Boateng: "Angstgegner? Das wollen wir ändern"

Engagiert - auf und neben dem Platz. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke vor den Länderspielen am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in Mailand gegen Italien und am Dienstag (ab 21 Uhr, live in der ARD) in London gegen England spricht der Verteidiger des FC Bayern über die Rivalität zwischen Kollegen, soziale Projekte und die letzten Länderspiele des Jahres.

DFB.de: Herr Boateng, das Spiel in der Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und Bayern München steht erst in neun Tagen an. Sie haben es hier bei der Nationalmannschaft schon einmal vorweggenommen.

Jerome Boateng: Habe ich das?

DFB.de: Mit dem Dortmunder Marco Reus haben Sie einen Wettbewerb daraus gemacht, wer mit dem Ball den langen Flur entlang den Fuß eines Stehtisches trifft. Wie ist das Duell ausgegangen?

Boateng: Wenn es danach geht, geht das Spiel gegen Dortmund torlos aus, wir haben beide nicht getroffen. (lacht)

DFB.de: Welcher kreative Kopf hat dieses Spiel erfunden?

Boateng: Weiß ich gar nicht mehr genau. Irgendwie ist es spontan entstanden, aber es war lustig.

DFB.de: Lässt sich aus dieser Anekdote schlussfolgern, dass die Vereinsrivalität zwischen Bayern und Dortmund hier bei der Nationalmannschaft keine Rolle spielt?



Engagiert - auf und neben dem Platz. Im DFB.de-Interview mit Redakteur Steffen Lüdeke vor den Länderspielen am Freitag (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) in Mailand gegen Italien und am Dienstag (ab 21 Uhr, live in der ARD) in London gegen England spricht der Verteidiger des FC Bayern über die Rivalität zwischen Kollegen, soziale Projekte und die letzten Länderspiele des Jahres.

DFB.de: Herr Boateng, das Spiel in der Bundesliga zwischen Borussia Dortmund und Bayern München steht erst in neun Tagen an. Sie haben es hier bei der Nationalmannschaft schon einmal vorweggenommen.

Jerome Boateng: Habe ich das?

DFB.de: Mit dem Dortmunder Marco Reus haben Sie einen Wettbewerb daraus gemacht, wer mit dem Ball den langen Flur entlang den Fuß eines Stehtisches trifft. Wie ist das Duell ausgegangen?

Boateng: Wenn es danach geht, geht das Spiel gegen Dortmund torlos aus, wir haben beide nicht getroffen. (lacht)

DFB.de: Welcher kreative Kopf hat dieses Spiel erfunden?

Boateng: Weiß ich gar nicht mehr genau. Irgendwie ist es spontan entstanden, aber es war lustig.

DFB.de: Lässt sich aus dieser Anekdote schlussfolgern, dass die Vereinsrivalität zwischen Bayern und Dortmund hier bei der Nationalmannschaft keine Rolle spielt?

Boateng: Ja, absolut. Diese Diskussion kann ich ohnehin nicht nachvollziehen. Ich verstehe mich mit Marco super. Er ist ein super Typ - und ein überragender Fußballer noch dazu. Auch mit den anderen Dortmundern verstehe ich mich gut. Unabhängig vom Verein unternimmt man nicht mit allen Mitspielern gleich viel. Verschiedene Charaktere haben verschiedene Interessen - das heißt aber nicht, dass man nicht mit allen gut klarkommen würde.

DFB.de: Mit der Nationalmannschaft haben Sie diesmal an der Säbener Straße trainiert, auf dem Gelände des FC Bayern. Wie war das für die Bayern-Spieler?

Boateng: Sehr angenehm. Wir trainieren in unserem Wohnzimmer, kennen hier alles. Es ist ein Heimspiel, und zu Hause fühlt man sich immer am wohlsten.

DFB.de: Sie haben kürzlich auf Facebook einen besondern Post veröffentlicht. Nach dem Kreuzbandriss des Dortmunders Neven Subotic haben Sie ihm gute Besserung gewünscht. Warum haben Sie das gemacht?

Boateng: Mir tut es einfach leid für ihn. Er ist ein sehr guter Verteidiger, ein Kollege. Im Finale der Champions League hatte ich einen kleinen Disput mit ihm, es war recht emotional. Aber so eine Verletzung wünscht man niemanden. Und wir Fußballer leben nun einmal von unserer Gesundheit. Ich hoffe, dass er schnell wieder auf den Platz zurückkehren kann. Das wollte ich einfach zum Ausdruck bringen.

DFB.de: Hat Subotic darauf reagiert?

Boateng: Ich weiß nicht, ob er es gelesen hat. Ich habe das auch nicht gemacht, um Beifall zu bekommen. Ich wollte nur zu verstehen geben, dass die Emotionen auf dem Platz dazugehören, dort sind wir meinetwegen auch Feinde. Aber man muss das trennen können und wissen, dass dies alles nach dem Schlusspfiff und spätestens endet, wenn die Gesundheit betroffen ist.

DFB.de: Würden Sie sich wünschen, dass solche Gesten unter Fußballern üblicher wären?

Boateng: Ja, aber jeder ist für sich selbst verantwortlich. Ich kann nur beeinflussen, wie ich mich selbst verhalte und äußere.

DFB.de: Leid in viel größeren Dimensionen müssen aktuell Tausende Menschen auf den Philippinen ertragen. Auch dazu haben Sie sich geäußert. Auf Facebook schreiben Sie: "Meine Gedanken sind bei den Opfern des Taifuns Haiyan und ihren Familien, und ich wünsche Ihnen Kraft und Mut in dieser schweren Situation." Was hat Sie dazu veranlasst?

Boateng: Ich lebe meinen Traum. Ich bin Fußballer, mir geht es gut, meine Familie ist gesund, ich bin gesund. Ich weiß, dass meine Nachricht nichts oder nicht viel ändert. Dennoch war es mir ein Bedürfnis mitzuteilen, dass ich Anteil nehme. Vielleicht auch, weil einem das eigene Glück durch solche Katastrophen mehr bewusst wird. Mir fehlt es an nichts, und diese Menschen, die ohnehin wenig hatten, haben binnen Sekunden alles verloren. Deswegen habe ich mein Mitgefühl geäußert.

DFB.de: Sie sind in mehreren sozialen Projekten engagiert. Wie wählen Sie aus, wo Sie konkret helfen?

Boateng: Ich kann die Welt nicht retten. Aber es gibt mehrere Möglichkeiten, die Hilfe muss auch nicht immer in einer finanziellen Zuwendung bestehen. Manchmal sind kleine Gesten oder ein offenes Ohr wertvoller. Aber natürlich versuche ich an einigen Stellen etwas zurückzugeben. Aktuell bin ich in Gesprächen mit der Unicef, es ist noch nicht konkret, aber ich will mich im kommenden Jahr in Brasilien engagieren. Möglicherweise übernehme ich dort die Schirmherrschaft für ein Projekt. Wobei ich das auch nicht überbetonen will. In erster Linie bin ich Fußballer, darauf liegt mein Fokus.

DFB.de: Bei Ihnen läuft es fußballerisch seit ziemlich langer Zeit ziemlich gut.

Boateng: Danke.

DFB.de: Zuletzt haben Sie endgültig den Makel der fehlenden Torgefährlichkeit beseitigt, mit einem sehr sehenswerten Treffer gegen Augsburg.

Boateng: Noch mal danke.

DFB.de: Weil das Tor so schön war: Können Sie es aus Ihrer Sicht noch einmal beschreiben?

Boateng: Es war mit links, aus der Drehung, ich war selber ein wenig überrascht, dass ich den Ball so gut getroffen habe. Ich habe mich riesig gefreut. Das 1:0 ist immer wichtig, für mich war es ein schönes Erlebnis, eben weil ich nicht so oft Tore schieße. Jetzt fehlt mir nur noch mein erstes Tor in der Nationalmannschaft.

DFB.de: War das Tor gegen Augsburg Ihr schönstes als Profi?

Boateng: Ja, doch, das war es. Mich wundert nur, dass ich meine Tore bislang immer entweder mit dem Kopf oder mit links erzielt habe. Mein starker rechter Fuß fehlt mir noch.

DFB.de: Kann ja noch kommen.

Boateng: Muss noch kommen.

DFB.de: Vieles war bei Ihnen sehr lange sehr gut. Im Spiel gegen Mainz hat sich dann doch wieder ein Fehler eingeschlichen.

Boateng: Stimmt. Aber es war der erste größere Fehler seit einem Jahr. Natürlich war das blöd, aber ich habe immer gesagt, dass ich keine Maschine bin.

DFB.de: Früher, das haben Sie selbst beklagt, sind solche Fehler bei Ihnen immer besonders intensiv diskutiert worden. Hat sich das geändert?

Boateng: Es ist besser geworden. Wobei ich der Meinung bin, dass bei mir immer noch besonders kritisch hingeschaut wird. Mich interessiert das aber weniger. Ich versuche einfach, mein Spiel zu machen und mich nicht von dem beeinflussen zu lassen, was danach über mich geschrieben wird.

DFB.de: Am Freitag spielen Sie mit der Nationalmannschaft in Mailand gegen Italien. Wie konkret sind Ihre Erinnerungen an das EM-Halbfinale?

Boateng: Ich denke schon noch hin und wieder an dieses Spiel, zuletzt natürlich mehr, weil wir jetzt wieder gegen Italien spielen. Aber generell versuche ich, die negativen Erlebnisse und Spiele aufzuarbeiten und dann abzuhaken. Ich halte mich eher an den positiven Erlebnissen und Eindrücken fest.

DFB.de: Ist Italien der Angstgegner der deutschen Nationalmannschaft?

Boateng: Bis jetzt ja. Wir sind dafür zuständig, dies zu ändern.

DFB.de: Geht das in einem Testländerspiel?

Boateng: Ein Sieg in einem Testspiel ist ein guter Anfang. Wenn wir uns in Brasilien wiedersehen sollten, könnten wir dafür sorgen, dass das mit dem Angstgegner endgültig gestrichen wird.

DFB.de: Hier bei der Nationalmannschaft in München haben Sie nicht nur sportlich etwas für die WM getan, auch verbal. Von Cacau haben Sie Portugiesisch-Unterricht erhalten. Was haben Sie alles gelernt?

Boateng: Auwei. Das war ja nur ganz kurz, aber es war sehr lustig. Und Cacau hat gesagt, dass ich eine sehr gute Aussprache habe. (lacht)

DFB.de: Bis zum WM-Eröffnungsspiel werden Sie nicht mehr perfekt Portugiesisch lernen. Gehören ein paar Wörter und Floskeln der Landessprache für Sie dennoch zur WM-Vorbereitung?

Boateng: Ja. Erstens, weil es im Alltag natürlich hilfreich ist, wenn man wenigstens ein paar Brocken beherrscht. Ich finde auch, dass es etwas mit Respekt vor den Gastgebern zu tun hat.

DFB.de: Für viele Fußballer ist eine Weltmeisterschaft in Brasilien der absolute Höhepunkt. Auch für Sie?

Boateng: Ehrlich? Jedenfalls nicht grundsätzlich, nicht für mich. Das war die WM in Südafrika. Mein Vater stammt aus Afrika, es war meine erste WM, ich habe gegen meinen Bruder gespielt. Dieses Turnier wird für mich immer etwas ganz Besonderes bleiben. Es wird schwer, das zu überbieten.

DFB.de: Nur möglich mit dem Gewinn des WM-Titels.

Boateng: Ja, klar, das wäre dann noch mal etwas ganz anderes.