BVB im Achtelfinale in St. Petersburg: Jetzt erst recht

Aufheitern könnte die Stimmung zusätzlich Sebastian Kehl. Der einzige aktuelle BVB-Profi mit Russland-Erfahrung könnte beispielsweise die Anekdote aus dem November 2002 erzählen. Kehl, damals ein Jungspund und gerade neu beim BVB, verpasste den Abflug zum Auswärtsspiel bei Lokomotive Moskau. Von Frankfurt aus musste er der Mannschaft per Linienflug hinterherreisen. Sein Trainer hieß ausgerechnet Matthias Sammer. Und man kann sich vorstellen, dass der nicht gerade amüsiert darüber war. Sebastian Kehl kennt sich also aus mit Widrigkeiten vor einem Spiel in Russland.

Die Pointe: Der BVB hat damals 2:1 gewonnen, und Sebastian Kehl hat dabei ein starkes Spiel gemacht. Gegen beides hätte Jürgen Klopp, Kehls heutiger Trainer, wohl auch diesmal nichts einzuwenden. Der Kapitän selbst sagte kurz vor dem Start von Flug TK 3332: "Es heißt ja, Zenit sei der leichteste Gegner im Achtelfinale - das ist aber nicht so." Es scheint tatsächlich beschwerlich zu werden.

[nh]


Der Montagmorgen hätte in Dortmund nicht schöner sein können: strahlend blauer Himmel, klare Sicht, beste Aussicht auf einen neuen Festtag in der Königsklasse. Die Borussen lieben diese Dienstreisen mit dem Flugzeug. Sie sind immer noch etwas Besonderes, auch in diesem schnelllebigen Fußballzirkus. Zu lange haben sich die Dortmunder zwischendurch die Spiele der Beletage des europäischen Fußballs vor dem heimischen Fernseher anschauen müssen, zu weit sind sie im vergangenen Jahr gekommen, zu nah waren sie dran am Coup.

Vor dem Achtelfinalhinspiel bei Zenit St. Petersburg heute (ab 18 Uhr, live auf Sky) könnte also alles einfach sein - einfach und leicht. Doch das ist es nicht. Flug TK 3332 war ordentlich beschwert. Würden die Dortmunder ihre Probleme tatsächlich in den sprichwörtlichen Rucksack stopfen, hätten sie Sondergepäck aufgeben müssen. 0:3 in Hamburg verloren. Und - vor allem - Sven Bender verloren.

Sven Bender fällt lange aus

Beim BVB haben sie gelernt, mit Widrigkeiten umzugehen. Der Standardsatz nach einem sportlichen Rückschlag in der Bundesliga unmittelbar vor einem Festtag in der Champions League ist der Verweis darauf, dass es sich dabei ja schließlich um einen ganz anderen Wettbewerb handele. Diesmal vorgetragen von Nationalspieler Marcel Schmelzer. Der Standpunkt nach einem neuerlichen Verlust eines Mitspielers durch Verletzung ist: Sarkasmus. Vorgelebt von Trainer Jürgen Klopp. Motto: "Ich hätte gerne auch mal ein Saisonspiel mit Ilkay gemacht."

Doch Ilkay Gündogan wird auch in St. Petersburg nicht mitmachen können. Im Rücken des Nationalspielers ist wieder ein Nerv entzündet. Für Neven Subotic und Jakub Blaszczykowski ist die Saison nach Kreuzbandrissen lange vorbei. Und nun hat es wieder einmal - besser - schon wieder Sven Bender erwischt. Der Nationalspieler, bei dem man im Personalausweis auch den Namen "Eisen-Manni" eintragen könnte, ist zwar durch keine denkbare Gesichtsfraktur zu stoppen, eine Schambeinentzündung zwingt aber selbst ihn zur Pause.

Sechs Wochen wird Sven Bender nach Einschätzung von BVB-Mannschaftsarzt Dr. Markus Braun auf sportliche Belastungen verzichten müssen, weitere vier Wochen wird eben jener Belastungswiederaufbau dauern. Macht unterm Strich: Zehn Wochen - plus X. Bedeutet: Rückkehr womöglich Anfang Mai, vielleicht später. Diese Verletzung ist nicht einfach nur die nächste, sie verändert so manchen Jahresplan. Natürlich und vor allem den von Sven Bender selbst, aber auch jenen der Borussia aus Dortmund.

Auch Hummels fällt aus

Trainer Jürgen Klopp bleiben die mittlerweile ebenfalls schon zur Routine gewordenen Gedankenspiele. Er kann den beim 0:3 in Hamburg nicht eingesetzten Ex-Nationalspieler Sebastian Kehl in die Mannschaft und nach dem Ausfall Benders auf seine angestammte Position zentral vor die Abwehr beordern. Er könnte den am Samstag erstmals wieder eingewechselten Nationalspieler Marco Reus in die Startelf befördern. Und er kann Alleskönner Kevin Großkreutz überall dorthin stellen, wo er gerade noch Not hat.

Zugleich fällt allerdings die angestrebte Rückkehr von Abwehrchef Mats Hummels (nach Stauchung und Bandzerrung im Bereich des Fußwurzelgelenkes) aus. Beim Training am Sonntag konnte der Nationalspieler nicht voll belastet werden. Mitgeflogen nach St. Petersburg ist er aber, kann aber nur von der Tribüne aus die Daumen drücken. Zudem plagt sich Robert Lewandowski mit den Nachwehen einer Erkältung herum, der Torjäger spielt aber.

Immerhin: Mit dem nachgemeldeten Manuel Friedrich würde sich trotz des Fehlens von Subotic, Bender und womöglich auch Hummels erstmals in der Champions League eine weitere erfahrene Alternative für den Posten neben Sokratis anbieten. Die offizielle Dortmunder Sprachregelung hat der Ex-Nationalspieler jedenfalls schon verinnerlicht. "Unsere Stimmung und Einstellung für das wichtige Spiel gegen St. Petersburg wird das Ergebnis gegen den HSV nicht beeinflussen", sagte Friedrich nach der Niederlage in Hamburg.

Kapitän Kehl mit Erfahrungswerten in Russland

Aufheitern könnte die Stimmung zusätzlich Sebastian Kehl. Der einzige aktuelle BVB-Profi mit Russland-Erfahrung könnte beispielsweise die Anekdote aus dem November 2002 erzählen. Kehl, damals ein Jungspund und gerade neu beim BVB, verpasste den Abflug zum Auswärtsspiel bei Lokomotive Moskau. Von Frankfurt aus musste er der Mannschaft per Linienflug hinterherreisen. Sein Trainer hieß ausgerechnet Matthias Sammer. Und man kann sich vorstellen, dass der nicht gerade amüsiert darüber war. Sebastian Kehl kennt sich also aus mit Widrigkeiten vor einem Spiel in Russland.

Die Pointe: Der BVB hat damals 2:1 gewonnen, und Sebastian Kehl hat dabei ein starkes Spiel gemacht. Gegen beides hätte Jürgen Klopp, Kehls heutiger Trainer, wohl auch diesmal nichts einzuwenden. Der Kapitän selbst sagte kurz vor dem Start von Flug TK 3332: "Es heißt ja, Zenit sei der leichteste Gegner im Achtelfinale - das ist aber nicht so." Es scheint tatsächlich beschwerlich zu werden.