Deutschland gegen England: Der Stoff, aus dem Legenden sind

Die EM 1972 beschert das nächste große Duell: Die Deutschen spielen wie entfesselt und kommen durch Tore von Uli Hoeneß, Günter Netzer und Gerd Müller zu ihrem ersten Erfolg im Wembleystadion (3:1). Es ist die Geburtsstunde eines Teams, das bis heute in dem Ruf steht, die beste Nationalmannschaft der deutschen Fußballgeschichte zu sein. Nach weiteren Siegen gegen Belgien (2:1) und im Finale gegen die Sowjetunion (3:0) wird Deutschland zum ersten Mal Europameister - und zwei Jahre später zum zweiten Mal Weltmeister.

1990, beim dritten WM-Titel, ist England die Halbfinalhürde. Andreas Brehmes abgefälschter Freistoß bringt Deutschland in Führung, Gary Lineker egalisiert in der 81. Minute. Im Elfmeterschießen pariert Bodo Illgner gegen Stuart Pearce, Chris Waddle bläst den Ball in den Turiner Nachthimmel, Deutschland steht im Endspiel und schlägt Argentinien mit 1:0. Wieder durch einen Elfmeter, wieder durch Andreas Brehme.

Dramatisch geht es auch bei der EM 1996 in England zu. Erneut Halbfinale, erneut Elfmeterschießen, nachdem Alan Shearer und Stefan Kuntz bereits nach 16 Minuten für das 1:1 gesorgt haben. Die ersten zehn Elfmeter sitzen alle, dann scheitert Gareth Southgate an Andreas Köpke. Andreas Möller verwandelt zum Sieg und ebnet damit den Weg ins Finale gegen Tschechien (2:1 n.V.), in dem Oliver Bierhoff das erste Golden Goal der Fußballgeschichte gelingt.

Das letzte Aufeinandertreffen bleibt als deutsche Gala in Erinnerung. Im WM-Achtelfinale 2010 schickt die Elf von Bundestrainer Joachim Löw die Engländer mit einer 4:1-Packung auf die Heimreise. Weltweit berauschen sich Fans am Tempofußball und den herrlichen Kombinationen von Özil, Schweinsteiger und Kollegen. Klose und Podolski legen ein 2:0 vor, Thomas Müllers Doppelschlag in der zweiten Halbzeit sorgt für die Entscheidung. Doch im ersten Durchgang ist das deutsche Spektakel in ernsthafter Gefahr. Nach dem englischen Anschlusstor durch Matthew Upson wackelt das DFB-Team. Frank Lampards Schuss klatscht an die Unterkante der Latte und von dort hinter die Linie, doch es ist nicht das 2:2. Das Spiel läuft zum Entsetzen der Engländer weiter. Wembley reverse.

Die Platzverweise: Der deutschen und englischen Nationalmannschaft wird eine ausgeprägte Rivalität nachgesagt. Umso bemerkenswerter, dass es in keinem der bislang 32 Länderspiele einen Platzverweis gab.

Die Verbände: Die englische Football Association (FA) war der erste Fußballverband der Welt. Gegründet wurde die FA 1863, sie feiert also in diesem Jahr ihren 150. Geburtstag – mit dem Jubiläumsspiel am Dienstag gegen Deutschland. Dem Weltverband FIFA trat die FA 1905 bei, ein Jahr nach dessen Gründung. Zur UEFA gehört der englische Verband seit Bestehen des europäischen Dachverbandes, also seit 1954. Gleiches gilt für den Deutschen Fußball-Bund. Der FIFA gehört der DFB schon seit 1904 an. Gegründet worden war der DFB im Jahr 1900.

Der berühmteste Spruch: "Fußball ist ein Spiel mit 22 Leuten, die einem Ball hinterherlaufen, und am Ende gewinnen immer die Deutschen." Festgestellt von Gary Lineker. Ausgelöst durch schmerzhafte Erfahrungen. Der frühere Weltklassestürmer und heutige TV-Experte war in vier Partien gegen das deutsche Team dabei und verlor drei davon, darunter das WM-Halbfinale 1990 – trotz Linekers Tor zum 1:1. Nur sein erstes Aufeinandertreffen mit der DFB-Auswahl endete für Lineker erfolgreich: 1985 gab es ein 3:0.

[jb]


Die Länderspielgeschichte zwischen Deutschland und England ist 105 Jahre alt. Knapp zwei Wochen nach ihrem Debüt gegen die Schweiz bestritt die DFB-Auswahl am 20. April 1908 gegen die Engländer die zweite Partie ihrer Historie – und verlor 1:5. Am Dienstag (ab 21 Uhr, live in der ARD) kommt es zum 33. Aufeinandertreffen. Schauplatz ist das Wembleystadion, Anlass ist das 150-jährige Jubiläum des englischen Fußballverbandes FA.

Häufiger als gegen England hat die deutsche Nationalmannschaft nur gegen Schweden (36 Spiele), Österreich (39), die Niederlande (40) und die Schweiz (51) gespielt. Das DFB-Team geht als Zweitplatzierter der aktuellen FIFA-Weltrangliste in die Partie, Gastgeber England liegt auf Platz zehn. DFB.de hat die elf wichtigsten Fakten, Rekorde und Legenden zum Klassiker zusammengetragen.

Die Bilanz: Noch spricht die Statistik für England. Aus deutscher Sicht stehen 15 Niederlagen elf Siege gegenüber. Hinzu kommen sechs Unentschieden. Das Torverhältnis lautet 41:67. Allein 31 Gegentore der Deutschen resultierten aus den ersten sechs Spielen im Zeitraum von 1908 bis 1935.

Seinen ersten Sieg feierte das deutsche Team erst 1968 mit einem 1:0 in Hannover. Schütze des goldenen Tores war Franz Beckenbauer. In den folgenden 20 Begegnungen gelangen den Engländern nur noch fünf Erfolge, darunter einer mit historischem Wert. Das 1:5 in München am 1. September 2001 war die höchste Niederlage einer deutschen Mannschaft in der WM-Qualifikation. Die Bilanz aus den jüngsten sechs Partien ist ausgeglichen: Dreimal gewann Deutschland, dreimal England.

Die Turniervergangenheit: Die englischen und deutschen Wege kreuzten sich neunmal bei Welt- und Europameisterschaften. Nur zweimal hatten die Engländer die Nase vorn, im WM-Finale 1966 (4:2 n.V.) und im Gruppenspiel der EURO 2000 (1:0).

Die übrigen Erinnerungen sind aus deutscher Sicht durchweg positiv. Bei der WM 1970 siegte das DFB-Team im Viertelfinale mit 3:2 nach Verlängerung, bei der WM 1990 war der 5:4-Sieg im Elfmeterschießen der vorletzte Schritt auf dem Weg zum Titelgewinn. Die WM 2010 bescherte im Achtelfinale einen denkwürdigen 4:1-Erfolg. Nach den Duellen im Rahmen der EM 1972 (3:1 und 0:0) und EM 1996 (7:6. n.E.) wurde Deutschland jeweils Europameister.

Insgesamt stehen in der Turnierstatistik für Deutschland fünf Siege, zwei Unentschieden und zwei Niederlagen zu Buche. Auch bei den Titeln liegt die DFB-Auswahl deutlich vorne. Während Deutschland dreimaliger Welt- und Europameister ist, feierte England bei der WM 1966 im eigenen Land seinen einzigen Titel.

Der höchste Sieg: Etwas mehr als drei Jahre ist es erst her. Der 27. Juni 2010 war ein ganz besonderer Tag. WM-Achtelfinale im südafrikanischen Bloemfontein. Deutschland wirbelte, Deutschland zauberte, Deutschland traf. Miroslav Klose, Lukas Podolski und Thomas Müller (2) sorgen mit ihren Toren für einen 4:1-Triumph. Nie hatte die Nationalmannschaft deutlicher gegen England gewonnen.

Die höchste Niederlage: Gerade einmal 6000 Zuschauer waren in Oxford zugegen, als die Engländer am 16. März 1909 die Gäste aus Deutschland mit 9:0 abfertigten. Porter und Dunning trafen jeweils dreimal, Hoare zweimal, Chapman einmal. Gemeinsam mit der deutschen 3:6-Niederlage am 14. Mai 1938 in Berlin ist es bis heute die torreichste Partie zwischen beiden Nationen – wenn man die Treffer aus den Elfmeterschießen 1990 (5:4) und 1996 (7:6) nicht einbezieht.

Die Schauplätze: Die englische Nationalmannschaft – das heißt London, das heißt Wembleystadion. Zum zwölften Mal ist das deutsche Team in Englands Hauptstadt zu Gast. In Deutschland trafen beide Mannschaften am häufigsten in Berlin aufeinander, nämlich achtmal. Dort gab es mit 105.000 Zuschauern auch die größte Kulisse in einem Spiel zwischen Deutschland und England, beim 3:6 im Jahr 1938. Jeweils 100.000 waren es 1954, 1972 und 1975 in Wembley.

Die Rekordspieler: Kein deutscher Nationalspieler ist häufiger gegen England angetreten als Franz Beckenbauer. Der spätere DFB-Teamchef spielte in seiner aktiven Karriere siebenmal gegen die Three Lions. Darunter waren die legendären Duelle im WM-Finale 1966 (2:4 n.V.) und WM-Achtelfinale 1970 (3:2 n.V.) sowie das 3:1 im Hinspiel des EM-Viertelfinales 1972, der erste deutsche Sieg überhaupt in Wembley. Insgesamt ist Beckenbauers England-Bilanz als Spieler ausgeglichen: drei Siege, drei Niederlage, ein Unentschieden.

Und wer war auf englischer Seite am häufigsten gegen Deutschland im Einsatz? Man könnte Torwartlegende Gordon Banks vermuten. Oder Peter Shilton. Oder vielleicht Sir Bobby Charlton. Und würde in allen drei Fällen falsch liegen. Tatsächlich spielte Alan Ball am häufigsten gegen die DFB-Auswahl, achtmal zwischen 1965 und 1975. Viermal gewann er, dreimal verlor er, eine Partie endete remis. Ball absolvierte insgesamt 72 Länderspiele und gehörte zu den Weltmeistern von 1966. Er verstarb am 25. April 2007 im Alter von 72 Jahren nach einem Herzinfarkt. Gordon Banks spielte übrigens sechsmal gegen Deutschland, Peter Shilton fünfmal, Bobby Charlton nur dreimal.

Die Rekordschützen: Die meisten Treffer für die DFB-Auswahl haben Gerd Müller und Miroslav Klose erzielt – jeweils 68. Müller benötigte dafür 62 Einsätze, Klose hat bislang 130 Länderspiele absolviert. Englands Rekordtorjäger ist Bobby Charlton mit 49 Treffern aus 106 Partien.

Die meisten Tore in den direkten Duellen zwischen Deutschland und England gelangen jedoch anderen. Auf deutscher Seite war es Richard Hofmann, er netzte beim 3:3 in Berlin am 10. Mai 1930 dreimal ein. Für England trafen gleich fünf Spieler dreimal gegen Deutschland: Dunning (1909), Porter (1909), Woodward (1908 und 1913) sowie Geoff Hurst im WM-Finale 1966 und Michael Owen beim 5:1 von München in der WM-Qualifikation 2002.

Die legendärsten Spiele: Kaum eine Länderspielgeschichte ist reicher an unvergessenen Spielen als die deutsch-englische. Drama, Historie, Spannung, Elfmeterschießen, ein Tor, das keines war, ein Tor, das keines wurde – es ist eine Fülle an Stoff, aus dem Legenden sind. Erstes Kapitel, das WM-Finale 1966: Abwehrspieler Wolfgang Weber gleicht kurz vor Ende der regulären Spielzeit zum 2:2 aus und bringt die deutsche Mannschaft in die Verlängerung. Dort schießt Geoff Hurst das meistdiskutierte Tor der Fußballgeschichte und lässt kurz darauf seinen dritten Treffer in dieser Partie zum 4:2-Endstand folgen.

Vier Jahre später nimmt die DFB-Auswahl Revanche. Im Viertelfinale der WM in Mexiko liegt Deutschland mit 0:2 zurück, ehe Franz Beckenbauer mit seinem Anschlusstreffer die Wende einleitet. Uwe Seeler besorgt mit dem Hinterkopf den Ausgleich, Gerd Müller in der Verlängerung den Sieg.

Die EM 1972 beschert das nächste große Duell: Die Deutschen spielen wie entfesselt und kommen durch Tore von Uli Hoeneß, Günter Netzer und Gerd Müller zu ihrem ersten Erfolg im Wembleystadion (3:1). Es ist die Geburtsstunde eines Teams, das bis heute in dem Ruf steht, die beste Nationalmannschaft der deutschen Fußballgeschichte zu sein. Nach weiteren Siegen gegen Belgien (2:1) und im Finale gegen die Sowjetunion (3:0) wird Deutschland zum ersten Mal Europameister - und zwei Jahre später zum zweiten Mal Weltmeister.

1990, beim dritten WM-Titel, ist England die Halbfinalhürde. Andreas Brehmes abgefälschter Freistoß bringt Deutschland in Führung, Gary Lineker egalisiert in der 81. Minute. Im Elfmeterschießen pariert Bodo Illgner gegen Stuart Pearce, Chris Waddle bläst den Ball in den Turiner Nachthimmel, Deutschland steht im Endspiel und schlägt Argentinien mit 1:0. Wieder durch einen Elfmeter, wieder durch Andreas Brehme.

Dramatisch geht es auch bei der EM 1996 in England zu. Erneut Halbfinale, erneut Elfmeterschießen, nachdem Alan Shearer und Stefan Kuntz bereits nach 16 Minuten für das 1:1 gesorgt haben. Die ersten zehn Elfmeter sitzen alle, dann scheitert Gareth Southgate an Andreas Köpke. Andreas Möller verwandelt zum Sieg und ebnet damit den Weg ins Finale gegen Tschechien (2:1 n.V.), in dem Oliver Bierhoff das erste Golden Goal der Fußballgeschichte gelingt.

Das letzte Aufeinandertreffen bleibt als deutsche Gala in Erinnerung. Im WM-Achtelfinale 2010 schickt die Elf von Bundestrainer Joachim Löw die Engländer mit einer 4:1-Packung auf die Heimreise. Weltweit berauschen sich Fans am Tempofußball und den herrlichen Kombinationen von Özil, Schweinsteiger und Kollegen. Klose und Podolski legen ein 2:0 vor, Thomas Müllers Doppelschlag in der zweiten Halbzeit sorgt für die Entscheidung. Doch im ersten Durchgang ist das deutsche Spektakel in ernsthafter Gefahr. Nach dem englischen Anschlusstor durch Matthew Upson wackelt das DFB-Team. Frank Lampards Schuss klatscht an die Unterkante der Latte und von dort hinter die Linie, doch es ist nicht das 2:2. Das Spiel läuft zum Entsetzen der Engländer weiter. Wembley reverse.

Die Platzverweise: Der deutschen und englischen Nationalmannschaft wird eine ausgeprägte Rivalität nachgesagt. Umso bemerkenswerter, dass es in keinem der bislang 32 Länderspiele einen Platzverweis gab.

Die Verbände: Die englische Football Association (FA) war der erste Fußballverband der Welt. Gegründet wurde die FA 1863, sie feiert also in diesem Jahr ihren 150. Geburtstag – mit dem Jubiläumsspiel am Dienstag gegen Deutschland. Dem Weltverband FIFA trat die FA 1905 bei, ein Jahr nach dessen Gründung. Zur UEFA gehört der englische Verband seit Bestehen des europäischen Dachverbandes, also seit 1954. Gleiches gilt für den Deutschen Fußball-Bund. Der FIFA gehört der DFB schon seit 1904 an. Gegründet worden war der DFB im Jahr 1900.

Der berühmteste Spruch: "Fußball ist ein Spiel mit 22 Leuten, die einem Ball hinterherlaufen, und am Ende gewinnen immer die Deutschen." Festgestellt von Gary Lineker. Ausgelöst durch schmerzhafte Erfahrungen. Der frühere Weltklassestürmer und heutige TV-Experte war in vier Partien gegen das deutsche Team dabei und verlor drei davon, darunter das WM-Halbfinale 1990 – trotz Linekers Tor zum 1:1. Nur sein erstes Aufeinandertreffen mit der DFB-Auswahl endete für Lineker erfolgreich: 1985 gab es ein 3:0.