Der 1. FC Magdeburg und das "gute Los"

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Magdeburgs Trainer Andreas Petersen (53) beschäftigt sich zurzeit mit ziemlich vielen Dingen. Den Übungseinheiten seiner Mannschaft, der weiteren Integration der neuen Spieler, der Vorbereitung auf die kommende Saison in der Regionalliga Nordost, natürlich auch der Vorbreitung auf die erste Runde im DFB-Pokal - dem Spiel gegen Energie Cottbus am Samstag. Mit einem beschäftigt er sich nicht: dem Ausscheiden.

"Wenn wir nicht an uns glauben würden, müssten wir doch gar nicht antreten", sagt er. In einer Selbstbeschreibung hat er sich als "positiv verrückt" charakterisiert, an Teil eins dieses Urteils kann kaum ein Zweifel bestehen. Dennoch: Petersen ist kein Phantast, im Gegenteil, er ist Realist.

Deswegen sagt er auch, dass die Chance gegen Cottbus "minimal" sei, aber, und darauf legt er Wert, vorhanden sei sie gleichwohl. Von zehn Ligaspielen gegen den Zweitligisten würde der Regionalligist zehn Spiele verlieren, sagt Petersen. Doch richtig ist auch: "Wir spielen nur ein Spiel, und das nicht in der Liga, sondern im DFB-Pokal."

Petersen überlebt schweren Verkehrsunfall

In einer sportbegeisterten Stadt wie Magdeburg scheint ein positiv verrückter Trainer wie Petersen gut aufgehoben. Seit Sommer 2012 arbeitet er hier, und bevor er so richtig angekommen war, war er beinahe schon wieder weg. Ganz weg. Am 22. September des vergangenen Jahres hielt er mit seinem Auto auf der Landstraße, um einen Rettungswagen passieren zu lassen. Wenig später wurde er von einem 40-Tonner erfasst, 70 Meter weit wurde Petersen mit seinem Auto die Straße entlang geschoben, bis sein Auto nicht viel mehr als ein Blechhaufen war.

Der Trainer überlebte, ein Wunder - beinahe unverletzt, ein noch größeres Wunder. "Diese Erfahrung hat mich geprägt", sagt er. Noch mehr als zuvor genießt er sein Leben, noch mehr als zuvor ist er dankbar für alles, was er erleben darf. "Ich kann im Fußball arbeiten, das ist etwas Wunderbares", sagt er.

Mit "Drei-Stufen-Plan" nach oben

Das Wunder hat noch etwas anders bewirkt: Petersen ist entspannter geworden, er sieht die Dinge weniger verbissen. Dennoch gelingt ihm der Spagat, seine sportlichen Ziele mit großer Vehemenz zu verfolgen. Angetreten ist Petersen in Magdeburg mit einem Drei-Stufen-Plan. Erst konsolidieren, dann stabilisieren und schließlich: nach oben orientieren. Auf Platz 18 in der Saison 2011/2012 hat er die Mannschaft übernommen und in seinem ersten Jahr auf Rang sechs und zum Sieg im Landespokal geführt.

In seinem zweiten Jahr steht die Stabilisierung an. Wieder Platz sechs wäre schön, besser wäre besser. Aber Petersen warnt vor übertriebener Euphorie. "Es gibt viele Beispiele dafür, dass es nicht gesund ist, wenn Mannschaften zu schnell zu große Erfolge feiern", sagt er. "Mir ist es lieber, wenn sich meine Spieler Schritt für Schritt entwickeln."

Dazu gehört auch, mit der Sonderstellung des Klubs zurechtzukommen. Seit 2006 hat der 1. FC Magdeburg mit der "MDCC-Arena" ein modernes und reines Fußballstadion, die Infrastruktur des Vereins erfüllt in vielen Bereichen Profibedingungen, die Fans in fast allen. Zu den Spielen in der Regionalliga kamen in der vergangenen Saison im Schnitt 5.203 Zuschauer, selbst auswärts sind Gästeanhänger häufig in der Überzahl. Hinzu kommen Vergangenheit und Tradition des Vereins. Als es noch zwei Deutschlands gab, hat der 1. FCM sieben Mal den Pokal gewonnen, im Jahr 1974 sogar den Europapokal der Pokalssieger. Lange her – noch immer präsent.

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"Der 1. FC Magdeburg ist ein sehr spezieller Verein"

Dies alles ergibt in Summe einen außergewöhnlichen Regionalligisten. "Der 1. FC Magdeburg ist ein sehr spezieller Verein", sagt Petersen. Seine Spieler müssen lernen, damit umzugehen, und auch damit, dass andere Teams gegen Magdeburg immer besonders motiviert sind. "Das ist ein Prozess", sagt Petersen, er sieht seine Spieler dabei auf einem guten Weg. Mit dem, was er von seinen Spielern in der Vorbereitung gesehen hat, ist er sehr zufrieden.

Wobei Petersen diese Eindrücke nicht überbewerten will. "Ich habe noch keine Vorbereitung erlebt, in der die Spieler nicht mitgezogen hätten", sagt er. "Alle wollen sich aufdrängen, jeder zeigen, dass er in die Mannschaft gehört." Für sich und seine Spieler kann er aber sagen, dass es ist, wie es sein muss: "Alle sind voll motiviert. Wir freuen uns sehr auf die neue Saison."

"Ein sehr gutes Los wäre ein Bundesligist gewesen"

Jetzt also der Pokal, jetzt also Cottbus. "Das ist ein gutes Los", sagt Petersen, schränkt aber ein: "Ein sehr gutes Los wäre ein Bundesligist gewesen." Ein gutes Los ist Energie für Petersen auch, weil er von allen im Pokal vertretenen Teams keines besser kennt als Cottbus. "Das stimmt", sagt er, "die Vorbereitung auf Cottbus ist für mich leichter als die auf andere Teams."

Wie im Schlaf kann er Namen und taktische Formation des Gegners hinunterbeten, Petersen hat seine Hausaufgaben gemacht. Mehrfach hat er Energie beobachtet und dabei festgestellt, was er schon vorher wusste. "Energie ist eine absolute Top-Mannschaft der 2. Bundesliga. Ich traue dem Team zu, dass es oben mitspielen und vielleicht sogar aufsteigen kann."

Die Petersens und die Cottbuser Vergangenheit

Und das ganz ohne Hilfe der Familie Petersen. Des Trainers Nähe zum Gegner hat auch einen familieninternen Grund. Sein Sohn Nils hat von 2009 bis 2011 in Cottbus gespielt, ehe er auszog, sein Glück zunächst beim FC Bayern in München und aktuell bei Werder Bremen zu suchen. Natürlich hat er sich mit Nils zuletzt vermehrt über Cottbus unterhalten. Der Filius hat immer noch regen Kontakt in die Lausitz, viele vorübergehende Mitspieler wurden bleibende Freunde. Etwa Julian Börner, Marc-Andre Kruska, Alexander Bittroff und Markus Brzenska.

"Die werden euch abwatschen", hat Nils Petersen zu seinem Papa gesagt, der weiß aber ganz genau, dass sich sein Sohn wünscht, dass es anders kommen möge. Und er ahnt, dass Nils ähnliches nur umgekehrt sagen wird, wenn er mit seine Cottbusser Freunden über das Spiel flachst.

Petersen Senior ist heute mehr denn je froh, dass sein Sohn die Lausitz vor zwei Jahren verlassen hat. Als Vater gegen seinen Sohn antreten zu müssen, wäre für ihn nicht einfach gewesen. "Diese Konstellation wäre sehr eigenartig gewesen", sagt Petersen. Konjunktiv, wobei, ganz ausgestanden ist die Gefahr für die Saison 2013/2014 schließlich noch nicht. Vielleicht ergibt sie sich im weiteren Verlauf des Pokal-Wettbewerbs. Cottbus muss für Magdeburg schließlich nicht Endstation sein. "Wir haben nur eine kleine Chance", sagt der Trainer, "aber die wollen wir nutzen."

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Magdeburgs Trainer Andreas Petersen (53) beschäftigt sich zurzeit mit ziemlich vielen Dingen. Den Übungseinheiten seiner Mannschaft, der weiteren Integration der neuen Spieler, der Vorbereitung auf die kommende Saison in der Regionalliga Nordost, natürlich auch der Vorbreitung auf die erste Runde im DFB-Pokal - dem Spiel gegen Energie Cottbus am Samstag. Mit einem beschäftigt er sich nicht: dem Ausscheiden.

"Wenn wir nicht an uns glauben würden, müssten wir doch gar nicht antreten", sagt er. In einer Selbstbeschreibung hat er sich als "positiv verrückt" charakterisiert, an Teil eins dieses Urteils kann kaum ein Zweifel bestehen. Dennoch: Petersen ist kein Phantast, im Gegenteil, er ist Realist.

Deswegen sagt er auch, dass die Chance gegen Cottbus "minimal" sei, aber, und darauf legt er Wert, vorhanden sei sie gleichwohl. Von zehn Ligaspielen gegen den Zweitligisten würde der Regionalligist zehn Spiele verlieren, sagt Petersen. Doch richtig ist auch: "Wir spielen nur ein Spiel, und das nicht in der Liga, sondern im DFB-Pokal."

Petersen überlebt schweren Verkehrsunfall

In einer sportbegeisterten Stadt wie Magdeburg scheint ein positiv verrückter Trainer wie Petersen gut aufgehoben. Seit Sommer 2012 arbeitet er hier, und bevor er so richtig angekommen war, war er beinahe schon wieder weg. Ganz weg. Am 22. September des vergangenen Jahres hielt er mit seinem Auto auf der Landstraße, um einen Rettungswagen passieren zu lassen. Wenig später wurde er von einem 40-Tonner erfasst, 70 Meter weit wurde Petersen mit seinem Auto die Straße entlang geschoben, bis sein Auto nicht viel mehr als ein Blechhaufen war.

Der Trainer überlebte, ein Wunder - beinahe unverletzt, ein noch größeres Wunder. "Diese Erfahrung hat mich geprägt", sagt er. Noch mehr als zuvor genießt er sein Leben, noch mehr als zuvor ist er dankbar für alles, was er erleben darf. "Ich kann im Fußball arbeiten, das ist etwas Wunderbares", sagt er.

Mit "Drei-Stufen-Plan" nach oben

Das Wunder hat noch etwas anders bewirkt: Petersen ist entspannter geworden, er sieht die Dinge weniger verbissen. Dennoch gelingt ihm der Spagat, seine sportlichen Ziele mit großer Vehemenz zu verfolgen. Angetreten ist Petersen in Magdeburg mit einem Drei-Stufen-Plan. Erst konsolidieren, dann stabilisieren und schließlich: nach oben orientieren. Auf Platz 18 in der Saison 2011/2012 hat er die Mannschaft übernommen und in seinem ersten Jahr auf Rang sechs und zum Sieg im Landespokal geführt.

In seinem zweiten Jahr steht die Stabilisierung an. Wieder Platz sechs wäre schön, besser wäre besser. Aber Petersen warnt vor übertriebener Euphorie. "Es gibt viele Beispiele dafür, dass es nicht gesund ist, wenn Mannschaften zu schnell zu große Erfolge feiern", sagt er. "Mir ist es lieber, wenn sich meine Spieler Schritt für Schritt entwickeln."

Dazu gehört auch, mit der Sonderstellung des Klubs zurechtzukommen. Seit 2006 hat der 1. FC Magdeburg mit der "MDCC-Arena" ein modernes und reines Fußballstadion, die Infrastruktur des Vereins erfüllt in vielen Bereichen Profibedingungen, die Fans in fast allen. Zu den Spielen in der Regionalliga kamen in der vergangenen Saison im Schnitt 5.203 Zuschauer, selbst auswärts sind Gästeanhänger häufig in der Überzahl. Hinzu kommen Vergangenheit und Tradition des Vereins. Als es noch zwei Deutschlands gab, hat der 1. FCM sieben Mal den Pokal gewonnen, im Jahr 1974 sogar den Europapokal der Pokalssieger. Lange her – noch immer präsent.

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"Der 1. FC Magdeburg ist ein sehr spezieller Verein"

Dies alles ergibt in Summe einen außergewöhnlichen Regionalligisten. "Der 1. FC Magdeburg ist ein sehr spezieller Verein", sagt Petersen. Seine Spieler müssen lernen, damit umzugehen, und auch damit, dass andere Teams gegen Magdeburg immer besonders motiviert sind. "Das ist ein Prozess", sagt Petersen, er sieht seine Spieler dabei auf einem guten Weg. Mit dem, was er von seinen Spielern in der Vorbereitung gesehen hat, ist er sehr zufrieden.

Wobei Petersen diese Eindrücke nicht überbewerten will. "Ich habe noch keine Vorbereitung erlebt, in der die Spieler nicht mitgezogen hätten", sagt er. "Alle wollen sich aufdrängen, jeder zeigen, dass er in die Mannschaft gehört." Für sich und seine Spieler kann er aber sagen, dass es ist, wie es sein muss: "Alle sind voll motiviert. Wir freuen uns sehr auf die neue Saison."

"Ein sehr gutes Los wäre ein Bundesligist gewesen"

Jetzt also der Pokal, jetzt also Cottbus. "Das ist ein gutes Los", sagt Petersen, schränkt aber ein: "Ein sehr gutes Los wäre ein Bundesligist gewesen." Ein gutes Los ist Energie für Petersen auch, weil er von allen im Pokal vertretenen Teams keines besser kennt als Cottbus. "Das stimmt", sagt er, "die Vorbereitung auf Cottbus ist für mich leichter als die auf andere Teams."

Wie im Schlaf kann er Namen und taktische Formation des Gegners hinunterbeten, Petersen hat seine Hausaufgaben gemacht. Mehrfach hat er Energie beobachtet und dabei festgestellt, was er schon vorher wusste. "Energie ist eine absolute Top-Mannschaft der 2. Bundesliga. Ich traue dem Team zu, dass es oben mitspielen und vielleicht sogar aufsteigen kann."

Die Petersens und die Cottbuser Vergangenheit

Und das ganz ohne Hilfe der Familie Petersen. Des Trainers Nähe zum Gegner hat auch einen familieninternen Grund. Sein Sohn Nils hat von 2009 bis 2011 in Cottbus gespielt, ehe er auszog, sein Glück zunächst beim FC Bayern in München und aktuell bei Werder Bremen zu suchen. Natürlich hat er sich mit Nils zuletzt vermehrt über Cottbus unterhalten. Der Filius hat immer noch regen Kontakt in die Lausitz, viele vorübergehende Mitspieler wurden bleibende Freunde. Etwa Julian Börner, Marc-Andre Kruska, Alexander Bittroff und Markus Brzenska.

"Die werden euch abwatschen", hat Nils Petersen zu seinem Papa gesagt, der weiß aber ganz genau, dass sich sein Sohn wünscht, dass es anders kommen möge. Und er ahnt, dass Nils ähnliches nur umgekehrt sagen wird, wenn er mit seine Cottbusser Freunden über das Spiel flachst.

Petersen Senior ist heute mehr denn je froh, dass sein Sohn die Lausitz vor zwei Jahren verlassen hat. Als Vater gegen seinen Sohn antreten zu müssen, wäre für ihn nicht einfach gewesen. "Diese Konstellation wäre sehr eigenartig gewesen", sagt Petersen. Konjunktiv, wobei, ganz ausgestanden ist die Gefahr für die Saison 2013/2014 schließlich noch nicht. Vielleicht ergibt sie sich im weiteren Verlauf des Pokal-Wettbewerbs. Cottbus muss für Magdeburg schließlich nicht Endstation sein. "Wir haben nur eine kleine Chance", sagt der Trainer, "aber die wollen wir nutzen."