Das holprige Debüt des Manuel Neuer

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Der Historiker und Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau auf DFB.de.

31. Oktober

Vor 90 Jahren tritt die Nationalmannschaft erstmals mit einem Trainer an. Dr. Otto Nerz sitzt beim 3:2 in Amsterdam gegen die Niederlande auf der deutschen Bank. In den ersten 58 Länderspielen war die Elf ohne Trainer ausgekommen, für die Zusammenstellung der Mannschaft zeichnet auch weiterhin der Spielausschuss des DFB verantwortlich. Nerz aber hat Mitspracherecht und kümmert sich um die Fitness der Spieler. In Amsterdam macht sich das bezahlt, nach frühem Rückstand drehen sie das Spiel und führen bis zur 85. Minute durch Treffer von Ludwig Wieder und Tull Harder (zwei) mit 3:1, ehe Wim Tap mit seinem zweiten Tor für den Endstand sorgt. In einer Chronik ist zu lesen: "40000 Zuschauer von nah und fern hatten eine solche Überfüllung gebracht, daß es in Amsterdam keine Badewanne, geschweige denn ein Zimmer zum Übernachten gab. Eine besondere Rolle spielte diesmal Stuhlfauth, der zwar nicht im Tor stand, aber in der zweiten Halbzeit als deutscher Linienrichter auf ungewohntem Posten zu internationalen Ehren kam." (Aus: Lutz Koch. Hinein. Deutschlands Nationalelf in 135 Fußball-Schlachten. Berlin 1937.)

Vor zehn Jahren erreicht Bayern München schon zwei Vorrundenspiele vor Schluss das Achtelfinale der Champions League, doch für das 0:0 im Heimspiel gegen Sporting Lissabon erntet die Magath-Elf mehr Pfiffe als Beifall. Dagegen kehrt Werder Bremen hochgestimmt aus Sofia zurück, wo man schon zur Pause bei Levski 3:0 führt. Es bleibt bei den Treffern von Frank Baumann, Torsten Frings und einem Eigentor und der Aussicht, in einer Gruppe mit dem FC Barcelona und Chelsea, die sich 2:2 trennen, weiterzukommen.

1. November

Vor 80 Jahren ist Worms das Non-Plus-Ultra des Südwestens. Mit einem 5:2 bei Sportfreunde Saarbrücken verteidigt die Wormatia die Tabellenführung der Gauliga Südwest, in der außerdem nur Kickers Offenbach (2:2 gegen FSV Frankfurt) ungeschlagen ist. In Bayern schlägt die Spielvereinigung Fürth den FC Bayern mit 2:1, das 1:0 durch Ludwig Janda fällt bereits in der 1. Minute. Für mehr Aufsehen sorgt das 4:0 des BC Augsburg gegen den 1. FC Nürnberg, dem der Fußball "eines der katastrophalsten Resultate seiner Geschichte" attestiert. Zumindest bitter ist auch das 3:4 des VfB Stuttgart bei Union Böckingen, es sind die ersten Minuspunkte für den Primus in Württemberg.

Im Norden kassiert der HSV nach zuvor acht Siegen gar eine 0:3-Niederlage bei Holstein Kiel, bleibt dennoch Erster. Ebenso wie Fortuna Düsseldorf im Niederrhein-Gau nach dem 2:2 gegen den VfL Benrath, den Zuschauern wird "eines der schönsten Fußballspiele, das in den letzten Jahren in Düsseldorf gespielt wurde", geboten. Mann des Tages ist Benraths Otto Hoffmann, der sein Eigentor zum 2:1 kurz vor Schluss mit dem 2:2 wettmacht.

Ein kleines Fußballwunder vollbringt Werder Bremen, das nach 80 Minuten im Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig 0:2 zurückzieht und dann auch noch seinen verletzten Torwart verliert. Je aussichtsloser die Lage, desto mutiger geht Werder zu Werke – und gewinnt noch mit 3:2, zwei Tore erzielt Robert Mahlstedt. In Westfalen deklassiert Borussia Dortmund den TuS Bochum mit 10:2.

Vor 30 Jahren scheint ein neuer Stern am Bundesliga-Himmel. Der weithin unbekannte und blitzschnelle Leverkusener Christian Hausmann, für 25.000 D-Mark von den Reinickendorfer Füchsen verpflichtet, sorgt ganz wesentlich dafür, dass Bayern München seine erste Saisonniederlage 1986/1987 erleidet. Leverkusen gewinnt in München 3:0. Sein Tor zum 2:0 in der 79. Minute krönt eine wahre Glanzleistung, und selbst Uli Hoeneß schwärmt: "Ich habe lange keinen Spieler wie den Mann mit der 10 gesehen. Ich überlege mir, ob wir statt Maradona nicht lieber den Hausmann kaufen sollten." Leverkusen übernimmt nun die Tabellenführung, bleibt aber Meister der Defensive. "Wir fühlen uns nicht als Verfolger Nummer eins. Die Meisterschaft ist für uns kein Thema", sagt Trainer Erich Ribbeck. Der HSV ist ja auch noch da und springt nach dem 4:2 gegen Dortmund auf Platz zwei im Trio der Punktgleichen. Den höchsten Tagessieg melden gleich zwei Mannschaften: Kaiserslautern (gegen Schalke) und Werder Bremen (gegen Uerdingen) schaffen jeweils ein 5:1 – und FCK-Stürmer Frank Hartmann ein besonderes Kunststück: Er schießt alle fünf Tore, und das gegen seinen Ex-Klub, dessen Fans ihn noch mit einem "Verräter"-Plakat provozieren. Hartmann treibt das zu Höchstleistungen, nie zuvor hat ein FCK-Stürmer fünf Bundesliga-Tore in einem Spiel geschossen. Weil auch nie mehr Zuschauer am Betzenberg waren als an diesem Tag – 36.832 werden gezählt –, erhöht der Vorstand die Siegprämie auf 5000 D-Mark. "Heute war Weihnachten", sagt FCK-Schatzmeister Dieter Lurkschat. Überhaupt sind die Schatzmeister der Liga zufrieden, 203.000 Zuschauer und eine Stadionauslastung von 42 Prozent sind viel anno 1986. "Trotz Sauwetter: Zuschauer in Massen", schreibt der Kicker.

Vor 25 Jahren spielt Tabellenführer Eintracht Frankfurt "Fußball des Jahres 2000". In Duisburg gewinnt die Elf von Dragoslav Stepanovic an einem Freitagabend 6:3. Torwart Uli Stein tönt: "Wir können uns nur selber schlagen." Die Liga beneidet die Eintracht um ihr Offensivpotenzial. Die Stürmer Tony Yeboah und Jörn Andersen stehen ebenso auf der Anzeigetafel wie die torgefährlichen Mittelfeldspieler Andy Möller, Uwe Bein und Lothar Sippel. Stepanovic kann sogar auf Axel Kruse verzichten, der nach Widerworten im Training ("Der Stepi kann mich kreuzweise") nicht mit nach Duisburg darf.

Meister 1. FC Kaiserslautern überzeugt beim 2:0 in Bremen und hat noch zwei Punkte Rückstand. Erstmals seit dem Aufstieg 1981 fordern die Werder-Fans den Rauswurf von Otto Rehhagel. Dicke Luft auch beim Rekordmeister, selbst in Wattenscheid reicht es für den FC Bayern nur zu einem 0:0. "Damit sind wir noch gut bedient", schimpft der neue Vizepräsident Franz Beckenbauer. In der Tabelle finden sich die Bayern auf Platz 14 wieder.

Vor 20 Jahren hat das Münchner Derby in der Bundesliga keinen Sieger (1:1), wohl aber einen Verlierer. Lothar Matthäus verschießt beim Stand von 1:1 einen allerdings sehr umstrittenen Elfmeter, den Bernd Meier im Tor von 1860 pariert. Sehr zur Erleichterung von Jens Jeremies, der die Löwen durch seinen Platzverweis dezimiert hat. Bayern gibt alle Trümpfe aus der Hand, Franz Beckenbauer zürnt: "Wenn man da nicht in der Lage ist zu gewinnen, hat man es auch nicht verdient." Und doch werden die Bayern an jenem Freitagabend mit der Tabellenführung belohnt. Aufsteiger VfL Bochum schlägt Hansa Rostock mit 1:0 und ist stolzer Fünfter.

Vor zehn Jahren verspielt der HSV seine letzte Chance auf das Achtelfinale der Champions League, das 1:3 im Heimspiel gegen den FC Porto ist die vierte Pleite im vierten Vorrundenspiel. Das einzige Tor glückt Rafael van der Vaart, mit dem Kopf.

2. November

Vor 75 Jahren steigt in Berlin das Pokalfinale zwischen dem Dresdner SC und Schalke 04. Beide Mannschaften sind öfter hier, auch das Finale um die Deutsche Meisterschaft wird bis Kriegsende regelmäßig im Olympiastadion ausgetragen – und erst 1940 ist diese Paarung das deutsche Endspiel. Schalke gewinnt seinerzeit 1:0, nun sinnt der DSC auf Revanche in dem Wettbewerb, den er bereits im Vorjahr an selber Stätte gewonnen hat. Kurzum: ein Traumfinale zweier der 1941 populärsten deutschen Mannschaften.

65.000 Zuschauer sind am ersten Novembersonntag des dritten Kriegsjahres gekommen und erfahren beste Abwechslung vom zunehmend trüben Alltag. Sie sehen spannende 90 Minuten. Der DSC geht durch Heinrich Kugler in Führung (8.), und den vermeintlichen Ausgleich durch Schalkes neuen Linksaußen Karl Barufka, der überraschend für Ernst Kalwitzki nominiert worden ist, pfeift der Schiedsrichter reichlich spät ab – Abseits! So muss der große Ernst Kuzorra persönlich für das 1:1 (51.) sorgen. Doch die Freude währt nur zwei Minuten, dann stellt Gustav Carstens die erneute DSC-Führung her. Dabei bleibt es, und so ist ein Mann, der ausnahmsweise unter den Torschützen fehlt, der glücklichste unter den Siegern: Rekordschütze Richard Hofmann beendet 36-jährig seine Karriere mit dem Pokalsieg und frohlockt: "Das schönste Abschiedsgeschenk, das ich mir vorstellen kann." Und sein Klub schreibt Geschichte als erster Pokalsieger, der seinen Titel erfolgreich verteidigt. Stars der Elf von Trainer Georg Köhler sind Torwart Willibald Kreß, Richard Hofmann und Nationalstürmer Helmut Schön. Am selben Tag steigt im Bayern-Gau das Münchner Derby, das die Löwen gegen die Bayern mit 3:1 gewinnen.

Vor 25 Jahren ziehen die Frankfurt-Verfolger am 16. Spieltag 1991/1992 nach. Der VfB Stuttgart gewinnt das Derby gegen die Kickers 3:1 und ist die neue Nummer zwei der Liga. Für die Überraschung des Tages sorgt der 1. FC Nürnberg, der beim Zweiten Bayer Leverkusen 1:0 gewinnt. Wieder trifft der 18 Jahre alte Joker Christian Wück, es ist sein viertes Tor. Das ZDF-Sportstudio will das Wunderkind einladen, er sagt höflich ab: "Das kommt alles so schnell." Auch dank seiner Tore sind die Franken schon Sechster und die Nummer eins in Bayern. Der 1. FC Köln verfällt nach zwei Siegen in alte Verhaltensmuster und trennt sich von Hansa Rostock 1:1 – es ist das zwölfte Unentschieden im 16. Spiel und ein absolutes Bundesliga-Novum. Ganz leer geht der HSV in Karlsruhe aus, nach der 1:4-Pleite schimpft Präsident Jürgen Hunke: "Das war schon sensationell schlecht, sechs unserer Spieler hätte man zur Halbzeit auswechseln können." Schon nach vier Minuten hat KSC-Spieler Rainer Schütterle für ein 2:0 gesorgt, einen Hattrick verhindert nur sein Nervenkostüm: mit einem Elfmeter scheitert er an Richard Golz. Trainer Winfried Schäfer schwärmt mehr über den Schützen des 4:1, Mehmet Scholl: "Ein Talent von dieser Klasse habe ich noch nicht erlebt."

In der 2. Liga debütiert am selben Tag der französische Ex-Nationalspieler Didier Six im Dress des VfB Leipzig, der in Homburg 1:4 verliert. Der Kicker lästert: "Das Tempo des Franzosen glich dem eines Altherren-Fußballers." Die eigentliche Sensation ist der Spielverlauf: nach Rückstand und Platzverweis gegen Torwart Hansi Gundelach schießen zehn Homburger noch vier Tore gegen die Sachsen.

Vor zwanzig Jahren stürzt der kleine FC St. Pauli Bundesliga-Tabellenführer VfB Stuttgart. Das Team von Uli Maslo schlägt die Schwaben mit 2:1, beide Tore erzielt Christian Springer. Lob wehrt er bescheiden ab: "Bei St. Pauli gibt’s keine Matchwinner." Bei Borussia Dortmund schon, erst recht beim Revierderby. Stephané Chapuisat wird auf Schalke beim Stand von 1:1 eingewechselt und sorgt für einen 3:1-Sieg des Meisters in einem rustikal geführten Derby. Für Schalkes Jiri Nemec ist es nach 36 Minuten zu Ende – Tätlichkeit gegen Heiko Herrlich, Rote Karte! Schalkes Trainer Huub Stevens legt sich bei seinem ersten Derby gleich mal mit Kollege Ottmar Hitzfeld an, der den Platzverweis gefordert habe.

Wesentlich unspektakulärer endet das Nordderby zwischen Werder und dem HSV, nach dem 0:0 fordern die Werder-Fans die Entlassung von Trainer Dixie Dörner, während HSV-Präsident Uwe Seeler Stürmer Karsten Bäron anpiekst: "Ein Tor hätte er heute machen müssen." Freiburgs Uwe Wassmer wirft man derartiges nicht vor, er trifft beim 4:1 in Duisburg dreimal – nach seiner Einwechslung in der 30. Minute. "Ich musste die Tore machen, ich hatte so viel Platz", sagt er lapidar zur Presse. Die Verlierer sagen gar nichts, Trainer Friedhelm Funkel verhängt einen Maulkorb beim Vorletzten. Deutliche Worte dagegen bei Nachbar Borussia Mönchengladbach, der trotz 65minütiger Überzahl in Leverkusen 0:3 verliert. Die Spieler müssen jetzt Druck kriegen, Druck und nochmal Druck", fordert Manager Rolf Rüssmann.

Vor zehn Jahren holt Eintracht Frankfurt in der Europa League einen Punkt bei Celta de Vigo (1:1), das einzige Tor erzielt Debütant Alexander Huber. Alexander Meier wird vom Feld gestellt (Gelb-Rot).

3. November

Vor 70 Jahren findet der 6. Spieltag der Oberliga Süd statt. Es ist kein guter Tag für Favoriten. Tabellenführer 1. FC Nürnberg muss beim VfR Mannheim nach Führung seine erste Saisonniederlage (1:2) einstecken. Ein Elfmeter von Karl Striebinger bringt vor 8000 Zuschauern die Entscheidung. Da auch Verfolger FC Schweinfurt (0:1 beim VfB Stuttgart vor 20.000 Zuschauern) und Eintracht Frankfurt (1:2 in Fürth/14.000) erstmals verlieren, bleibt der Club Erster. Ungeschlagen sind nur noch die Stuttgarter Kickers, die das 2:0 beim neuen Schlusslicht FSV Frankfurt auf Platz drei bringt. Bayern München blamiert sich vor eigenem Publikum, unterliegt Kellerkind Phönix Karlsruhe mit 2:3. Einzig sieglos ist noch der Karlsruher FV, der gegen Neckarau immerhin den zweiten Punkt (2:2) holt. Mann des Tages ist Ludwig Kindl von Schwaben Augsburg, der beim 5:1 gegen Waldhof Mannheim vier Tore erzielt.

In der Hamburger Liga sehen 18.000 Zuschauer das Derby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli, das die Elf vom Kiez mit 3:2 gewinnt. Es ist die erste Niederlage für den HSV nach dem Krieg.

Vor 40 Jahren kommen alle deutschen Vertreter im Landesmeister-Pokal ins Viertelfinale. Titelverteidiger Bayern München spielt "wie im Rausch" (Kicker) und fegt Banik Ostrau mit 5:0 aus dem Olympiastadion. Vier Stürmer-Tore durch Gerd Müller (zwei), Karl-Heinz Rummenigge und Conny Torstensson und eines durch Mittelfeldrenner Jupp Kapellmann bescheren 60.000 Zuschauern einen schönen Fußballabend. Das Gegenteil ist in Düsseldorf der Fall, wo 65.000 vergeblich auf Tore im Spiel der Gladbacher Borussia gegen den AC Turin warten. Umso mehr Härte ist im Spiel, gleich drei Italiener fliegen vom Platz. hinzu kommen fünf Verwarnungen. Ein Rotsünder ist der Torwart, so dass Stürmer Graziani für die letzten 18 Minuten das Tor hüten muss. So ist das 0:0 kein Ruhmesblatt für den deutschen Meister, aber es reicht zum Weiterkommen. Der Kicker richtet hart über die Turiner: "ein kriminelleres Vorgehen als das der Turiner hat man wohl in einem Spiel solcher Bedeutung noch auf keinem Platz in Deutschland gesehen." Trotzdem äußert AC-Präsident nach dem Spiel den Verdacht, Borussia habe den belgischen Schiedsrichter Delcourt gekauft.

DDR-Meister Dynamo Dresden kommt vor 32.000 Zuschauern ebenfalls weiter – 4:0 gegen Ferencvaros Budapest. Im Pokalsieger-Cup gewinnt der HSV unerwartet locker in Edinburgh mit 4:1, die Treffer teilen sich Kurt Eigl und Felix Magath gleichmäßig. Im Uefa-Pokal kommen Schalke 04 (4:0 gegen Sportul Bukarest) und der 1. FC Köln (3:2 in Zürich) weiter, auch hier gibt es Doppelschützen: Hannes Bongartz und Klaus Fischer für Schalke, Preben-Elkjaer Larsen für Köln, für das noch Dieter Müller trifft. Keine Tore und kein Weiterkommen gibt es dagegen für Eintracht Braunschweig, das bei Espanyol Barcelona (0:2) laut Kicker "glatt verschaukelt" wird – wegen eines merkwürdigen Platzverweises für Franz Merkhoffer und einen Foulelfmeter gegen die Eintracht. Keine Ausreden hat der 1. FC Kaiserslautern für das 0:5-Debakel bei Feyenoord Rotterdam, das schon zur Pause (4:0) deutliche Ausmaße angenommen hat. DDR-Vertreter 1. FC Magdeburg kommt bei Dinamo Zagreb (2:2) weiter, dank Treffern von Joachim Streich und Uwe Pommerenke.

4. November

Vor 60 Jahren spielen die Oberligen. Im Westen demonstriert das Spitzentrio Geschlossenheit, alle verlieren. Der Duisburger SV 0:1 in Münster, Fortuna Düsseldorf 2:3 beim 1. FC Köln, für den Weltmeister Hans Schäfer doppelt trifft, und Meister Borussia Dortmund gar zuhause gegen Westfalia Herne, das in Hans Tilkowski einen überragenden Torwart hat. Gewinner des Tages sind die Kölner, die durch den Derby-Sieg gegen Fortuna (vor 25.000 Zuschauern) auf Platz drei vorrücken. Den höchsten Sieg feiert Aufsteiger Meidericher SV – 8:1 gegen das weiter punktlose Schlusslicht Borussia Mönchengladbach. Auch der Wuppertaler SV (5:1 vs. VfL Bochum) bereitet seinem Anhang Freude.

Im Süden liegen Kickers Offenbach (2:0 in Schweinfurt) und der 1. FC Nürnberg (3:0 beim VfR Mannheim) punktgleich vorne, torhungrige Verfolger sitzen ihnen im Nacken. Der KSC deklassiert Neuling Viktoria Aschaffenburg 6:0, der VfB Stuttgart die Bayern mit 5:0. Alle VfB-Tore fallen nach der Pause, auch der KSC schießt fünf Tore in der zweiten Hälfte.

Im Südwesten gibt der 1. FC Kaiserslautern im zehnten Spiel den ersten Punkt, beim 1:1 in Neunkirchen verhindert Ottmar Walters Ausgleich noch Schlimmeres. So kommt der 1. FC Saarbrücken (4:0 im Derby gegen die Sportfreunde) auf immerhin vier Punkte heran. Im Norden lässt der HSV in Osnabrück (0:0) einen Punkt liegen, bleibt aber Erster, da Verfolger Bremerhaven in Kiel 1:3 verliert. Holstein rückt damit auf Platz zwei vor. Werder Bremen ist nach dem 1:2 in Altona wieder in der Abstiegszone, Schlusslicht VfL Wolfsburg feiert gegen den Heider SV den zweiten Saisonsieg (1:0).

Vor 30 Jahren scheidet der Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen aus dem UEFA-Cup aus. Gegen Dukla Prag kommt die Ribbeck-Elf nur zu einem 1:1 – zu wenig nach dem 0:0 von Prag. Torschütze Falko Götz, international dank seiner Zeit bei Dynamo Ost-Berlin erfahrener als die Mitspieler, flucht: "Ich habe schon tausendmal gegen die gespielt und nie gewonnen."

Vor 20 Jahren taucht die Steuerfahndung auf der Geschäftsstelle von Zweitligist Eintracht Frankfurt auf. Es geht um Sicherung von Material im schon laufenden Strafverfahren gegen Ex-Stürmer Tony Yeboah, der Schwarzgeld erhalten hat. Das war vor der Zeit des amtierenden Vorstands, dennoch treten Präsident Hans-Joachim Otto und Schatzmeister Bernd Thate am nächsten Tag zurück. Trainer Dragoslav Stepanovic schimpft: "Für die Mannschaft ist es enttäuschend, dass Leute einen Grund zum Abhauen suchen, die zu helfen versprachen."

Vor zehn Jahren strauchelt Werder Bremen in der Bundesliga gegen Energie Cottbus, aber das 1:1 reicht trotzdem zur Verteidigung der Tabellenspitze. Joker Ivan Klasnic verhindert eine Blamage gegen die Lausitzer, deren allzu emotionaler Trainer Petrik Sander das Spielende auf der Tribüne mitverfolgen muss. Der VfB Stuttgart rückt durch einen 4:2-Sieg im mit Abstand torreichsten Duell des 10. Spieltags bei Alemannia Aachen auf zwei Punkte heran, zwei Treffer erzielt der Schweizer Marco Streller. Alemannias Vedad Ibisevic kommt nur von der Bank und erzielt seinen ersten Bundesligatreffer. Mehr Aufregung gibt es um einen Stürmer, der nicht spielt: Alemannia suspendiert Shooting-Star Jan Schlaudraff für vier Tage. Manager Jörg Schmadtke drückt sich drastisch, aber vage aus: "Jan hat den Solidarpakt verlassen. Es darf uns nicht passieren, dass sich ein Einzelner über oder gegen das Kollektiv stellt." Schlaudraff soll wiederholt Anweisungen von Trainer Michael Frontzeck ignoriert haben. Hertha-Stürmer Marco Pantelic macht dagegen alles richtig und sorgt mit seinen Toren für die erste Niederlage des 1. FC Nürnberg (2:1), der aufgrund einer Remisserie nun acht Spiele ohne Sieg ist. Manager Martin Bader nimmt es locker: "Jetzt steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir wieder gewinnen." Borussia Dortmund rettet in der dritten Minute der Nachspielzeit noch einen Punkt gegen Arminia Bielefeld (1:1) durch ein Tor von Alexander Frei, aber nicht die Stimmung. Kapitän Christian Wörns: "Keiner strotzt vor Selbstbewusstsein, es fehlt die Leichtigkeit des Seins." Borussia hat erst ein Heimspiel gewonnen und ist nur Achter. Davon träumt der HSV, der in Wolfsburg ebenfalls 0:1 verliert, im November 2006 nur. Mike Hanke sorgt für den dritten 1:0-Sieg der Wölfe in Folge.

5. November

Vor 50 Jahren findet der 12. Bundesliga-Spieltag statt. Weil das Spitzenspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Kaiserslautern keinen Sieger hat (1:1), löst sich Eintracht Braunschweig mit einem 4:0 gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf aus dem zuvor punktgleichen Trio und grüßt wieder von der Spitze. Die hat Meister 1860 München schon lange nicht mehr gesehen, nach dem 3:0 im Keller-Derby gegen den KSC verlässt die Merkel-Elf nach vier Spieltagen wenigstens die Abstiegsplätze, ein Doppelschlag von Hans Küppers stellt die Weichen. Zwei Tore gelingen auch Lothar Emmerich für Borussia Dortmund beim 5:1 in Duisburg, aber auch der Weg des Europapokalsiegers (9. Platz) nach oben ist noch weit. Bayern München hat sich nach dem Fehlstart allmählich gefangen, rückt nach einem 4:2 in Stuttgart auf Platz vier vor und Gerd Müller bleibt nach seinem zehnten Saisontor Erster der Torschützenliste. Schalke schlägt den HSV mit 2:0, Willi Schulz wird bei seiner Rückkehr in die Glückauf-Kampfbahn bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. Den einzigen Platzverweis gibt es in Frankfurt – für Kaiserslauterns Andrija Ankovic, der den FCK zuvor in Führung gebracht hat. Für Eintracht-Trainer Elek Schwartz ist der Platzverweis zu wenig: "Muss man denn meine Spieler mit der Pistole ganz und gar totschießen, bevor wir einen Elfmeter bekommen?"

Vor 30 Jahren schneidet die Bundesliga im Europapokal nicht sonderlich gut ab, nur drei Klubs erreichen die nächste Runde. Nach Bayer Leverkusen am Vortag scheitert auch Pokalsieger VfB Stuttgart, der sich im Heimspiel gegen Torpedo Moskau regelrecht blamiert und 3:5 verliert. "Das Publikum, anfangs mit aufmunterndem Beifall, verstummt immer mehr – und lacht den VfB schließlich aus", schreibt der Kicker. Schon nach 27 Minuten ist alles aus – 1:3 steht auf der Anzeigetafel, in der Addition ist es ein 1:5. Die Fans fordern den Rauswurf von Trainer Egon Coordes. Erfolgsmeldungen dagegen von den anderen Bundesligisten: Meister Bayern München reicht ein 1:1 bei Austria Wien, Roland Wohlfarths 1:0 sorgt für Klarheit. Mysteriös ist der Fall Reinhold Mathy, der sich schon nach sieben Minuten an den Oberschenkel greift und auswechseln lässt. Er wird nie mehr für Bayern spielen. Später heißt es, er sei dem Druck nicht mehr gewachsen gewesen.

Im UEFA-Pokal erreichen Mönchengladbach (2:0 bei Feyenoord Rotterdam) und Bayer Uerdingen (2:0 gegen Lodz) die dritte Runde. Borussias Held heißt Uwe Rahn, der beide Tore schießt, und "Oliver Bierhoff erlöst Uerdingen" (Kicker) mit seinem 2:0. Rudi Bommer hätte auch die Heldenrolle bekommen können, doch der verschießt einen Elfmeter.

Vor 25 Jahren verabschieden sich der VfB Stuttgart und Bayern München aus dem UEFA-Pokal. Von Bayern hat man es nach dem 2:6 in Kopenhagen erwartet, sie schaffen gegen Bröndby IF nur ein 1:0 in einem tristen Spiel. Doch der VfB blamiert sich nach dem 0:0 im Hinspiel gegen Osasuna vor eigenem Publikum (2:3) – Tore fallen erst, als die Gäste schon mit 3:0 führen. Christoph Daum tadelt: "Persönliche Fehler haben uns das Genick gebrochen."

Vor zehn Jahren beginnt in Schalke eine große Torwart-Karriere. Ausgerechnet vor dem Heimspiel gegen die Bayern nimmt Trainer Mirko Slomka einen Wechsel vor und stellt den 20-jährigen Manuel Neuer ins Tor, sehr zum Verdruss von Platzhirsch Frank Rost. Slomka: "Mit Manuel Neuer erhoffen wir uns einen kleinen Umschwung." Neuers Debüt als offizielle Nummer 1 verläuft mittelprächtig, bei einem Gegentor sieht er nicht so gut aus, es kostet die schon 2:0 führenden Schalker den Sieg. Endstand: 2:2. Kurios ist auch, dass der Stimmungsboykott der Schalke-Fans in dem Moment endet, als Levan Kobiashwili das 2:0 erzielt. Andreas Ottl und Roy Makaay verhindern die Niederlage des Meisters.

Ein Tor des Japaners Takahara beschert Eintracht Frankfurt am selben Tag das Hochgefühl eines Heimsiegs gegen Borussia Mönchengladbach, die auch nach fünf Spielen von einem Auswärtspunkt träumt.

6. November

Vor 40 Jahren wird der 12. Bundesliga-Spieltag ausgetragen. Meister Borussia Mönchengladbach gewinnt beim 1. FC Köln mit 3:0 (zwei Tore von Jupp Heynckes) und baut seinen Vorsprung auf vier Punkte aus. Denn die drei schärfsten Verfolger spielen alle Unentschieden, von denen es an jenem November-Samstag 1976 gleich fünf gibt. Eintracht Braunschweig und Hertha BSC trennen sich 2:2, bleiben Zweiter und Dritter, die Bayern scheitern wieder mal am Betzenberg. Das 1:1 fühlt sich wie eine Niederlage an, nur Gerd Müller trifft trotz drückender Überlegenheit, nach der Pause gleicht Seppl Pirrung aus. Franz Beckenbauer gratuliert der Borussia schon zum Titel, es sei denn "die kriegen alle Lungenentzündung". In Frankfurt brodelt es nach der 1:4-Heimpleite gegen Dortmund, Kapitän Jürgen Grabowski prophezeit "schwere Tage für Herrn Roos" und meint seinen Trainer. Höher verliert nur Tennis Borussia Berlin, der Aufsteiger quittiert gegen den MSV Duisburg seine erste Heimniederlage (1:5).

Vor 25 Jahren ereignet sich auf dem Betzenberg ein Drama. Im Europacup der Landesmeister hat der 1. FC Kaiserslautern die 0:2-Hinspielniederlage gegen FC Barcelona aufgeholt und führt in der 90. Minute nach Toren von Demir Hotic (2) und Bjarne Goldbaek 3:0. Da gibt es noch eine Ecke für die Katalanen. Torwart Gerry Ehrmann reagiert nicht, und der kleine Bakero köpft den Ball ein. Danach ist sofort Schluss – unglücklicher als der Deutsche Meister kann man nicht ausscheiden. Trainer Kalli Feldkamp: "Wir haben gezeigt, was drinsteckt – aber wir sind draußen."

Es kommt noch schlimmer für den deutschen Fußball, der mit zehn Mannschaften an den Start gegangen ist. Nur zwei schaffen es in die dritte Runde: Pokalsieger Werder Bremen, das durch ein Tor von Marko Bode in Budapest 1:0 gewinnt, und der HSV im UEFA-Cup – souverän mit 4:1 bei ZSKA Sofia. Harald Spörl glücken vor 35.000 Zuschauern zwei Tore, der Vorstand spendiert 8500 DM Prämie. Kuriosum am Rande: da ZSKA freien Eintritt gewährt und im Vorprogramm noch eine Miss-Wahl veranstaltet, strömen die Massen unkontrolliert bis an den Spielfeldrand. Schiedsrichter Vautrot sorgt persönlich dafür, dass die Stadiontore geschlossen werden. Ansonsten nur Enttäuschungen: Nach Bayern und Stuttgart am Vortag straucheln auch Tabellenführer Eintracht Frankfurt (0:1 im UEFA-Cup gegen Gent), Zweitligist Rot-Weiß Erfurt (0:3 bei Ajax Amsterdam/in Düsseldorf) und die Lauterer.

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Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Der Historiker und Autor Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau auf DFB.de.

31. Oktober

Vor 90 Jahren tritt die Nationalmannschaft erstmals mit einem Trainer an. Dr. Otto Nerz sitzt beim 3:2 in Amsterdam gegen die Niederlande auf der deutschen Bank. In den ersten 58 Länderspielen war die Elf ohne Trainer ausgekommen, für die Zusammenstellung der Mannschaft zeichnet auch weiterhin der Spielausschuss des DFB verantwortlich. Nerz aber hat Mitspracherecht und kümmert sich um die Fitness der Spieler. In Amsterdam macht sich das bezahlt, nach frühem Rückstand drehen sie das Spiel und führen bis zur 85. Minute durch Treffer von Ludwig Wieder und Tull Harder (zwei) mit 3:1, ehe Wim Tap mit seinem zweiten Tor für den Endstand sorgt. In einer Chronik ist zu lesen: "40000 Zuschauer von nah und fern hatten eine solche Überfüllung gebracht, daß es in Amsterdam keine Badewanne, geschweige denn ein Zimmer zum Übernachten gab. Eine besondere Rolle spielte diesmal Stuhlfauth, der zwar nicht im Tor stand, aber in der zweiten Halbzeit als deutscher Linienrichter auf ungewohntem Posten zu internationalen Ehren kam." (Aus: Lutz Koch. Hinein. Deutschlands Nationalelf in 135 Fußball-Schlachten. Berlin 1937.)

Vor zehn Jahren erreicht Bayern München schon zwei Vorrundenspiele vor Schluss das Achtelfinale der Champions League, doch für das 0:0 im Heimspiel gegen Sporting Lissabon erntet die Magath-Elf mehr Pfiffe als Beifall. Dagegen kehrt Werder Bremen hochgestimmt aus Sofia zurück, wo man schon zur Pause bei Levski 3:0 führt. Es bleibt bei den Treffern von Frank Baumann, Torsten Frings und einem Eigentor und der Aussicht, in einer Gruppe mit dem FC Barcelona und Chelsea, die sich 2:2 trennen, weiterzukommen.

1. November

Vor 80 Jahren ist Worms das Non-Plus-Ultra des Südwestens. Mit einem 5:2 bei Sportfreunde Saarbrücken verteidigt die Wormatia die Tabellenführung der Gauliga Südwest, in der außerdem nur Kickers Offenbach (2:2 gegen FSV Frankfurt) ungeschlagen ist. In Bayern schlägt die Spielvereinigung Fürth den FC Bayern mit 2:1, das 1:0 durch Ludwig Janda fällt bereits in der 1. Minute. Für mehr Aufsehen sorgt das 4:0 des BC Augsburg gegen den 1. FC Nürnberg, dem der Fußball "eines der katastrophalsten Resultate seiner Geschichte" attestiert. Zumindest bitter ist auch das 3:4 des VfB Stuttgart bei Union Böckingen, es sind die ersten Minuspunkte für den Primus in Württemberg.

Im Norden kassiert der HSV nach zuvor acht Siegen gar eine 0:3-Niederlage bei Holstein Kiel, bleibt dennoch Erster. Ebenso wie Fortuna Düsseldorf im Niederrhein-Gau nach dem 2:2 gegen den VfL Benrath, den Zuschauern wird "eines der schönsten Fußballspiele, das in den letzten Jahren in Düsseldorf gespielt wurde", geboten. Mann des Tages ist Benraths Otto Hoffmann, der sein Eigentor zum 2:1 kurz vor Schluss mit dem 2:2 wettmacht.

Ein kleines Fußballwunder vollbringt Werder Bremen, das nach 80 Minuten im Heimspiel gegen Eintracht Braunschweig 0:2 zurückzieht und dann auch noch seinen verletzten Torwart verliert. Je aussichtsloser die Lage, desto mutiger geht Werder zu Werke – und gewinnt noch mit 3:2, zwei Tore erzielt Robert Mahlstedt. In Westfalen deklassiert Borussia Dortmund den TuS Bochum mit 10:2.

Vor 30 Jahren scheint ein neuer Stern am Bundesliga-Himmel. Der weithin unbekannte und blitzschnelle Leverkusener Christian Hausmann, für 25.000 D-Mark von den Reinickendorfer Füchsen verpflichtet, sorgt ganz wesentlich dafür, dass Bayern München seine erste Saisonniederlage 1986/1987 erleidet. Leverkusen gewinnt in München 3:0. Sein Tor zum 2:0 in der 79. Minute krönt eine wahre Glanzleistung, und selbst Uli Hoeneß schwärmt: "Ich habe lange keinen Spieler wie den Mann mit der 10 gesehen. Ich überlege mir, ob wir statt Maradona nicht lieber den Hausmann kaufen sollten." Leverkusen übernimmt nun die Tabellenführung, bleibt aber Meister der Defensive. "Wir fühlen uns nicht als Verfolger Nummer eins. Die Meisterschaft ist für uns kein Thema", sagt Trainer Erich Ribbeck. Der HSV ist ja auch noch da und springt nach dem 4:2 gegen Dortmund auf Platz zwei im Trio der Punktgleichen. Den höchsten Tagessieg melden gleich zwei Mannschaften: Kaiserslautern (gegen Schalke) und Werder Bremen (gegen Uerdingen) schaffen jeweils ein 5:1 – und FCK-Stürmer Frank Hartmann ein besonderes Kunststück: Er schießt alle fünf Tore, und das gegen seinen Ex-Klub, dessen Fans ihn noch mit einem "Verräter"-Plakat provozieren. Hartmann treibt das zu Höchstleistungen, nie zuvor hat ein FCK-Stürmer fünf Bundesliga-Tore in einem Spiel geschossen. Weil auch nie mehr Zuschauer am Betzenberg waren als an diesem Tag – 36.832 werden gezählt –, erhöht der Vorstand die Siegprämie auf 5000 D-Mark. "Heute war Weihnachten", sagt FCK-Schatzmeister Dieter Lurkschat. Überhaupt sind die Schatzmeister der Liga zufrieden, 203.000 Zuschauer und eine Stadionauslastung von 42 Prozent sind viel anno 1986. "Trotz Sauwetter: Zuschauer in Massen", schreibt der Kicker.

Vor 25 Jahren spielt Tabellenführer Eintracht Frankfurt "Fußball des Jahres 2000". In Duisburg gewinnt die Elf von Dragoslav Stepanovic an einem Freitagabend 6:3. Torwart Uli Stein tönt: "Wir können uns nur selber schlagen." Die Liga beneidet die Eintracht um ihr Offensivpotenzial. Die Stürmer Tony Yeboah und Jörn Andersen stehen ebenso auf der Anzeigetafel wie die torgefährlichen Mittelfeldspieler Andy Möller, Uwe Bein und Lothar Sippel. Stepanovic kann sogar auf Axel Kruse verzichten, der nach Widerworten im Training ("Der Stepi kann mich kreuzweise") nicht mit nach Duisburg darf.

Meister 1. FC Kaiserslautern überzeugt beim 2:0 in Bremen und hat noch zwei Punkte Rückstand. Erstmals seit dem Aufstieg 1981 fordern die Werder-Fans den Rauswurf von Otto Rehhagel. Dicke Luft auch beim Rekordmeister, selbst in Wattenscheid reicht es für den FC Bayern nur zu einem 0:0. "Damit sind wir noch gut bedient", schimpft der neue Vizepräsident Franz Beckenbauer. In der Tabelle finden sich die Bayern auf Platz 14 wieder.

Vor 20 Jahren hat das Münchner Derby in der Bundesliga keinen Sieger (1:1), wohl aber einen Verlierer. Lothar Matthäus verschießt beim Stand von 1:1 einen allerdings sehr umstrittenen Elfmeter, den Bernd Meier im Tor von 1860 pariert. Sehr zur Erleichterung von Jens Jeremies, der die Löwen durch seinen Platzverweis dezimiert hat. Bayern gibt alle Trümpfe aus der Hand, Franz Beckenbauer zürnt: "Wenn man da nicht in der Lage ist zu gewinnen, hat man es auch nicht verdient." Und doch werden die Bayern an jenem Freitagabend mit der Tabellenführung belohnt. Aufsteiger VfL Bochum schlägt Hansa Rostock mit 1:0 und ist stolzer Fünfter.

Vor zehn Jahren verspielt der HSV seine letzte Chance auf das Achtelfinale der Champions League, das 1:3 im Heimspiel gegen den FC Porto ist die vierte Pleite im vierten Vorrundenspiel. Das einzige Tor glückt Rafael van der Vaart, mit dem Kopf.

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2. November

Vor 75 Jahren steigt in Berlin das Pokalfinale zwischen dem Dresdner SC und Schalke 04. Beide Mannschaften sind öfter hier, auch das Finale um die Deutsche Meisterschaft wird bis Kriegsende regelmäßig im Olympiastadion ausgetragen – und erst 1940 ist diese Paarung das deutsche Endspiel. Schalke gewinnt seinerzeit 1:0, nun sinnt der DSC auf Revanche in dem Wettbewerb, den er bereits im Vorjahr an selber Stätte gewonnen hat. Kurzum: ein Traumfinale zweier der 1941 populärsten deutschen Mannschaften.

65.000 Zuschauer sind am ersten Novembersonntag des dritten Kriegsjahres gekommen und erfahren beste Abwechslung vom zunehmend trüben Alltag. Sie sehen spannende 90 Minuten. Der DSC geht durch Heinrich Kugler in Führung (8.), und den vermeintlichen Ausgleich durch Schalkes neuen Linksaußen Karl Barufka, der überraschend für Ernst Kalwitzki nominiert worden ist, pfeift der Schiedsrichter reichlich spät ab – Abseits! So muss der große Ernst Kuzorra persönlich für das 1:1 (51.) sorgen. Doch die Freude währt nur zwei Minuten, dann stellt Gustav Carstens die erneute DSC-Führung her. Dabei bleibt es, und so ist ein Mann, der ausnahmsweise unter den Torschützen fehlt, der glücklichste unter den Siegern: Rekordschütze Richard Hofmann beendet 36-jährig seine Karriere mit dem Pokalsieg und frohlockt: "Das schönste Abschiedsgeschenk, das ich mir vorstellen kann." Und sein Klub schreibt Geschichte als erster Pokalsieger, der seinen Titel erfolgreich verteidigt. Stars der Elf von Trainer Georg Köhler sind Torwart Willibald Kreß, Richard Hofmann und Nationalstürmer Helmut Schön. Am selben Tag steigt im Bayern-Gau das Münchner Derby, das die Löwen gegen die Bayern mit 3:1 gewinnen.

Vor 25 Jahren ziehen die Frankfurt-Verfolger am 16. Spieltag 1991/1992 nach. Der VfB Stuttgart gewinnt das Derby gegen die Kickers 3:1 und ist die neue Nummer zwei der Liga. Für die Überraschung des Tages sorgt der 1. FC Nürnberg, der beim Zweiten Bayer Leverkusen 1:0 gewinnt. Wieder trifft der 18 Jahre alte Joker Christian Wück, es ist sein viertes Tor. Das ZDF-Sportstudio will das Wunderkind einladen, er sagt höflich ab: "Das kommt alles so schnell." Auch dank seiner Tore sind die Franken schon Sechster und die Nummer eins in Bayern. Der 1. FC Köln verfällt nach zwei Siegen in alte Verhaltensmuster und trennt sich von Hansa Rostock 1:1 – es ist das zwölfte Unentschieden im 16. Spiel und ein absolutes Bundesliga-Novum. Ganz leer geht der HSV in Karlsruhe aus, nach der 1:4-Pleite schimpft Präsident Jürgen Hunke: "Das war schon sensationell schlecht, sechs unserer Spieler hätte man zur Halbzeit auswechseln können." Schon nach vier Minuten hat KSC-Spieler Rainer Schütterle für ein 2:0 gesorgt, einen Hattrick verhindert nur sein Nervenkostüm: mit einem Elfmeter scheitert er an Richard Golz. Trainer Winfried Schäfer schwärmt mehr über den Schützen des 4:1, Mehmet Scholl: "Ein Talent von dieser Klasse habe ich noch nicht erlebt."

In der 2. Liga debütiert am selben Tag der französische Ex-Nationalspieler Didier Six im Dress des VfB Leipzig, der in Homburg 1:4 verliert. Der Kicker lästert: "Das Tempo des Franzosen glich dem eines Altherren-Fußballers." Die eigentliche Sensation ist der Spielverlauf: nach Rückstand und Platzverweis gegen Torwart Hansi Gundelach schießen zehn Homburger noch vier Tore gegen die Sachsen.

Vor zwanzig Jahren stürzt der kleine FC St. Pauli Bundesliga-Tabellenführer VfB Stuttgart. Das Team von Uli Maslo schlägt die Schwaben mit 2:1, beide Tore erzielt Christian Springer. Lob wehrt er bescheiden ab: "Bei St. Pauli gibt’s keine Matchwinner." Bei Borussia Dortmund schon, erst recht beim Revierderby. Stephané Chapuisat wird auf Schalke beim Stand von 1:1 eingewechselt und sorgt für einen 3:1-Sieg des Meisters in einem rustikal geführten Derby. Für Schalkes Jiri Nemec ist es nach 36 Minuten zu Ende – Tätlichkeit gegen Heiko Herrlich, Rote Karte! Schalkes Trainer Huub Stevens legt sich bei seinem ersten Derby gleich mal mit Kollege Ottmar Hitzfeld an, der den Platzverweis gefordert habe.

Wesentlich unspektakulärer endet das Nordderby zwischen Werder und dem HSV, nach dem 0:0 fordern die Werder-Fans die Entlassung von Trainer Dixie Dörner, während HSV-Präsident Uwe Seeler Stürmer Karsten Bäron anpiekst: "Ein Tor hätte er heute machen müssen." Freiburgs Uwe Wassmer wirft man derartiges nicht vor, er trifft beim 4:1 in Duisburg dreimal – nach seiner Einwechslung in der 30. Minute. "Ich musste die Tore machen, ich hatte so viel Platz", sagt er lapidar zur Presse. Die Verlierer sagen gar nichts, Trainer Friedhelm Funkel verhängt einen Maulkorb beim Vorletzten. Deutliche Worte dagegen bei Nachbar Borussia Mönchengladbach, der trotz 65minütiger Überzahl in Leverkusen 0:3 verliert. Die Spieler müssen jetzt Druck kriegen, Druck und nochmal Druck", fordert Manager Rolf Rüssmann.

Vor zehn Jahren holt Eintracht Frankfurt in der Europa League einen Punkt bei Celta de Vigo (1:1), das einzige Tor erzielt Debütant Alexander Huber. Alexander Meier wird vom Feld gestellt (Gelb-Rot).

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3. November

Vor 70 Jahren findet der 6. Spieltag der Oberliga Süd statt. Es ist kein guter Tag für Favoriten. Tabellenführer 1. FC Nürnberg muss beim VfR Mannheim nach Führung seine erste Saisonniederlage (1:2) einstecken. Ein Elfmeter von Karl Striebinger bringt vor 8000 Zuschauern die Entscheidung. Da auch Verfolger FC Schweinfurt (0:1 beim VfB Stuttgart vor 20.000 Zuschauern) und Eintracht Frankfurt (1:2 in Fürth/14.000) erstmals verlieren, bleibt der Club Erster. Ungeschlagen sind nur noch die Stuttgarter Kickers, die das 2:0 beim neuen Schlusslicht FSV Frankfurt auf Platz drei bringt. Bayern München blamiert sich vor eigenem Publikum, unterliegt Kellerkind Phönix Karlsruhe mit 2:3. Einzig sieglos ist noch der Karlsruher FV, der gegen Neckarau immerhin den zweiten Punkt (2:2) holt. Mann des Tages ist Ludwig Kindl von Schwaben Augsburg, der beim 5:1 gegen Waldhof Mannheim vier Tore erzielt.

In der Hamburger Liga sehen 18.000 Zuschauer das Derby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli, das die Elf vom Kiez mit 3:2 gewinnt. Es ist die erste Niederlage für den HSV nach dem Krieg.

Vor 40 Jahren kommen alle deutschen Vertreter im Landesmeister-Pokal ins Viertelfinale. Titelverteidiger Bayern München spielt "wie im Rausch" (Kicker) und fegt Banik Ostrau mit 5:0 aus dem Olympiastadion. Vier Stürmer-Tore durch Gerd Müller (zwei), Karl-Heinz Rummenigge und Conny Torstensson und eines durch Mittelfeldrenner Jupp Kapellmann bescheren 60.000 Zuschauern einen schönen Fußballabend. Das Gegenteil ist in Düsseldorf der Fall, wo 65.000 vergeblich auf Tore im Spiel der Gladbacher Borussia gegen den AC Turin warten. Umso mehr Härte ist im Spiel, gleich drei Italiener fliegen vom Platz. hinzu kommen fünf Verwarnungen. Ein Rotsünder ist der Torwart, so dass Stürmer Graziani für die letzten 18 Minuten das Tor hüten muss. So ist das 0:0 kein Ruhmesblatt für den deutschen Meister, aber es reicht zum Weiterkommen. Der Kicker richtet hart über die Turiner: "ein kriminelleres Vorgehen als das der Turiner hat man wohl in einem Spiel solcher Bedeutung noch auf keinem Platz in Deutschland gesehen." Trotzdem äußert AC-Präsident nach dem Spiel den Verdacht, Borussia habe den belgischen Schiedsrichter Delcourt gekauft.

DDR-Meister Dynamo Dresden kommt vor 32.000 Zuschauern ebenfalls weiter – 4:0 gegen Ferencvaros Budapest. Im Pokalsieger-Cup gewinnt der HSV unerwartet locker in Edinburgh mit 4:1, die Treffer teilen sich Kurt Eigl und Felix Magath gleichmäßig. Im Uefa-Pokal kommen Schalke 04 (4:0 gegen Sportul Bukarest) und der 1. FC Köln (3:2 in Zürich) weiter, auch hier gibt es Doppelschützen: Hannes Bongartz und Klaus Fischer für Schalke, Preben-Elkjaer Larsen für Köln, für das noch Dieter Müller trifft. Keine Tore und kein Weiterkommen gibt es dagegen für Eintracht Braunschweig, das bei Espanyol Barcelona (0:2) laut Kicker "glatt verschaukelt" wird – wegen eines merkwürdigen Platzverweises für Franz Merkhoffer und einen Foulelfmeter gegen die Eintracht. Keine Ausreden hat der 1. FC Kaiserslautern für das 0:5-Debakel bei Feyenoord Rotterdam, das schon zur Pause (4:0) deutliche Ausmaße angenommen hat. DDR-Vertreter 1. FC Magdeburg kommt bei Dinamo Zagreb (2:2) weiter, dank Treffern von Joachim Streich und Uwe Pommerenke.

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4. November

Vor 60 Jahren spielen die Oberligen. Im Westen demonstriert das Spitzentrio Geschlossenheit, alle verlieren. Der Duisburger SV 0:1 in Münster, Fortuna Düsseldorf 2:3 beim 1. FC Köln, für den Weltmeister Hans Schäfer doppelt trifft, und Meister Borussia Dortmund gar zuhause gegen Westfalia Herne, das in Hans Tilkowski einen überragenden Torwart hat. Gewinner des Tages sind die Kölner, die durch den Derby-Sieg gegen Fortuna (vor 25.000 Zuschauern) auf Platz drei vorrücken. Den höchsten Sieg feiert Aufsteiger Meidericher SV – 8:1 gegen das weiter punktlose Schlusslicht Borussia Mönchengladbach. Auch der Wuppertaler SV (5:1 vs. VfL Bochum) bereitet seinem Anhang Freude.

Im Süden liegen Kickers Offenbach (2:0 in Schweinfurt) und der 1. FC Nürnberg (3:0 beim VfR Mannheim) punktgleich vorne, torhungrige Verfolger sitzen ihnen im Nacken. Der KSC deklassiert Neuling Viktoria Aschaffenburg 6:0, der VfB Stuttgart die Bayern mit 5:0. Alle VfB-Tore fallen nach der Pause, auch der KSC schießt fünf Tore in der zweiten Hälfte.

Im Südwesten gibt der 1. FC Kaiserslautern im zehnten Spiel den ersten Punkt, beim 1:1 in Neunkirchen verhindert Ottmar Walters Ausgleich noch Schlimmeres. So kommt der 1. FC Saarbrücken (4:0 im Derby gegen die Sportfreunde) auf immerhin vier Punkte heran. Im Norden lässt der HSV in Osnabrück (0:0) einen Punkt liegen, bleibt aber Erster, da Verfolger Bremerhaven in Kiel 1:3 verliert. Holstein rückt damit auf Platz zwei vor. Werder Bremen ist nach dem 1:2 in Altona wieder in der Abstiegszone, Schlusslicht VfL Wolfsburg feiert gegen den Heider SV den zweiten Saisonsieg (1:0).

Vor 30 Jahren scheidet der Bundesliga-Tabellenführer Bayer Leverkusen aus dem UEFA-Cup aus. Gegen Dukla Prag kommt die Ribbeck-Elf nur zu einem 1:1 – zu wenig nach dem 0:0 von Prag. Torschütze Falko Götz, international dank seiner Zeit bei Dynamo Ost-Berlin erfahrener als die Mitspieler, flucht: "Ich habe schon tausendmal gegen die gespielt und nie gewonnen."

Vor 20 Jahren taucht die Steuerfahndung auf der Geschäftsstelle von Zweitligist Eintracht Frankfurt auf. Es geht um Sicherung von Material im schon laufenden Strafverfahren gegen Ex-Stürmer Tony Yeboah, der Schwarzgeld erhalten hat. Das war vor der Zeit des amtierenden Vorstands, dennoch treten Präsident Hans-Joachim Otto und Schatzmeister Bernd Thate am nächsten Tag zurück. Trainer Dragoslav Stepanovic schimpft: "Für die Mannschaft ist es enttäuschend, dass Leute einen Grund zum Abhauen suchen, die zu helfen versprachen."

Vor zehn Jahren strauchelt Werder Bremen in der Bundesliga gegen Energie Cottbus, aber das 1:1 reicht trotzdem zur Verteidigung der Tabellenspitze. Joker Ivan Klasnic verhindert eine Blamage gegen die Lausitzer, deren allzu emotionaler Trainer Petrik Sander das Spielende auf der Tribüne mitverfolgen muss. Der VfB Stuttgart rückt durch einen 4:2-Sieg im mit Abstand torreichsten Duell des 10. Spieltags bei Alemannia Aachen auf zwei Punkte heran, zwei Treffer erzielt der Schweizer Marco Streller. Alemannias Vedad Ibisevic kommt nur von der Bank und erzielt seinen ersten Bundesligatreffer. Mehr Aufregung gibt es um einen Stürmer, der nicht spielt: Alemannia suspendiert Shooting-Star Jan Schlaudraff für vier Tage. Manager Jörg Schmadtke drückt sich drastisch, aber vage aus: "Jan hat den Solidarpakt verlassen. Es darf uns nicht passieren, dass sich ein Einzelner über oder gegen das Kollektiv stellt." Schlaudraff soll wiederholt Anweisungen von Trainer Michael Frontzeck ignoriert haben. Hertha-Stürmer Marco Pantelic macht dagegen alles richtig und sorgt mit seinen Toren für die erste Niederlage des 1. FC Nürnberg (2:1), der aufgrund einer Remisserie nun acht Spiele ohne Sieg ist. Manager Martin Bader nimmt es locker: "Jetzt steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir wieder gewinnen." Borussia Dortmund rettet in der dritten Minute der Nachspielzeit noch einen Punkt gegen Arminia Bielefeld (1:1) durch ein Tor von Alexander Frei, aber nicht die Stimmung. Kapitän Christian Wörns: "Keiner strotzt vor Selbstbewusstsein, es fehlt die Leichtigkeit des Seins." Borussia hat erst ein Heimspiel gewonnen und ist nur Achter. Davon träumt der HSV, der in Wolfsburg ebenfalls 0:1 verliert, im November 2006 nur. Mike Hanke sorgt für den dritten 1:0-Sieg der Wölfe in Folge.

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5. November

Vor 50 Jahren findet der 12. Bundesliga-Spieltag statt. Weil das Spitzenspiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem 1. FC Kaiserslautern keinen Sieger hat (1:1), löst sich Eintracht Braunschweig mit einem 4:0 gegen Aufsteiger Fortuna Düsseldorf aus dem zuvor punktgleichen Trio und grüßt wieder von der Spitze. Die hat Meister 1860 München schon lange nicht mehr gesehen, nach dem 3:0 im Keller-Derby gegen den KSC verlässt die Merkel-Elf nach vier Spieltagen wenigstens die Abstiegsplätze, ein Doppelschlag von Hans Küppers stellt die Weichen. Zwei Tore gelingen auch Lothar Emmerich für Borussia Dortmund beim 5:1 in Duisburg, aber auch der Weg des Europapokalsiegers (9. Platz) nach oben ist noch weit. Bayern München hat sich nach dem Fehlstart allmählich gefangen, rückt nach einem 4:2 in Stuttgart auf Platz vier vor und Gerd Müller bleibt nach seinem zehnten Saisontor Erster der Torschützenliste. Schalke schlägt den HSV mit 2:0, Willi Schulz wird bei seiner Rückkehr in die Glückauf-Kampfbahn bei jedem Ballkontakt ausgepfiffen. Den einzigen Platzverweis gibt es in Frankfurt – für Kaiserslauterns Andrija Ankovic, der den FCK zuvor in Führung gebracht hat. Für Eintracht-Trainer Elek Schwartz ist der Platzverweis zu wenig: "Muss man denn meine Spieler mit der Pistole ganz und gar totschießen, bevor wir einen Elfmeter bekommen?"

Vor 30 Jahren schneidet die Bundesliga im Europapokal nicht sonderlich gut ab, nur drei Klubs erreichen die nächste Runde. Nach Bayer Leverkusen am Vortag scheitert auch Pokalsieger VfB Stuttgart, der sich im Heimspiel gegen Torpedo Moskau regelrecht blamiert und 3:5 verliert. "Das Publikum, anfangs mit aufmunterndem Beifall, verstummt immer mehr – und lacht den VfB schließlich aus", schreibt der Kicker. Schon nach 27 Minuten ist alles aus – 1:3 steht auf der Anzeigetafel, in der Addition ist es ein 1:5. Die Fans fordern den Rauswurf von Trainer Egon Coordes. Erfolgsmeldungen dagegen von den anderen Bundesligisten: Meister Bayern München reicht ein 1:1 bei Austria Wien, Roland Wohlfarths 1:0 sorgt für Klarheit. Mysteriös ist der Fall Reinhold Mathy, der sich schon nach sieben Minuten an den Oberschenkel greift und auswechseln lässt. Er wird nie mehr für Bayern spielen. Später heißt es, er sei dem Druck nicht mehr gewachsen gewesen.

Im UEFA-Pokal erreichen Mönchengladbach (2:0 bei Feyenoord Rotterdam) und Bayer Uerdingen (2:0 gegen Lodz) die dritte Runde. Borussias Held heißt Uwe Rahn, der beide Tore schießt, und "Oliver Bierhoff erlöst Uerdingen" (Kicker) mit seinem 2:0. Rudi Bommer hätte auch die Heldenrolle bekommen können, doch der verschießt einen Elfmeter.

Vor 25 Jahren verabschieden sich der VfB Stuttgart und Bayern München aus dem UEFA-Pokal. Von Bayern hat man es nach dem 2:6 in Kopenhagen erwartet, sie schaffen gegen Bröndby IF nur ein 1:0 in einem tristen Spiel. Doch der VfB blamiert sich nach dem 0:0 im Hinspiel gegen Osasuna vor eigenem Publikum (2:3) – Tore fallen erst, als die Gäste schon mit 3:0 führen. Christoph Daum tadelt: "Persönliche Fehler haben uns das Genick gebrochen."

Vor zehn Jahren beginnt in Schalke eine große Torwart-Karriere. Ausgerechnet vor dem Heimspiel gegen die Bayern nimmt Trainer Mirko Slomka einen Wechsel vor und stellt den 20-jährigen Manuel Neuer ins Tor, sehr zum Verdruss von Platzhirsch Frank Rost. Slomka: "Mit Manuel Neuer erhoffen wir uns einen kleinen Umschwung." Neuers Debüt als offizielle Nummer 1 verläuft mittelprächtig, bei einem Gegentor sieht er nicht so gut aus, es kostet die schon 2:0 führenden Schalker den Sieg. Endstand: 2:2. Kurios ist auch, dass der Stimmungsboykott der Schalke-Fans in dem Moment endet, als Levan Kobiashwili das 2:0 erzielt. Andreas Ottl und Roy Makaay verhindern die Niederlage des Meisters.

Ein Tor des Japaners Takahara beschert Eintracht Frankfurt am selben Tag das Hochgefühl eines Heimsiegs gegen Borussia Mönchengladbach, die auch nach fünf Spielen von einem Auswärtspunkt träumt.

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6. November

Vor 40 Jahren wird der 12. Bundesliga-Spieltag ausgetragen. Meister Borussia Mönchengladbach gewinnt beim 1. FC Köln mit 3:0 (zwei Tore von Jupp Heynckes) und baut seinen Vorsprung auf vier Punkte aus. Denn die drei schärfsten Verfolger spielen alle Unentschieden, von denen es an jenem November-Samstag 1976 gleich fünf gibt. Eintracht Braunschweig und Hertha BSC trennen sich 2:2, bleiben Zweiter und Dritter, die Bayern scheitern wieder mal am Betzenberg. Das 1:1 fühlt sich wie eine Niederlage an, nur Gerd Müller trifft trotz drückender Überlegenheit, nach der Pause gleicht Seppl Pirrung aus. Franz Beckenbauer gratuliert der Borussia schon zum Titel, es sei denn "die kriegen alle Lungenentzündung". In Frankfurt brodelt es nach der 1:4-Heimpleite gegen Dortmund, Kapitän Jürgen Grabowski prophezeit "schwere Tage für Herrn Roos" und meint seinen Trainer. Höher verliert nur Tennis Borussia Berlin, der Aufsteiger quittiert gegen den MSV Duisburg seine erste Heimniederlage (1:5).

Vor 25 Jahren ereignet sich auf dem Betzenberg ein Drama. Im Europacup der Landesmeister hat der 1. FC Kaiserslautern die 0:2-Hinspielniederlage gegen FC Barcelona aufgeholt und führt in der 90. Minute nach Toren von Demir Hotic (2) und Bjarne Goldbaek 3:0. Da gibt es noch eine Ecke für die Katalanen. Torwart Gerry Ehrmann reagiert nicht, und der kleine Bakero köpft den Ball ein. Danach ist sofort Schluss – unglücklicher als der Deutsche Meister kann man nicht ausscheiden. Trainer Kalli Feldkamp: "Wir haben gezeigt, was drinsteckt – aber wir sind draußen."

Es kommt noch schlimmer für den deutschen Fußball, der mit zehn Mannschaften an den Start gegangen ist. Nur zwei schaffen es in die dritte Runde: Pokalsieger Werder Bremen, das durch ein Tor von Marko Bode in Budapest 1:0 gewinnt, und der HSV im UEFA-Cup – souverän mit 4:1 bei ZSKA Sofia. Harald Spörl glücken vor 35.000 Zuschauern zwei Tore, der Vorstand spendiert 8500 DM Prämie. Kuriosum am Rande: da ZSKA freien Eintritt gewährt und im Vorprogramm noch eine Miss-Wahl veranstaltet, strömen die Massen unkontrolliert bis an den Spielfeldrand. Schiedsrichter Vautrot sorgt persönlich dafür, dass die Stadiontore geschlossen werden. Ansonsten nur Enttäuschungen: Nach Bayern und Stuttgart am Vortag straucheln auch Tabellenführer Eintracht Frankfurt (0:1 im UEFA-Cup gegen Gent), Zweitligist Rot-Weiß Erfurt (0:3 bei Ajax Amsterdam/in Düsseldorf) und die Lauterer.

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