Deutschlands größte Torfabrik

Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt, im Schnitt finden 4400 Spiele statt - pro Tag. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga, der Nationalmannschaft, den Klubs wie Bayern München, Borussia Dortmund oder Schalke 04. Die heimlichen Helden aber spielen woanders, in der Verbands-, Bezirks-, Kreisliga, auf kleinen Sportplätzen, mit hingebungsvollen Ehrenamtlichen an ihrer Seite. Sie alle haben eines gemeinsam: die Liebe zum Fußball.

Diesen heimlichen Helden widmet sich DFB.de in seiner neuen Serie. Auf der Reise durch die Republik stellt die Redaktion jeden Dienstag einen Amateurverein vor - ob aufstrebender Newcomer oder gestrauchelter Traditionsklub, ob kleiner Dorf- oder städtischer Großverein, ob Oberligist oder C-Ligist, ob Jugendspielgemeinschaft oder reine Hobbytruppe. Wir zeigen, wie besonders der deutsche Fußball-Alltag ist. Heute: die Torfabrik aus Detmold.

Zu Anfang ließ es der CSL Detmold noch vergleichsweise ruhig angehen. 5:2 hieß es im ersten Punktspiel der Kreisliga C, Gruppe II, danach 4:1 und 7:3. Alles knappe Spiele - jedenfalls im Vergleich zu dem, was kommen sollte. Es kam einiges: Am fünften Spieltag gewann Detmold 19:0 gegen die dritte Mannschaft des TuS 08 Brakelsiek. Es war der erste von neun zweistelligen Siegen im Saisonverlauf. Deutschlands Torfabrik aus Ostwestfalen arbeitete im Akkord, kam letztlich auf 8,5 Tore im Schnitt pro Spiel und insgesamt 238 Treffer. Das ist laut DFB-Statistiken der deutschlandweite Rekord der Saison 2011/2012 im Männerbereich.

27 Siege, nur eine Niederlage, 238:15 Tore. „Das war eine gute Saison", sagt der Vereinsvorsitzende Karl Schmid so gelassen, als hätte er gerade mitgeteilt, dass nach dem Montag der Dienstag kommt. "Wir sind richtig durchgestartet", ergänzt er. Es war die erste Saison des Christlichen Sportvereins Lippe Detmold im offiziellen Spielbetrieb. Von 0 auf 238 in 28 Spielen, ein sagenhafter Wert. In dieser Intensität war das Torfeuerwerk sicher überraschend, die Überlegenheit des Teams war es nicht.

Ein Verein, aber lange keine Mannschaft

Große Teile der Mannschaft haben schon in höheren Ligen gespielt, zuletzt waren sie bei einem Verein in der Nähe von Detmold als zweite Mannschaft gemeldet. Doch als sie sich dort anschickten, der nominellen ersten Mannschaft sportlich den Rang abzulaufen, kam es zu Differenzen. "Dann versuchen wir es halt woanders", dachte sich Trainer Artur Schelenberg. Karl Schmid wollte mit dem CSL, den er 1996 mitgründete, schon länger am Spielbetrieb teilnehmen, es fehlte jedoch eine Männermannschaft. Schelenberg hatte eine Mannschaft, aber keinen Verein. Beide kannten sich, das passte.

10:2, 12:0, 15:0, 18:0, 22:0 - sportlich war der Neuling oft unterfordert. Gerade darin lag die Herausforderung für den Trainer: Die Motivation bei Spielern hochhalten, die eigentlich keine Gegner haben. Nicht nur die Saisonbilanz zeugt von Schelenbergs Erfolg. Auch eine Trainingsbeteiligung von mehr als 15 Mann pro Einheit ist alles andere als normal für die unterste Liga: "So eine Motivation, obwohl du weißt, dass du im Normalfall der Sieger sein wirst, das habe ich noch nicht erlebt", sagt der 27-Jährige, der aufgrund einer Schulterverletzung nicht mehr selbst spielen kann.

Regelmäßige Kirchenbesuche

Schelenberg ist überzeugter Christ, er geht regelmäßig in die Kirche. Wie auch viele andere Spieler. "Das ist aber keine Voraussetzung, um bei uns dabei zu sein. Jeder ist willkommen", sagt er. Wichtiger sei ein "vernünftiges Auftreten" auf dem Platz, "wir wollen ein positives Bild abgeben". Arrogantes Gehabe ob der eigenen Überlegenheit - was bei einem Stand von 15:0 durchaus vorkommen kann - sieht er daher gar nicht gern. Große Sorgen musste er sich aber nicht machen: "Wenn einige anfingen, sich so zu präsentieren, gab es vom Gegner auf die Socken." Und selbstverliebte Schönspielerei hatte sein Team wirklich nicht nötig. Auch so fielen die Tore "wie die Trauben bei der Ernte", so Vereinschef Schmid. Und jetzt? "Wir wollen erneut aufsteigen. Man braucht schließlich Ziele", sagt Schmid. Ein Muss ist der Durchmarsch aber nicht, zumal eine Klasse höher viel weniger zweite und dritte Mannschaften dabei sind. "Wenn es nicht klappt, probieren wir es eben ein Jahr später wieder", betont der Vorsitzende.

Im Vordergrund steht die Weiterentwicklung des Vereins, der für die neue Saison sieben Jugend- und zwei Männermannschaften gemeldet hat. Die Arbeit mit dem Nachwuchs - darunter viele Kinder von Spätaussiedlern aus Russland - war Schmid schon immer ein großes Anliegen. "Wir haben einen enormen Zulauf", stellt Schelenberg erfreut fest. Er ist in Zukunft Co-Trainer, um mehr Zeit für organisatorische Dinge zu haben.

Egal, wie es in der Kreisliga B weitergeht, es bleibt der "Stolz auf die Jungs" (Schmid), die eine perfekte Saison hingelegt haben. Nein, halt! Eine fast perfekte. Im achten Spiel standen die Maschinen der Torfabrik für 90 Minuten still, der CSL verlor 0:1 gegen den VfL Hiddesen III, in der Abschlusstabelle Zweiter. Schelenberg erinnert sich an die drückende Überlegenheit seiner Mannschaft und an einen Konter des Gegners - die erste und einzige Niederlage war perfekt. "Das hat mich richtig geärgert", sagt der Trainer.

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Der kleine Fußball ist in Deutschland riesengroß. In fast 26.000 Vereinen wird unter dem Dach des DFB Fußball gespielt, im Schnitt finden 4400 Spiele statt - pro Tag. Das Rampenlicht gehört normalerweise den Stars aus der Bundesliga, der Nationalmannschaft, den Klubs wie Bayern München, Borussia Dortmund oder Schalke 04. Die heimlichen Helden aber spielen woanders, in der Verbands-, Bezirks-, Kreisliga, auf kleinen Sportplätzen, mit hingebungsvollen Ehrenamtlichen an ihrer Seite. Sie alle haben eines gemeinsam: die Liebe zum Fußball.

Diesen heimlichen Helden widmet sich DFB.de in seiner neuen Serie. Auf der Reise durch die Republik stellt die Redaktion jeden Dienstag einen Amateurverein vor - ob aufstrebender Newcomer oder gestrauchelter Traditionsklub, ob kleiner Dorf- oder städtischer Großverein, ob Oberligist oder C-Ligist, ob Jugendspielgemeinschaft oder reine Hobbytruppe. Wir zeigen, wie besonders der deutsche Fußball-Alltag ist. Heute: die Torfabrik aus Detmold.

Zu Anfang ließ es der CSL Detmold noch vergleichsweise ruhig angehen. 5:2 hieß es im ersten Punktspiel der Kreisliga C, Gruppe II, danach 4:1 und 7:3. Alles knappe Spiele - jedenfalls im Vergleich zu dem, was kommen sollte. Es kam einiges: Am fünften Spieltag gewann Detmold 19:0 gegen die dritte Mannschaft des TuS 08 Brakelsiek. Es war der erste von neun zweistelligen Siegen im Saisonverlauf. Deutschlands Torfabrik aus Ostwestfalen arbeitete im Akkord, kam letztlich auf 8,5 Tore im Schnitt pro Spiel und insgesamt 238 Treffer. Das ist laut DFB-Statistiken der deutschlandweite Rekord der Saison 2011/2012 im Männerbereich.

27 Siege, nur eine Niederlage, 238:15 Tore. „Das war eine gute Saison", sagt der Vereinsvorsitzende Karl Schmid so gelassen, als hätte er gerade mitgeteilt, dass nach dem Montag der Dienstag kommt. "Wir sind richtig durchgestartet", ergänzt er. Es war die erste Saison des Christlichen Sportvereins Lippe Detmold im offiziellen Spielbetrieb. Von 0 auf 238 in 28 Spielen, ein sagenhafter Wert. In dieser Intensität war das Torfeuerwerk sicher überraschend, die Überlegenheit des Teams war es nicht.

Ein Verein, aber lange keine Mannschaft

Große Teile der Mannschaft haben schon in höheren Ligen gespielt, zuletzt waren sie bei einem Verein in der Nähe von Detmold als zweite Mannschaft gemeldet. Doch als sie sich dort anschickten, der nominellen ersten Mannschaft sportlich den Rang abzulaufen, kam es zu Differenzen. "Dann versuchen wir es halt woanders", dachte sich Trainer Artur Schelenberg. Karl Schmid wollte mit dem CSL, den er 1996 mitgründete, schon länger am Spielbetrieb teilnehmen, es fehlte jedoch eine Männermannschaft. Schelenberg hatte eine Mannschaft, aber keinen Verein. Beide kannten sich, das passte.

10:2, 12:0, 15:0, 18:0, 22:0 - sportlich war der Neuling oft unterfordert. Gerade darin lag die Herausforderung für den Trainer: Die Motivation bei Spielern hochhalten, die eigentlich keine Gegner haben. Nicht nur die Saisonbilanz zeugt von Schelenbergs Erfolg. Auch eine Trainingsbeteiligung von mehr als 15 Mann pro Einheit ist alles andere als normal für die unterste Liga: "So eine Motivation, obwohl du weißt, dass du im Normalfall der Sieger sein wirst, das habe ich noch nicht erlebt", sagt der 27-Jährige, der aufgrund einer Schulterverletzung nicht mehr selbst spielen kann.

Regelmäßige Kirchenbesuche

Schelenberg ist überzeugter Christ, er geht regelmäßig in die Kirche. Wie auch viele andere Spieler. "Das ist aber keine Voraussetzung, um bei uns dabei zu sein. Jeder ist willkommen", sagt er. Wichtiger sei ein "vernünftiges Auftreten" auf dem Platz, "wir wollen ein positives Bild abgeben". Arrogantes Gehabe ob der eigenen Überlegenheit - was bei einem Stand von 15:0 durchaus vorkommen kann - sieht er daher gar nicht gern. Große Sorgen musste er sich aber nicht machen: "Wenn einige anfingen, sich so zu präsentieren, gab es vom Gegner auf die Socken." Und selbstverliebte Schönspielerei hatte sein Team wirklich nicht nötig. Auch so fielen die Tore "wie die Trauben bei der Ernte", so Vereinschef Schmid. Und jetzt? "Wir wollen erneut aufsteigen. Man braucht schließlich Ziele", sagt Schmid. Ein Muss ist der Durchmarsch aber nicht, zumal eine Klasse höher viel weniger zweite und dritte Mannschaften dabei sind. "Wenn es nicht klappt, probieren wir es eben ein Jahr später wieder", betont der Vorsitzende.

Im Vordergrund steht die Weiterentwicklung des Vereins, der für die neue Saison sieben Jugend- und zwei Männermannschaften gemeldet hat. Die Arbeit mit dem Nachwuchs - darunter viele Kinder von Spätaussiedlern aus Russland - war Schmid schon immer ein großes Anliegen. "Wir haben einen enormen Zulauf", stellt Schelenberg erfreut fest. Er ist in Zukunft Co-Trainer, um mehr Zeit für organisatorische Dinge zu haben.

Egal, wie es in der Kreisliga B weitergeht, es bleibt der "Stolz auf die Jungs" (Schmid), die eine perfekte Saison hingelegt haben. Nein, halt! Eine fast perfekte. Im achten Spiel standen die Maschinen der Torfabrik für 90 Minuten still, der CSL verlor 0:1 gegen den VfL Hiddesen III, in der Abschlusstabelle Zweiter. Schelenberg erinnert sich an die drückende Überlegenheit seiner Mannschaft und an einen Konter des Gegners - die erste und einzige Niederlage war perfekt. "Das hat mich richtig geärgert", sagt der Trainer.