Chile: Die Rückkehr der "Roten Teufel"

In Chile haben sie wieder Vertrauen in ihr Team. Unter Trainer Sampaoli wurde die WM-Qualifikation geschafft, neulich erst England in Wembley besiegt. Mit breiter Brust fährt die "Roja" nach Brasilien. Wenn da nicht diese Hammergruppe wäre. Doch die Spieler schreckt auch das nicht. Heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) wollen sie in Stuttgart erst mal gegen Deutschland bestehen.

Haare raufen ist zwar schwierig angesichts der Glatze, aber eine kleine Gefühlsregung hätte ihm keiner verübelt nach diesem Knaller vergangenen Dezember in Costa do Sauípe. Vielleicht hatte ihm ja die langbeinige Moderatorin Fernanda Lima die Sprache geraubt, jedenfalls nahm Chiles Nationalcoach Jorge Sampaoli die Hammergruppe bei der WM-Auslosung gelassen hin: "Das wird kompliziert wegen der Eigenschaften der Teams, gegen die wir anzutreten haben", lautet die Antwort des Trainers, der nächste Woche 54 wird. "Aber mit anderen Gegnern wäre es wohl auch nicht einfacher. Wir müssen ein gutes Trainingslager absolvieren und so gut vorbereitet antreten wie möglich."

"Spanien Erster, wir Zweiter"

Dabei hatte Sampaoli Minuten zuvor erfahren, dass seine zu Hoffnungen Anlass gebende "Roja" bei der Endrunde ab 12. Juni in Gruppe B gegen Weltmeister Spanien ran muss, gegen Vize-Weltmeister Niederlande und Australien - und im Achtelfinale träfe man wohl auf Brasilien. In Chile jedoch haben sie all das gelassen aufgenommen. Nicht nur Sampaoli, der aufgrund seines Äußeren, aber auch seiner nüchternen Art fast ein wenig buddhahaft daherkommt.

Stürmer Alexis Sánchez gab sich gar auch verbal offensiv: "Spanien Erster, wir Zweiter", meinte der Angreifer vom FC Barcelona angesichts der relativ klaren Qualifikation. Seine Zuversicht zog er aber wohl auch aus einem Lob von ganz oben: Weltmeistercoach Vicente del Bosque hatte sich seinerseits beeindruckt gezeigt vom Gegner aus dem Andenland: "Chile ist ein unangenehmer Rivale, der viel Druck macht und erfahrene wie auch laufstarke Spieler stellt."

Del Bosque weiß, wovon er spricht. 2010 in Südafrika auf dem Weg zum WM-Titel traf man in der Gruppenphase schon einmal aufeinander: Die im positiven Sinne respektlos agierenden Südamerikaner verloren - trotz einer Stunde in Unterzahl - nur knapp 1:2, kamen aber dennoch weiter.

Mannschaft hat sich "fast nur positiv entwickelt"

Seither hat sich die Mannschaft "fast nur positiv entwickelt", sagt kein Geringerer als Chiles Stürmerlegende Iván Zamorano. Er traut seinen Nachfolgern auch jetzt wieder eine Überraschung zu: "Jungs wie Sánchez und Vidal haben nun noch mal mehr Erfahrung. Sie sind es bei Barça und Juventus auch permanent gewohnt, mit Druck von außen umzugehen."

Bei der WM 2010 hatten sie im Achtelfinale beim 0:3 gegen Brasilien aber (noch) keine Chance. Doch der damalige Trainer Marcelo Bielsa, Ende 2010 im Clinch mit der Verbandsführung zurückgetreten, hatte die Basis für den Aufschwung der "Roja" gelegt.

Sein Nach-Nachfolger Sampaoli ist bereits der dritte argentinische Coach in Folge bei den Chilenen. Was angesichts der traditionellen Nickeligkeiten zwischen den Nachbarn durchaus überrascht, ist letztlich aber nur logische sportliche Konsequenz: Sampaoli war mit dem Traditionsklub Universidad de Chile dreimal Meister, einmal Pokalsieger und gewann die Copa Sudamericana.

Aus den "Roten" werden wieder die "Roten Teufel"

Zwar qualifizierte sich Chile als Dritter Südamerikas relativ sicher für die WM, doch neun Siege bei sechs Niederlagen in 16 Spielen zeugen von einem Auf und Ab in den Jahren seit Bielsas Abgang. 29 erzielte Treffer wurden nur von Gruppensieger Argentinien überboten, aber mehr als Chiles 25 Gegentore fingen auch nur drei Teams. Altstar Zamorano mahnt daher: "Die Spanier sind extrem quirlig, die Holländer sehr schnell, da muss die Konzentration in der Defensive höher sein als in der Qualifikation."

Nach der Zwischenlösung mit Claudio Borghi brachte Sampaoli seit Ende 2012 wieder Zug rein, wurden die "Roten" wieder zu "Roten Teufeln", gewannen von den verbleibenden sieben Qualifikationsspielen fünf, verloren nur eines. Weltweit für Aufsehen sorgte im November 2013 dann das 2:0 im Testspiel in England. Die Botschaft von Wembley: Mit diesen Chilenen ist auch in Brasilien zu rechnen, auch wenn man Tage später gegen den WM-Gastgeber 1:2 verlor. Monate zuvor hatte es ja schon ein 2:2 gegen Weltmeister Spanien gegeben.

"König Arturo" Vidal ist neben Barças Alexis Sánchez die tragende Säule dieser offensiv ausgerichteten Mannschaft, die mit Keeper Claudio Bravo (seit acht Jahren in San Sebastián) und Mittelfeldmann Gary Medel (nach Jahren in Sevilla jetzt bei Cardiff City) weitere Schlüsselspieler hat und deren Stammformation zum großen Teil in Europa spielt: wie Basels Marcelo Díaz, Juves Mauricio Isla oder Valencias Zugang Eduardo Vargas. Das macht Mut, und Vidal ist das personifizierte Selbstvertrauen: "Es ist WM. Mein Ziel ist daher der WM-Titel." Klare Ansage.

[dfb]

In Chile haben sie wieder Vertrauen in ihr Team. Unter Trainer Sampaoli wurde die WM-Qualifikation geschafft, neulich erst England in Wembley besiegt. Mit breiter Brust fährt die "Roja" nach Brasilien. Wenn da nicht diese Hammergruppe wäre. Doch die Spieler schreckt auch das nicht. Heute (ab 20.45 Uhr, live in der ARD) wollen sie in Stuttgart erst mal gegen Deutschland bestehen.

Haare raufen ist zwar schwierig angesichts der Glatze, aber eine kleine Gefühlsregung hätte ihm keiner verübelt nach diesem Knaller vergangenen Dezember in Costa do Sauípe. Vielleicht hatte ihm ja die langbeinige Moderatorin Fernanda Lima die Sprache geraubt, jedenfalls nahm Chiles Nationalcoach Jorge Sampaoli die Hammergruppe bei der WM-Auslosung gelassen hin: "Das wird kompliziert wegen der Eigenschaften der Teams, gegen die wir anzutreten haben", lautet die Antwort des Trainers, der nächste Woche 54 wird. "Aber mit anderen Gegnern wäre es wohl auch nicht einfacher. Wir müssen ein gutes Trainingslager absolvieren und so gut vorbereitet antreten wie möglich."

"Spanien Erster, wir Zweiter"

Dabei hatte Sampaoli Minuten zuvor erfahren, dass seine zu Hoffnungen Anlass gebende "Roja" bei der Endrunde ab 12. Juni in Gruppe B gegen Weltmeister Spanien ran muss, gegen Vize-Weltmeister Niederlande und Australien - und im Achtelfinale träfe man wohl auf Brasilien. In Chile jedoch haben sie all das gelassen aufgenommen. Nicht nur Sampaoli, der aufgrund seines Äußeren, aber auch seiner nüchternen Art fast ein wenig buddhahaft daherkommt.

Stürmer Alexis Sánchez gab sich gar auch verbal offensiv: "Spanien Erster, wir Zweiter", meinte der Angreifer vom FC Barcelona angesichts der relativ klaren Qualifikation. Seine Zuversicht zog er aber wohl auch aus einem Lob von ganz oben: Weltmeistercoach Vicente del Bosque hatte sich seinerseits beeindruckt gezeigt vom Gegner aus dem Andenland: "Chile ist ein unangenehmer Rivale, der viel Druck macht und erfahrene wie auch laufstarke Spieler stellt."

Del Bosque weiß, wovon er spricht. 2010 in Südafrika auf dem Weg zum WM-Titel traf man in der Gruppenphase schon einmal aufeinander: Die im positiven Sinne respektlos agierenden Südamerikaner verloren - trotz einer Stunde in Unterzahl - nur knapp 1:2, kamen aber dennoch weiter.

Mannschaft hat sich "fast nur positiv entwickelt"

Seither hat sich die Mannschaft "fast nur positiv entwickelt", sagt kein Geringerer als Chiles Stürmerlegende Iván Zamorano. Er traut seinen Nachfolgern auch jetzt wieder eine Überraschung zu: "Jungs wie Sánchez und Vidal haben nun noch mal mehr Erfahrung. Sie sind es bei Barça und Juventus auch permanent gewohnt, mit Druck von außen umzugehen."

Bei der WM 2010 hatten sie im Achtelfinale beim 0:3 gegen Brasilien aber (noch) keine Chance. Doch der damalige Trainer Marcelo Bielsa, Ende 2010 im Clinch mit der Verbandsführung zurückgetreten, hatte die Basis für den Aufschwung der "Roja" gelegt.

Sein Nach-Nachfolger Sampaoli ist bereits der dritte argentinische Coach in Folge bei den Chilenen. Was angesichts der traditionellen Nickeligkeiten zwischen den Nachbarn durchaus überrascht, ist letztlich aber nur logische sportliche Konsequenz: Sampaoli war mit dem Traditionsklub Universidad de Chile dreimal Meister, einmal Pokalsieger und gewann die Copa Sudamericana.

Aus den "Roten" werden wieder die "Roten Teufel"

Zwar qualifizierte sich Chile als Dritter Südamerikas relativ sicher für die WM, doch neun Siege bei sechs Niederlagen in 16 Spielen zeugen von einem Auf und Ab in den Jahren seit Bielsas Abgang. 29 erzielte Treffer wurden nur von Gruppensieger Argentinien überboten, aber mehr als Chiles 25 Gegentore fingen auch nur drei Teams. Altstar Zamorano mahnt daher: "Die Spanier sind extrem quirlig, die Holländer sehr schnell, da muss die Konzentration in der Defensive höher sein als in der Qualifikation."

Nach der Zwischenlösung mit Claudio Borghi brachte Sampaoli seit Ende 2012 wieder Zug rein, wurden die "Roten" wieder zu "Roten Teufeln", gewannen von den verbleibenden sieben Qualifikationsspielen fünf, verloren nur eines. Weltweit für Aufsehen sorgte im November 2013 dann das 2:0 im Testspiel in England. Die Botschaft von Wembley: Mit diesen Chilenen ist auch in Brasilien zu rechnen, auch wenn man Tage später gegen den WM-Gastgeber 1:2 verlor. Monate zuvor hatte es ja schon ein 2:2 gegen Weltmeister Spanien gegeben.

"König Arturo" Vidal ist neben Barças Alexis Sánchez die tragende Säule dieser offensiv ausgerichteten Mannschaft, die mit Keeper Claudio Bravo (seit acht Jahren in San Sebastián) und Mittelfeldmann Gary Medel (nach Jahren in Sevilla jetzt bei Cardiff City) weitere Schlüsselspieler hat und deren Stammformation zum großen Teil in Europa spielt: wie Basels Marcelo Díaz, Juves Mauricio Isla oder Valencias Zugang Eduardo Vargas. Das macht Mut, und Vidal ist das personifizierte Selbstvertrauen: "Es ist WM. Mein Ziel ist daher der WM-Titel." Klare Ansage.