DFB-Wochenschau: Der Triumph der "Eurofighter"

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

21. Mai

Vor 90 Jahren wird das Viertelfinale der Deutschen Meisterschaft ausgetragen. Die Favoriten setzen sich durch: 1. FC Nürnberg – SpVgg Leipzig 3:0, FC Norden-Nordwest Berlin – Viktoria Forst 1:0, Hamburger SV – Titania Stettin 5:0, Wacker München – Arminia Bielefeld 5:0. 48.000 Zuschauer in vier Partien zeugen von der Popularität des Fußballs nach dem Ende des ersten Weltkriegs. Die meisten sehen Nürnbergs Starensemble, das auf neutralem Platz in Halle 16.000 Zahlende lockt. Top-Torschütze des Tages ist Münchens Hans Semmler, dem zwischen der neunten und 36. Minute ein echter Hattrick gelingt.

Vor 15 Jahren wird Schalke 04 erstmals UEFA-Pokal-Sieger. Im Rückspiel von Mailand unterliegt das Team von Huub Stevens zwar Gastgeber Inter nach 120 Minuten mit 0:1, doch im fälligen Elfmeterschießen haben die Deutschen die besseren Nerven. Torwart Jens Lehmann hält den Elfmeter von Ivan Zamorano, der im Spiel (85. Minute) getroffen hat. Und Aron Winter verfehlt das Tor. Lehmann hat auch daran seinen Anteil, vor dem Schuss sagt er dem Niederländer: "Du, ich bleibe in der Mitte stehen." Verwirrt verzieht Winter. Nur Youri Djorkaeff lässt Inters Anhang jubeln. Dagegen treffen alle vier Schalker: Ingo Anderbrügge, Olaf Thon, Martin Max und Marc Wilmots. Sein 4:1 macht Schalke zum UEFA-Cup-Sieger, die legendären "Eurofighter" sind geboren.

10.000 Schalke-Fans feiern im Stadion Giuseppe Meazza und machen die Nacht von Mailand zum Tage. Im Park-Stadion verfolgen 30.000 das Drama auf einer Großleinwand. Manager Rudi Assauer sagt: "Ich habe es gewusst. Morgens habe ich den Jungs in die Augen geschaut und gesehen, wir gewinnen." Trainer Huub Stevens beantwortet Fragen nach dem verdienten Sieger so: "Inter hat viele Stars, aber wir haben die bessere Mannschaft."

22. Mai

Vor 80 Jahren läuft das Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft, 98.000 Zuschauer sehen die Spiele. Schalke 04 wirft in Bochum vor 28.000 Besuchern den HSV raus (4:2), die Schwager Ernst Kuzorra und Fritz Szepan überragen und sind unter den Torschützen. Das Stadion ist viel zu klein für das öffentliche Interesse, berittene Polizei mit Gummiknüppeln "verhindern eine Erstürmung des Stadions" (Kicker), vor dem noch Tausende auf Karten hoffen. Der 1. FC Nürnberg gewinnt in Hamburg 4:0 gegen Holstein Kiel, der Doppelschlag von Josef Hornauer (46., 59.) entscheidet die von 20.000 Zuschauern verfolgte Partie. Nach einem Foul des Nürnbergers Hans Kalb rennen Holstein-Fanatiker aufs Feld, ein zeitloses Phänomen offenbar.

Spannender geht es in Frankfurt zu, wo die Eintracht im Riederwald-Stadion gegen TeBe Berlin ein Heimspiel hat. 20.000 feiern den 3:1-Sieg, den Hans Stubb per Elfmeter erst in der 88. Minute sichert. TeBe hat schon vorher Pech, zweimal muss der Zug, der sie nach Frankfurt bringen soll, außerplanmäßig halten. Am knappsten gewinnt Bayern München, das den PSV Chemnitz in Leipzig (30.000 Zuschauer) mit 3:2 bezwingt. Nach der 3:1-Pausenführung macht es PSV-Torjäger Erwin Helmchen (57. Minute) noch mal spannend. "Diese Mannschaft verfügt über so viele technische Kniffe im Nahkampf, dass ihr nur ein ganz gewiefter Gegner beikommen kann", lobt der Kicker die Bayern von 1932.

Vor 30 Jahren wird der vorletzte Bundesliga-Spieltag ausgetragen. Es fallen 43 Tore, aber wenige Entscheidungen. Der HSV spielt in Düsseldorf nach 3:1-Führung nur 3:3 und braucht theoretisch noch einen Punkt zur Meisterschaft. Doch das Torverhältnis gegenüber Köln ist um 15 Tore besser, so dass praktisch alles gelaufen ist. Nur Jubel-Stimmung will nicht aufkommen. "Wir sind ein trauriger Meister", sagt Trainer Ernst Happel angesichts der Final-Niederlage gegen IFK Göteborg drei Tage zuvor im UEFA-Pokal. Manager Günter Netzer weigert sich zu feiern: "Wir tun einfach so, als sei nix passiert." Der lange so spannende Meisterkampf 1981/1982 nimmt ein seltsames Ende, mit dem keiner so recht zufrieden zu sein scheint.

Ganz anders die Stimmung bei Borussia Dortmund, die erstmals nach 16 Jahren wieder in den Europacup kommt. Das 3:2 nach 0:2-Pausenrückstand gegen Bochum beschert dem BVB einen UEFA-Cup-Platz. Den hat der 1. FC Köln, noch immer theoretischer Meister-Kandidat, längst sicher. So entwickelt sich in Braunschweig, für das es auch um nichts mehrt geht, ein hemmungslos offensives Spiel – Endstand 4:4. Auch vier Gegentore können Toni Schumacher nicht entmutigen: "Im nächsten Jahr packen wir es, ganz sicher." Der zweite Absteiger nach Duisburg wird weiterhin gesucht. Darmstadt 98 rettet zwar in letzter Minute einen Punkt gegen VfB Stuttgart (3:3), muss aber auf ein Wunder hoffen. Bayer Leverkusen (0:0 gegen Gladbach) hat zwei Punkte mehr und den Relegationsplatz inne.

Am selben Tag schafft Hertha BSC nach einem 2:0 über Hannover 96 die Rückkehr in die Bundesliga. 42.929 Zuschauer, unter ihnen der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker, tragen die Helden vom Platz. Kickers Offenbach steht nach dem 0:0 gegen Meister Schalke als Relegationsteilnehmer fest.

Vor 20 Jahren tritt Trainer Helmut Schulte bei Bundesligist Dynamo Dresden zurück. "Das Umfeld im Klub wurde nicht in dem Maße verbessert, wie ich das erwartet habe", sagt der 34-Jährige. Einen Nachfolger haben de überraschten Dresdner zunächst nicht parat.

Vor 25 Jahren gewährt die Stadt Gelsenkirchen dem vom Lizenzentzug bedrohten Bundesligisten Schalke 04 ein zinsloses Darlehen über eine Million D-Mark. OB Kohlmann: "Schalke kann und wird nicht untergehen." Präsident Günter Siebert überbringt die Unterlagen persönlich dem DFB und verkündet am nächsten Tag: "Der DFB hat die Beschlüsse positiv aufgenommen." Zum Leidwesen der Konkurrenz im Abstiegskampf. Einer der Konkurrenten holt an diesem Freitag einen überraschenden Punkt: Schlusslicht Blau-Weiß Berlin kommt in Leverkusen zu einem 2:2.

Im Kampf um die UEFA-Cup-Plätze schafft Borussia Dortmund einen "Big Point", das 3:2 am Betzenberg sichert Platz drei. Vierter bleibt Werder Bremen, das den VfB Stuttgart abschüttelt. Das einzige Tor erzielt Rudi Völler, dessen Wechsel zum AS Rom in der Nacht vor dem Spiel vorbereitet wird. Nach siebenstündiger Verhandlung heißt es offiziell: "Alle Seiten sind sich erheblich näher gekommen."

Vor zehn Jahren hebt die Nationalmannschaft im Lufthansa Jumbo 747/400 um 14.25 Uhr von Frankfurt ab. Reiseziel: Miyazaki/Japan. Japan und Südkorea richten die erste Weltmeisterschaft in Asien aus. Die Reisegruppe wird im letzten Moment verändert. Der Dortmunder Jörg Heinrich verzichtet aus Formgründen auf die WM, so erhält Schalkes Jörg Böhme seine Chance. Trotz der Ausfälle von Jörg Nowotny, Sebastian Deisler oder Mehmet Scholl sagt Torwart Oliver Kahn: "Ich wäre vorsichtig, uns als Rumpftruppe zu bezeichnen. Uns muss erst mal jemand schlagen." Teamchef Rudi Völler gibt das Ziel vor: "Wir wollen nach Korea. Dann beginnt die K.o.-Runde, da wollen wir für die eine oder andere Überraschung sorgen." In einer Umfrage des Kicker trauen ihr 23,9 % der Teilnehmer nicht zu, die Vorrunde zu überstehen.

23. Mai

Vor 80 Jahren enden die Vorrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft. In Gruppe A gewinnt der HSV auch sein letztes Spiel (3:0 gegen Brandenburg-Meister BC Hartha). In Gruppe B macht Schalke den Sieg mit einem 2:2 bei Werder Bremen perfekt. Werder hätte mit acht Toren gewinnen müssen, dennoch kommen 35.000 ins Weser-Stadion. Doch es ist noch nicht die Zeit der Werder-Wunder. Spätestens zur Pause (0:1) ist alles klar. Vier Minuten vor Schluss erlaubt Schalke Werder noch den Ausgleich. Bedeutungslos ist das 3:1 von Hertha BSC über Pommern-Meister Viktoria Stolp, der die Vorrunde mit 0:12 Punkten beendet.

Immerhin gelingt Erwin Brunke das erste Endrundentor der Viktoria (Torverhältnis 1:36), die ihrem Namen keine Ehre einlegt. In Gruppe C setzt sich der VfB Stuttgart nach einem dramatischen Wettschießen dank eines Tores durch. Das 5:1 bei Kassel 06 reicht gerade so, die punktgleichen Wormatia gewinnt in Dessau 4:0. Das Kontrastprogramm liefert Gruppe D, wo der vierte Halbfinalist schon längst feststeht – und sich doch ins Zeug legt: der 1. FC Nürnberg schlägt Waldhof Mannheim mit 7:1, Julius Übelein trifft am häufigsten (dreimal).

Vor 50 Jahren schlägt die DDR-Auswahl Dänemark in Leipzig 4:1. Günter Schröter von Dynamo Berlin erzielt drei Tore in diesem Testspiel, Ronny Ducke (Jena) das vierte.

Vor 25 Jahren wird der 30. Bundesliga-Spieltag abgeschlossen. Am Meisterschafts-Hattrick der Bayern zweifelt bei sechs Punkten Vorsprung niemand. So kommen zum Heimspiel gegen Waldhof Mannheim (3:0) nur 17.000 ins Olympia-Stadion. Gewinnen kann ja so langweilig sein. Verfolger HSV begrüßt gegen Fortuna Düsseldorf (4:1) gar nur 11.347 Getreue und sichert seine UEFA-Cup-Teilnahme. Borussia Mönchengladbach feiert gegen Schalke (3:1) den sechsten Sieg in Folge, Doppel-Torschütze Uwe Rahn (19 Saisontreffer) verspricht: "Ich hole die Torjäger-Kanone." Noch führen Rudi Völler und Fritz Walter (Waldhof) mit je 20 Toren. Eintracht Frankfurt verabschiedet sich aus dem gleichsam langweiligen Abstiegskampf und schießt den FC Homburg mit dem 4:0 umso tiefer hinein.

Vor 20 Jahren wird erstmals ein Zweitligist DFB-Pokalsieger. Die Überraschung glückt Hannover 96, das im Elfmeterschießen nach zwei torlosen Stunden Borussia Mönchengladbach 4:3 besiegt. Held des Abends ist Torwart Jörg Sievers, der die Schüsse von Karl-Heinz Pflipsen und Holger Fach hält, Kollege Uwe Kamps pariert nur den Schuss von Oliver Freund. Sievers, schon im Halbfinale gegen Werder Bremen Elfmeter-Held, da auch als Torschütze: "Wenn es nach mir geht, würde ich nur noch Pokalspiele machen."

96-Trainer Michael Lorkowski geht als Triumphator, sein Abgang zu St. Pauli stand schon fest. Die enttäuschten Gladbacher beklagen auch die wirtschaftlichen Folgen. Manager Rolf Rüssmann: "Mit einem Pokalsieg im Rücken hätten wir einen Kracher verpflichten können. Mit den zwei Millionen, die wir im Europacup wieder reingeholt hätten." Das Pokalfinale der Frauen gewinnt der FSV Frankfurt gegen den TSV Siegen mit 1:0. Gaby König schießt das Tor.

Vor zehn Jahren gewinnen die Frauen des 1. FFC Frankfurt den erstmals ausgespielten UEFA-Pokal. Gegen Umea IK aus Schweden siegen sie vor heimischer Kulisse (12.106 Zuschauer) 2:0, Steffi Jones und Birgit Prinz treffen. "Es war ein Meilenstein für den Frauen-Fußball, aber es war erst der Anfang", sagt Trainerin Monika Staab, in Personalunion auch Vorsitzende des 1. FFC.

24. Mai

Vor 70 Jahren findet das Achtelfinale der Deutschen Meisterschaft statt. Es geschehen unglaubliche Dinge. Schalke 04 demontiert den 1. FC Kaiserslautern 9:3! Nach 20 Minuten steht es noch 0:0 und nach Ecken 0:3, dann bricht Schalkes Torsturm los. Es fallen Tore, die nicht jeden Tag fallen. Alfred Urban trifft aus 20 Metern – per Kopf. Ernst Kalwitzki lupft den Ball zweimal in Folge übe einen Gegner und dann donnert er ihn zum 8:1 ins Netz. "Fritz Walter steht mit halbgesenktem Kopf in der Angriffsmitte", bemitleidet der Kicker den Jung-Nationalspieler.

Bei Werder Bremens 4:2 über TV Eimsbüttel steht es schon nach 26 Sekunden 1:1 – ein Novum im deutschen Fußball, womöglich bis heute. Werders Führung durch Willi Gornick nach zehn Sekunden gleicht Herbert Panse nach dem Anstoß aus. Nie war es empfehlenswerter pünktlich auf seinem Platz zu sein als an diesem Mai-Tag 1942 im Weser-Stadion. Kickers Offenbach eliminiert den VfL 99 Köln 3:1, Erich Nowotny entscheidet die Partie im Ausweich-Stadion zu Frankfurt in der 70. Minute. Sein Tor aus 45 Metern demoralisiert die Kölner, auch wenn der Kicker nicht ohne Grund annimmt, der Schütze habe sich dabei "nichts Besonderes" gedacht, als er den Ball vors und letztlich ins Kölner Tor trat.

Es gibt auch normale Spiele an diesem Pfingstsonntag. Weiter spielen: Sportklub Planitz – Breslau 02 2:1 n.V., Vienna Wien – Germania Königshütte 1:0, SS Straßburg – Schweinfurt 05 2:1, Dessau 05 – Blau-Weiß Berlin 0:3 und VfB Königsberg – Ordnungspolizei Litzmannstadt 8:1. Der Kicker bilanziert angesichts von über 100.000 Zuschauern im Achtelfinale: "Welcher stolzer Ausdruck deutschen Sportlebens mitten im Krieg."

25. Mai

Vor 60 Jahren wird der vierte Endrundenspieltag der Deutschen Meisterschaft ausgetragen. In Gruppe 1 kann es noch immer jeder schaffen. Doch der 1. FC Nürnberg, als einziger Klub mit positiver Punktbilanz (5:3), hat nach dem 4:2 im Altmeister-Duell gegen Schalke 04 die besten Chancen. 48.000 sehen am Zabo ein aufregendes Spiel, zweimal wechselt die Führung und am Ende lacht der Club. Max Morlock schießt zwei Tore und "Schalke gewann viele neue Freunde" (Sport Magazin). Die Polizei verhaftet 16 Schwarzhändler, die bis zu 50 D-Mark für eine Tribünenkarte fordern.

Vier Schalke-Fans dürfen die Partie ohne Eintrittskarte sehen: weil sie mit dem Fahrrad angereist sind und fünf Tage strampelten für das große Spiel, lässt sie ein Club-Funktionär gratis rein. Im Parallelspiel schlägt der HSV den 1. FC Saarbrücken trotz Unterzahl – Platzverweis für Manfred Krüger – 4.1 und "kämpfte wie nie!" (Sport Magazin). Der dreimalige Torschütze Werner Harden ist der gefeierte Mann am Rothenbaum.

In Gruppe 2 läuft alles auf einen Zweikampf zwischen TeBe Berlin und dem VfB Stuttgart hinaus. Das direkte Duell im Olympia-Stadion vor 95.000 hat keinen Sieger (1:1). Die frühe VfB-Führung durch Roland Wehrle gleicht Horst Schmutzler (67.) aus. Nach der Partie schütteln sich alle die Hände und das Sport Magazin lobt: "Es hat uns am meisten gefreut, dass kein böses, hässliches Foul diese Begegnung trübte." RW Essen hingegen beklagt bei seinem ersten Endrundensieg, dem 2:0 gegen Osnabrück, einen Verletzten. Stürmer August Gottschalk springt nach einem Sturz die Kniescheibe heraus. Die Finalchancen beider Teams sind nur noch theoretischer Art.

26. Mai

Vor 100 Jahren wird Holstein Kiel Deutscher Meister. In der Neuauflage des Finales von 1910 haben diesmal die "Störche" den Schnabel vorn. Nationalspieler Ernst Möller trifft per Elfmeter (52.) zum 1:0-Endstand gegen den Karlsruher FV, der nach der frühen Verletzung von Gottfried Fuchs quasi in Unterzahl spielt. Das Finale in Hamburg sehen 9000 Zuschauer.

Vor 40 Jahren wird das Münchner Olympia-Stadion eingeweiht. Mit einem Länderspiel gegen die Sowjetunion, zu dem sich 80.000 Zuschauer unter dem futuristischen Zeltdach einfinden. Nicht nur der Rahmen stimmt, auch die Handlung der Premiere findet Anklang. Nach torloser erster Hälfte wird die Überlegenheit der DFB-Elf schlagartig belohnt. Gerd Müller schießt binnen 15 Minuten (50. – 65.) vier Tore, auch wenn ihm Uli Hoeneß das 2:0 streitig machen will. Beide Bayern-Stürmer haben den Ball berührt, eine Zeitlupenaufnahme gibt es nicht.

Schließlich beugt sich Hoeneß der Stadionregie, die Müllers Namen auf die Anzeigetafel gesetzt hat. Hoeneß: "Ich hatte den Fuß auf alle Fälle mit dran, aber wenn der Gerd das Tor haben will, gebe ich es ihm gerne und streite mich nicht darum." Das ZDF-Sportstudio bestätigt dann das der Bomber der Schütze. Der Endstand lautet übrigens 4:1, Kolotow nutzt die deutsche Unterzahl. Paul Breitner wird auf kuriose Weise des Feldes verwiesen: sein Nasenbluten ist nicht zu stillen und der Schiedsrichter duldet keine blutenden Spieler.

Nach der Pause gibt der 20-jährige Mönchengladbacher Rainer Bonhof ein Länderspiel-Debüt in einer Elf, in der am Ende je fünf Bayern und Borussen spielen. Nur Schalkes Linksaußen Erwin Kremers gehört keiner "Block-Macht" an. Hinterher überschlagen sich die Kritiker. "Diese Elf kann alle schlagen!", titelt der Kicker und der belgische Nationaltrainer Raymond Goethals streckt schon vor dem kommenden EM-Halbfinale die Waffen. "Die belgische Mannschaft hat in Antwerpen überhaupt keine Chance". Denn er habe "den europäischen Meister und den Weltmeister 1974 gesehen." Prophetische Worte.

Vor 30 Jahren verliert Bayern München erstmals nach dem Krieg ein Finale. Im Europapokal der Landesmeister unterliegen die Bayern dem englischen Meister Aston Villa in Rotterdam mit 0:1. 45.000 Zuschauer sehen eine stürmende Bayern-Mannschaft, die das Tor nicht trifft. "Ein Jammer! Sturmlauf, doch 0:1", titelt der Kicker. Nach Chancen endet die Partie 14:6 für die Münchner, doch als White in der 67. Minute freistehend zum 0:1 einschießt, zählt das alles nicht mehr. Besonders unglücklich agiert Dieter Hoeneß, der in der 88. Minute dem einschussbereiten Günter Güttler den Ball vom Fuß nimmt. Zwar trifft er, doch Hoeneß soll im Abseits gestanden haben, Güttler nicht. So geht der Pokal zum sechsten Mal in Folge an eine englische Mannschaft, deren Fans sich daneben benahmen. Nach Randalen in der Innenstadt gibt es zehn Verhaftungen.

27. Mai

Vor 25 Jahren erlebt Bayern München einen bitteren Tag. In Wien verliert die Elf von Udo Lattek das Landesmeister-Finale gegen den FC Porto mit 1:2. Nach Ludwig Kögls Kopfballtor (25.) führen sie zwar bis zur 78. Minute, doch dann werden sie von einem Doppelschlag hart getroffen. Der Algerier Rabah Madjer gleicht per Hacke aus (78.) und Joker Juary trifft zwei Minuten später zum 1:2.

Der Kicker schreibt: "Der verschenkte Triumph." Aber unverdient ist es nicht, Porto gewinnt auch nach Torschüssen 16:6. Bei den geschockten Bayern herrscht Ratlosigkeit vor. Andreas Brehme sagt: "Keiner weiß, was los war auf dem Rasen. Auf alle Fälle lag's irgendwie an da oben." Er meint nicht den Herrgott, sondern die eigene Psyche, wie sein Zeigefinger verdeutlicht, der an die Schläfe tippt. Dieter Hoeneß muss ein Radiointerview abbrechen, er bekommt nichts mehr heraus. Torwart Jean-Marie Pfaff unkt: "Diese Chance kriegen wir nie wieder."

Günter Netzer schreibt in seiner Kicker-Kolumne, was nach Niederlagen öfters zu lesen ist: "Den Bayern haben einfach ganze Kerle gefehlt." Trainer Udo Lattek erklärt auf der Pressekonferenz seinen Rücktritt zum Saisonende: "Ich will nicht mehr verantwortlich sein dafür, wenn Spieler nicht das bringen, was sie können."

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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

21. Mai

Vor 90 Jahren wird das Viertelfinale der Deutschen Meisterschaft ausgetragen. Die Favoriten setzen sich durch: 1. FC Nürnberg – SpVgg Leipzig 3:0, FC Norden-Nordwest Berlin – Viktoria Forst 1:0, Hamburger SV – Titania Stettin 5:0, Wacker München – Arminia Bielefeld 5:0. 48.000 Zuschauer in vier Partien zeugen von der Popularität des Fußballs nach dem Ende des ersten Weltkriegs. Die meisten sehen Nürnbergs Starensemble, das auf neutralem Platz in Halle 16.000 Zahlende lockt. Top-Torschütze des Tages ist Münchens Hans Semmler, dem zwischen der neunten und 36. Minute ein echter Hattrick gelingt.

Vor 15 Jahren wird Schalke 04 erstmals UEFA-Pokal-Sieger. Im Rückspiel von Mailand unterliegt das Team von Huub Stevens zwar Gastgeber Inter nach 120 Minuten mit 0:1, doch im fälligen Elfmeterschießen haben die Deutschen die besseren Nerven. Torwart Jens Lehmann hält den Elfmeter von Ivan Zamorano, der im Spiel (85. Minute) getroffen hat. Und Aron Winter verfehlt das Tor. Lehmann hat auch daran seinen Anteil, vor dem Schuss sagt er dem Niederländer: "Du, ich bleibe in der Mitte stehen." Verwirrt verzieht Winter. Nur Youri Djorkaeff lässt Inters Anhang jubeln. Dagegen treffen alle vier Schalker: Ingo Anderbrügge, Olaf Thon, Martin Max und Marc Wilmots. Sein 4:1 macht Schalke zum UEFA-Cup-Sieger, die legendären "Eurofighter" sind geboren.

10.000 Schalke-Fans feiern im Stadion Giuseppe Meazza und machen die Nacht von Mailand zum Tage. Im Park-Stadion verfolgen 30.000 das Drama auf einer Großleinwand. Manager Rudi Assauer sagt: "Ich habe es gewusst. Morgens habe ich den Jungs in die Augen geschaut und gesehen, wir gewinnen." Trainer Huub Stevens beantwortet Fragen nach dem verdienten Sieger so: "Inter hat viele Stars, aber wir haben die bessere Mannschaft."

22. Mai

Vor 80 Jahren läuft das Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft, 98.000 Zuschauer sehen die Spiele. Schalke 04 wirft in Bochum vor 28.000 Besuchern den HSV raus (4:2), die Schwager Ernst Kuzorra und Fritz Szepan überragen und sind unter den Torschützen. Das Stadion ist viel zu klein für das öffentliche Interesse, berittene Polizei mit Gummiknüppeln "verhindern eine Erstürmung des Stadions" (Kicker), vor dem noch Tausende auf Karten hoffen. Der 1. FC Nürnberg gewinnt in Hamburg 4:0 gegen Holstein Kiel, der Doppelschlag von Josef Hornauer (46., 59.) entscheidet die von 20.000 Zuschauern verfolgte Partie. Nach einem Foul des Nürnbergers Hans Kalb rennen Holstein-Fanatiker aufs Feld, ein zeitloses Phänomen offenbar.

Spannender geht es in Frankfurt zu, wo die Eintracht im Riederwald-Stadion gegen TeBe Berlin ein Heimspiel hat. 20.000 feiern den 3:1-Sieg, den Hans Stubb per Elfmeter erst in der 88. Minute sichert. TeBe hat schon vorher Pech, zweimal muss der Zug, der sie nach Frankfurt bringen soll, außerplanmäßig halten. Am knappsten gewinnt Bayern München, das den PSV Chemnitz in Leipzig (30.000 Zuschauer) mit 3:2 bezwingt. Nach der 3:1-Pausenführung macht es PSV-Torjäger Erwin Helmchen (57. Minute) noch mal spannend. "Diese Mannschaft verfügt über so viele technische Kniffe im Nahkampf, dass ihr nur ein ganz gewiefter Gegner beikommen kann", lobt der Kicker die Bayern von 1932.

Vor 30 Jahren wird der vorletzte Bundesliga-Spieltag ausgetragen. Es fallen 43 Tore, aber wenige Entscheidungen. Der HSV spielt in Düsseldorf nach 3:1-Führung nur 3:3 und braucht theoretisch noch einen Punkt zur Meisterschaft. Doch das Torverhältnis gegenüber Köln ist um 15 Tore besser, so dass praktisch alles gelaufen ist. Nur Jubel-Stimmung will nicht aufkommen. "Wir sind ein trauriger Meister", sagt Trainer Ernst Happel angesichts der Final-Niederlage gegen IFK Göteborg drei Tage zuvor im UEFA-Pokal. Manager Günter Netzer weigert sich zu feiern: "Wir tun einfach so, als sei nix passiert." Der lange so spannende Meisterkampf 1981/1982 nimmt ein seltsames Ende, mit dem keiner so recht zufrieden zu sein scheint.

Ganz anders die Stimmung bei Borussia Dortmund, die erstmals nach 16 Jahren wieder in den Europacup kommt. Das 3:2 nach 0:2-Pausenrückstand gegen Bochum beschert dem BVB einen UEFA-Cup-Platz. Den hat der 1. FC Köln, noch immer theoretischer Meister-Kandidat, längst sicher. So entwickelt sich in Braunschweig, für das es auch um nichts mehrt geht, ein hemmungslos offensives Spiel – Endstand 4:4. Auch vier Gegentore können Toni Schumacher nicht entmutigen: "Im nächsten Jahr packen wir es, ganz sicher." Der zweite Absteiger nach Duisburg wird weiterhin gesucht. Darmstadt 98 rettet zwar in letzter Minute einen Punkt gegen VfB Stuttgart (3:3), muss aber auf ein Wunder hoffen. Bayer Leverkusen (0:0 gegen Gladbach) hat zwei Punkte mehr und den Relegationsplatz inne.

Am selben Tag schafft Hertha BSC nach einem 2:0 über Hannover 96 die Rückkehr in die Bundesliga. 42.929 Zuschauer, unter ihnen der Regierende Bürgermeister Richard von Weizsäcker, tragen die Helden vom Platz. Kickers Offenbach steht nach dem 0:0 gegen Meister Schalke als Relegationsteilnehmer fest.

Vor 20 Jahren tritt Trainer Helmut Schulte bei Bundesligist Dynamo Dresden zurück. "Das Umfeld im Klub wurde nicht in dem Maße verbessert, wie ich das erwartet habe", sagt der 34-Jährige. Einen Nachfolger haben de überraschten Dresdner zunächst nicht parat.

Vor 25 Jahren gewährt die Stadt Gelsenkirchen dem vom Lizenzentzug bedrohten Bundesligisten Schalke 04 ein zinsloses Darlehen über eine Million D-Mark. OB Kohlmann: "Schalke kann und wird nicht untergehen." Präsident Günter Siebert überbringt die Unterlagen persönlich dem DFB und verkündet am nächsten Tag: "Der DFB hat die Beschlüsse positiv aufgenommen." Zum Leidwesen der Konkurrenz im Abstiegskampf. Einer der Konkurrenten holt an diesem Freitag einen überraschenden Punkt: Schlusslicht Blau-Weiß Berlin kommt in Leverkusen zu einem 2:2.

Im Kampf um die UEFA-Cup-Plätze schafft Borussia Dortmund einen "Big Point", das 3:2 am Betzenberg sichert Platz drei. Vierter bleibt Werder Bremen, das den VfB Stuttgart abschüttelt. Das einzige Tor erzielt Rudi Völler, dessen Wechsel zum AS Rom in der Nacht vor dem Spiel vorbereitet wird. Nach siebenstündiger Verhandlung heißt es offiziell: "Alle Seiten sind sich erheblich näher gekommen."

Vor zehn Jahren hebt die Nationalmannschaft im Lufthansa Jumbo 747/400 um 14.25 Uhr von Frankfurt ab. Reiseziel: Miyazaki/Japan. Japan und Südkorea richten die erste Weltmeisterschaft in Asien aus. Die Reisegruppe wird im letzten Moment verändert. Der Dortmunder Jörg Heinrich verzichtet aus Formgründen auf die WM, so erhält Schalkes Jörg Böhme seine Chance. Trotz der Ausfälle von Jörg Nowotny, Sebastian Deisler oder Mehmet Scholl sagt Torwart Oliver Kahn: "Ich wäre vorsichtig, uns als Rumpftruppe zu bezeichnen. Uns muss erst mal jemand schlagen." Teamchef Rudi Völler gibt das Ziel vor: "Wir wollen nach Korea. Dann beginnt die K.o.-Runde, da wollen wir für die eine oder andere Überraschung sorgen." In einer Umfrage des Kicker trauen ihr 23,9 % der Teilnehmer nicht zu, die Vorrunde zu überstehen.

23. Mai

Vor 80 Jahren enden die Vorrundenspiele um die Deutsche Meisterschaft. In Gruppe A gewinnt der HSV auch sein letztes Spiel (3:0 gegen Brandenburg-Meister BC Hartha). In Gruppe B macht Schalke den Sieg mit einem 2:2 bei Werder Bremen perfekt. Werder hätte mit acht Toren gewinnen müssen, dennoch kommen 35.000 ins Weser-Stadion. Doch es ist noch nicht die Zeit der Werder-Wunder. Spätestens zur Pause (0:1) ist alles klar. Vier Minuten vor Schluss erlaubt Schalke Werder noch den Ausgleich. Bedeutungslos ist das 3:1 von Hertha BSC über Pommern-Meister Viktoria Stolp, der die Vorrunde mit 0:12 Punkten beendet.

Immerhin gelingt Erwin Brunke das erste Endrundentor der Viktoria (Torverhältnis 1:36), die ihrem Namen keine Ehre einlegt. In Gruppe C setzt sich der VfB Stuttgart nach einem dramatischen Wettschießen dank eines Tores durch. Das 5:1 bei Kassel 06 reicht gerade so, die punktgleichen Wormatia gewinnt in Dessau 4:0. Das Kontrastprogramm liefert Gruppe D, wo der vierte Halbfinalist schon längst feststeht – und sich doch ins Zeug legt: der 1. FC Nürnberg schlägt Waldhof Mannheim mit 7:1, Julius Übelein trifft am häufigsten (dreimal).

Vor 50 Jahren schlägt die DDR-Auswahl Dänemark in Leipzig 4:1. Günter Schröter von Dynamo Berlin erzielt drei Tore in diesem Testspiel, Ronny Ducke (Jena) das vierte.

Vor 25 Jahren wird der 30. Bundesliga-Spieltag abgeschlossen. Am Meisterschafts-Hattrick der Bayern zweifelt bei sechs Punkten Vorsprung niemand. So kommen zum Heimspiel gegen Waldhof Mannheim (3:0) nur 17.000 ins Olympia-Stadion. Gewinnen kann ja so langweilig sein. Verfolger HSV begrüßt gegen Fortuna Düsseldorf (4:1) gar nur 11.347 Getreue und sichert seine UEFA-Cup-Teilnahme. Borussia Mönchengladbach feiert gegen Schalke (3:1) den sechsten Sieg in Folge, Doppel-Torschütze Uwe Rahn (19 Saisontreffer) verspricht: "Ich hole die Torjäger-Kanone." Noch führen Rudi Völler und Fritz Walter (Waldhof) mit je 20 Toren. Eintracht Frankfurt verabschiedet sich aus dem gleichsam langweiligen Abstiegskampf und schießt den FC Homburg mit dem 4:0 umso tiefer hinein.

Vor 20 Jahren wird erstmals ein Zweitligist DFB-Pokalsieger. Die Überraschung glückt Hannover 96, das im Elfmeterschießen nach zwei torlosen Stunden Borussia Mönchengladbach 4:3 besiegt. Held des Abends ist Torwart Jörg Sievers, der die Schüsse von Karl-Heinz Pflipsen und Holger Fach hält, Kollege Uwe Kamps pariert nur den Schuss von Oliver Freund. Sievers, schon im Halbfinale gegen Werder Bremen Elfmeter-Held, da auch als Torschütze: "Wenn es nach mir geht, würde ich nur noch Pokalspiele machen."

96-Trainer Michael Lorkowski geht als Triumphator, sein Abgang zu St. Pauli stand schon fest. Die enttäuschten Gladbacher beklagen auch die wirtschaftlichen Folgen. Manager Rolf Rüssmann: "Mit einem Pokalsieg im Rücken hätten wir einen Kracher verpflichten können. Mit den zwei Millionen, die wir im Europacup wieder reingeholt hätten." Das Pokalfinale der Frauen gewinnt der FSV Frankfurt gegen den TSV Siegen mit 1:0. Gaby König schießt das Tor.

Vor zehn Jahren gewinnen die Frauen des 1. FFC Frankfurt den erstmals ausgespielten UEFA-Pokal. Gegen Umea IK aus Schweden siegen sie vor heimischer Kulisse (12.106 Zuschauer) 2:0, Steffi Jones und Birgit Prinz treffen. "Es war ein Meilenstein für den Frauen-Fußball, aber es war erst der Anfang", sagt Trainerin Monika Staab, in Personalunion auch Vorsitzende des 1. FFC.

24. Mai

Vor 70 Jahren findet das Achtelfinale der Deutschen Meisterschaft statt. Es geschehen unglaubliche Dinge. Schalke 04 demontiert den 1. FC Kaiserslautern 9:3! Nach 20 Minuten steht es noch 0:0 und nach Ecken 0:3, dann bricht Schalkes Torsturm los. Es fallen Tore, die nicht jeden Tag fallen. Alfred Urban trifft aus 20 Metern – per Kopf. Ernst Kalwitzki lupft den Ball zweimal in Folge übe einen Gegner und dann donnert er ihn zum 8:1 ins Netz. "Fritz Walter steht mit halbgesenktem Kopf in der Angriffsmitte", bemitleidet der Kicker den Jung-Nationalspieler.

Bei Werder Bremens 4:2 über TV Eimsbüttel steht es schon nach 26 Sekunden 1:1 – ein Novum im deutschen Fußball, womöglich bis heute. Werders Führung durch Willi Gornick nach zehn Sekunden gleicht Herbert Panse nach dem Anstoß aus. Nie war es empfehlenswerter pünktlich auf seinem Platz zu sein als an diesem Mai-Tag 1942 im Weser-Stadion. Kickers Offenbach eliminiert den VfL 99 Köln 3:1, Erich Nowotny entscheidet die Partie im Ausweich-Stadion zu Frankfurt in der 70. Minute. Sein Tor aus 45 Metern demoralisiert die Kölner, auch wenn der Kicker nicht ohne Grund annimmt, der Schütze habe sich dabei "nichts Besonderes" gedacht, als er den Ball vors und letztlich ins Kölner Tor trat.

Es gibt auch normale Spiele an diesem Pfingstsonntag. Weiter spielen: Sportklub Planitz – Breslau 02 2:1 n.V., Vienna Wien – Germania Königshütte 1:0, SS Straßburg – Schweinfurt 05 2:1, Dessau 05 – Blau-Weiß Berlin 0:3 und VfB Königsberg – Ordnungspolizei Litzmannstadt 8:1. Der Kicker bilanziert angesichts von über 100.000 Zuschauern im Achtelfinale: "Welcher stolzer Ausdruck deutschen Sportlebens mitten im Krieg."

25. Mai

Vor 60 Jahren wird der vierte Endrundenspieltag der Deutschen Meisterschaft ausgetragen. In Gruppe 1 kann es noch immer jeder schaffen. Doch der 1. FC Nürnberg, als einziger Klub mit positiver Punktbilanz (5:3), hat nach dem 4:2 im Altmeister-Duell gegen Schalke 04 die besten Chancen. 48.000 sehen am Zabo ein aufregendes Spiel, zweimal wechselt die Führung und am Ende lacht der Club. Max Morlock schießt zwei Tore und "Schalke gewann viele neue Freunde" (Sport Magazin). Die Polizei verhaftet 16 Schwarzhändler, die bis zu 50 D-Mark für eine Tribünenkarte fordern.

Vier Schalke-Fans dürfen die Partie ohne Eintrittskarte sehen: weil sie mit dem Fahrrad angereist sind und fünf Tage strampelten für das große Spiel, lässt sie ein Club-Funktionär gratis rein. Im Parallelspiel schlägt der HSV den 1. FC Saarbrücken trotz Unterzahl – Platzverweis für Manfred Krüger – 4.1 und "kämpfte wie nie!" (Sport Magazin). Der dreimalige Torschütze Werner Harden ist der gefeierte Mann am Rothenbaum.

In Gruppe 2 läuft alles auf einen Zweikampf zwischen TeBe Berlin und dem VfB Stuttgart hinaus. Das direkte Duell im Olympia-Stadion vor 95.000 hat keinen Sieger (1:1). Die frühe VfB-Führung durch Roland Wehrle gleicht Horst Schmutzler (67.) aus. Nach der Partie schütteln sich alle die Hände und das Sport Magazin lobt: "Es hat uns am meisten gefreut, dass kein böses, hässliches Foul diese Begegnung trübte." RW Essen hingegen beklagt bei seinem ersten Endrundensieg, dem 2:0 gegen Osnabrück, einen Verletzten. Stürmer August Gottschalk springt nach einem Sturz die Kniescheibe heraus. Die Finalchancen beider Teams sind nur noch theoretischer Art.

26. Mai

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Vor 100 Jahren wird Holstein Kiel Deutscher Meister. In der Neuauflage des Finales von 1910 haben diesmal die "Störche" den Schnabel vorn. Nationalspieler Ernst Möller trifft per Elfmeter (52.) zum 1:0-Endstand gegen den Karlsruher FV, der nach der frühen Verletzung von Gottfried Fuchs quasi in Unterzahl spielt. Das Finale in Hamburg sehen 9000 Zuschauer.

Vor 40 Jahren wird das Münchner Olympia-Stadion eingeweiht. Mit einem Länderspiel gegen die Sowjetunion, zu dem sich 80.000 Zuschauer unter dem futuristischen Zeltdach einfinden. Nicht nur der Rahmen stimmt, auch die Handlung der Premiere findet Anklang. Nach torloser erster Hälfte wird die Überlegenheit der DFB-Elf schlagartig belohnt. Gerd Müller schießt binnen 15 Minuten (50. – 65.) vier Tore, auch wenn ihm Uli Hoeneß das 2:0 streitig machen will. Beide Bayern-Stürmer haben den Ball berührt, eine Zeitlupenaufnahme gibt es nicht.

Schließlich beugt sich Hoeneß der Stadionregie, die Müllers Namen auf die Anzeigetafel gesetzt hat. Hoeneß: "Ich hatte den Fuß auf alle Fälle mit dran, aber wenn der Gerd das Tor haben will, gebe ich es ihm gerne und streite mich nicht darum." Das ZDF-Sportstudio bestätigt dann das der Bomber der Schütze. Der Endstand lautet übrigens 4:1, Kolotow nutzt die deutsche Unterzahl. Paul Breitner wird auf kuriose Weise des Feldes verwiesen: sein Nasenbluten ist nicht zu stillen und der Schiedsrichter duldet keine blutenden Spieler.

Nach der Pause gibt der 20-jährige Mönchengladbacher Rainer Bonhof ein Länderspiel-Debüt in einer Elf, in der am Ende je fünf Bayern und Borussen spielen. Nur Schalkes Linksaußen Erwin Kremers gehört keiner "Block-Macht" an. Hinterher überschlagen sich die Kritiker. "Diese Elf kann alle schlagen!", titelt der Kicker und der belgische Nationaltrainer Raymond Goethals streckt schon vor dem kommenden EM-Halbfinale die Waffen. "Die belgische Mannschaft hat in Antwerpen überhaupt keine Chance". Denn er habe "den europäischen Meister und den Weltmeister 1974 gesehen." Prophetische Worte.

Vor 30 Jahren verliert Bayern München erstmals nach dem Krieg ein Finale. Im Europapokal der Landesmeister unterliegen die Bayern dem englischen Meister Aston Villa in Rotterdam mit 0:1. 45.000 Zuschauer sehen eine stürmende Bayern-Mannschaft, die das Tor nicht trifft. "Ein Jammer! Sturmlauf, doch 0:1", titelt der Kicker. Nach Chancen endet die Partie 14:6 für die Münchner, doch als White in der 67. Minute freistehend zum 0:1 einschießt, zählt das alles nicht mehr. Besonders unglücklich agiert Dieter Hoeneß, der in der 88. Minute dem einschussbereiten Günter Güttler den Ball vom Fuß nimmt. Zwar trifft er, doch Hoeneß soll im Abseits gestanden haben, Güttler nicht. So geht der Pokal zum sechsten Mal in Folge an eine englische Mannschaft, deren Fans sich daneben benahmen. Nach Randalen in der Innenstadt gibt es zehn Verhaftungen.

27. Mai

Vor 25 Jahren erlebt Bayern München einen bitteren Tag. In Wien verliert die Elf von Udo Lattek das Landesmeister-Finale gegen den FC Porto mit 1:2. Nach Ludwig Kögls Kopfballtor (25.) führen sie zwar bis zur 78. Minute, doch dann werden sie von einem Doppelschlag hart getroffen. Der Algerier Rabah Madjer gleicht per Hacke aus (78.) und Joker Juary trifft zwei Minuten später zum 1:2.

Der Kicker schreibt: "Der verschenkte Triumph." Aber unverdient ist es nicht, Porto gewinnt auch nach Torschüssen 16:6. Bei den geschockten Bayern herrscht Ratlosigkeit vor. Andreas Brehme sagt: "Keiner weiß, was los war auf dem Rasen. Auf alle Fälle lag's irgendwie an da oben." Er meint nicht den Herrgott, sondern die eigene Psyche, wie sein Zeigefinger verdeutlicht, der an die Schläfe tippt. Dieter Hoeneß muss ein Radiointerview abbrechen, er bekommt nichts mehr heraus. Torwart Jean-Marie Pfaff unkt: "Diese Chance kriegen wir nie wieder."

Günter Netzer schreibt in seiner Kicker-Kolumne, was nach Niederlagen öfters zu lesen ist: "Den Bayern haben einfach ganze Kerle gefehlt." Trainer Udo Lattek erklärt auf der Pressekonferenz seinen Rücktritt zum Saisonende: "Ich will nicht mehr verantwortlich sein dafür, wenn Spieler nicht das bringen, was sie können."