Christine Weigelt: "Etwas Schöneres kann man sich nicht wünschen"

Christine Weigelt ist seit 20 Jahren DFB-Schiedsrichterin. 2004 beginnt sie im DFB-Bereich als Assistentin, steigt 2007 in die 2. Frauen-Bundesliga und in den DFB-Pokal der Frauen auf, ehe sie 2016 auch den Sprung in Deutschlands höchste Spielklasse, die 1. Frauen-Bundesliga, schafft. Am letzten Spieltag in der Google Pixel Frauen-Bundesliga ist für die 39-Jährige aber Schluss. Im DFB.de-Interview spricht Christine Weigelt über die Anfänge ihrer Karriere, Höhen und Tiefen und ein ganz besonderes, letztes Spiel.

DFB.de: Frau Weigelt, Sie waren 20 Jahre DFB-Schiedsrichterin. Wie blicken Sie auf Ihre Karriere zurück?

Christine Weigelt: Puh, das sind sehr viele und gemischte Gefühle. Es gab über die Jahre Höhen und Tiefen, viel privaten Verzicht, weil das Schiedsrichterinnendasein schon sehr zeitaufwändig ist. Aber es war eine sehr schöne Zeit, ich habe viel erlebt und viele tolle Leute kennengelernt. Insgesamt bin ich vor allem stolz und dankbar für die ganze Zeit.

DFB.de: Können Sie sich noch an Ihr erstes Spiel im DFB-Bereich erinnern?

Weigelt: Ja, das war 2004. Damals bin ich als Assistentin bei Anja Kunick mitgefahren. Wolfsburg gegen Freiburg. Ich war sehr aufgeregt. Seitdem ist so viel passiert im Frauenfußball. Und so schließt sich der Kreis: Nun hatte ich am letzten Spieltag in der Frauen-Bundesliga mein letztes Spiel als Schiedsrichterin, ebenfalls in Wolfsburg.

DFB.de: Bevor wir auf Ihre letzte Partie eingehen, ein Blick zurück: In Ihrer ersten Partie in der 1. Frauen-Bundesliga, Borussia Mönchengladbach gegen den SC Sand, haben Sie direkt die gelb-rote Karte gezückt. Ein Einstand nach Maß, oder?

Weigelt: Sozusagen (lacht). Es war ein tolles erstes Spiel. Ich bin mit einem breiten Lächeln auf den Platz gegangen und habe es damals sehr genossen, es nach 9 Jahren in der 2. Frauen-Bundesliga und nicht allzu lange nach meiner Kreuzband-OP in die 1. Frauen-Bundesliga geschafft zu haben. Das war immer mein Traum. An die gelb-rote Karte erinnere ich ehrlich gesagt gar nicht mehr. Aber die war sicher ganz klar (lacht)!

DFB.de: Sie waren in Ihrer Laufbahn auch als Assistentin tätig. Was haben Sie lieber, Fahne oder Pfeife?

Weigelt: Beides hat seinen Reiz. Ich bin sehr gerne Schiedsrichterin. Aber ich mag es auch, an der Linie zu stehen und die Schiedsrichterin oder den Schiedsrichter bestmöglich zu unterstützen.

DFB.de: Gibt es eine besondere Situation, die Ihnen in Ihrer Karriere besonders in Erinnerung geblieben ist? 

Weigelt: Ja, tatsächlich, aber eher eine negative Situation, die sich dann doch noch zum Positiven gewandt hat. Ich bin damals aufgrund der besagten Kreuzband-OP zunächst aus der 2. Frauen-Bundesliga abgestiegen. Die Verletzung hat mich ganz schön zurückgeworfen, da war der Weg in die 1. Frauen-Bundesliga plötzlich ganz lang. Aber: Am Ende hat es dann doch noch geklappt, darüber bin ich sehr froh und stolz.

DFB.de: Also zurück zum Positiven: Was war der schönste Moment in Ihrer Karriere? 

Weigelt: Hm, schwierig. Wahrscheinlich der Anruf 2016, als ich erfahren habe, dass ich den Aufstieg in die 1. Frauen-Bundesliga geschafft habe. Das war so ein langer Weg nach der Knie-OP. Und dann auf jeden Fall die zwei Pokalfinalspiele als 4. Offizielle. In diesem Jahr sind wir in Köln vor ausverkauftem Haus auf den Platz gelaufen. Das war Gänsehaut pur. Und mein letztes Spiel in Wolfsburg, mein kleiner Sohn Janosch als mein Einlaufkind, das war ein ganz besonderer und bewegender Moment.

DFB.de: Sie haben es gerade angesprochen: Sie waren dieses Jahr als 4. Offizielle im Pokalfinale der Frauen dabei. Wie haben Sie das ausverkaufte Pokalfinale wahrgenommen?

Weigelt: Es war unglaublich und in meiner Karriere das Spiel mit den meisten Zuschauerinnen und Zuschauern. Was für eine tolle Kulisse! Das Endspiel lief aus Schiri-Sicht sehr gut, beide Teams haben es uns nicht schwer gemacht. Miriam Schwermer hat die Partie souverän geleitet und wir - Katharina Kruse, Katrin Rafalski und ich - haben sie dabei bestmöglich unterstützt. Nach dem Spiel waren wir Schiedsrichterinnen kein Thema, das ist immer ein gutes Zeichen (lacht).

DFB.de: Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken: Gibt es etwas, das Sie gerne noch erreicht hätten?

Weigelt: Ehrlich gesagt, nein. Ich bin sehr zufrieden. Zu den vielen Spielen in den beiden höchsten Spielklassen der Frauen und im DFB-Pokal kommen noch einige Beteiligungen bei Länderspielen. Ich kann mich wirklich nicht beklagen.

DFB.de: In Ihrem letzten Frauen-Bundesliga-Spiel gab einen ganz besonderen Moment: Sie sind mit ihrem Sohn Janosch eingelaufen. Was hat das Ihnen bedeutet? 

Weigelt: Ja, das war eine Überraschung seitens meines Schiri-Teams, die das organisiert haben. Wir kamen vom Aufwärmen in die Kabine und dann saß da plötzlich mein Freund mit meinem Sohn Janosch. Erst dachte ich, sie wollen mir nur alles Gute wünschen, aber dann hat der Kleine gesagt, dass er mit mir rauskommen darf. Das war ein sehr schöner Moment. Er hat mehrfach wiederholt, wie stolz er ist. Beim gemeinsamen Einlaufen war ich so gerührt und im Stadion waren dann auch eine ganze Reihe Freunde und Weggefährten mit dabei. Etwas Schöneres kann man sich zum Abschied nicht wünschen.

DFB.de: Und kamen Ihnen doch noch einmal Gedanken, einfach weiterzumachen?

Weigelt: Ja, solche Gedanken gab es im letzten halben Jahr definitiv. Es ist eine tolle Sache, in der Frauen-Bundesliga pfeifen zu dürfen, mit all ihren spannenden Vereinen und diesen tollen Fußballerinnen, das gibt man nicht leichtfertig auf. Die Fitness ist auch noch da. Aber ich möchte auch weniger unterwegs sein und mehr Zeit für meine Familie haben. Es war keine leichte Entscheidung, aber für mich die richtige. Ich bin für alles, was ich erleben durfte, sehr dankbar.

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Christine Weigelt ist seit 20 Jahren DFB-Schiedsrichterin. 2004 beginnt sie im DFB-Bereich als Assistentin, steigt 2007 in die 2. Frauen-Bundesliga und in den DFB-Pokal der Frauen auf, ehe sie 2016 auch den Sprung in Deutschlands höchste Spielklasse, die 1. Frauen-Bundesliga, schafft. Am letzten Spieltag in der Google Pixel Frauen-Bundesliga ist für die 39-Jährige aber Schluss. Im DFB.de-Interview spricht Christine Weigelt über die Anfänge ihrer Karriere, Höhen und Tiefen und ein ganz besonderes, letztes Spiel.

DFB.de: Frau Weigelt, Sie waren 20 Jahre DFB-Schiedsrichterin. Wie blicken Sie auf Ihre Karriere zurück?

Christine Weigelt: Puh, das sind sehr viele und gemischte Gefühle. Es gab über die Jahre Höhen und Tiefen, viel privaten Verzicht, weil das Schiedsrichterinnendasein schon sehr zeitaufwändig ist. Aber es war eine sehr schöne Zeit, ich habe viel erlebt und viele tolle Leute kennengelernt. Insgesamt bin ich vor allem stolz und dankbar für die ganze Zeit.

DFB.de: Können Sie sich noch an Ihr erstes Spiel im DFB-Bereich erinnern?

Weigelt: Ja, das war 2004. Damals bin ich als Assistentin bei Anja Kunick mitgefahren. Wolfsburg gegen Freiburg. Ich war sehr aufgeregt. Seitdem ist so viel passiert im Frauenfußball. Und so schließt sich der Kreis: Nun hatte ich am letzten Spieltag in der Frauen-Bundesliga mein letztes Spiel als Schiedsrichterin, ebenfalls in Wolfsburg.

DFB.de: Bevor wir auf Ihre letzte Partie eingehen, ein Blick zurück: In Ihrer ersten Partie in der 1. Frauen-Bundesliga, Borussia Mönchengladbach gegen den SC Sand, haben Sie direkt die gelb-rote Karte gezückt. Ein Einstand nach Maß, oder?

Weigelt: Sozusagen (lacht). Es war ein tolles erstes Spiel. Ich bin mit einem breiten Lächeln auf den Platz gegangen und habe es damals sehr genossen, es nach 9 Jahren in der 2. Frauen-Bundesliga und nicht allzu lange nach meiner Kreuzband-OP in die 1. Frauen-Bundesliga geschafft zu haben. Das war immer mein Traum. An die gelb-rote Karte erinnere ich ehrlich gesagt gar nicht mehr. Aber die war sicher ganz klar (lacht)!

DFB.de: Sie waren in Ihrer Laufbahn auch als Assistentin tätig. Was haben Sie lieber, Fahne oder Pfeife?

Weigelt: Beides hat seinen Reiz. Ich bin sehr gerne Schiedsrichterin. Aber ich mag es auch, an der Linie zu stehen und die Schiedsrichterin oder den Schiedsrichter bestmöglich zu unterstützen.

DFB.de: Gibt es eine besondere Situation, die Ihnen in Ihrer Karriere besonders in Erinnerung geblieben ist? 

Weigelt: Ja, tatsächlich, aber eher eine negative Situation, die sich dann doch noch zum Positiven gewandt hat. Ich bin damals aufgrund der besagten Kreuzband-OP zunächst aus der 2. Frauen-Bundesliga abgestiegen. Die Verletzung hat mich ganz schön zurückgeworfen, da war der Weg in die 1. Frauen-Bundesliga plötzlich ganz lang. Aber: Am Ende hat es dann doch noch geklappt, darüber bin ich sehr froh und stolz.

DFB.de: Also zurück zum Positiven: Was war der schönste Moment in Ihrer Karriere? 

Weigelt: Hm, schwierig. Wahrscheinlich der Anruf 2016, als ich erfahren habe, dass ich den Aufstieg in die 1. Frauen-Bundesliga geschafft habe. Das war so ein langer Weg nach der Knie-OP. Und dann auf jeden Fall die zwei Pokalfinalspiele als 4. Offizielle. In diesem Jahr sind wir in Köln vor ausverkauftem Haus auf den Platz gelaufen. Das war Gänsehaut pur. Und mein letztes Spiel in Wolfsburg, mein kleiner Sohn Janosch als mein Einlaufkind, das war ein ganz besonderer und bewegender Moment.

DFB.de: Sie haben es gerade angesprochen: Sie waren dieses Jahr als 4. Offizielle im Pokalfinale der Frauen dabei. Wie haben Sie das ausverkaufte Pokalfinale wahrgenommen?

Weigelt: Es war unglaublich und in meiner Karriere das Spiel mit den meisten Zuschauerinnen und Zuschauern. Was für eine tolle Kulisse! Das Endspiel lief aus Schiri-Sicht sehr gut, beide Teams haben es uns nicht schwer gemacht. Miriam Schwermer hat die Partie souverän geleitet und wir - Katharina Kruse, Katrin Rafalski und ich - haben sie dabei bestmöglich unterstützt. Nach dem Spiel waren wir Schiedsrichterinnen kein Thema, das ist immer ein gutes Zeichen (lacht).

DFB.de: Wenn Sie auf Ihre Karriere zurückblicken: Gibt es etwas, das Sie gerne noch erreicht hätten?

Weigelt: Ehrlich gesagt, nein. Ich bin sehr zufrieden. Zu den vielen Spielen in den beiden höchsten Spielklassen der Frauen und im DFB-Pokal kommen noch einige Beteiligungen bei Länderspielen. Ich kann mich wirklich nicht beklagen.

DFB.de: In Ihrem letzten Frauen-Bundesliga-Spiel gab einen ganz besonderen Moment: Sie sind mit ihrem Sohn Janosch eingelaufen. Was hat das Ihnen bedeutet? 

Weigelt: Ja, das war eine Überraschung seitens meines Schiri-Teams, die das organisiert haben. Wir kamen vom Aufwärmen in die Kabine und dann saß da plötzlich mein Freund mit meinem Sohn Janosch. Erst dachte ich, sie wollen mir nur alles Gute wünschen, aber dann hat der Kleine gesagt, dass er mit mir rauskommen darf. Das war ein sehr schöner Moment. Er hat mehrfach wiederholt, wie stolz er ist. Beim gemeinsamen Einlaufen war ich so gerührt und im Stadion waren dann auch eine ganze Reihe Freunde und Weggefährten mit dabei. Etwas Schöneres kann man sich zum Abschied nicht wünschen.

DFB.de: Und kamen Ihnen doch noch einmal Gedanken, einfach weiterzumachen?

Weigelt: Ja, solche Gedanken gab es im letzten halben Jahr definitiv. Es ist eine tolle Sache, in der Frauen-Bundesliga pfeifen zu dürfen, mit all ihren spannenden Vereinen und diesen tollen Fußballerinnen, das gibt man nicht leichtfertig auf. Die Fitness ist auch noch da. Aber ich möchte auch weniger unterwegs sein und mehr Zeit für meine Familie haben. Es war keine leichte Entscheidung, aber für mich die richtige. Ich bin für alles, was ich erleben durfte, sehr dankbar.

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