Christian Pander: Nur dabei statt mittendrin

Mit 26, heißt es, sei man im besten Fußballeralter. Christian Pander hat ein halbes Jahr lang den Fußball nur aus der Ferne gesehen. Das linke Knie, immer wieder das linke Knie. Im August 2009 war er gerade wieder ins Training zurückgekehrt, als er bei einem Schussversuch den Ball so unglücklich traf, dass das gerade erst ausgeheilte Innenband im Knie erneut geschädigt wurde. Folge: Operation, seine fünfte.

In bald sechs Jahren als Profi hat Christian Pander gerade einmal 74 Bundesliga-Spiele bestritten – angesichts seiner Fähigkeiten eine läppische Zahl. Gut die Hälfte der Zeit war er verletzt. In seiner ersten Saison kam der Linksverteidiger auf 24 Einsätze, danach nie auf mehr als 17. In der aktuellen Spielzeit ist Pander, der einst von Preußen Münster nach Schalke gewechselt war, noch gar nicht aufgelaufen. Zum ersten Länderspiel in England im August 2007 ist nur ein einziges dazu gekommen: in Wales zwei Wochen später, WM-Qualifikation, eine Halbzeit. Mehr nicht.

„Dafür bin ich nicht Profi geworden“

„Es bringt nichts, sich vorzustellen, wo ich heute hätte sein können oder was aus mir geworden wäre“, sagt Christian Pander. „Das zieht einen doch nur runter.“ Aber klar, er habe sich das auch anders vorgestellt als morgens in die Kabine zu gehen, den Kollegen Hallo zu sagen, für einen flüchtigen Moment ein Teil der Mannschaft zu sein, dann als Solist im Kraftraum zu verschwinden und hin und wieder mal mit dem Trainer darüber zu sprechen, wie denn gerade das werte Befinden ist. „Dafür bin ich nicht Fußballprofi geworden.“

Warten. Kämpfen. Zähne zusammenbeißen. Aufgeben? „Ich mache mir meine Gedanken, das ist doch normal“, sagt er. „Aber solange die Ärzte mir Hoffnungen und Mut machen, dass alles wieder vollständig in Ordnung kommt, denke ich nicht ans Aufhören.“

Seit zwei Wochen trainiert Pander wieder mit dem Ball. Leichtes Passspiel nur, ein Anfang, aber ein wichtiger. „Entscheidend is’ aufn Platz“, sagt man im Ruhrgebiet. Für Pander gilt das Gleiche. Und vor allem: „Das Knie ist bislang stabil. Das Gefühl wird immer besser.“ Aus der Übung sei er trotz so einer langen Pause nicht gekommen: „Fußball ist wie Radfahren. Das verlernt man nicht.“ Ein Kopfproblem habe er nicht. „Hält das Knie, ist auch die Sicherheit schnell wieder da.“

„Ich darf nicht zu früh anfangen"

Doch er hat gelernt, seinen Ehrgeiz im Zaum zu halten. Auch das ist so eine Erfahrung eines Langzeitverletzten. „Ich muss die ganze Sache mit Bedacht angehen, darf nicht zu früh anfangen“, sagt er. „Das habe ich manchmal gemacht. Das war ein Fehler von mir.“



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Im Fußball gibt es diese besonderen Momente, die hängen bleiben. Auch Jahre später noch. Günter Netzer etwa wird heute noch danach gefragt, wie das damals war 1973, als er sich im DFB-Pokalfinale selbst einwechselte.

Und genauso gilt Klaus Fischer nach bald 30 Jahren und seinem Tor gegen Frankreich noch immer als Experte in Sachen Fallrückzieher. Augenblicke nur, doch sie wirken.

Christian Pander hat solch einen auch erlebt. An geschichtsträchtiger Stätte obendrein. Der 26-Jährige erzählt DFB.de-Redakteur Gereon Tönnihsen, wie er den Moment erlebt hat.

Siegtorschütze in Wembley

August 2007: Duell im neu eröffneten Wembley-Stadion. England hat Deutschland als Gast geladen. Christian Pander, der Linksverteidiger von Schalke 04, ist auch dabei, als Debütant, der 14. der Ära Löw. Die erste Halbzeit ist beinahe vorbei, 1:1 steht es. Und Pander, der in ein paar Tagen 24 wird, hat bislang ein nervöses Debüt hinter sich, ist ein paar Mal überlaufen worden, hat schlecht ausgesehen beim 0:1, hätte mit einer Ecke aber beinahe ein Tor vorbereitet.

Dann geht es sehr schnell. Philipp Lahm passt auf Pander, und der hält aus 25 Metern drauf, Vollspann mit links, fast aus dem Stand, der Ball dreht sich nicht einmal und schlägt im Winkel ein. Unhaltbar für Paul Robinson, Englands Torwart. 2:1 für den DFB. Dabei bleibt es bis zum Abpfiff, Deutschland gewinnt die Wembley-Premiere – dank Panders Traumtor.

„Gewöhnen wird man sich nie daran“

Februar 2010: Christian Pander ist den ganzen Morgen in der Reha gewesen. Kraft aufbauen, Kondition und Stabilität. Wieder einmal. Pander hat Übung darin, doch es fällt ihm schwer. „Gewöhnen wird man sich nie daran“, sagt er gegenüber DFB.de. Wenn seine Kollegen in der Arena AufSchalke um Bundesliga-Punkte ringen, sitzt der 26-Jährige auf der Tribüne und schaut zu. Wenn sie trainieren, schwitzt Pander im Reha-Zentrum.

Mit 26, heißt es, sei man im besten Fußballeralter. Christian Pander hat ein halbes Jahr lang den Fußball nur aus der Ferne gesehen. Das linke Knie, immer wieder das linke Knie. Im August 2009 war er gerade wieder ins Training zurückgekehrt, als er bei einem Schussversuch den Ball so unglücklich traf, dass das gerade erst ausgeheilte Innenband im Knie erneut geschädigt wurde. Folge: Operation, seine fünfte.

In bald sechs Jahren als Profi hat Christian Pander gerade einmal 74 Bundesliga-Spiele bestritten – angesichts seiner Fähigkeiten eine läppische Zahl. Gut die Hälfte der Zeit war er verletzt. In seiner ersten Saison kam der Linksverteidiger auf 24 Einsätze, danach nie auf mehr als 17. In der aktuellen Spielzeit ist Pander, der einst von Preußen Münster nach Schalke gewechselt war, noch gar nicht aufgelaufen. Zum ersten Länderspiel in England im August 2007 ist nur ein einziges dazu gekommen: in Wales zwei Wochen später, WM-Qualifikation, eine Halbzeit. Mehr nicht.

„Dafür bin ich nicht Profi geworden“

„Es bringt nichts, sich vorzustellen, wo ich heute hätte sein können oder was aus mir geworden wäre“, sagt Christian Pander. „Das zieht einen doch nur runter.“ Aber klar, er habe sich das auch anders vorgestellt als morgens in die Kabine zu gehen, den Kollegen Hallo zu sagen, für einen flüchtigen Moment ein Teil der Mannschaft zu sein, dann als Solist im Kraftraum zu verschwinden und hin und wieder mal mit dem Trainer darüber zu sprechen, wie denn gerade das werte Befinden ist. „Dafür bin ich nicht Fußballprofi geworden.“

Warten. Kämpfen. Zähne zusammenbeißen. Aufgeben? „Ich mache mir meine Gedanken, das ist doch normal“, sagt er. „Aber solange die Ärzte mir Hoffnungen und Mut machen, dass alles wieder vollständig in Ordnung kommt, denke ich nicht ans Aufhören.“

Seit zwei Wochen trainiert Pander wieder mit dem Ball. Leichtes Passspiel nur, ein Anfang, aber ein wichtiger. „Entscheidend is’ aufn Platz“, sagt man im Ruhrgebiet. Für Pander gilt das Gleiche. Und vor allem: „Das Knie ist bislang stabil. Das Gefühl wird immer besser.“ Aus der Übung sei er trotz so einer langen Pause nicht gekommen: „Fußball ist wie Radfahren. Das verlernt man nicht.“ Ein Kopfproblem habe er nicht. „Hält das Knie, ist auch die Sicherheit schnell wieder da.“

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„Ich darf nicht zu früh anfangen"

Doch er hat gelernt, seinen Ehrgeiz im Zaum zu halten. Auch das ist so eine Erfahrung eines Langzeitverletzten. „Ich muss die ganze Sache mit Bedacht angehen, darf nicht zu früh anfangen“, sagt er. „Das habe ich manchmal gemacht. Das war ein Fehler von mir.“

Noch fehlt einiges zur Rückkehr ins Mannschaftstraining. Das Knie muss erst wieder größerer Belastung standhalten, um einen Zweikampf mit Marcelo Bordon oder Heiko Westermann heil zu überstehen. Wann er wieder mit den Kollegen trainiert, sei noch offen. Aber in dieser Saison, sagt Pander, wolle er auf jeden Fall noch mal spielen.

In einer erfolgreichen Schalker Mannschaft ist sein Platz links in der Viererkette immer noch nicht dauerhaft besetzt. „Das interessiert mich im Moment noch nicht. Erst muss ich fit werden“, sagt er. Das klingt demütig für einen zweimaligen Nationalspieler, aber wahrscheinlich ist es einfach nur richtig und vernünftig.

„Ich traue den Jungs den WM-Titel zu“

Wenn die Nationalmannschaft im Sommer nach Südafrika aufbricht, wird auch Pander nicht daheim bleiben. In den Urlaub soll es gehen. Wohin, weiß er noch nicht. „Aber auf jeden Fall muss es da einen Fernseher geben, damit ich die deutschen Spiele sehen kann“, sagt der 26-Jährige. Wen er auf seiner Position als linker Außenverteidiger sieht? „Von Dennis Aogo bin ich sehr begeistert. Er wäre eine Option, falls Philipp Lahm rechts benötigt wird. Oder Marcell Jansen, auch wenn der zuletzt weiter vorne eingesetzt wurde.“ Wird Deutschland Weltmeister? „Das traue ich den Jungs zu.“

Manchmal, sagt Christian Pander, denkt er immer noch zurück an Wembley im August 2007 und an sein Tor aus 25 Metern. „Ein großes Erlebnis war das“, sagt er. Und schiebt nach: „Etwas traurig ist es schon, zu wissen, dass ich sicher noch weitere Chancen in der Nationalmannschaft bekommen hätte, wäre ich fit gewesen.“

Doch mit Sentimentalitäten mag er sich nicht lange aufhalten. Das ist nicht seine Art. „Vielleicht wird das ja irgendwann noch mal was“, sagt er. Irgendwann, wenn er gesund ist. Und bleibt.