Bundesliga: "Beeindruckende Entwicklung"

DFB.de: Wie fällt Ihre Bewertung aus wirtschaftlicher Sicht aus?

Dietrich: Auch hier sehe ich eine beeindruckende Entwicklung. Zentrale Meilensteine der letzten Jahre waren zunächst die TV-Kooperation mit Eurosport, die erstmals für eine regelmäßige TV-Präsenz der Liga gesorgt hat, sowie die großartige Namingright-Kooperation mit der Allianz. Die solidarische Verteilung der mit dem Ligasponsoring verbundenen Erlöse hat dazu beigetragen, dass sich die Klubs im Gleichschritt besser aufstellen und weiterentwickeln können. Für mich ein ganz wichtiger Punkt, denn mit einer nach Platzierung gestaffelten Verteilung wäre die Schere zwischen "oben und unten" weiter auseinandergegangen. Die Einnahmen durch die TV-Kooperation mit Eurosport sind zwar überschaubar, allerdings bieten die attraktiven Livepräsenzen in Europas größtem Sportsender eine wichtige Argumentationsgrundlage in der Vermarktung der Vereine.

Röttgermann: Wir müssen uns die gesamte wirtschaftliche Perspektive der Liga wie ein Rad vorstellen, das irgendwann richtig in Schwung gebracht werden muss. Da kann es verschiedene Schwunggeber geben. Das eine ist die sportliche Attraktivität, die am Ende dazu führt, dass mehr Zuschauer kommen, was wiederum zu mehr Sponsoren führen kann und auch einer höheren medialen Aufmerksamkeit. Wir müssen sehen, dass wir gemeinsam an all diesen Elementen arbeiten, um sie zu verbessern. Wir wissen alle, dass das Potenzial des Frauenfußballs so ist, dass er mittelfristig die klare Nummer zwei im deutschen Mannschaftssport sein kann. Vor dem Männer-Handball, vor dem Männer-Eishockey, vor dem Männer-Basketball - und daran müssen wir hart arbeiten. Die Vereine müssen daran arbeiten, indem sie die Infrastrukturen verbessern. Aber wir erwarten auch vom DFB deutliche Anstrengungen, die mediale Vermarktung der Frauen-Bundesliga weiterhin zu verbessern, wobei da gleichermaßen die daraus entstehenden Einnahmen wichtig sind, wie auch die Reichweite.

DFB.de: Können Sie konkrete Zahlen nennen, die diese Entwicklung darstellen?

Dietrich: Laut des wirtschaftlichen Saisonberichts sind die Erträge aller Klubs in der Saison 2014/2015 mit 11,8 Millionen Euro auf einen neuerlichen Höchstwert gestiegen, wobei die Partnererträge aus TV-Einnahmen und Ligasponsoring, einen durchaus wichtigen Anteil daran haben. Die Werbeerträge aller Klubs haben sich seit 2009 um 83 Prozent nach oben entwickelt - das sind schon Zahlen, die sich sehen lassen können.

Röttgermann: Von der Steigerung der Erträge profitieren alle, vor allem - wenn auch nicht ausschließlich - die kleineren Vereine. Diese gesicherten Finanzen ermöglichen die wichtige Professionalisierung in der Breite und - hoffentlich - einen Ausbau der Infrastruktur. Uns muss klar sein, dass damit wiederum die Aufwendungen für die Vereine steigen, dies muss in einem gesunden Verhältnis geschehen. Gerade für die Steigerung der Werbeerträge gibt es unterschiedliche Gründe. So ist es für Sponsoren und Werbepartner natürlich höchst attraktiv, dass deutsche Vertreter regelmäßig um den Titel in der Champions League spielen. Aber auch die Frauen-WM 2011 hatte einen nachhaltigen Effekt, denn da wurden Spielerinnen zum ersten Mal zu Gesichtern mit hohem Wiedererkennungswert und Vermarktungspotenzial. Ein Effekt von dem auch die Vereine profitieren.

Dietrich: Erfreulich finde ich auch, dass mittlerweile acht Prozent der Gesamtaufwendungen in die Talentförderung investiert werden. Dies unterstreicht, dass die Klubverantwortlichen mit Nachhaltigkeit und Weitsicht agieren. Zwar sind auf der Gegenseite auch die Aufwendungen gestiegen, vor allem im Personalbereich. Man muss aber betonen, dass sich der Personalaufwand in Bezug auf den Gesamtaufwand in einer absolut gesunden Relation bewegt. Allerdings sind die wirtschaftlichen und strukturellen Voraussetzungen bei den zwölf Ligavereinen völlig unterschiedliche. Die Frauenteams der Männer-Lizenzvereine haben eine leicht zu erklärende Vormachtstellung übernommen: So demonstrieren die Ergebniszahlen des wirtschaftlichen Saisonberichts - ohne die einzelnen Budgets der Frauenteams der Lizenzvereine genau zu kennen - gezielte Investments einiger Topmännerklubs, die deutlich jenseits der Möglichkeiten selbst der am besten vermarkteten reinen Frauenfußballvereine liegen, bei denen jeder Euro mit hohem Aufwand selbst verdient werden muss. Damit ist schon jetzt klar, wer in Zukunft aus der Situation heraus die Liga dominieren wird.



Sie gelten als Vordenker und Antreiber der Entwicklung in der Allianz Frauen-Bundesliga: Siegfried Dietrich, Manager des 1. FFC Frankfurt, und Thomas Röttgermann, als Geschäftsführer beim VfL Wolfsburg unter anderem für Frauenfußball zuständig. Im DFB.de-Interview gehen die beiden Macher auf die sportliche und wirtschaftliche Entwicklung der Allianz Frauen-Bundesliga ein, beleuchten Perspektiven und diskutieren das Spannungsverhältnis zwischen Lizenz- und Frauenfußballvereinen.

DFB.de: Herr Röttgermann, Herr Dietrich, die zweite Saisonhälfte läuft. Mit welchen Erwartungen blicken Sie den nächsten Monaten entgegen?

Siegfried Dietrich: Ich freue mich auf die nächsten Monate, in denen spannende Herausforderungen auf uns warten. In der Allianz Frauen-Bundesliga befinden wir uns momentan in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem VfL Wolfsburg um Platz zwei und ich bin mir sicher, dass dieser Zweikampf bis zum Schluss spannend bleiben kann. Und dann wirft ja auch bereits das Champions-League-Viertelfinale gegen den FC Rosengard mit Superstar Marta seine Schatten voraus. Solche Begegnungen sind das Salz in der Suppe, da schlägt das Herz der Frauenfußball-Fans einfach höher. Und ganz ehrlich: Ich bin nicht nur der Manager und Investor, sondern auch einer der größte Fans des 1. FFC Frankfurt.

Thomas Röttgermann: Wir, der VfL Wolfsburg, müssen unser Leistungsniveau weiter verstetigen. Wir müssen das hohe Niveau, das wir aufgrund der Qualität unserer Spielerinnen spielen können, möglichst konstant abliefern. Das erwarte ich für die restliche Saison und dann im Ergebnis auch, dass wir den Abstand nach unten vergrößern und den Abstand nach vorne, zu Bayern München, verkleinern.

DFB.de: Wie bewerten Sie die Entwicklung der Allianz Frauen-Bundesliga - zunächst aus sportlicher Sicht.

Dietrich: Sportlich hat sich die Allianz Frauen-Bundesliga in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt - das gilt für die Spitze ebenso wie für die Breite. Zudem haben immer wieder deutsche Klubs die Champions League gewonnen oder standen im Finale und konnten damit den oft zitierten Status "beste Frauenfußball-Liga der Welt" eindrucksvoll untermauern. Genauso wichtig ist aber die Tatsache, dass die Liga sehr homogen ist. In anderen Ländern gibt es ein, zwei oder drei Spitzenklubs, und dahinter klafft ein großes Gefälle.

Röttgermann: Ich stimme Siggi Dietrich zu, dass sich die Leistungsdichte deutlich verändert hat. Wo es in den vergangenen Jahren meist so war, dass drei Mannschaften immer alle anderen Teams zweimal pro Saison zum Teil hoch geschlagen haben, ändert sich das nun gerade grundlegend und ich denke, dass das eine gute Entwicklung ist, weil es am Ende das Niveau insgesamt heben wird. Ich bin mir sicher, dass sich dieser Trend in der zweiten Saisonhälfte bestätigen wird.

Dietrich: Hinzu kommt, dass wir in der Allianz Frauen-Bundesliga eine breite Spitze haben und ein immer stärker werdendes Mittelfeld, das mehr denn je dabei ist, die Lücke nach oben zu schließen. Ein Blick auf die zahlreichen Überraschungen in der ersten Saisonhälfte sowie auf die aktuelle Tabelle dient ja als bester Beleg für diese These. Die Ausgeglichenheit ist ein wichtiger Faktor für die Attraktivität der Liga. Wer will schon ein Spiel besuchen, bei dem der Sieger schon vorher feststeht?

Röttgermann: Wobei ich mittelfristig erwarte, dass weiterhin zwei, drei Mannschaften ein höheres Leistungsniveau haben werden als die restlichen Vereine. Wir werden feststellen, dass nur diese Mannschaften in der Lage sein werden, bis zum Ende in allen Wettbewerben um die Titel mitzuspielen, die es im Frauenfußball gibt. Also in der Bundesliga, im DFB-Pokal und - das gilt für die zwei deutschen Vertreter - in der Champions League.

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DFB.de: Wie fällt Ihre Bewertung aus wirtschaftlicher Sicht aus?

Dietrich: Auch hier sehe ich eine beeindruckende Entwicklung. Zentrale Meilensteine der letzten Jahre waren zunächst die TV-Kooperation mit Eurosport, die erstmals für eine regelmäßige TV-Präsenz der Liga gesorgt hat, sowie die großartige Namingright-Kooperation mit der Allianz. Die solidarische Verteilung der mit dem Ligasponsoring verbundenen Erlöse hat dazu beigetragen, dass sich die Klubs im Gleichschritt besser aufstellen und weiterentwickeln können. Für mich ein ganz wichtiger Punkt, denn mit einer nach Platzierung gestaffelten Verteilung wäre die Schere zwischen "oben und unten" weiter auseinandergegangen. Die Einnahmen durch die TV-Kooperation mit Eurosport sind zwar überschaubar, allerdings bieten die attraktiven Livepräsenzen in Europas größtem Sportsender eine wichtige Argumentationsgrundlage in der Vermarktung der Vereine.

Röttgermann: Wir müssen uns die gesamte wirtschaftliche Perspektive der Liga wie ein Rad vorstellen, das irgendwann richtig in Schwung gebracht werden muss. Da kann es verschiedene Schwunggeber geben. Das eine ist die sportliche Attraktivität, die am Ende dazu führt, dass mehr Zuschauer kommen, was wiederum zu mehr Sponsoren führen kann und auch einer höheren medialen Aufmerksamkeit. Wir müssen sehen, dass wir gemeinsam an all diesen Elementen arbeiten, um sie zu verbessern. Wir wissen alle, dass das Potenzial des Frauenfußballs so ist, dass er mittelfristig die klare Nummer zwei im deutschen Mannschaftssport sein kann. Vor dem Männer-Handball, vor dem Männer-Eishockey, vor dem Männer-Basketball - und daran müssen wir hart arbeiten. Die Vereine müssen daran arbeiten, indem sie die Infrastrukturen verbessern. Aber wir erwarten auch vom DFB deutliche Anstrengungen, die mediale Vermarktung der Frauen-Bundesliga weiterhin zu verbessern, wobei da gleichermaßen die daraus entstehenden Einnahmen wichtig sind, wie auch die Reichweite.

DFB.de: Können Sie konkrete Zahlen nennen, die diese Entwicklung darstellen?

Dietrich: Laut des wirtschaftlichen Saisonberichts sind die Erträge aller Klubs in der Saison 2014/2015 mit 11,8 Millionen Euro auf einen neuerlichen Höchstwert gestiegen, wobei die Partnererträge aus TV-Einnahmen und Ligasponsoring, einen durchaus wichtigen Anteil daran haben. Die Werbeerträge aller Klubs haben sich seit 2009 um 83 Prozent nach oben entwickelt - das sind schon Zahlen, die sich sehen lassen können.

Röttgermann: Von der Steigerung der Erträge profitieren alle, vor allem - wenn auch nicht ausschließlich - die kleineren Vereine. Diese gesicherten Finanzen ermöglichen die wichtige Professionalisierung in der Breite und - hoffentlich - einen Ausbau der Infrastruktur. Uns muss klar sein, dass damit wiederum die Aufwendungen für die Vereine steigen, dies muss in einem gesunden Verhältnis geschehen. Gerade für die Steigerung der Werbeerträge gibt es unterschiedliche Gründe. So ist es für Sponsoren und Werbepartner natürlich höchst attraktiv, dass deutsche Vertreter regelmäßig um den Titel in der Champions League spielen. Aber auch die Frauen-WM 2011 hatte einen nachhaltigen Effekt, denn da wurden Spielerinnen zum ersten Mal zu Gesichtern mit hohem Wiedererkennungswert und Vermarktungspotenzial. Ein Effekt von dem auch die Vereine profitieren.

Dietrich: Erfreulich finde ich auch, dass mittlerweile acht Prozent der Gesamtaufwendungen in die Talentförderung investiert werden. Dies unterstreicht, dass die Klubverantwortlichen mit Nachhaltigkeit und Weitsicht agieren. Zwar sind auf der Gegenseite auch die Aufwendungen gestiegen, vor allem im Personalbereich. Man muss aber betonen, dass sich der Personalaufwand in Bezug auf den Gesamtaufwand in einer absolut gesunden Relation bewegt. Allerdings sind die wirtschaftlichen und strukturellen Voraussetzungen bei den zwölf Ligavereinen völlig unterschiedliche. Die Frauenteams der Männer-Lizenzvereine haben eine leicht zu erklärende Vormachtstellung übernommen: So demonstrieren die Ergebniszahlen des wirtschaftlichen Saisonberichts - ohne die einzelnen Budgets der Frauenteams der Lizenzvereine genau zu kennen - gezielte Investments einiger Topmännerklubs, die deutlich jenseits der Möglichkeiten selbst der am besten vermarkteten reinen Frauenfußballvereine liegen, bei denen jeder Euro mit hohem Aufwand selbst verdient werden muss. Damit ist schon jetzt klar, wer in Zukunft aus der Situation heraus die Liga dominieren wird.

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DFB.de: Herr Röttgermann, sind die Lizenzvereine also eine Bedrohung für die reinen Frauenfußballvereine?

Röttgermann: Das sehe ich anders. Für mich sind Lizenzvereine eine echte Chance für die Frauen-Bundesliga und eine Bereicherung. Auf der einen Seite, weil sie oft gestandene Marken sind, die auch eine gewisse Attraktivität bieten. Ich glaube auch, dass die Lizenzvereine ein anderes Maß an Professionalität in die Liga bringen, die immer wichtiger wird. Und ich bin davon überzeugt, dass es am Ende ein Nebeneinander geben wird von profilierten und sehr professionell arbeitenden reinen Frauenfußballvereinen und Lizenzvereinen. Die Tendenz wird sicher dahin gehen, dass es noch mehr Lizenzvereine geben wird, die stringent Frauenmannschaften aufbauen, weil auch andere Vereine erkannt haben, welches Potenzial darin steckt, beide Richtungen anzubieten: Männerfußball und Frauenfußball.

DFB.de: Wie sieht das Siggi Dietrich?

Dietrich: Also schon zu Zeiten, als das Ligageschehen noch vom Zweikampf zwischen dem 1. FFC Frankfurt und dem 1. FFC Turbine Potsdam dominiert wurde, habe ich mir ein stärkeres Engagement der Lizenzvereine im Frauenfußball gewünscht. Immer wieder werde ich heute gefragt, ob ich das noch genauso sehen würde - nach dem Motto: "Die Geister, die ich rief..." Und auch heute bin ich der Meinung: Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Lizenzvereinen und reinen Frauenfußballvereinen, zwischen zwei völlig verschiedenen Welten und Philosophien, stellt für mich die ideale Wettbewerbssituation dar, die uns alle herausfordert. Auf der einen Seite erhöhen etablierte und erfolgreiche Marken, wie es der FC Bayern München oder der VfL Wolfsburg sind, die Wahrnehmung des Frauenfußballs. Auf der anderen Seite sorgen die reinen Frauenfußballvereine mit ihrer Tradition und ihrer eigenen Geschichte dafür, dass die Liga ihre besondere Identität behält und nicht nur als "Kopie" der Männer-Bundesliga wahrgenommen wird. Allerdings sollte eine erfolgreiche Frauenabteilung eines Männervereins eigene unternehmerische Strukturen entwickeln, durch die man seine wirtschaftlichen Voraussetzungen langfristig selbst schafft und nicht von einem "Dauersponsoring" aus der Portokasse der Männer lebt.

DFB.de: Wie können die Frauenfußballvereine von den Lizenzvereinen profitieren?

Röttgermann: Das Thema Professionalität und Infrastruktur hatte ich ja bereits angesprochen. Darüber hinaus braucht es zur Weiterentwicklung immer Impulse von Außen, damit man über aktive Veränderung wirklich nachdenkt und diese Veränderungen dann auch umsetzt und altes Denken über Bord wirft. Da kann es mehrere Impulsgeber geben, und Lizenzvereine, die entsprechende Erfahrung im Männerbereich haben, können dazu ganz besonders geeignet sein.

Dietrich: Wie gesagt, verfügen die Lizenzvereine über andere, in der Regel bessere finanzielle und infrastrukturelle Ressourcen. Dies sollte aber bei den Frauenfußballvereinen nicht zu Resignation führen - ganz im Gegenteil: Als Manager des 1. FFC Frankfurt sehe ich die gestiegene Konkurrenzsituation als Ansporn, die eigenen Rahmenbedingungen im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten zu optimieren oder zu verändern. Als Beispiel ist hier die Sanierung unserer Heimspielstätte zu nennen, die wir dank der hervorragenden Unterstützung der Stadt Frankfurt und des Landes Hessen mittlerweile zum Abschluss gebracht haben. Damit verfügen wir über ein Stadion, das sich nicht vor der Wolfsburger AOK-Arena oder dem Münchner Stadion an der Grünwalder Straße verstecken muss.

DFB.de: Können Lizenzvereine auch von den reinen Frauenfußballklubs profitieren?

Röttgermann: Sicherlich können auch Lizenzvereine von reinen Frauenvereinen lernen. Wir wissen, dass die Zielgruppen für Frauenfußball anders sind als die Zielgruppen für Männerfußball. Frauenvereine haben jahrzehntelange Erfahrung darin, diese Zielgruppen zu bedienen. Und zwar in jeder Hinsicht, was Zuschauer betrifft, was Medien betrifft, was Sponsoren betrifft. Da ist es natürlich immer sehr hilfreich zu wissen, welche Erfahrung reine Frauenfußballvereine gemacht haben, in dieser Art mit diesen Zielgruppen zu arbeiten. Und ich denke, dass davon Lizenzvereine profitieren können, übrigens auch beim Transfer dieser Erfahrungen in den Männerfußball.

Dietrich: Die Frauenabteilungen der Lizenzvereine können sich die "FFCs" zum Vorbild nehmen, wenn es darum geht, ihre eigenständige Identität innerhalb des Gesamtvereins herauszuarbeiten. Wie positioniere ich mich in meiner Stadt oder in meiner Region? Für welche Werte stehe ich? Wie kann ich meine mediale Wahrnehmung steigern? Diese Fragen stellen wir uns seit der Gründung des 1. FFC Frankfurt seit fast 20 Jahren durchaus erfolgreich. Und diese Fragen werden sich auch die Frauenabteilungen der Lizenzvereine stellen, wenn sie nicht nur als Abteilung, sondern als eigenständige Marke im und außerhalb des Vereins wahrgenommen werden wollen.

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DFB.de: Wo sehen Sie noch Potenzial?

Dietrich: Bei aller Zufriedenheit über den positiven Trend der letzten Jahre gibt es sicherlich kein Gebiet, in dem es nicht noch Luft nach oben gäbe. Von daher sind wir auch weiterhin gefragt, Potenziale zu erkennen und die Allianz Frauen-Bundesliga mit allen Beteiligten gemeinsam weiterzuentwickeln. Mir liegt besonders am Herzen, dass wir die Rahmenbedingungen in den Stadien weiter verbessern und somit die Attraktivität für Zuschauer, Sponsoren und Medienvertreter erhöhen. Genauso gilt es den Bekanntheitsgrad der Spielerinnen zu erhöhen. Die Fans wollen heute nicht nur ein Fußballspiel sehen, sondern ein Event erleben. Auf dieses Bedürfnis müssen wir noch mehr eingehen.

Röttgermann: Allgemein geht es darum, nicht selbstzufrieden oder zu bescheiden zu sein und zu sagen: Wir sind ein Nischenprodukt, und in dieser Nische fühlen wir uns eigentlich ganz wohl. Der Frauenfußball hat das Zeug zu mehr, dafür muss aber diese Selbstzufriedenheit weg. Man muss immer wieder kritisch hinterfragen: Ist die Infrastruktur richtig, haben wir uns richtig positioniert, auch gegenüber den Verbänden, gegenüber UEFA und FIFA, tun wir insgesamt genug, auch was die Vermarktung der Medien- und Werberechte betrifft?

DFB.de: Wo steht die Allianz Frauen-Bundesliga in fünf Jahren?

Dietrich: Die Grundvoraussetzungen sind gegeben, dass die positive Entwicklung der vergangenen Jahre anhält. Das Produkt Allianz Frauen-Bundesliga ist zweifelsohne attraktiv, der Frauenfußball ist mit weitem Abstand der erfolgreichste Frauen-Mannschaftssport nicht nur in Deutschland. Aber es gibt keinen Grund, sich zufrieden zurückzulehnen, da hat Thomas Röttgermann absolut recht. Wichtig wird sein, die regelmäßige TV-Präsenz weiter zu steigern und damit noch mehr Sponsoren zu generieren. Auch die Zuschauerzahlen sollten sich schrittweise nach oben entwickeln können, wenn wir - wie vorhin angesprochen - die Attraktivität in den Stadien und den Eventcharakter weiter im Blick haben. In früheren Zeiten hat die Liga immer wieder von den Erfolgen der Nationalmannschaft profitiert, weil der Frauenfußball nur in Zeiten großer Turniere medial stattgefunden hat. Diese Abhängigkeit sehe ich mittlerweile nicht mehr in dieser Ausprägung. Natürlich ist eine erfolgreiche Nationalmannschaft als Zugpferd weiterhin wichtig, aber die Allianz Frauen-Bundesliga wird als eigene Marke immer stärker und eigenständiger - und in den nächsten fünf Jahren ihre Wahrnehmung in der breiten Öffentlichkeit deutlich steigern.

Röttgermann: Ich bin davon überzeugt, dass sich bis dahin eine substanzielle Erhöhung der durchschnittlichen Besucherzahl ergeben haben wird. Ich hoffe auch, dass es in fünf Jahren keinen Verein mehr in der Frauen-Bundesliga gibt, der in einem Stadion ohne Rasenheizung spielt. Eine professionelle Infrastruktur in den Stadien ist essenziell für die Entwicklung des Frauenfußballs in Deutschland. Außerdem erhoffe ich mir eine Optimierung der medialen Vermarktung des Frauenfußballs. Ich bin davon überzeugt, dass all dies in einer Fünfjahresfrist zu erreichen ist, wenn alle Beteiligten die Anstrengungen jetzt deutlich vergrößern.