DFB-Wochenschau: Bosman-Urteil und ein Goldpokal

Vor 60 Jahren hat der FSV Frankfurt die beste Mannschaft Süddeutschlands. In der Oberliga Süd führen die Hessen nach einem souveränen 5:0 über den Deutschen Meister von 1949, VfR Mannheim, die Tabelle an. „Dieser FSV ist zu allem fähig!“ lobt das Sport Magazin. Aber der VfB Mühlburg, der gegen Schwaben Augsburg auch sein siebtes Heimspiel gewinnt, hält mit: Nach dem furiosen 7:2 träumt die Elf aus dem Karlsruher Stadtteil Mühlburg weiter von der Herbstmeisterschaft, die er am ersten Weihnachtsfeiertag im Nachholspiel gegen Offenbach erringen kann. Meisterträume hegen noch mehr Klubs, die ersten Sieben liegen nur drei Punkte auseinander anno 1950.

Im Norden bringen zwei Klubs die Layouter des Sport Magazins in Schwierigkeiten: Sie schießen und kassieren mehr Tore als die Statistikspalte erlaubt. Der HSV tobt sich gegen Arminia Hannover richtig aus (8:3), und Bremerhaven hat mit Schlusslicht Itzehoer SV kein Erbarmen (8:1-Auswärtssieg). Tabellenführer VfL Osnabrück hat spielfrei und muss die Verfolger herankommen lassen. Werder Bremen (2:1 gegen Oldenburg) rückt auf Platz zwei vor. Im Südwesten verteidigt der 1. FC Kaiserslautern auch ohne Fritz Walter die Spitze, Tura Ludwigshafen ist kein Gegner und mit dem 0:7 noch gut bedient.

Vor 50 Jahren belegt HSV-Idol Uwe Seeler bei der Wahl zum Sportler des Jahres in Baden-Baden als bester Fußballer den siebten Platz. Sieger wird der Skispringer Georg Thoma.

Vor 15 Jahren werden in Birmingham die Vorrundengruppen für die EM 1996 gelost. Deutschland trifft auf Tschechien, Italien und Russland. Nicht nur für den Kicker eine „Dynamit-Gruppe“.

Vor fünf Jahren stellt Bayern München einen Bundesligarekord auf. Nie hat eine Mannschaft mehr Punkte in einer Vorrunde geholt als die Elf von Felix Magath, die nach dem 2:1 in Dortmund mit 44 in die Winterpause geht. Ali Karimi und Claudio Pizarro erzielen die Tore für den besten Herbstmeister aller Zeiten. Der HSV folgt mit respektablem Abstand von sechs Punkten. Großer Sport wird im neuen Gladbacher Borussen-Park geboten, wo die Gastgeber nach 0:2-Rückstand gegen Eintracht Frankfurt noch 4:3 gewinnen. Novum am Tabellenende: Die drei Klubs auf den Abstiegsplätzen – Köln, Duisburg und Kaiserslautern – sind punktgleich. Der FCK feiert unter seinem neuen Trainer Wolfgang Wolf den ersten Sieg, Halil Altintop schießt alle Tore zum 3:2 gegen Wolfsburg, Wolfs Ex-Klub.

18. Dezember

Vor 100 Jahren freut sich Hertha BSC über einen Kantersieg in der obersten Berliner Liga. „Hertha zog den Tennis Borussen das Fell ganz gründlich über die Ohren und brummte ihnen ein 11:1 auf, ein Resultat das den Hertha-Sturm im besten Licht erscheinen lässt“, findet die Neue Sport Woche, die sich veranlasst sieht, den Tennis Borussen einen Tadel zu erteilen: „Dieses Spiel möge Tennis Borussia zur Warnung sein, ein Spiel nicht – vorher schon – nach der Äußerung eines Spielers, als gewonnen zu betrachten.“

Am selben Tag amüsiert ein Vorfall im brandenburgischen Forst die damals noch recht kleine Fußballwelt. Im Derby zwischen Viktoria und Askania reklamieren die Gastgeber auf Tor, die Gäste sind natürlich anderer Meinung. Der Schiedsrichter hat es nicht gesehen und fragt den Linienrichter, der auf „nicht Tor“ plädiert. Zur Sicherheit fragt der Unparteiische nun noch einen Jungen, der hinter dem Netz steht, und der ist für „Tor.“ Der Schiedsrichter folgt ihm und zeigt zur Mitte. Die Neue Sport-Woche zetert: „Sind Linienrichter maßgebend oder Schulknaben?“



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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

13. Dezember

Vor 30 Jahren endet die Bundesliga-Vorrunde mit Paukenschlägen. Die Schlusslichter Arminia Bielefeld (3:1 in Kaiserslautern) und Schalke 04 (2:0 in Köln) feiern ihre ersten Auswärtssiege. Für den FCK ist es die erste Heimniederlage seit 22 Monaten, 17.000 Fans sind fassungslos. Schon nach 27 Minuten steht es 0:3, Hans-Peter Briegels Ehrentor kommt viel zu spät. Christian Sackewitz plaudert aus, wie Horst Franz die Arminen motiviert hat: „Der Trainer hatte uns vor die Wahl gestellt: Entweder betrachten wir uns als eine Betriebsmannschaft und sehen das als Ausflug an, oder wir kämpfen um alles.“ Sie entscheiden sich für den Kampf. Da verkraften es die Arminen auch, dass sie im Gegensatz zu den Gastgebern nach dem Spiel kalt duschen müssen – ein Defekt an der Heizung.

Die Herbstmeister-Frage bleibt ungeklärt, da der HSV noch ein Nachholspiel hat. Vorläufig thront Bayern München, das sich in Uerdingen anstrengen muss um nach 0:2-Rückstand noch einen Punkt zu holen, über allen. Paul Breitners Elfmeter rettet die Weihnachtsfeier der Csernai-Auswahl, die knapp vor dem HSV einläuft.

Am selben Tag sorgt in der 2. Bundesliga im Essener Georg-Melches-Stadion ein junger Mann für Furore. Frank Mill (22) erzielt beim 5:3 von Zweitligist RWE gegen 1. FC Bocholt fünf Tore, darunter zwei per Elfmeter. Nach der Vorrunde 1980/1981 steht er bereits bei 24 Treffern und wird von der halben Bundesliga gejagt.

Vor zehn Jahren fallen in der Bundesliga 36 Tore, die meisten in Rostock (5:2 gegen Werder Bremen). Schon am Vortag ist Schalke 04 auf Platz gesprungen, doch erst dank der Schützenhilfe von Reviernachbar VfL Bochum ist Königsblau die Herbstmeisterschaft sicher. Der VfL schlägt Bayer Leverkusen 3:2, Marijo Maric trifft dreifach. Zweiter sind Ottmar Hitzfelds Bayern, die den HSV nach einem Doppelschlag von Giovane Elber binnen drei Minuten 2:1 schlagen. Lange Gesichter bei Hertha BSC, die gegen Kaiserslautern (2:4) nicht nur die Punkte, sondern auch Sebastian Deisler verliert (Platzverweis). Aufsteiger Energie Cottbus verspielt gegen 1860 München (2:3) eine 2:0-Führung und beendet die Vorrunde seiner ersten Bundesligasaison als Letzter.

14. Dezember

Vor 100 Jahren kennen selbst die Schiedsrichter die Regeln noch nicht gut genug, so dass der Spielausschuss des Berliner Fußballverbandes in der Neuen Sport-Woche folgende Belehrungen publiziert: „Es ist vorgekommen, dass bei Handspiel im Strafraum nur Freistoß gegeben wurde. Das ist ein ebenso großer Unsinn wie die Entscheidung Elfmeter, wenn der Torwächter mehr Schritte mit dem Ball macht als die Regeln erlauben. Handspiel im Strafraum ergibt immer Elfmeter, außerhalb Freistoß.“ Ferner sei es vorgekommen, „dass Spieler nach der Pause eintrafen“ und diese nicht mehr zugelassen worden seien. Dabei gelte: „Eine Mannschaft kann sich bis zur letzten Minute vervollständigen.“ Nun zur Kleiderordnung anno 1910: „Spieler in Straßenkleidung dürfen mit Ausnahme des Torhüters nicht zugelassen werden.“

Vor 80 Jahren treffen sich die besten deutschen Fußballer in Frankfurt, um den Goldpokal der Frankfurter Stadion-Gesellschaft auszuspielen. Der Pokal ist unbedeutend, das Spiel nicht. Die beste Elf des Südens (mit den Bayern Heidkamp, Haringer, Pöttinger) steht der des Nordens (mit den HSV-Stars Mahlmann und Halvorsen) gegenüber und gewinnt wie schon 1927 und 1928 – diesmal darf der Süden den Pokal endgültig behalten. 12.000 Zuschauer sehen ein eher langweiliges Spiel, das schon kurz nach der Pause entschieden ist. Am Ende steht es 3:1, Bayerns Josef Haringer hat doppelt getroffen. Der Kicker beklagt die Resonanz der Partie: „Die Sonntage vor Weihnachten taugen nicht für Großveranstaltungen. Die Offenhaltung der Verkaufsstellen der Stadt hat dem Stadionbesuch großen Abbruch getan.“ Verkaufsoffene Sonntage – anno 1930 ist das für den Fußball noch ein Problem.

Am selben Tag gewinnt Schalke 04 bei Ruhrbezirk-Tabellenführer Westfalia Herne mit 2:1. Das Besondere daran: Es ist die zweite Garde der Königsblauen, da die Stars jener Epoche wegen „verbotenem Berufsspielertums“ seit Sommer gesperrt sind. Ins Stadion gehen sie dennoch: „Jenseits der Barrieren standen Cepan (Fritz Szepan, Anm. der Red.) und Kuzorra, denen es sicher in den Zehen gekribbelt hat, als sie dieses gute Spiel ihrer Zöglinge sahen“, schreibt der Kicker.

Vor 75 Jahren schauen auch deutsche Fans nach England, wo Arsenal London bei Aston Villa mit 7:1 gewinnt. Wie es ohne Arsenal-Stürmer Ted Drake ausgegangen wäre, ist allerdings eine reizvolle Frage. Drake erzielt alle sieben Tore, was in Englands First Division seit 1888 keinem Spieler mehr gelungen ist.

Vor 25 Jahren gewinnt in der Bundesliga nur einer auswärts – Tabellenführer Werder Bremen bei Aufsteiger Hannover 96. Das 4:2 ist jedoch hart erkämpft, zweimal geht 96 in Führung, ehe die Routiniers in der Rehhagel-Auswahl das Heft in die Hand nehmen: Tore von Mirko Votava und Manfred Burgsmüller bringen die Wende, der Platzverweis für Michael Kutzop ändert daran nichts mehr. Vier Punkte beträgt Werders Vorsprung auf Bayern München vor Beginn der Winterpause, wobei der Meister noch Glück hat, dass Raimond Aumann in Stuttgart (0:0) einen Elfmeter von Jürgen Klinsmann und damit den einen Punkt festhält. Das Neckarstadion ist bei weitem nicht ausverkauft (36.000), die Bundesliga steckt in der Zuschauer-Krise im Winter 1985/1986. So kommen zum Duell der Bundesliga-Dinos 1. FC Köln und 1. FC Kaiserslautern (1:1) nur 7000 Zuschauer, das 2:1 von Schlusslicht Fortuna Düsseldorf über Bochum wollen nur 5500 sehen. Zahlen aus einer anderen Welt…

15. Dezember

Vor 75 Jahren ist Fortuna Düsseldorf die beste Mannschaft in Deutschlands Gauen. Nach dem 3:0 bei Borussia Mönchengladbach ist nur noch das Team um Paul Janes verlustpunktfrei, 16:0 Punkte stehen auf Fortunas Konto.

Vor 70 Jahren gewinnt der Tabellenführer der Gauliga Sachsen, der Dresdner SC sein Punktspiel beim SC Planitz auf schneebedecktem Boden mit dem außergewöhnlichen Resultat von 12:3. Der spätere Bundestrainer Helmut Schön schießt ebenso wie Sturmkollege Heinrich Schaffer jeweils vier Tore. Kurios: Nach Ecken gewinnt Planitz 5:4. Im Süden ist Derby-Zeit: Die Bayern schlagen 1860 München mit 4:1 (zwei Tore durch Siemetsreiter), SpVgg. Fürth den Nürnberger Club mit 2:0. Meister Schalke 04 hat im Westen mit dem VfL Bochum keine Probleme (4:0), wohl aber mit seinem Publikum. Die Ansprüche sind hoch, nach dem frühen 3:0 reißt der Faden, und es gibt Pfiffe an der Glückauf-Kampfbahn. Auch die Kritiker sind nicht zimperlich mit den Helden jener Zeit: „Es ist ein schlechter Tag für Kuzorra und Szepan, die mit den Jahren auch zu ihren Gewichten gekommen sind. Namentlich Fritz Szepan kommt kaum vom Fleck“, tadelt der Kicker, der im Auslandsteil von einer Neuheit aus Schweden berichtet: „Man ist hier fest davon überzeugt, dass in absehbarer Zeit in Europa alle Mannschaften mit Nummern spielen werden. Denn dies ist Dienst am Kunden, der Zuschauer kann leichter verfolgen, wer die einzelnen Spieler sind, und vor allem sieht man immer sofort (auch die Zuschauer), wer die Tore geschossen hat.“

Vor 20 Jahren geht die Bundesliga in die Winterpause, ohne den Herbstmeister zu kennen. Die besten Chancen hat zwar der 1. FC Kaiserslautern, doch dessen Heimspiel gegen Köln fällt wie drei weitere Partien dem strengen Winter zum Opfer. Die Bayern jedoch rutschen von Platz eins, denn sie lassen in Uerdingen einen Punkt, da Holger Fach kurz vor Schluss das 1:1 erzielt. So macht sich Werder Bremen, nach dem 2:1 in Bochum (Doppelschlag Wynton Rufer) vorläufig Erster, Hoffnungen auf den inoffiziellen Titel.

Bis 19. März 1991 müssen alle warten, ehe sie schlauer sind. Für Klarheit sorgt dagegen Aleksandar Ristic. Nach einem 4:1 gegen Borussia Mönchengladbach geht der Trainer als Sieger von Fortuna Düsseldorf. Er steigt freiwillig ab und will Schalke 04 nach drei Jahren zurück in die Bundesliga führen.

Vor 15 Jahren bestreitet die Nationalmannschaft erstmals ein Länderspiel in und gegen Südafrika. In Johannesburg fallen allerdings keine Tore. Der Rostocker Rene Schneider kommt zu seinem Länderspieldebüt, auf das der Karlsruher Torjäger Sean Dundee vergeblich hofft. Berti Vogts unterlässt es, den gebürtigen Südafrikaner für den DFB zu sichern.

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Am selben Tag wird in Brüssel die Fußballwelt auf den Kopf gestellt. Der Europäische Gerichtshof entscheidet im sogenannten Bosman-Urteil, dass auch im Sport die freie Wahl des Arbeitsplatzes gilt, Ablösesummen nach Vertragsende ebenso unzulässig sind wie die Beschränkung der Ausländerplätze. Die Grenzen fallen, der Fußball bekommt in allen Topligen ein internationales Gesicht – dank des Belgiers Jean Marc Bosman. Gerhard Mayer-Vorfelder, Präsident des VfB Stuttgart, warnt vor „katastrophalen Folgen“. Alle ahnen: Die einzigen Gewinner sind die Spieler.

16. Dezember

Vor 30 Jahren führt Franz Beckenbauer in seinem 400. Bundesligaspiel den HSV zur Herbstmeisterschaft 1980/1981. Im Nachholspiel wird 1860 München 4:1 geschlagen, Horst Hrubesch (drei Tore) und Felix Magath treffen. Missklang beim Sieger: Trainer Branko Zebec ist angetrunken und redet „wirres Zeug“ (Kicker). Die Experten sind sich einig: Sein Rauwurf steht unmittelbar bevor. „Zebec war bei und nach dem Spiel wieder einmal nicht in dem Zustand, den ein Trainer in Ausübung seines Berufes und angesichts der öffentlichen Erwartungshaltung nun einmal vorweisen muss“, schreibt Kicker-Redakteur Rainer Holzschuh.

Vor 20 Jahren qualifiziert sich die Frauen-Nationalmannschaft in Bochum für das EM-Halbfinale. Auch im Rückspiel wird England geschlagen (2:0), beide Tore erzielt Britta Unsleber vom FSV Frankfurt. Im Halbfinale wartet Italien auf die Elf um Spielführerin Silvia Neid.

Vor zehn Jahren verspielt Herbstmeister Schalke 04 beim Rückrundenauftakt in Köln eine 2:0-Führung und muss sich mit einem Punkt zufrieden geben. Da Verfolger Bayer Leverkusen auch sein viertes Spiel in Wolfsburg verliert (0:2), hält sich der Frust in Grenzen beim Team von Huub Stevens. Aber Lokalrivale BVB (2:1 in Rostock) schließt auf, und am nächsten Tag werden auch die Bayern (3:1 in Berlin) gewinnen. So liegt das Spitzenquartett 2000/2001 nur vier Punkte auseinander, aber für einen ist schon alles entschieden: „Wir werden Meister. Der FC Bayern wird in der Rückrunde ganz gewaltig kommen“, sagt Kapitän Stefan Effenberg. Spannend ist der Abstiegskampf, zwischen Platz elf (HSV) und 18 (Bochum) liegen nur drei Punkte. Eduard Geyer, Trainer von Energie Cottbus, mag lieber nicht rechnen: „Fragen Sie mich nicht nach den Punkten, die für den Klassenerhalt reichen. Dafür ist unser Manager der Fachmann.“

17. Dezember

Vor 60 Jahren hat der FSV Frankfurt die beste Mannschaft Süddeutschlands. In der Oberliga Süd führen die Hessen nach einem souveränen 5:0 über den Deutschen Meister von 1949, VfR Mannheim, die Tabelle an. „Dieser FSV ist zu allem fähig!“ lobt das Sport Magazin. Aber der VfB Mühlburg, der gegen Schwaben Augsburg auch sein siebtes Heimspiel gewinnt, hält mit: Nach dem furiosen 7:2 träumt die Elf aus dem Karlsruher Stadtteil Mühlburg weiter von der Herbstmeisterschaft, die er am ersten Weihnachtsfeiertag im Nachholspiel gegen Offenbach erringen kann. Meisterträume hegen noch mehr Klubs, die ersten Sieben liegen nur drei Punkte auseinander anno 1950.

Im Norden bringen zwei Klubs die Layouter des Sport Magazins in Schwierigkeiten: Sie schießen und kassieren mehr Tore als die Statistikspalte erlaubt. Der HSV tobt sich gegen Arminia Hannover richtig aus (8:3), und Bremerhaven hat mit Schlusslicht Itzehoer SV kein Erbarmen (8:1-Auswärtssieg). Tabellenführer VfL Osnabrück hat spielfrei und muss die Verfolger herankommen lassen. Werder Bremen (2:1 gegen Oldenburg) rückt auf Platz zwei vor. Im Südwesten verteidigt der 1. FC Kaiserslautern auch ohne Fritz Walter die Spitze, Tura Ludwigshafen ist kein Gegner und mit dem 0:7 noch gut bedient.

Vor 50 Jahren belegt HSV-Idol Uwe Seeler bei der Wahl zum Sportler des Jahres in Baden-Baden als bester Fußballer den siebten Platz. Sieger wird der Skispringer Georg Thoma.

Vor 15 Jahren werden in Birmingham die Vorrundengruppen für die EM 1996 gelost. Deutschland trifft auf Tschechien, Italien und Russland. Nicht nur für den Kicker eine „Dynamit-Gruppe“.

Vor fünf Jahren stellt Bayern München einen Bundesligarekord auf. Nie hat eine Mannschaft mehr Punkte in einer Vorrunde geholt als die Elf von Felix Magath, die nach dem 2:1 in Dortmund mit 44 in die Winterpause geht. Ali Karimi und Claudio Pizarro erzielen die Tore für den besten Herbstmeister aller Zeiten. Der HSV folgt mit respektablem Abstand von sechs Punkten. Großer Sport wird im neuen Gladbacher Borussen-Park geboten, wo die Gastgeber nach 0:2-Rückstand gegen Eintracht Frankfurt noch 4:3 gewinnen. Novum am Tabellenende: Die drei Klubs auf den Abstiegsplätzen – Köln, Duisburg und Kaiserslautern – sind punktgleich. Der FCK feiert unter seinem neuen Trainer Wolfgang Wolf den ersten Sieg, Halil Altintop schießt alle Tore zum 3:2 gegen Wolfsburg, Wolfs Ex-Klub.

18. Dezember

Vor 100 Jahren freut sich Hertha BSC über einen Kantersieg in der obersten Berliner Liga. „Hertha zog den Tennis Borussen das Fell ganz gründlich über die Ohren und brummte ihnen ein 11:1 auf, ein Resultat das den Hertha-Sturm im besten Licht erscheinen lässt“, findet die Neue Sport Woche, die sich veranlasst sieht, den Tennis Borussen einen Tadel zu erteilen: „Dieses Spiel möge Tennis Borussia zur Warnung sein, ein Spiel nicht – vorher schon – nach der Äußerung eines Spielers, als gewonnen zu betrachten.“

Am selben Tag amüsiert ein Vorfall im brandenburgischen Forst die damals noch recht kleine Fußballwelt. Im Derby zwischen Viktoria und Askania reklamieren die Gastgeber auf Tor, die Gäste sind natürlich anderer Meinung. Der Schiedsrichter hat es nicht gesehen und fragt den Linienrichter, der auf „nicht Tor“ plädiert. Zur Sicherheit fragt der Unparteiische nun noch einen Jungen, der hinter dem Netz steht, und der ist für „Tor.“ Der Schiedsrichter folgt ihm und zeigt zur Mitte. Die Neue Sport-Woche zetert: „Sind Linienrichter maßgebend oder Schulknaben?“

Vor 90 Jahren erobert der Fußball die Kinos. Zum ersten Mal seit Bestehen des Films gelangt am Sonnabendnachmittag in Pankow eine Filmvorstellung zur Aufführung, die nur dem Sport gewidmet ist“, schreibt die Neue Sport Woche. Im Palast-Theater werden genau genommen vier Fußballfilme hintereinander gereiht: Das Länderspiel Deutschland-Ungarn vom September 1920 (1:0) „wird gewissermaßen noch mal ausgetragen“ (Neue Sport Woche), danach folgt ein Lehrfilm unter Mitwirkung der Berliner Alt-Nationalspieler Arthur Marohn und Willy Worpitzky. Abgerundet wird das Programm mit Spielberichten von Ex-Meister Viktoria Berlin gegen Sportfreunde Stuttgart und dem lokalen VfB Pankow gegen Wacker Tegel.

Vor 50 Jahren gewinnt Eintracht Frankfurt das brisante Derby gegen Kickers Offenbach in der Oberliga Süd mit 2:0. Dabei müssen die Frankfurter nach Erwin Steins früher Verletzung 85 Minuten in Unterzahl spielen. „Aber die 18.000 Zuschauer mussten immer wieder die Leute auf beiden Seiten nachzählen, um diesen Unterschied überhaupt feststellen zu können“, schreibt das Sport Magazin und belehrt: „Wenn ein Spieler verletzt wird, steigern sich die Kameraden!“ Trotz des Sieges bleiben Steins Kameraden auf Platz vier, Tabellenführer 1. FC Nürnberg zieht unbeirrt seine Bahnen und zerlegt Jahn Regensburg auswärts mit 6:0. Heinz Strehl trifft dreimal, auch Weltmeister Max Morlock gelingt ein Tor.

Nationalspieler Helmut Haller spielt 1960 noch immer in der 2. Liga Süd und beweist, dass er zu Höherem berufen ist: Beim 6:1 des BC Augsburg gegen Neustadt fabriziert er einen Hattrick – in 17 Minuten.

Vor 30 Jahren trennt sich Herbstmeister HSV von seinem alkoholkranken Trainer Branko Zebec und befördert dessen Assistent Aleksandar Ristic auf den Chefsessel. Mit der Verantwortung steigt auch das Gehalt des Jugoslawen – von 7000 auf 12.000 DM.

Vor fünf Jahren trennt sich der 1. FC Köln von Trainer Uwe Rapolder. Dem wird ausgerechnet ein 2:3 an alter Wirkungsstätte – in Bielefeld – zum Verhängnis. Manager Andreas Rettig übernimmt Verantwortung und geht gleich mit. Nun sind zwei Stellen zu vergeben beim 1. FC – wieder mal närrische Tage unterm Dom.

19. Dezember

Vor zwanzig Jahren spielt erstmals seit 1942 wieder eine gesamtdeutsche Nationalmannschaft. In Stuttgart nominiert Berti Vogts im sogenannten Wiedervereinigungsspiel gegen die Schweiz mit Matthias Sammer und dem ihn nach 74 Minuten ablösenden Andreas Thom erstmals Fußballer aus der aufgelösten DDR für die DFB-Auswahl. Mit Ulf Kirsten, Thomas Doll und Torwart Perry Bräutigam sitzen drei weitere Ost-Stars auf der Bank und hoffen vergebens auf ihren Einsatz beim mühelosen 4:0. Thom, damals bereits Leverkusener Bundesligaprofi, hingegen trifft mit seinem ersten Ballkontakt nach knapp 30 Sekunden zum 3:0.

Vor fünf Jahren trennt sich der in Abstiegsgefahr geratene VfL Wolfsburg von Trainer Holger Fach und setzt auch dem jungen Sportdirektor, Europameister Thomas Strunz, den Stuhl vor die Tür. Strunz ist nicht einsichtig: „Wenn unsere Entlassung die Lösung der Probleme in Wolfsburg ist, dann ist man dort auf dem Holzweg.“ Fachs Entlassung markiert zugleich einen Bundesligarekord: Noch nie mussten so viele Trainer (8) in einer Hinrunde gehen wie 2005/2006.