Brühl: "Fußball ist mehr als Angriff und Verteidigung"

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Daniel Brühl hat schon viele Rollen gespielt: lustige, nachdenkliche, traurige, gescheite. Aber noch nie hatten sie etwas mit Fußball zu tun. Bis jetzt. Im Kinofilm "Der ganz große Traum" spielt der 32-Jährige den Braunschweiger Lehrer Konrad Koch, der im Jahr 1874 den Fußball nach Deutschland brachte - der Anstoß eines unvergleichlichen Siegeszuges.

Redakteur Stephan Brause hat sich mit Brühl im DFB.de-Gespräch der Woche über seinen neuen Film unterhalten, der am Donnerstag in die Kinos kommt. Und hat dabei festgestellt, wie sehr sich der Schauspieler mit seiner Rolle identifiziert, weshalb er den Fußball so mag und warum er Konrad Koch sogar ein bisschen beneidet.

DFB.de: Herr Brühl, eigentlich wären Sie doch besser Fußballprofi geworden.

Daniel Brühl: Wieso das denn, gefällt Ihnen mein neuer Film nicht?

DFB.de: Doch, aber bei dem Namen: Daniel Cesar Martin Brühl Gonzales Domingo - das klingt doch nach südamerikanischem Fußballzauber.

Brühl: Jetzt, wo Sie es sagen: Stimmt, das macht echt was her. Auch, wenn Domingo der zweite Nachname meiner Mutter ist und somit nicht wirklich zu meinem Namen gehört. Aber klingt irgendwie schon nach hoher Fußballkunst. Leider habe ich die fußballerischen Erwartungen, die dieser Name bei dem ein oder anderen wecken mag, nicht ganz erfüllen können.

DFB.de: Aber eine Sportskanone müssen Sie dennoch sein. Schließlich haben Sie in einem Ihrer Filme einen Boxer gespielt und unlängst verraten, dass Sie jedes Weihnachtsfest mit Ihren Kumpels zum Schwimmen gehen.

Brühl: Na ja, dieses Weihnachtsschwimmen ist eher eine Rentnerveranstaltung. Aber sportlich bin ich, das stimmt. Ich brauche den Sport einfach als Abwechslung zur Schauspielerei. Ich spiele regelmäßig Tennis, gehe viel schwimmen und laufen. Und Fußball spiele ich auch immer wieder. Aber nur in wechselnden Hobbymannschaften. Zuletzt vor einigen Monaten am Rande von Dreharbeiten in Island, mit irgendwelchen Wikingern. Das war sehr spaßig.

DFB.de: Und jetzt spielen Sie in Ihrem neuesten Film den fußballbegeisterten Lehrer Konrad Koch. Ein gutes Drehbuch, so haben Sie gesagt, muss für Sie wie ein guter Roman sein. Es muss Sie von der ersten Seite an fesseln, so dass Sie es gar nicht mehr aus der Hand legen wollen. War das bei "Der ganz große Traum" so?

Brühl: Ja, und nicht nur das. Beim Lesen ist mir klar geworden, dass jeder Schauspieler, der ein echter Fußballfan ist, in seiner Karriere unbedingt einen Film über diesen Sport machen muss. Und als ich das Drehbuch zu "Der ganz große Traum" gelesen habe, wusste ich, dass genau dies ein Fußballfilm ist.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Brühl: Die ganze Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, hat einfach einen unglaublichen Charme. Als ich das Drehbuch durchgelesen hatte, habe ich sofort zugesagt.

DFB.de: Ist das normal?

Brühl: Nein, eigentlich nicht. Normalerweise bin ich bei der Wahl meiner Rollen viel vorsichtiger. Ich treffe mich erst viele Male mit dem Regisseur und hinterfrage die Person, die ich spielen soll, in allen Facetten. Das hat sich bei Konrad Koch aber total erübrigt. Ich war sofort Feuer und Flamme für ihn.

DFB.de: Wieso?

Brühl: Ich finde es faszinierend, wenn ich die Person, die ich spiele, etwas bewundern und auf ihren Charakter ein wenig neidisch sein kann. Und bei Konrad Koch ist das so. Er war ein euphorischer, unglaublich sympathischer Kerl, der mit unermüdlichem Ehrgeiz, ja fast missionarischem Einsatz ein großes Ziel erreichen wollte: Er wollte seinen Schülern zeigen, dass Unterricht Ende des 19. Jahrhunderts auch ohne Strafe und Schläge auskommen kann.

DFB.de: Und um ihnen das zu zeigen, benutzte er den bis dahin im deutschen Kaiserreich noch verpönten Sport Fußball.

Brühl: Genau, denn Fußball ging für Konrad Koch weit über Angriff und Verteidigung hinaus. All seine für die damalige Zeit sehr modernen Ideale wie Humor, Fairplay, Gemeinschaft und Teamgeist, die 1874 in der Schule eher nicht geduldet waren, manifestiert er in seiner Klasse durch Fußball. Er war einfach ein idealistischer, sympathischer Querdenker.

DFB.de: Und in dieser Person findet sich Daniel Brühl wieder?

Brühl: Ein wenig schon. Auch wenn ich glücklicherweise bei der Verfolgung eines Ziels nie auf solche Widerstände gestoßen bin wie ein Konrad Koch. Es ist ja schon unglaublich, wenn man sieht, wie in einem Land wie Deutschland, das zeit meines Lebens eine weltweit angesehene und teilweise gefürchtete Fußballnation ist, noch 1874 über den heutigen Nationalsport gedacht wurde. Von "Fußlümmelei", "Engländerkrankheit" oder "weibischer Treterei" ist da die Rede. Ich konnte es kaum glauben, dass dies damals ernsthafte Urteile über diese einfach geniale Sportart waren. Ich dachte immer, dass jeder sofort erkennen muss, welch zusammenführende Kraft im Fußball steckt. Aber dafür hat Konrad Koch dann ja gesorgt.

DFB.de: Aber seien Sie ehrlich: Bevor Sie das Drehbuch in der Hand hielten, hatten Sie noch nie etwas von Konrad Koch gehört, oder?

Brühl: Stimmt. Und ehrlich gesagt, war mir das sehr peinlich. Ich war immer überzeugt, ein Fußballfan mit unglaublichem Fachwissen zu sein. Als ich dann Konrad Koch nicht kannte, den Mann der Fußball nach Deutschland gebracht hatte, da habe ich mich in etwa so gefühlt wie ein Kandidat bei "Wer wird Millionär?", der bei einer 500-Euro-Frage scheitert. Ich habe geglaubt, eine eklatante Wissenslücke in meinem Fachgebiet zu haben. Aber dann habe ich mit vielen fußballverrückten Freunden gesprochen, und das hat mich wieder beruhigt. Auch die kannten Konrad Koch größtenteils nicht. Umso erstaunlicher finde ich es, dass es bislang noch keinen Film über diesen Menschen gibt. Schließlich ist sein Leben eine absolut erzählenswerte Geschichte.

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DFB.de: Das ändert sich ja jetzt. Nach den Erfolgen von "Das Wunder von Bern" und dem "Sommermärchen" ist wieder ein Fußballfilm entstanden. Unterscheidet sich der Dreh eigentlich von einem "normalen" Kinofilm?

Brühl: Zunächst ist "Der ganz große Traum" ja kein reiner Fußballfilm, sondern tatsächlich Kino für die ganze Familie, eine Mischung aus "Das Wunder von Bern" und "Der Club der toten Dichter". Generell ist ein Film über Fußball schwieriger zu drehen, denn vieles von der Emotionalität erlebt man eben nur im Spiel. Dieses Gefühl auf die Leinwand zu bringen, ist nicht leicht. Aber in "Der ganz große Traum" ist das wirklich gut gelungen, worauf ich ehrlich sehr stolz bin.

DFB.de: Auch darauf, dass Sie sich als Konrad Koch im Film die Abseitsregel von einer Frau erklären lassen müssen?

Brühl: Ach, das ist doch eine lustige Szene. Und wenn die Frau so hübsch ist wie meine Schauspielkollegin Henriette Confurius, dann ist das alles nur halb so schlimm.

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Daniel Brühl hat schon viele Rollen gespielt: lustige, nachdenkliche, traurige, gescheite. Aber noch nie hatten sie etwas mit Fußball zu tun. Bis jetzt. Im Kinofilm "Der ganz große Traum" spielt der 32-Jährige den Braunschweiger Lehrer Konrad Koch, der im Jahr 1874 den Fußball nach Deutschland brachte - der Anstoß eines unvergleichlichen Siegeszuges.

Redakteur Stephan Brause hat sich mit Brühl im DFB.de-Gespräch der Woche über seinen neuen Film unterhalten, der am Donnerstag in die Kinos kommt. Und hat dabei festgestellt, wie sehr sich der Schauspieler mit seiner Rolle identifiziert, weshalb er den Fußball so mag und warum er Konrad Koch sogar ein bisschen beneidet.

DFB.de: Herr Brühl, eigentlich wären Sie doch besser Fußballprofi geworden.

Daniel Brühl: Wieso das denn, gefällt Ihnen mein neuer Film nicht?

DFB.de: Doch, aber bei dem Namen: Daniel Cesar Martin Brühl Gonzales Domingo - das klingt doch nach südamerikanischem Fußballzauber.

Brühl: Jetzt, wo Sie es sagen: Stimmt, das macht echt was her. Auch, wenn Domingo der zweite Nachname meiner Mutter ist und somit nicht wirklich zu meinem Namen gehört. Aber klingt irgendwie schon nach hoher Fußballkunst. Leider habe ich die fußballerischen Erwartungen, die dieser Name bei dem ein oder anderen wecken mag, nicht ganz erfüllen können.

DFB.de: Aber eine Sportskanone müssen Sie dennoch sein. Schließlich haben Sie in einem Ihrer Filme einen Boxer gespielt und unlängst verraten, dass Sie jedes Weihnachtsfest mit Ihren Kumpels zum Schwimmen gehen.

Brühl: Na ja, dieses Weihnachtsschwimmen ist eher eine Rentnerveranstaltung. Aber sportlich bin ich, das stimmt. Ich brauche den Sport einfach als Abwechslung zur Schauspielerei. Ich spiele regelmäßig Tennis, gehe viel schwimmen und laufen. Und Fußball spiele ich auch immer wieder. Aber nur in wechselnden Hobbymannschaften. Zuletzt vor einigen Monaten am Rande von Dreharbeiten in Island, mit irgendwelchen Wikingern. Das war sehr spaßig.

DFB.de: Und jetzt spielen Sie in Ihrem neuesten Film den fußballbegeisterten Lehrer Konrad Koch. Ein gutes Drehbuch, so haben Sie gesagt, muss für Sie wie ein guter Roman sein. Es muss Sie von der ersten Seite an fesseln, so dass Sie es gar nicht mehr aus der Hand legen wollen. War das bei "Der ganz große Traum" so?

Brühl: Ja, und nicht nur das. Beim Lesen ist mir klar geworden, dass jeder Schauspieler, der ein echter Fußballfan ist, in seiner Karriere unbedingt einen Film über diesen Sport machen muss. Und als ich das Drehbuch zu "Der ganz große Traum" gelesen habe, wusste ich, dass genau dies ein Fußballfilm ist.

DFB.de: Wie meinen Sie das?

Brühl: Die ganze Geschichte, die auf wahren Begebenheiten beruht, hat einfach einen unglaublichen Charme. Als ich das Drehbuch durchgelesen hatte, habe ich sofort zugesagt.

DFB.de: Ist das normal?

Brühl: Nein, eigentlich nicht. Normalerweise bin ich bei der Wahl meiner Rollen viel vorsichtiger. Ich treffe mich erst viele Male mit dem Regisseur und hinterfrage die Person, die ich spielen soll, in allen Facetten. Das hat sich bei Konrad Koch aber total erübrigt. Ich war sofort Feuer und Flamme für ihn.

DFB.de: Wieso?

Brühl: Ich finde es faszinierend, wenn ich die Person, die ich spiele, etwas bewundern und auf ihren Charakter ein wenig neidisch sein kann. Und bei Konrad Koch ist das so. Er war ein euphorischer, unglaublich sympathischer Kerl, der mit unermüdlichem Ehrgeiz, ja fast missionarischem Einsatz ein großes Ziel erreichen wollte: Er wollte seinen Schülern zeigen, dass Unterricht Ende des 19. Jahrhunderts auch ohne Strafe und Schläge auskommen kann.

DFB.de: Und um ihnen das zu zeigen, benutzte er den bis dahin im deutschen Kaiserreich noch verpönten Sport Fußball.

Brühl: Genau, denn Fußball ging für Konrad Koch weit über Angriff und Verteidigung hinaus. All seine für die damalige Zeit sehr modernen Ideale wie Humor, Fairplay, Gemeinschaft und Teamgeist, die 1874 in der Schule eher nicht geduldet waren, manifestiert er in seiner Klasse durch Fußball. Er war einfach ein idealistischer, sympathischer Querdenker.

DFB.de: Und in dieser Person findet sich Daniel Brühl wieder?

Brühl: Ein wenig schon. Auch wenn ich glücklicherweise bei der Verfolgung eines Ziels nie auf solche Widerstände gestoßen bin wie ein Konrad Koch. Es ist ja schon unglaublich, wenn man sieht, wie in einem Land wie Deutschland, das zeit meines Lebens eine weltweit angesehene und teilweise gefürchtete Fußballnation ist, noch 1874 über den heutigen Nationalsport gedacht wurde. Von "Fußlümmelei", "Engländerkrankheit" oder "weibischer Treterei" ist da die Rede. Ich konnte es kaum glauben, dass dies damals ernsthafte Urteile über diese einfach geniale Sportart waren. Ich dachte immer, dass jeder sofort erkennen muss, welch zusammenführende Kraft im Fußball steckt. Aber dafür hat Konrad Koch dann ja gesorgt.

DFB.de: Aber seien Sie ehrlich: Bevor Sie das Drehbuch in der Hand hielten, hatten Sie noch nie etwas von Konrad Koch gehört, oder?

Brühl: Stimmt. Und ehrlich gesagt, war mir das sehr peinlich. Ich war immer überzeugt, ein Fußballfan mit unglaublichem Fachwissen zu sein. Als ich dann Konrad Koch nicht kannte, den Mann der Fußball nach Deutschland gebracht hatte, da habe ich mich in etwa so gefühlt wie ein Kandidat bei "Wer wird Millionär?", der bei einer 500-Euro-Frage scheitert. Ich habe geglaubt, eine eklatante Wissenslücke in meinem Fachgebiet zu haben. Aber dann habe ich mit vielen fußballverrückten Freunden gesprochen, und das hat mich wieder beruhigt. Auch die kannten Konrad Koch größtenteils nicht. Umso erstaunlicher finde ich es, dass es bislang noch keinen Film über diesen Menschen gibt. Schließlich ist sein Leben eine absolut erzählenswerte Geschichte.

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DFB.de: Das ändert sich ja jetzt. Nach den Erfolgen von "Das Wunder von Bern" und dem "Sommermärchen" ist wieder ein Fußballfilm entstanden. Unterscheidet sich der Dreh eigentlich von einem "normalen" Kinofilm?

Brühl: Zunächst ist "Der ganz große Traum" ja kein reiner Fußballfilm, sondern tatsächlich Kino für die ganze Familie, eine Mischung aus "Das Wunder von Bern" und "Der Club der toten Dichter". Generell ist ein Film über Fußball schwieriger zu drehen, denn vieles von der Emotionalität erlebt man eben nur im Spiel. Dieses Gefühl auf die Leinwand zu bringen, ist nicht leicht. Aber in "Der ganz große Traum" ist das wirklich gut gelungen, worauf ich ehrlich sehr stolz bin.

DFB.de: Auch darauf, dass Sie sich als Konrad Koch im Film die Abseitsregel von einer Frau erklären lassen müssen?

Brühl: Ach, das ist doch eine lustige Szene. Und wenn die Frau so hübsch ist wie meine Schauspielkollegin Henriette Confurius, dann ist das alles nur halb so schlimm.