Julius Hirsch Preis
"Der Preis hat eine schreckliche Aktualität"
Vor sieben Jahren ermordete der illegal eingewanderte Hussein Khavari die Medizinstudentin Maria Ladenburger. Alle Morde sind furchtbare Gewalttaten, dieser war es in einem besonderen Maße.
Die Polizei nahm den afghanischen Flüchtling sechs Wochen später fest, er gestand am zweiten Prozesstag den Mord und wurde im März 2018 zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Maria Ladenburgs Vater rief zur Besonnenheit auf. Er erhielt daraufhin Hassnachrichten. Als Christian Streich bei einer Pressekonferenz des SC Freiburg auf den Fall, der die Stadt bewegte, angesprochen wurde, fand er diese Worte: "Mir wurde mitgeteilt, dass ein Mensch aus der AFD den Vater der Maria, der dieses Furchtbare erleben musste, als pathologisch bezeichnet hat, weil er vor dieser Tat Flüchtlinge unterstützt hat. Dass in diesem Land einer der als demokratisch eingeordneten AFD zugehört, jemanden verhöhnen kann, der so etwas erlebt hat, da sehen sie, was los ist. Man muss es als Herausforderung annehmen."
Streich zieht klar und empathisch Stellung
Christian Streich erhielt am Montagabend in Berlin den Julius Hirsch Ehrenpreis. Die Jury hatte sich für den 58 Jahre alten Bundesligatrainer entschieden, weil er immer wieder zu politischen und gesellschaftlichen Fragen, auch und unbedingt wenn es schwierig wird, klar wie auch empathisch Stellung bezieht. Streich gilt als eine starke Stimme gegen den Rechtsruck und ein Kritiker des punktuell überhitzten Bundesliga-Geschäftes.
Anfangs habe er in Frage gestellt, ob er den Preis wirklich annehmen soll, er sei schließlich "nicht aktiv tätig". Erst als ihm DFB-Präsident Bernd Neuendorf versichert hatte, vier weitere Projekte würden ausgezeichnet, habe er zugesagt, den Preis in Berlin anzunehmen. Zuletzt hatte er seiner Mannschaft Robert Habecks Rede zum Gaza-Konflikt vorgespielt, "weil da Dinge sortiert wurden". Auch dies sicherlich bemerkenswert. Auch in der Kabine des SC Freiburg, betonte Streich, gehe es "fast immer nur um Fußball, wir sind im Tunnel".
Der langjährige Jugendtrainer des SC Freiburg übernahm 2011 den Posten als Cheftrainer des Sportclubs, der in der Hinrunde lediglich drei von 17 Spielen gewonnen hatte. Am 32. Spieltag hatte er die Breisgauer zum Klassenverbleib in der Bundesliga geführt. Die Saison 2012/2013 schloss man mit dem fünften Platz ab, in den vergangenen beiden Jahren gelang mit dem sechsten und fünften Platz jeweils der Sprung nach Europa.
"Christian Streich einer der besten Regisseure"
Der Schauspieler Matthias Brandt, bekannt durch seine Rolle als Polizeiruf-Kommissar und zuletzt im Kinofilm "Roter Himmel" zu sehen, übernahm die Laudatio. Streich, so Brandt, sei "ein großer Fußballtrainer, ein Förderer und Pädagoge mit einer ungebrochenen Neugier am Menschen". Vieles mache Streich besonders im Fußballgeschäft, dazu gehöre auch seine Fähigkeit, ein Ensemble zusammenstellen, bei dem eins und eins immer mehr als zwei ergebe. "Unter allen, die mir begegnet sind, ist Christian Streich einer der besten Regisseure." Streichs Stärke sei auch, "dass Offenlegen der Bruchstellen, denn in den Bruchstellen liegt die Kreativität". Brandt: "Christian Streich ist ausdrücklich nicht das gute Gewissen des Fußballs."
Der Preis wird seit 2005 verliehen und ist benannt nach dem deutsch-jüdischen Nationalspieler Julius "Juller" Hirsch, der im Frühjahr 1943 in Auschwitz ermordet wurde. In diesem Spätherbst stand der Preis ganz im Zeichen der Terrorattacke durch die Hamas, der DFB-Präsident sprach von einer "schrecklichen Aktualität" und sagte weiter: "Dass auf unseren Straßen Terror verherrlicht und das Existenzrecht Israels in Frage gestellt wird, finde ich schon beschämend."
Nancy Faeser urteilte: "Der 7. Oktober ist eine Zäsur". Die Bundesministerin des Innern, in deren Zuständigkeit damit auch der Sport fällt, betonte: "Es ist ein Kernanliegen dieser Bundesregierung, den Antisemitismus zu bekämpfen." Der jüdische Sportverband Makkabi Deutschland erhielt für sein Projekt "Zusammen1" ebenfalls den Julius Hirsch Preis (3. Platz).
"Wir müssen alle lauter werden"
Makkabis Präsident Alon Meyer berichtete den 250 geladenen Gästen im großen Saal der Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom, dass er diese Tage wie in Trance erlebe. Meyers Bruder war vor 20 Jahren nach Israel ausgewandert, dessen Kinder dienten im Militär. "Ich bin gedanklich in Israel", sagte Meyer und forderte, angesichts stark angestiegener Angriffe auf Menschen jüdischen Glaubens, eine klare Haltung. "Wir müssen alle lauter werden, denn das sind keine Muslime, das sind Fundamendalisten."
Ebenfalls ausgezeichnet wurden der Chemnitzer Stadtteilverein Athletic Sonnenberg und der auch in Chemnitz ansässige gemeinnützige Verein ASA-FF, die sich den ersten Preis teilten. Auf dem zweiten Platz landete der Frankfurter Traditionsklub SG Bornheim 1945 e.V. Grün-Weiss.
Kategorien: Julius Hirsch Preis, Vielfalt und Anti-Diskriminierung, Über uns
Autor: th
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