Bruchhagen: "Amateure sind Fundament des Fußballs"

Bruchhagen: (lacht) Erst einmal habe ich bei Eintracht Frankfurt Vertrag bis 2014. Dann werden wir weitersehen.

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Heribert Bruchhagen ist Vorstandsvorsitzender und Manager vom Zweitligisten Eintracht Frankfurt, darüber hinaus hat er einen Sitz im Ligavorstand inne. Bruchhagen ist Fußballkenner und anerkannter Experte. Auf dem Amateurfußball-Kongress des DFB in Kassel, der noch bis Samstag andauert, spricht der 63-Jährige im DFB.de-Interview mit Redakteur Jochen Breideband über die Entwicklungen bei den Amateuren, die Erwartungshaltung in den unteren Klassen und die Interessensunterschiede zwischen Profiklubs und Amateuren.

DFB.de: Herr Bruchhagen, wie würden Sie einen Amateurverein führen?

Heribert Bruchhagen: Ich würde alles versuchen, eine lokale Identität herbeizuführen, eine Verbundenheit. Ich würde persönlich dafür werben, dass die Leute sonntags wieder zur ersten Mannschaft auf den Sportplatz gehen. Ich würde an die Schulen im Ort gehen und wäre darum bemüht, dass der Fußball dort gefördert wird. Und der vielleicht wichtigste Punkt: Man muss den Ehrenamtlichen in der Gesellschaft Wert verschaffen und zeigen, wie wichtig sie sind.

DFB.de: Sie haben bei diesem Kongress gesagt, dass der Amateurfußball unter der überzogenen Erwartungshaltung in den einzelnen Vereinen leidet. Ist das nicht seit Jahrzehnten schon so?

Bruchhagen: Nein, damals hatte man mehr Ruhe. Da hat man sich beim Bier am Abend in sein Schicksal gefügt. Heute ist die Fluktuation höher, das wird ja auch medial vorgespielt. Das Rollenspiel Bundesliga wird dann in den lokalen Bereich runtergebrochen. Da entlässt ein Kreisoberligist seinen Trainer, weil die Mannschaft vier Spiele in Folge verloren hat. Dabei haben sie nicht wegen des Trainers verloren, sondern weil die Spieler nicht genug können.

DFB.de: Könnte man von der auch oft Bundesliga behaupten, oder?

Bruchhagen: Ja, das ist auch bei den Profis der Fall. In der Bundesliga wird sehr professionell und zielgerichtet gearbeitet. Aber was die Erwartungshaltung angeht, unterscheiden sich Profis und Amateure nicht.

DFB.de: DFB-Präsident Theo Zwanziger hält die Einigkeit zwischen Profi- und Amateurfußball für elementar. Ist das Spannungsfeld, sind die Interessensunterschiede dafür nicht zu groß?

Bruchhagen: Nein, es gibt kein Spannungsfeld. Die Vertreter des Profifußballs kommen alle aus dem Amateurbereich. DFL-Präsident Reinhard Rauball hat für TuS Eintracht Dortmund gespielt, ich in Gütersloh, DFB-Generalsekretär Wolfgang Niersbach in Düsseldorf. Nirgendwo ist die Verzahnung zum Amateurfußball so gut wie in Deutschland, nirgendwo ist das Verständnis so groß.

DFB.de: Immer häufiger ziehen aktive Amateurfußballer den Stadionbesuch bei der Eintracht dem Spiel mit der eigenen Mannschaft am Wochenende vor. Finden Sie das bedenklich? Oder erfreulich, weil ein Profiverein wie Eintracht Frankfurt solch eine Sogwirkung ausübt?

Bruchhagen: Ich würde mir wünschen, dass sie beides machen. Ich werde natürlich nicht gegen das eigene Geschäft reden. Der Fan, der selbst Fußball spielt oder gespielt hat, ist auf jeden Fall der qualifiziertere Fan - und tendenziell auch der treuere.

DFB.de: Was bietet das Stadionerlebnis mehr als das eigene Fußballerlebnis?

Bruchhagen: Das ist eine wissenschaftliche Frage, die man Professoren stellen muss. Das Phänomen, dass Großveranstaltungen zunehmende Faszination auslösen, ist schwer zu beurteilen. Ich persönlich habe immer lieber Fußball gespielt als geschaut.

DFB.de: Wie wichtig ist der Amateurfußball noch?

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Bruchhagen: Wie wichtig ist die katholische Kirche? Die Amateure bilden weiterhin das Fundament des deutschen Fußballs. Früher ist uns ein Millionenbecken an jugendlichen Fußballern zugefallen. Heute müssen wir uns gut organisieren, damit wir aus dem kleiner werdenden Becken weiterhin gute Fußballer gewinnen. Entscheidend ist: junge Leute an den Fußball heranführen, an die Schulen gehen und dem Funktionär oder Jugendtrainer im Ort den entsprechenden Stellenwert verschaffen.

DFB.de: Wann kann sich die TSG Harsewinkel auf Heribert Bruchhagen freuen?

Bruchhagen: (lacht) Erst einmal habe ich bei Eintracht Frankfurt Vertrag bis 2014. Dann werden wir weitersehen.