Den Ausfällen trotzen: Ohne Retter ans Ziel

Nach dem Ausfall von Michael Ballack muss Bundestrainer Joachim Löw ohne seinen Kapitän ins Turnier gehen. Ein Verlust, ja. Aber noch lange kein Grund zur Resignation.

DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat in die Historie des deutschen Fußballs geschaut und festgestellt, dass der Ausfall wichtiger Spieler keinesfalls immer gleichbedeutend war mit einem enttäuschenden Abschneiden bei einem Turnier.

Das Wunder von Bern: Ohne Retter, mit Posipal

So war es schon 1954 beim ersten Weltmeistertitel. Sepp Herberger und Fritz Walter wurden ganz ohne Retter Weltmeister. Bei sämtlichen Qualifikationsspielen stand der gleichnamige Verteidiger des VfB Stuttgart in der Startformation, in Herbergers Planungen war Erich Retter eine konstante Größe.

Bis er sich in der 16. Minute des Vorbereitungsspiels in Basel gegen die Schweiz bei einem Zusammenprall mit Jacques Fatton am Meniskus verletzte und auf die WM verzichten musste.

Durch den Ausfall Retters musste Herberger die Abwehr umstellen, Jupp Posipal wurde erfolgreich zum Verteidiger umfunktioniert. Es hat der Mannschaft nicht geschadet – ohne Retter gelang das Wunder von Bern.

EM 1972: Overath und Vogts fehlen

Der nächste große Titel für Deutschland war ebenfalls von Verletzungen im Vorfeld begleitet. Bei der Europameisterschaft 1972 musste Bundestrainer Helmut Schön gleich auf zwei seiner besten Kräfte verzichten. Spielmacher Wolfgang Overath fehlte wegen den Folgen einer Leistenoperation, Berti Vogts musste aufgrund einer Meniskusoperation passen. Und was stand am Ende? Der Titelgewinn für eine Mannschaft, die später als „Jahrhundert-Elf“ in die Annalen eingehen sollte.



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Nach dem Ausfall von Michael Ballack muss Bundestrainer Joachim Löw ohne seinen Kapitän ins Turnier gehen. Ein Verlust, ja. Aber noch lange kein Grund zur Resignation.

DFB.de-Redakteur Steffen Lüdeke hat in die Historie des deutschen Fußballs geschaut und festgestellt, dass der Ausfall wichtiger Spieler keinesfalls immer gleichbedeutend war mit einem enttäuschenden Abschneiden bei einem Turnier.

Das Wunder von Bern: Ohne Retter, mit Posipal

So war es schon 1954 beim ersten Weltmeistertitel. Sepp Herberger und Fritz Walter wurden ganz ohne Retter Weltmeister. Bei sämtlichen Qualifikationsspielen stand der gleichnamige Verteidiger des VfB Stuttgart in der Startformation, in Herbergers Planungen war Erich Retter eine konstante Größe.

Bis er sich in der 16. Minute des Vorbereitungsspiels in Basel gegen die Schweiz bei einem Zusammenprall mit Jacques Fatton am Meniskus verletzte und auf die WM verzichten musste.

Durch den Ausfall Retters musste Herberger die Abwehr umstellen, Jupp Posipal wurde erfolgreich zum Verteidiger umfunktioniert. Es hat der Mannschaft nicht geschadet – ohne Retter gelang das Wunder von Bern.

EM 1972: Overath und Vogts fehlen

Der nächste große Titel für Deutschland war ebenfalls von Verletzungen im Vorfeld begleitet. Bei der Europameisterschaft 1972 musste Bundestrainer Helmut Schön gleich auf zwei seiner besten Kräfte verzichten. Spielmacher Wolfgang Overath fehlte wegen den Folgen einer Leistenoperation, Berti Vogts musste aufgrund einer Meniskusoperation passen. Und was stand am Ende? Der Titelgewinn für eine Mannschaft, die später als „Jahrhundert-Elf“ in die Annalen eingehen sollte.

Ohne Overath und Vogts, dafür mit Netzer und Höttges. Und mit Erfolg. Auch weil Schön es verstanden hatte, die prominenten Ausfälle im System aufzufangen. Der „Mann mit der Mütze“ stellte den Kader aus den dominierenden Mannschaften jener Epoche zusammen – dem FC Bayern und Borussia Mönchengladbach. „Das hat er schlau gemacht“, sagt Netzer im Rückblick. „Es war eine Blockbildung aus den beiden besten Teams, zwischen denen es keine Gräben oder Dissonanzen gab, nur eine gesunde Rivalität.“

Und so legte der Gladbacher Spielmacher dem Münchner Torjäger Gerd Müller bei dieser Endrunde gleich zwei Tore auf: „Der Gerd war für mich ein Partner wie im Verein der Jupp Heynckes.“ Gemeinsam also gegen das Pech ins Glück: Durch das 3:0 im Finale in Brüssel gegen die Sowjetunion wurde Deutschland zum ersten Mal Europameister.

EM 1980: Ohne Fischers Fallrückzieher zum Titel

Auch 1980 standen vor dem Triumph die Tränen eines Spielers, der im System des Trainers beinahe unverzichtbar schien. Vor dem Turnier in Italien ruhten die Hoffnungen im deutschen Sturm auf Klaus Fischer. Bis sich der Stürmer von Schalke 04 Ende März das Bein brach und auf die Europameisterschaft in Italien verzichten musste.

Damals zeigte sich einmal mehr, dass deutsche Mannschaften in der Lage sind, auf Rückschläge aller Art die richtige Antwort zu finden. Trainer Jupp Derwall reagierte auf die Verletzung von Fischer und setzte auf die Künste von Horst Hrubesch. Acht Wochen vor dem Turnier machte Derwall Hrubesch zum Nationalspieler und gab ihm damit die Chance, zum „Kopfball-Ungeheuer“ zu werden.

„Ich hätte gar nicht im Finale gestanden und die zwei Tore schießen können, wenn sich Klaus Fischer nicht im Vorfeld der EM das Bein gebrochen hätte“, sagte Hrubesch nach dem 2:1-Finaltriumph in Rom gegen Belgien.

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WM 2002: Große Personalnot

Die größte Misere hatte die Nationalmannschaft im Vorfeld der WM 2002 zu verkraften. Nach Abwehrchef Jens Nowotny am 30. April verletzte sich zwei Tage vor dem Abflug nach Japan mit Sebastian Deisler das damals größte Talent im deutschen Fußball.

Im Testspiel gegen Österreich kollidierte Deisler mit Rolf Landerl, ein Knorpelschaden im Knie und das WM-Aus waren die Folge. Zuvor hatte es schon Christian Wörns und Alexander Zickler erwischt. Bayern Münchens Mehmet Scholl sagte zudem mangels Fitness ab und noch am Tag vor dem Abflug tat es ihm der Dortmunder Jörg Heinrich gleich.

Als der Kader am 22. Mai mit dem Lufthansa-Flug 740 von Frankfurt am Main nach Miyazaki aufbrach, schrieb die Deutsche Presse-Agentur: „Das Traumziel Finale traut der deutschen Mannschaft nach einer von Verletzungen und vielfältigen Problemen geprägten Vorbereitung keiner ernsthaft zu.“

Kahn: "Fußball ist kein Einzelsport"

Doch einmal mehr sollten sich alle Pessimisten gewaltig irren. Im Gegensatz zu Teamchef Völler, der auch nach den Ausfällen von Scholl und Nowotny seinen Optimismus nicht verloren hatte. „Ich glaube fest an diese Mannschaft“, erklärte er unbeirrt. „Mit dem richtigen Teamgeist kann man sehr weit kommen.“ Bis ins Finale, wie sich wenig später zeigen sollte.

Oliver Kahn, damals zum besten Spieler des Turniers gewählt, ist auch deshalb sicher, dass die aktuelle Mannschaft in Südafrika trotz des Ausfalls ihres „Capitano“ zu ähnlichen Leistungen fähig ist. „Fußball ist kein Einzelsport“, sagt er, „die Vergangenheit zeigt, dass sich aus solch negativen Situationen häufig auch überraschend positive Entwicklungen ergeben haben.“