVgg Erkenschwick – und dann auch noch mit 4:6! Das Sport Magazin schob es auf den Schnee. "Wir kennen kaum Schnee im Westen. Und wenn wir uns recht erinnern, waren die letzten harten Winter während des Krieges. Als man am Sonntagmorgen erwachte und den weißen Segen zur Kenntnis nahm, da ahnten die Experten, dass sich allerhand tun würde." RWE schlitterte jedenfalls ins Verderben, zur Pause stand es schon 0:5 und Helmut "Boss" Rahn zog die Schuhe aus, weil er auf Socken besseren Halt zu finden glaubte. Der Schiedsrichter schritt ein und so schoss Rahn sein Tor nach der Pause doch in Schuhen. Es ist nur Ergebniskosmetik, immerhin bleibt RWE oben. Aber Alemannia Aachen (2:1 gegen Horst-Emscher) und Schalke (3:1 gegen Katernberg) kommen auf einen Punkt heran.

Die meisten Zuschauer (15.000) kommen zum Rheinderby 1. FC Köln gegen Fortuna Düsseldorf, in dem Nationalkeeper Toni Turek mit "frappierender Reaktionssicherheit" einen großen Anteil am Punktgewinn (1:1) der Fortunen hat. Nur Hans Schäfer kann ihn überwinden, aber Fortunas Rekordspieler Mattes Mauritz gleicht aus. Borussia Dortmund setzt sich nach einem 3:1 beim Meidericher SV ins gesicherte Mittelfeld ab, die entscheidenden Tore von Edmund Kasperski und Erwin Schlebrowski fallen in den letzten fünf Minuten.

Im Norden gibt es sechs Heimsiege, nur die zuvor auswärts sieglose Eintracht aus Braunschweig (2:0 beim Bremer SV) reist nicht vergebens an. Aber beide Tore bekommen sie von den guten Gastgebern geschenkt – es sind Eigentore. Auch die andere Bremer Mannschaft unterliegt 0:2 – Werder verliert beim Zweiten VfL Osnabrück vor der Tagesrekord-Kulisse von 12.000 Zuschauern. Ötti Meyer und Lutz Gerdes treffen für den VfL und das Sport Magazin titelt: "Jetzt spricht alles für den VfL Osnabrück!" In Bezug auf die Endrunden-Teilnahme freilich nur, Nord-Meister scheint wie üblich der HSV zu werden. Er verteidigt seinen Vorsprung gegen die kleinen Osnabrücker, die Eintracht gewinnt (2:0) – Herbert Woitkowiak schießt beide Tore. Holstein Kiel fällt im Spitzenkampf zurück und gerät in Eimsbüttel 0:5 unter die Räder. Hannover 96 kämpft um den Klassenverbleib und freut sich umso mehr über das 3:1 im Stadtderby gegen Arminia, das 12.000 Fans verfolgen.

Im Südwesten fehlt es an Spannung und Zuschauern. Tabellenführer 1. FC Saarbrücken begrüßt gegen Eintracht Trier (2:0) nur 5000 Getreue und doch kommen nur in Ludwigshafen mehr: 10.000 Zuschauer sehen den Kampf zwischen Tura und Meister 1. FC Kaiserslautern. Nur Tore sehen sie nicht – weil der Genius auf dem Feld angekettet wird. "Fritz Walter resigniert vor Wachhund Adlfinger", titelt das Sport Magazin. So kann TuS Neuendorf (4:0 gegen Engers) am FCK vorbei auf den zweiten Platz vorrücken.

Vor zehn Jahren wird der 19. Spieltag der Bundesliga komplettiert. Borussia Dortmund zieht durch ein 3:1 über Hertha BSC mit Tabellenführer Bayer Leverkusen gleich, nur zwei Tore beträgt der Rückstand. Alle BVB-Tore sind Kopfsache: Jan Koller (2) und Christian Wörns sind nach Flanken zur Stelle. Mit dem Fuß tut sich Borussia schwerer, Ewerthon scheitert gar mit einem Elfmeter an Berlin-Keeper Christian Fiedler. Werder Bremen muss nach dem 1:2 bei Abstiegskandidat Energie Cottbus Platz drei abgeben. Für die Lausitzer ist es der erste Sieg nach 14 Spielen, den Joker Marko Topic mit seinem ersten Bundesliga-Tor sicher stellt.

Am selben Tag gewinnt die Frauen-Nationalmannschaft in China gegen Norwegen 3:1. Kerstin Garefrekes, Bettina Wiegmann und Birgit Prinz tragen sich in Guanghzou in die Torschützenliste ein.

28. Januar

Vor 100 Jahren schlägt Bayern München Concordia Nürnberg 6:3 und feiert damit den achten Heimsieg in Folge.

Vor 50 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden ist Derby-Tag, alle fünf denkbaren Stadtduelle finden am 21. Spieltag statt. Sie verändern die Tabelle nicht wesentlich, wohl aber den Zuschauerschnitt. 23.000 Fans sehen am Riederwald ein 4:0 von Tabellenführer Eintracht gegen den tapferen FSV, der kurz nach der Pause nur die Latte trifft statt zum 1:1. Dann entscheidet ein Doppelschlag von Lothar Schämer und Dieter Stinka das Spiel. Verfolger 1. FC Nürnberg hat es mit der Spielvereinigung Fürth noch etwas schwerer. 26.000 Zuschauer sehen am Zabo bis zur 59. Minute ein schwaches und torloses Spiel, dann bricht Gustav Flachenecker den Bann. Nach 74 Minuten entscheidet Weltmeister Max Morlock die Partie, nach der Morlock sagt: "Derbies sind eben selten schön."

Das gilt auch für den Kick in Mannheim, wo sich Waldhof und der VfR rein gar nichts gönnen und 12.000 Fans enttäuscht nach Hause gehen – auch wenn es am Einsatz nicht fehlte. "Noch selten wurde in einem Mannheimer Lokalspiel so hart und ehrgeizig um den Sieg gekämpft", beteuert das Sport Magazin. Den abstiegsbedrohten Waldhöfern bringt der Punkt sicherlich etwas mehr.

Für die Tabelle nicht annähernd so wichtig wie für das Image der betreffenden Klubs ist das 136. Münchner Derby. Es geht hoch her zwischen 1860 und den Bayern, die durch Rainer Ohlhauser und Peter Grosser schon nach zwölf Minuten 2:0 führen. Doch Rudi Brunnenmeier verkürzt (44.) und als Wallisch ausgleicht (69.), freut sich der Großteil der 35.000 Zuschauer. 1860 ist in diesen Tagen noch die Nummer eins in München, egal was die Tabelle sagt. Aber am Ende lachen doch die Bayern, obwohl ein "Löwe" trifft. Alfons Stemmer passiert das denkbar Schlimmste für einen "Sechziger" – ein Eigentor gegen die Bayern entscheidet das Spiel (73.), nach dem das Sport Magazin schreibt: "München erlebte eines der dramatischsten Lokalderbys der Nachkriegszeit." Max Merkel, Trainer der Verlierer, jammert: "Seit Wochen haben wir nur noch Pech."

Das Augsburger Derby zwischen Helmut Hallers BC und den Schwaben gewinnen Letztere 1:0, Erwin Metzger köpft das Tor des Tages nach 16 Minuten. Auch hier ist die Kulisse fünfstellig – 13.500 Fans kommen ins Rosenaustadion, wo der BC ausgerechnet gegen den Rivalen seine erste Heimniederlage quittieren muss.

Im Norden kommt der HSV im 20. Spiel zum 18. Sieg – diesmal macht er es etwas spannend und lässt Bremerhaven 93 nach 3:0-Führung noch auf 2:3 herankommen. Das Tor von Charly Dörfel zum 3:0 fällt zudem aus einer klaren Abseitsstellung, was Bremerhaven erst zu der Trotzreaktion reizt. Der HSV ist auf sechs Punkte enteilt, interessant bleibt das Rennen um Platz zwei. Um den muss Werder Bremen nach dem 1:3 bei Emporkömmling VfV Hildesheim wieder bangen. Aber auch Eintracht Braunschweig (1:1 gegen Concordia Hamburg) und St. Pauli (2:3 in Neumünster) lassen Federn, wobei die Hamburger sich um ein Tor betrogen fühlen. Sport Magazin: "Die St. Paulianer verzweifelten an diesem Schiedsrichter, der sie oftmals klar benachteiligte und einen Treffer nicht anerkannte, obwohl sich Zuschauer dafür verbürgten, dass der Ball die Linie bereits überschritten hatte." Wahrheitsfindung in Zeiten, als noch nicht hinter jedem Tor eine Kamera steht. Im Abstiegskampf kommt Hannover 96 beim VfL Osnabrück erstmals seit zweieinhalb Monaten wieder zu zwei wichtigen Punkten (2:0), Otto Hartz erzielt die Tore an der Bremer Brücke.

Im Westen steigt die Spannung im Titelrennen. Tabellenführer 1. FC Köln kommt beim Dritten Schwarz-Weiß Essen nach 2:0-Führung nur zu einem 2:2, 35.000 Zuschauer jubeln im "Hexenkessel der Leidenschaften" (Sport Magazin) am Uhlenkrug, als Manfred Rummel drei Minuten vor Schluss per Kopf ausgleicht. Schalke 04 kann das nicht nutzen, der schärfste Kölner Verfolger unterliegt zuhause RW Oberhausen 0:2. 30.000 Fans an der Glückauf Kampfbahn sind fassungslos, auch über Waldemar Gerhardt, der nach 19 Minuten die Führung auf dem Fuß hat, aber viel zu lasch auf das leere Tor schießt. Ein Verteidiger kann noch retten, danach fallen die Gäste-Tore durch Hans Siemensmeyer und Peter Schulz.

Den Schalker Pechtag komplettiert die Meldung aus Dortmund: Borussia putzt den MSV 5:2 – nach torloser erster Hälfte brechen alle Dämme. Timo Konietzka schießt drei Tore für den BVB, der als Zehnter die Titelverteidigung jedoch längst abgehakt hat. Die andere Borussia aus Mönchengladbach muss sich gar um den Klassenerhalt sorgen, denn sie verspielt zuhause gegen Fortuna Düsseldorf eine 2:0-Führung (Endstand 2:3).

Im Südwesten gibt es nur ein Nachholspiel, das das Titelrennen etwas entspannt. Der Tabellenzweite FK Pirmasens unterliegt beim Vorletzten Eintracht Trier 0:1, das Tor des Tages ist Kopfsache. Kein Wunder, der Schütze Werner Baumgart ist ja ein Doktor.

29. Januar

Vor 90 Jahren ist das Fußball-Interesse für manche Sportanlage schon zu groß – oder zu schwer. Beim Frankfurter Derby zwischen Germania und der Eintracht (2:2), das 10.000 Menschen sehen wollen, stürzt eine provisorische Tribüne in dem Moment ein, als sich zwei Spieler des an diesem Tag spielfreien Liga-Rivalen Borussia hinsetzen wollen. Alle kommen mit dem Schrecken davon. In der Kritik steht hinterher auch der Schiedsrichter. Im Fachblatt Fußball heißt es: "Es war oft zu beobachten, dass er pfiff, und kein Mensch wusste warum. Das ist in den meisten Fällen kein gutes Zeichen." Weisheiten anno 1922.

Vor 40 Jahren spielt die Bundesliga. Der Winter reduziert das Programm auf sieben Spiele, die teilweise irregulär anmuten. Jedenfalls verzichtet der Kicker ausnahmsweise auf eine Benotung der Spieler bei Bayern gegen Hertha BSC (1:0), "da dieses 'Eisballspiel' nicht mit normalen Maßstäben zu messen war. Diese Art des Fußballspiels hätte allenfalls im Programm einer Eisrevue unterhaltend gewirkt." 15.000 Zuschauer sind trotzdem an die Grünwalder Straße gekommen und freuen sich mehrheitlich über das Tor von Edgar Schneider, das an Bedeutung gewinnt, als das Resultat aus Duisburg bekannt wird. Der MSV schlägt Herbstmeister Schalke 04 2:0, Bayern ist auf einen Zähler herangerückt. Die Schalker beklagen die Gangart der Duisburger, Klaus Fichtel muss am Schienbein genäht werden. Erwin Kremers: "Was einige MSV-Spieler getreten haben, war ja schön mörderisch." Das Tor haben sie aber auch getroffen, Bernd Lehmann und Hannes Linßen überwinden Norbert Nigbur.

Meister Borussia Mönchengladbach hat es in Bielefeld auch mit einem ehrgeizigen Kontrahenten zu tun. Obwohl der Tabellenletzte zum Zwangsabstieg verurteilt worden ist, bietet es einen großen Kampf und hält bis zur 88. Minute ein 2:2. Dann schlägt Jupp Heynckes zu, es ist sein zwölftes Saisontor. Historisches ist in Hannover und Stuttgart zu vermelden: 96 fügt Fortuna Düsseldorf die höchste Auswärtsniederlage (5:0) zu, dreimal trifft Ferdinand Keller. Und der VfB begrüßt gegen Braunschweig (3:1) nur 4500 Zuschauer – es ist die geringste Kulisse seiner Ligazugehörigkeit. Kaum zu glauben, dass sie allein in jener Saison 1971/1972 noch zweimal unterboten werden wird. Der noch lange nicht aufgearbeitete Manipulationsskandal zeigt seine Wirkung – auch in Hamburg, wo den HSV und Borussia Dortmund nur 7000 Zuschauer sehen wollen. Die Daheimgebliebenen verpassen nichts – 0:0.

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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

23. Januar

Vor 30 Jahren finden nur fünf Bundesligaspiele statt. Eines steht unter merkwürdigen Vorzeichen. Da sich Bielefelds Ewald Lienen beim Hinspiel in Bremen schwer verletzt hatte (Foul von Norbert Siegmann), sind vor dem Rückspiel auf der Alm Morddrohungen gegen Werder-Trainer Otto Rehhagel eingegangen. Lienen sieht in ihm den vermeintlichen Anstifter zu dem Foul. So sitzen erstmals in der Bundesliga zwei Kripo-Beamte auf der Bank, außerdem trägt Rehhagel eine kugelsichere Weste.

Geschossen wird dann zum Glück nur mit dem Ball und Werders Norbert Meier macht es am besten: Ihm gelingen die beiden einzigen Tore des Tages, der Aufsteiger behauptet damit den vierten Platz. Auch das Spitzentrio kommt zu Siegen: Meister FC Bayern schlägt Neuling Darmstadt 98 vor nur 11.324 Fans im Olympiastadion 4:1, Paul Breitner verschießt noch einen Elfmeter. Treffsicherer ist Vorstopper Klaus Augenthaler, der zwei Tore erzielt. Auf Platz zwei bleibt Borussia Mönchengladbach nach einem glatten 3:0 im Rheinderby gegen Fortuna Düsseldorf. Der 1. FC Köln, nach Minuspunkten gleichauf mit den Bayern, weist Nürnberg in die Schranken, Tony Woodcock trifft beim 4:1 zweifach.

Auf Platz fünf steht nach dem überraschenden 4:1 in Frankfurt Borussia Dortmund, die sich auch durch Rolf Rüssmanns frühes Eigentor nicht irritieren lässt. In Duisburg fällt mit dem Heimspiel des Tabellenletzten MSV gegen Braunschweig auch eine angemeldete Demonstration gegen den Vorstand aus – rund 500 Fans können ihren Unmut nun erst in zwei Wochen los werden.

Vor 20 Jahren entlässt Fortuna Düsseldorf bereits seinen zweiten Trainer der Saison 1991/1992. Rolf Schafstall erhält im Winter-Trainingslager auf Gran Canaria die Papiere, was ein Novum darstellt. Präsident Peter Förster: "Herr Schafstall hat die Übersicht verloren. Er hat gar nicht mitgekriegt, dass die Mannschaft gegen ihn war." Morgens um fünf Uhr verlässt Schafstall das Hotel. Die Spieler bereiten sich vorerst ohne Trainer auf die Rückrunde vor und der als Nachfolger gehandelte Jupp Heynckes erteilt eine telefonische Absage.

Vor zehn Jahren erreicht Bayern München das Viertelfinale des DFB-Pokals. Im Olympiastadion versammeln sich an diesem Mittwochabend nur 4000 Zuschauer beim Kick gegen den Bundesligisten VfL Wolfsburg. Der Gast geht durch Robson Ponte in Führung, die Michael Tarnat und Giovane Elber mit einem Doppelschlag kurz vor der Pause (43., 44.) umdrehen. Das Erfreulichste aus Bayern-Sicht ist das geglückte Comeback von Nationalspieler Jens Jeremies acht Monate nach seiner Knieverletzung.

Am selben Tag bestreitet die Nationalmannschaft der Frauen ein Turnier-Spiel in China. Sie unterliegt dem Gastgeber in Huada 1:2, Ariane Hingst schießt das deutsche Tor.

24. Januar

Vor 80 Jahren finden in Süddeutschland Endrundenspiele statt. Der große Sieger des dritten Spieltags in der Süd-Ost-Staffel sind die Bayern, die in Rastatt 5:1 triumphieren – dreimal trifft Fritz Krumm. Da sich der 1. FC Pforzheim und der 1. FC Nürnberg im Spitzenspiel (3:3) vor 12.000 Zuschauern und die Mit-Favoriten SpVgg Fürth und Karlsruher FV (1:1) gegenseitig die Punkte wegnehmen, haben die Bayern wieder Chancen auf die Endrunde. Aber auch der Lokalrivale 1860, mit einem 4:1 über VfB Stuttgart der zweite Sieger des Sonntags, meldet sich zurück. Fürth (5:1 Punkte) führt die Achter-Gruppe an, Pforzheim und die Bayern (je 4:2) folgen, der VfB (0:6) ziert das Tabellenende.

In der Nordwest-Staffel des Südens regiert Eintracht Frankfurt auch nach dem ersten Punktverlust – einem 3:3 gegen FV Saarbrücken. Lokalrivale FSV erleidet bei seinem von Ausschreitungen überschatteten Kampf in Worms (1:2) die erste Niederlage und muss den FK Pirmasens und den VfL Neckarau, die die Punkte teilen (3:3), vorbei ziehen lassen. Mainz 05 muss nach dem 2:4 bei Waldhof Mannheim und nunmehr 0:6 Punkten an die Endrunde um die Deutsche Meisterschaft keine Gedanken mehr verschwenden. Der kommende Nationalspieler Otto Siffling schießt zwei Mannheimer Tore.

In den anderen Landesteilen spielt man noch auf Bezirksebene. Der HSV feiert gegen Eimsbüttel ein Schützenfest (9:1) und braucht aus drei Spielen noch einen Punkt zur Bezirksmeisterschaft. Westfalen-Primus Schalke 04 gewinnt auch ohne Szepan und Kuzorra 3:1 in Castrop, der Meidericher SV überfährt am Niederrhein Mörs 11:1. Der 1. FC Kaiserslautern bezwingt im Rhein-Saar-Bezirk Mannheim 08 3:1.

Vor 75 Jahren verschießt Eintracht Frankfurt in der Gauliga Südwest gleich zwei Elfmeter: Nationalspieler Hans Stubb und Stürmer August Möbs scheitern im Heimspiel gegen den FV Saarbrücken. Obwohl auch noch Verteidiger Friedrich Groß nach 20 Minuten ausscheidet und nicht ersetzt werden darf, gewinnen die Hessen gegen den Vorletzten 3:1. Tabellenführer bleibt an einem Tag voller Heimsiege Kickers Offenbach (3:2 gegen Pirmasens) mit einem Zähler Vorsprung vor Wormatia Worms (4:0 gegen Bor. Neunkirchen) und der Eintracht.

Vor 25 Jahren endet die Hallen-Saison erstmals mit einem finalen Turnier. Erster Sieger der vom Kicker initiierten Hallenmeisterschaft in der Dortmunder Westfalen-Halle wird Bayer Leverkusen, das im Finale Gastgeber Borussia 4:2 schlägt. Auf den weiteren Plätzen folgen der HSV, Schalke 04 und Werder Bremen, das immerhin den Torschützenkönig stellt (Manfred Burgsmüller/gleichauf mit BVB-Kicker Frank Pagelsdorf). 23.000 Zuschauer an zwei Tagen bescheren der Borussia als Veranstalter rund 650.000 D-Mark. Ab der kommenden Saison will der DFB die Hallen-Meisterschaft organisieren, das Hallen-Masters. Spielausschuss-Chef Jürgen Werner: "Der Hallenspielbetrieb gehört in die Hand des DFB."

Vor 20 Jahren wird bekannt, dass Bundesliga-Stürmer Torsten Gütschow von Dynamo Dresden Stasi-Mitarbeiter war. Die Staatssicherheit der DDR hatte Gütschow mit gerade 17 Jahren unter Druck gesetzt und angeworben. Unter dem Decknamen "Schröter" hat der DDR-Nationalspieler Berichte über rund 60 Personen angefertigt. Gütschow bricht nach der Enttarnung schier zusammen: "Die ganze Nacht vom Freitag zum Samstag habe ich mehr geheult als zuvor im ganzen Leben." Trainer Helmut Schulte setzt auf die Solidarität bei Dynamo: "Wir, die ganze Mannschaft, stehen zu ihm. Wir helfen, wenn immer er Hilfe braucht."

25. Januar

Vor 70 Jahren lassen Winter und/oder Krieg nur wenige Meisterschafts-Spiele zu. In denen aber fallen Tore wie reife Früchte. Eintracht Braunschweig schlägt den VfL Osnabrück 10:0, in gleicher Höhe fertigt Dessau 08 Halle 96 ab. Gar 11:1 endet das Kellerduell in Pommern zwischen SC Stettin und MTV Pommerensdorf. Spannender ist es in den Derbys zwischen VfB und Tura Leipzig (5:3) sowie DSC und Guts Muts Dresden (3:2). In Kurhessen gibt es eine Überraschung: Der bisher verlustpunktfreie Primus Borussia Fulda unterliegt beim Vorletzten Hermannia Kassel 3:4.

Vor zehn Jahren bleibt die Frauen-Nationalelf auch im zweiten Spiel beim internationalen Turnier in China sieglos. Gegen Weltmeister USA erreicht sie in Panyu jedoch ein achtbares 0:0. Silke Rottenberg ist nicht zu bezwingen.

26. Januar

Vor 30 Jahren unterliegt die Nationalmannschaft der DDR in Natal gegen Brasilien 1:3. Der Dresdener Dixie Dörner erzielt das Tor der Ost-Deutschen.

Vor 20 Jahren gewinnt Borussia Dortmund in München das Hallen-Masters 1992. Es ist bereits der dritte Sieg in Folge für die Borussen, die im Finale den VfL Bochum 2:1 schlagen. Gastgeber Bayern ist den Hallenkönigen im Halbfinale gar 2:8 unterlegen, freut sich aber über eine Einnahme von 1,6 Millionen D-Mark.

Vor zehn Jahren startet die Bundesliga furios aus der Winterpause. Meister Bayern München erhält einen kräftigen Dämpfer für seine Pläne, den Titel zu verteidigen. Bei Pokalsieger Schalke 04 verlieren die Bayern 1:5 – und Michael Tarnat durch Platzverweis (41.). "Jetzt brennt bei uns der Baum", sagt Giovane Elber nach dem siebten sieglosen Spiel in Serie. Kapitän Stefan Effenberg spricht offen von internen Spannungen und droht: "Ich werde in Zukunft nicht mehr den Kopf für alle Jungs hinhalten." Vorstand Karl-Heinz Rummenigge spricht derweil von "einer Beleidigung für den Namen FC Bayern". Das ist auch das Tabellenbild. Bei acht Punkten Rückstand auf die Spitze muss der Tabellenfünfte um die Champions League bangen.

Tabellenführer Bayer Leverkusen besiegt Hansa Rostock 2:0, Michael Ballacks Elfmeter sorgt für Klarheit. Der 1. FC Kaiserslautern verzeichnet an einem Spieltag mit acht Heimsiegen den einzigen Auswärtssieg und rückt durch das 2:0 am Gladbacher Bökelberg auf Platz drei vor. Am Tabellenende schöpft St. Pauli neue Hoffnung – das 3:1 über Wolfsburg ist erst der zweite Saisonsieg für den Aufsteiger.

27. Januar

Vor 60 Jahren spielt die Oberliga. Das Spitzenduo des Südens gibt sich keine Blöße. Der 1 FC Nürnberg fegt den VfR Mannheim aus seinem Stadion (6:1), 13.000 Zuschauer am Zabo sehen allein drei Tore von Nationalspieler Max Morlock. "Wie ein Schneepflug arbeitete er sich durch unsere Reihen", stellte VfR-Trainer Helmut Schneider fest. Der Vergleich ist angebracht an einem Tag, an dem fast überall auf Schnee gespielt werden muss. Weshalb der VfB Stuttgart mit Abstiegskandidat Schwaben Augsburg so seine Mühe hat, ehe der Sieg (2:0) eingefahren ist. Doch da der Abstand zum Dritten wächst, ist auch dieser Arbeitssieg wertvoll für die Teilnahme an der Endrunde.

Für Kickers Offenbach, nach dem 1:1 in Aschaffenburg sechs Punkte zurück, und die Frankfurter Eintracht (0:2 gegen Bayern/sieben Punkte), ist die Saison fast schon gelaufen. Die abstiegsbedrohten Bayern atmen auf und feiern ihren Doppel-Torschützen Rudolf Scholz, der sein Werk schon nach acht Minuten vollendet hat. Doch in Sicherheit sind sie längst nicht. Denn sie gehören zu einer Fünfer-Gruppe, die jeweils 18:22 Punkte hat, drei weitere haben 19:21 Punkte. Den 14. dieser sehr kompakten Tabelle trennen vom Vierten nur vier Punkte. Nur der abgeschlagene Letzte VfL Neckarau hat nach dem 0:2 in Schweinfurt ziemliche Klarheit über seine Zukunft.

Im Westen überschlagen sich an diesem letzten Januar-Sonntag 1952 die Ereignisse. Tabellenführer RW Essen kassiert seine erste Heimniederlage ausgerechnet gegen den Vorletzten SpVgg Erkenschwick – und dann auch noch mit 4:6! Das Sport Magazin schob es auf den Schnee. "Wir kennen kaum Schnee im Westen. Und wenn wir uns recht erinnern, waren die letzten harten Winter während des Krieges. Als man am Sonntagmorgen erwachte und den weißen Segen zur Kenntnis nahm, da ahnten die Experten, dass sich allerhand tun würde." RWE schlitterte jedenfalls ins Verderben, zur Pause stand es schon 0:5 und Helmut "Boss" Rahn zog die Schuhe aus, weil er auf Socken besseren Halt zu finden glaubte. Der Schiedsrichter schritt ein und so schoss Rahn sein Tor nach der Pause doch in Schuhen. Es ist nur Ergebniskosmetik, immerhin bleibt RWE oben. Aber Alemannia Aachen (2:1 gegen Horst-Emscher) und Schalke (3:1 gegen Katernberg) kommen auf einen Punkt heran.

Die meisten Zuschauer (15.000) kommen zum Rheinderby 1. FC Köln gegen Fortuna Düsseldorf, in dem Nationalkeeper Toni Turek mit "frappierender Reaktionssicherheit" einen großen Anteil am Punktgewinn (1:1) der Fortunen hat. Nur Hans Schäfer kann ihn überwinden, aber Fortunas Rekordspieler Mattes Mauritz gleicht aus. Borussia Dortmund setzt sich nach einem 3:1 beim Meidericher SV ins gesicherte Mittelfeld ab, die entscheidenden Tore von Edmund Kasperski und Erwin Schlebrowski fallen in den letzten fünf Minuten.

Im Norden gibt es sechs Heimsiege, nur die zuvor auswärts sieglose Eintracht aus Braunschweig (2:0 beim Bremer SV) reist nicht vergebens an. Aber beide Tore bekommen sie von den guten Gastgebern geschenkt – es sind Eigentore. Auch die andere Bremer Mannschaft unterliegt 0:2 – Werder verliert beim Zweiten VfL Osnabrück vor der Tagesrekord-Kulisse von 12.000 Zuschauern. Ötti Meyer und Lutz Gerdes treffen für den VfL und das Sport Magazin titelt: "Jetzt spricht alles für den VfL Osnabrück!" In Bezug auf die Endrunden-Teilnahme freilich nur, Nord-Meister scheint wie üblich der HSV zu werden. Er verteidigt seinen Vorsprung gegen die kleinen Osnabrücker, die Eintracht gewinnt (2:0) – Herbert Woitkowiak schießt beide Tore. Holstein Kiel fällt im Spitzenkampf zurück und gerät in Eimsbüttel 0:5 unter die Räder. Hannover 96 kämpft um den Klassenverbleib und freut sich umso mehr über das 3:1 im Stadtderby gegen Arminia, das 12.000 Fans verfolgen.

Im Südwesten fehlt es an Spannung und Zuschauern. Tabellenführer 1. FC Saarbrücken begrüßt gegen Eintracht Trier (2:0) nur 5000 Getreue und doch kommen nur in Ludwigshafen mehr: 10.000 Zuschauer sehen den Kampf zwischen Tura und Meister 1. FC Kaiserslautern. Nur Tore sehen sie nicht – weil der Genius auf dem Feld angekettet wird. "Fritz Walter resigniert vor Wachhund Adlfinger", titelt das Sport Magazin. So kann TuS Neuendorf (4:0 gegen Engers) am FCK vorbei auf den zweiten Platz vorrücken.

Vor zehn Jahren wird der 19. Spieltag der Bundesliga komplettiert. Borussia Dortmund zieht durch ein 3:1 über Hertha BSC mit Tabellenführer Bayer Leverkusen gleich, nur zwei Tore beträgt der Rückstand. Alle BVB-Tore sind Kopfsache: Jan Koller (2) und Christian Wörns sind nach Flanken zur Stelle. Mit dem Fuß tut sich Borussia schwerer, Ewerthon scheitert gar mit einem Elfmeter an Berlin-Keeper Christian Fiedler. Werder Bremen muss nach dem 1:2 bei Abstiegskandidat Energie Cottbus Platz drei abgeben. Für die Lausitzer ist es der erste Sieg nach 14 Spielen, den Joker Marko Topic mit seinem ersten Bundesliga-Tor sicher stellt.

Am selben Tag gewinnt die Frauen-Nationalmannschaft in China gegen Norwegen 3:1. Kerstin Garefrekes, Bettina Wiegmann und Birgit Prinz tragen sich in Guanghzou in die Torschützenliste ein.

28. Januar

Vor 100 Jahren schlägt Bayern München Concordia Nürnberg 6:3 und feiert damit den achten Heimsieg in Folge.

Vor 50 Jahren spielt die Oberliga. Im Süden ist Derby-Tag, alle fünf denkbaren Stadtduelle finden am 21. Spieltag statt. Sie verändern die Tabelle nicht wesentlich, wohl aber den Zuschauerschnitt. 23.000 Fans sehen am Riederwald ein 4:0 von Tabellenführer Eintracht gegen den tapferen FSV, der kurz nach der Pause nur die Latte trifft statt zum 1:1. Dann entscheidet ein Doppelschlag von Lothar Schämer und Dieter Stinka das Spiel. Verfolger 1. FC Nürnberg hat es mit der Spielvereinigung Fürth noch etwas schwerer. 26.000 Zuschauer sehen am Zabo bis zur 59. Minute ein schwaches und torloses Spiel, dann bricht Gustav Flachenecker den Bann. Nach 74 Minuten entscheidet Weltmeister Max Morlock die Partie, nach der Morlock sagt: "Derbies sind eben selten schön."

Das gilt auch für den Kick in Mannheim, wo sich Waldhof und der VfR rein gar nichts gönnen und 12.000 Fans enttäuscht nach Hause gehen – auch wenn es am Einsatz nicht fehlte. "Noch selten wurde in einem Mannheimer Lokalspiel so hart und ehrgeizig um den Sieg gekämpft", beteuert das Sport Magazin. Den abstiegsbedrohten Waldhöfern bringt der Punkt sicherlich etwas mehr.

Für die Tabelle nicht annähernd so wichtig wie für das Image der betreffenden Klubs ist das 136. Münchner Derby. Es geht hoch her zwischen 1860 und den Bayern, die durch Rainer Ohlhauser und Peter Grosser schon nach zwölf Minuten 2:0 führen. Doch Rudi Brunnenmeier verkürzt (44.) und als Wallisch ausgleicht (69.), freut sich der Großteil der 35.000 Zuschauer. 1860 ist in diesen Tagen noch die Nummer eins in München, egal was die Tabelle sagt. Aber am Ende lachen doch die Bayern, obwohl ein "Löwe" trifft. Alfons Stemmer passiert das denkbar Schlimmste für einen "Sechziger" – ein Eigentor gegen die Bayern entscheidet das Spiel (73.), nach dem das Sport Magazin schreibt: "München erlebte eines der dramatischsten Lokalderbys der Nachkriegszeit." Max Merkel, Trainer der Verlierer, jammert: "Seit Wochen haben wir nur noch Pech."

Das Augsburger Derby zwischen Helmut Hallers BC und den Schwaben gewinnen Letztere 1:0, Erwin Metzger köpft das Tor des Tages nach 16 Minuten. Auch hier ist die Kulisse fünfstellig – 13.500 Fans kommen ins Rosenaustadion, wo der BC ausgerechnet gegen den Rivalen seine erste Heimniederlage quittieren muss.

Im Norden kommt der HSV im 20. Spiel zum 18. Sieg – diesmal macht er es etwas spannend und lässt Bremerhaven 93 nach 3:0-Führung noch auf 2:3 herankommen. Das Tor von Charly Dörfel zum 3:0 fällt zudem aus einer klaren Abseitsstellung, was Bremerhaven erst zu der Trotzreaktion reizt. Der HSV ist auf sechs Punkte enteilt, interessant bleibt das Rennen um Platz zwei. Um den muss Werder Bremen nach dem 1:3 bei Emporkömmling VfV Hildesheim wieder bangen. Aber auch Eintracht Braunschweig (1:1 gegen Concordia Hamburg) und St. Pauli (2:3 in Neumünster) lassen Federn, wobei die Hamburger sich um ein Tor betrogen fühlen. Sport Magazin: "Die St. Paulianer verzweifelten an diesem Schiedsrichter, der sie oftmals klar benachteiligte und einen Treffer nicht anerkannte, obwohl sich Zuschauer dafür verbürgten, dass der Ball die Linie bereits überschritten hatte." Wahrheitsfindung in Zeiten, als noch nicht hinter jedem Tor eine Kamera steht. Im Abstiegskampf kommt Hannover 96 beim VfL Osnabrück erstmals seit zweieinhalb Monaten wieder zu zwei wichtigen Punkten (2:0), Otto Hartz erzielt die Tore an der Bremer Brücke.

Im Westen steigt die Spannung im Titelrennen. Tabellenführer 1. FC Köln kommt beim Dritten Schwarz-Weiß Essen nach 2:0-Führung nur zu einem 2:2, 35.000 Zuschauer jubeln im "Hexenkessel der Leidenschaften" (Sport Magazin) am Uhlenkrug, als Manfred Rummel drei Minuten vor Schluss per Kopf ausgleicht. Schalke 04 kann das nicht nutzen, der schärfste Kölner Verfolger unterliegt zuhause RW Oberhausen 0:2. 30.000 Fans an der Glückauf Kampfbahn sind fassungslos, auch über Waldemar Gerhardt, der nach 19 Minuten die Führung auf dem Fuß hat, aber viel zu lasch auf das leere Tor schießt. Ein Verteidiger kann noch retten, danach fallen die Gäste-Tore durch Hans Siemensmeyer und Peter Schulz.

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Den Schalker Pechtag komplettiert die Meldung aus Dortmund: Borussia putzt den MSV 5:2 – nach torloser erster Hälfte brechen alle Dämme. Timo Konietzka schießt drei Tore für den BVB, der als Zehnter die Titelverteidigung jedoch längst abgehakt hat. Die andere Borussia aus Mönchengladbach muss sich gar um den Klassenerhalt sorgen, denn sie verspielt zuhause gegen Fortuna Düsseldorf eine 2:0-Führung (Endstand 2:3).

Im Südwesten gibt es nur ein Nachholspiel, das das Titelrennen etwas entspannt. Der Tabellenzweite FK Pirmasens unterliegt beim Vorletzten Eintracht Trier 0:1, das Tor des Tages ist Kopfsache. Kein Wunder, der Schütze Werner Baumgart ist ja ein Doktor.

29. Januar

Vor 90 Jahren ist das Fußball-Interesse für manche Sportanlage schon zu groß – oder zu schwer. Beim Frankfurter Derby zwischen Germania und der Eintracht (2:2), das 10.000 Menschen sehen wollen, stürzt eine provisorische Tribüne in dem Moment ein, als sich zwei Spieler des an diesem Tag spielfreien Liga-Rivalen Borussia hinsetzen wollen. Alle kommen mit dem Schrecken davon. In der Kritik steht hinterher auch der Schiedsrichter. Im Fachblatt Fußball heißt es: "Es war oft zu beobachten, dass er pfiff, und kein Mensch wusste warum. Das ist in den meisten Fällen kein gutes Zeichen." Weisheiten anno 1922.

Vor 40 Jahren spielt die Bundesliga. Der Winter reduziert das Programm auf sieben Spiele, die teilweise irregulär anmuten. Jedenfalls verzichtet der Kicker ausnahmsweise auf eine Benotung der Spieler bei Bayern gegen Hertha BSC (1:0), "da dieses 'Eisballspiel' nicht mit normalen Maßstäben zu messen war. Diese Art des Fußballspiels hätte allenfalls im Programm einer Eisrevue unterhaltend gewirkt." 15.000 Zuschauer sind trotzdem an die Grünwalder Straße gekommen und freuen sich mehrheitlich über das Tor von Edgar Schneider, das an Bedeutung gewinnt, als das Resultat aus Duisburg bekannt wird. Der MSV schlägt Herbstmeister Schalke 04 2:0, Bayern ist auf einen Zähler herangerückt. Die Schalker beklagen die Gangart der Duisburger, Klaus Fichtel muss am Schienbein genäht werden. Erwin Kremers: "Was einige MSV-Spieler getreten haben, war ja schön mörderisch." Das Tor haben sie aber auch getroffen, Bernd Lehmann und Hannes Linßen überwinden Norbert Nigbur.

Meister Borussia Mönchengladbach hat es in Bielefeld auch mit einem ehrgeizigen Kontrahenten zu tun. Obwohl der Tabellenletzte zum Zwangsabstieg verurteilt worden ist, bietet es einen großen Kampf und hält bis zur 88. Minute ein 2:2. Dann schlägt Jupp Heynckes zu, es ist sein zwölftes Saisontor. Historisches ist in Hannover und Stuttgart zu vermelden: 96 fügt Fortuna Düsseldorf die höchste Auswärtsniederlage (5:0) zu, dreimal trifft Ferdinand Keller. Und der VfB begrüßt gegen Braunschweig (3:1) nur 4500 Zuschauer – es ist die geringste Kulisse seiner Ligazugehörigkeit. Kaum zu glauben, dass sie allein in jener Saison 1971/1972 noch zweimal unterboten werden wird. Der noch lange nicht aufgearbeitete Manipulationsskandal zeigt seine Wirkung – auch in Hamburg, wo den HSV und Borussia Dortmund nur 7000 Zuschauer sehen wollen. Die Daheimgebliebenen verpassen nichts – 0:0.