Dede: "Der schönste Tag meiner Karriere"

DFB.de: Der Beweis wurde dann ja auch eindrucksvoll geführt. Leverkusen verlor am 32. Spieltag sein Heimspiel gegen Bremen mit 1:2 und eine Woche darauf beim 1. FC Nürnberg. Am vorletzten Spieltag holte sich der BVB die Tabellenführung durch ein 4:3 beim Hamburger SV zurück.

Dede: Dieses Spiel war ein wahrer Krimi. Ingo Hertzsch vom HSV und Christian Wörns von uns flogen schon in der ersten Halbzeit vom Platz, es war eine sehr hektische Partie. Unser Trainer Matthias Sammer wurde auf die Tribüne geschickt. Und es war eines der besten Spiele, das Amoroso für uns gemacht hat: Er erzielte zwei Tore, bereitete einen weiteren Treffer für Rosicky vor. Danach gingen wir mit viel Selbstvertrauen ins letzte Spiel. Auch als wir gegen Bremen nach 17 Minuten in Rückstand gerieten - wir haben nicht gezittert und immer an uns geglaubt. Dann erzielte Koller kurz vor der Pause das 1:1, der Rest ist Geschichte. Am Tag danach sind wir auf dem Laster um den Borsigplatz gefahren, da waren hunderttausend Menschen in der Stadt unterwegs. All diese freudigen Gesichter werde ich niemals vergessen.

DFB.de: Haben Sie heute noch Kontakt zu den Mitspielern von damals?

Dede: Leider nicht so oft, die Mannschaft brach in den Jahren danach auseinander: Lehmann und Rosicky wechselten zu Arsenal, Ewerthon ging nach Spanien, Reuter und Kohler beendeten ihre Karrieren. Der BVB geriet in die Finanzkrise, vieles änderte sich. Aber ich hoffe, dass ich viele von ihnen schon bald wiedersehen werde: bei meinem Abschiedsspiel in Dortmund am 5. September.

DFB.de: Sie galten damals als der Häuptling der vier Brasilianer beim BVB.

Dede: Eher der Außenminister. Ich war am längsten da, kannte mich in Dortmund am besten aus. Da habe ich mich um meine Landsleute gekümmert. Ich habe bei Einkäufen und Behördengängen geholfen. Manchmal wurde ich nachts angerufen, wenn bei einem der Fernseher nicht mehr ging. Ich habe auch sehr viel übersetzt. Das war nicht immer leicht. Wenn beispielsweise Matthias Sammer zu mir kam und sagte, dass ich Amoroso oder Ewerthon erklären solle, warum sie nicht spielen. Aber wir hatten trotzdem eine tolle Zeit: Wir haben uns auch oft mit den Leverkusener Brasilianern wie Zé Roberto und Lucio getroffen. Das sind alles sehr schöne Erinnerungen, darüber könnte man ein Buch schreiben.

Leonardo de Deus Santos, genannt Dede, spielte von 1998 bis 2011 für den BVB und erzielte in 322 Bundesligapartien zwölf Tore. Kein Ausländer hat mehr Spiele für den BVB bestritten als der bis heute überaus populäre Brasilianer.

[om]


Besondere Begegnungen, besondere Zeitzeugen. Auf DFB.de erinnern sich prägende Figuren der Bundesliga an ganz spezielle Duelle, passend zu dem aktuellen Spieltag. Heute: Leonardo de Deus Santos, genannt Dede, der 2002 im letzten Spiel gegen Bremen mit Borussia Dortmund die Meisterschaft holte. Am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) gibt's diese Paarung wieder - diesmal geht es um die Qualifikation für die Europa League.

DFB.de: Dede, am Samstag spielt Borussia Dortmund am letzten Bundesligaspieltag gegen Werder Bremen, genau wie vor 13 Jahren. Damals haben Sie sich mit dem BVB durch einen 2:1-Heimsieg am letzten Spieltag die Deutsche Meisterschaft gesichert. Welche Erinnerungen haben Sie an diesen Tag?

Dede: Es war der schönste Tag in meiner Spielerkarriere, der absolute Höhepunkt. Ich bin 1998 nach Dortmund gekommen, der BVB hatte 1995 und 1996 die Meisterschaft gewonnen, 1997 die Champions League. Als ich kam, befand sich die Mannschaft im Umbruch, es war klar, dass es ein wenig dauern wird, bis wir wieder um einen großen Titel mitspielen können. Doch in der Saison 2001/2002 hatten wir wieder ein tolles Team zusammen. Wir waren durchgehend stark besetzt: Jens Lehmann im Tor, erfahrene Abwehrspieler wie Stefan Reuter und Jürgen Kohler, ein junges Innenverteidigertalent namens Christoph Metzelder, ein exzellentes Mittelfeld mit Sebastian Kehl, Micky Stevic und einem überragenden Tomas Rosicky. Besonders im Angriff hatten wir großes Potenzial: Marcio Amoroso war ein richtiger Torjäger, Jan Koller war allein schon aufgrund seiner Größe ein sehr spezieller Spieler und Ewerthon war pfeilschnell.

DFB.de: Ewerthon war es dann, der den BVB mit seinem Tor zum 2:1 zum Titel geschossen hat - nach Ihrer Vorlage, übrigens.

Dede: Ja, Ewerthon war gerade eine Minute zuvor eingewechselt worden. In diesem Augenblick ist das Stadion explodiert, da gab es kein Halten mehr. Die Freude war umso größer, weil das Saisonfinale an Dramatik kaum zu überbieten war. Vor dem drittletzten Spieltag hatten wir fünf Punkte Rückstand - es sah so aus, als ob Bayer Leverkusen locker durchmarschieren würde. Bayer hatte ebenfalls ein starkes Team, sie standen ja auch im Champions-League-Finale und im Endspiel um den DFB-Pokal. Ich erinnere mich, dass ich von Journalisten gefragt wurde, ob ich den Leverkusenern nicht schon zur Meisterschaft gratuliere wolle. Ich habe geantwortet: "Nein, warum? Im Fußball ist immer alles möglich."

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DFB.de: Der Beweis wurde dann ja auch eindrucksvoll geführt. Leverkusen verlor am 32. Spieltag sein Heimspiel gegen Bremen mit 1:2 und eine Woche darauf beim 1. FC Nürnberg. Am vorletzten Spieltag holte sich der BVB die Tabellenführung durch ein 4:3 beim Hamburger SV zurück.

Dede: Dieses Spiel war ein wahrer Krimi. Ingo Hertzsch vom HSV und Christian Wörns von uns flogen schon in der ersten Halbzeit vom Platz, es war eine sehr hektische Partie. Unser Trainer Matthias Sammer wurde auf die Tribüne geschickt. Und es war eines der besten Spiele, das Amoroso für uns gemacht hat: Er erzielte zwei Tore, bereitete einen weiteren Treffer für Rosicky vor. Danach gingen wir mit viel Selbstvertrauen ins letzte Spiel. Auch als wir gegen Bremen nach 17 Minuten in Rückstand gerieten - wir haben nicht gezittert und immer an uns geglaubt. Dann erzielte Koller kurz vor der Pause das 1:1, der Rest ist Geschichte. Am Tag danach sind wir auf dem Laster um den Borsigplatz gefahren, da waren hunderttausend Menschen in der Stadt unterwegs. All diese freudigen Gesichter werde ich niemals vergessen.

DFB.de: Haben Sie heute noch Kontakt zu den Mitspielern von damals?

Dede: Leider nicht so oft, die Mannschaft brach in den Jahren danach auseinander: Lehmann und Rosicky wechselten zu Arsenal, Ewerthon ging nach Spanien, Reuter und Kohler beendeten ihre Karrieren. Der BVB geriet in die Finanzkrise, vieles änderte sich. Aber ich hoffe, dass ich viele von ihnen schon bald wiedersehen werde: bei meinem Abschiedsspiel in Dortmund am 5. September.

DFB.de: Sie galten damals als der Häuptling der vier Brasilianer beim BVB.

Dede: Eher der Außenminister. Ich war am längsten da, kannte mich in Dortmund am besten aus. Da habe ich mich um meine Landsleute gekümmert. Ich habe bei Einkäufen und Behördengängen geholfen. Manchmal wurde ich nachts angerufen, wenn bei einem der Fernseher nicht mehr ging. Ich habe auch sehr viel übersetzt. Das war nicht immer leicht. Wenn beispielsweise Matthias Sammer zu mir kam und sagte, dass ich Amoroso oder Ewerthon erklären solle, warum sie nicht spielen. Aber wir hatten trotzdem eine tolle Zeit: Wir haben uns auch oft mit den Leverkusener Brasilianern wie Zé Roberto und Lucio getroffen. Das sind alles sehr schöne Erinnerungen, darüber könnte man ein Buch schreiben.

Leonardo de Deus Santos, genannt Dede, spielte von 1998 bis 2011 für den BVB und erzielte in 322 Bundesligapartien zwölf Tore. Kein Ausländer hat mehr Spiele für den BVB bestritten als der bis heute überaus populäre Brasilianer.