Braun zur Mexico-Hilfe: "Wir konnten doch nicht Aufkleber schenken"

DFB.de: Ihr Leitspruch lautet: "Fußball ist mehr als ein 1:0." Oder ist das nur ein aus Idealismus geforderter Anspruch?

Braun: Beides. Zuerst war es ein Anspruch. Als die ersten ausländischen Kinder in den 70er-Jahren Fußballspielen wollten, wurde schnell klar, mit 1:0 allein war das nicht zu lösen. Es musste mehr sein. Das galt damals auch für Arbeitslose, die Kinder in Mexico. Der Fußball war und ist Teil der Gesellschaft und trägt dafür auch Verantwortung. Darum jawohl: "Fußball mehr als ein 1:0!" ist eine Forderung, auch heute noch. 20 bis 30 Jahre nach der ersten Formulierung sehe ich voller Glück, dass viele, die damals abseits standen oder noch gar nicht dabei waren, die Forderung ernst nehmen.

DFB.de: Können Sie Beispiele geben?

Braun: Nehmen wir nur die Stichworte: Sozial- und Fußballstiftungen, Benefizländerspiele der Nationalmannschaft, Katastrophenhilfe bei Oder-Hochwasser und Tsunami, Nachhaltigkeitsdebatte und zahlreiche neuere Themen wie Kampf gegen Homophobie, Umweltcup, Inklusion von Fußballern mit Handicap und vieles mehr. Wir, vor allem die nach mir kommen, sind schon sehr weit. Ich zitiere mich selbst: "Wenn ich der Egidius Braun aus Aachen geblieben wäre, hätte ich nichts bewegt." So habe ich etwas bewegt, Anstöße gegeben zu manchem, an das ich in den Anfängen noch gar nicht gedacht habe. Das macht mich kurz vor meinem 88. Geburtstag froh. Es hat alles einen guten Sinn gehabt. Und ich hoffe, dass viele neue Menschen weitermachen.

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Seit mehr als einem Vierteljahrhundert ist der Deutsche Fußball-Bund (DFB) in Mexiko karitativ tätig. Neben der Finanzierung von sozialen Projekten für Waisen und Straßenkinder wurde 14 mexikanischen Jungen und Mädchen eine Ausbildung ermöglicht. Fest steht: Das Projekt hat viele Leben verändert - zum Besseren.

Initiator und Motor ist Dr. h.c. Egidius Braun. Im DFB.de-Gespräch der Woche redet der DFB-Ehrenpräsident, der am Mittwoch in Aachen seine 88. Geburtstag feiert und an diesem Ehrentag für sein Engagement geehrt wird, über die Anfänge der Mexico-Hilfe.

DFB.de: 1986, während der WM in Mexico, besuchte eine DFB-Delegation das Waisenhaus "Casa de Cuna" in Querétaro. Danach entstand die Idee, etwas für die Kinder vor Ort zu tun. Wieso?

Egidius Braun: Was wir sahen, war unmöglich. Die Kinder, von Nonnen liebevoll versorgt, hatten nichts. Es gab welche, die noch nie auf einer Matratze geschlafen hatten. Da konnten wir nicht einfach ein paar Aufkleber herschenken und wieder weggehen. Rudi (Völler; Anm. d. Red.) war der erste, der sagte: "Herr Braun, hier helfen wir." Er gab mir 5000 Mark - die allererste Spende.

DFB.de: Hilfe wird nunmehr seit 27 Jahren geleistet. Der deutsche Fußball sorgte bei Tausenden mexikanischer Mädchen und Jungen für ein wenig mehr an Lebenschancen. Hätten Sie 1986 so viel Beständigkeit erwartet?

Braun: Das konnten wir damals höchstens hoffen. Wenn nicht die vielen Menschen gewesen wären, die mir mal zehn Euro zusteckten oder die Aktionen machten wie die Radsportgruppe Breinig oder die Golfer in Gut Kambach - und das seit zwei Jahrzehnten -, hätten wir die Spenden nie gehabt und auch nichts aufbauen können. Ganz zu schweigen von meinen Spielern!

DFB.de: Was heißt "meine Spieler"? Haben sich viele Nationalspieler im Laufe der Jahre für die Mexico-Hilfe engagiert?

Braun: Fast alle aus dem 86er Kader. Rudi hat den Anfang gemacht und ist heute Kurator in meiner Stiftung, genau wie Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff, mit dessen riesiger Hilfe wir ein neues Projekt aufbauen. Hans-Peter Briegel organisiert eine kleine separate Hilfe an der Müllkippe in Mexico-City. Guido Buchwald und Lothar Matthäus haben sechsstellige Summen aus ihren Abschiedsspielen gegeben. Viele andere geben Spenden, helfen als Schirmherren - es ist einfach nur großartig.

DFB.de: Ihr Leitspruch lautet: "Fußball ist mehr als ein 1:0." Oder ist das nur ein aus Idealismus geforderter Anspruch?

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Braun: Beides. Zuerst war es ein Anspruch. Als die ersten ausländischen Kinder in den 70er-Jahren Fußballspielen wollten, wurde schnell klar, mit 1:0 allein war das nicht zu lösen. Es musste mehr sein. Das galt damals auch für Arbeitslose, die Kinder in Mexico. Der Fußball war und ist Teil der Gesellschaft und trägt dafür auch Verantwortung. Darum jawohl: "Fußball mehr als ein 1:0!" ist eine Forderung, auch heute noch. 20 bis 30 Jahre nach der ersten Formulierung sehe ich voller Glück, dass viele, die damals abseits standen oder noch gar nicht dabei waren, die Forderung ernst nehmen.

DFB.de: Können Sie Beispiele geben?

Braun: Nehmen wir nur die Stichworte: Sozial- und Fußballstiftungen, Benefizländerspiele der Nationalmannschaft, Katastrophenhilfe bei Oder-Hochwasser und Tsunami, Nachhaltigkeitsdebatte und zahlreiche neuere Themen wie Kampf gegen Homophobie, Umweltcup, Inklusion von Fußballern mit Handicap und vieles mehr. Wir, vor allem die nach mir kommen, sind schon sehr weit. Ich zitiere mich selbst: "Wenn ich der Egidius Braun aus Aachen geblieben wäre, hätte ich nichts bewegt." So habe ich etwas bewegt, Anstöße gegeben zu manchem, an das ich in den Anfängen noch gar nicht gedacht habe. Das macht mich kurz vor meinem 88. Geburtstag froh. Es hat alles einen guten Sinn gehabt. Und ich hoffe, dass viele neue Menschen weitermachen.