Blindenfußball-Bundesliga: Heimspiel für "Uns Uwe"

Der Sportliche Pate der Blindenfußball-Bundesliga besucht den zweiten Spieltag der Saison, der unter dem Motto "Mitten in der Gesellschaft" auf einem umbandeten Kunstrasenplatz am Hamburger Rathausmarkt ausgetragen wird. Morgens waren Wolken aufgezogen, doch jetzt um 11 Uhr ist "Uns Uwe" eingetroffen und folgerichtig verjagt die Sonne die dicken grauen Wolken. Es ist ein einziges Händeschütteln, Fotos knipsen, nur mal kurz Hallo sagen. Hamburg strahlt und freut sich über den Auftritt seines liebsten Sohns. Ein Heimspiel für Uwe Seeler.

Wahre Größe braucht keinen Nachnamen. Franz, Gerd, Uwe, heute auch Miro – nicht nur Fußballinteressierte wissen sofort, wer gemeint ist. "Uns Uwe" ist angeblich die Erfindung des Frankfurter Sportfeuilletonisten Richard Kirn, der nach zwei Seeler-Toren in einem Europacupspiel 1961 befand, Seeler sei jetzt nicht mehr nur ein Hamburger Jung aus Eppendorf. "Er ist unser Uwe! Welch' ein kerniges Mannsbild! Ein Brocken Kraft!", dichtete Kirn.

Bei vier Weltmeisterschaften stürmte das kernige Mannsbild für Deutschland, dreimal wählten ihn die Journalisten zum Fußballer des Jahres. In sieben Jahren Oberliga Nord, von 1956 bis 1962, wurde er sechsmal Torschützenkönig, immer mit mindestens 28 Toren. Mit 30 Treffern war Seeler der erste Torschützenkönig der neugegründeten Bundesliga. Momente seines Lebens sind Fußball-Legende: Das Hinterkopftor in Mexiko, der Abgang 1966, die Absage an Inter Mailand. Er ist Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und Ehrenbürger der Hansestadt Hamburg. Bis heute der einzige Sportler. Und er ist Pate der Blindenfußball-Bundesliga. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit Uwe Seeler am Rande des Spieltags in Hamburg.

DFB.de: Zwei deutsche Klubs streiten um Europas Fußballkrone. Wen favorisieren Sie?

Seeler: Offensiv ist Dortmund mit Reus, Götze, Lewandowski und Blasczykowski extrem stark besetzt. Die Bayern tragen die Bürde des Favoriten, gerade auch wegen der herausragenden Bank. Defensiv sind sie klar besser besetzt. Aber es ist halt ein Finale, keine Prüfung über eine Saison, da kann alles passieren.

DFB.de: Welcher Stürmer gefällt ihnen besser: Mandzukic oder Lewandowski?

Seeler: Robert Lewandowski ist der feinere Spieler, Mario Mandzukic arbeitet unglaublich stark nach hinten. Der Spirit der Bayern ist phänomenal, wenn ich etwa sehe, wir Franck Ribéry defensiv arbeitet. Dortmund hat bewiesen, dass sie in einem Spiel eine enorme Leistung abrufen können. Ich bin gespannt.

DFB.de: Fliegen Sie nach London?



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Der Sportliche Pate der Blindenfußball-Bundesliga besucht den zweiten Spieltag der Saison, der unter dem Motto "Mitten in der Gesellschaft" auf einem umbandeten Kunstrasenplatz am Hamburger Rathausmarkt ausgetragen wird. Morgens waren Wolken aufgezogen, doch jetzt um 11 Uhr ist "Uns Uwe" eingetroffen und folgerichtig verjagt die Sonne die dicken grauen Wolken. Es ist ein einziges Händeschütteln, Fotos knipsen, nur mal kurz Hallo sagen. Hamburg strahlt und freut sich über den Auftritt seines liebsten Sohns. Ein Heimspiel für Uwe Seeler.

Wahre Größe braucht keinen Nachnamen. Franz, Gerd, Uwe, heute auch Miro – nicht nur Fußballinteressierte wissen sofort, wer gemeint ist. "Uns Uwe" ist angeblich die Erfindung des Frankfurter Sportfeuilletonisten Richard Kirn, der nach zwei Seeler-Toren in einem Europacupspiel 1961 befand, Seeler sei jetzt nicht mehr nur ein Hamburger Jung aus Eppendorf. "Er ist unser Uwe! Welch' ein kerniges Mannsbild! Ein Brocken Kraft!", dichtete Kirn.

Bei vier Weltmeisterschaften stürmte das kernige Mannsbild für Deutschland, dreimal wählten ihn die Journalisten zum Fußballer des Jahres. In sieben Jahren Oberliga Nord, von 1956 bis 1962, wurde er sechsmal Torschützenkönig, immer mit mindestens 28 Toren. Mit 30 Treffern war Seeler der erste Torschützenkönig der neugegründeten Bundesliga. Momente seines Lebens sind Fußball-Legende: Das Hinterkopftor in Mexiko, der Abgang 1966, die Absage an Inter Mailand. Er ist Ehrenspielführer der Nationalmannschaft und Ehrenbürger der Hansestadt Hamburg. Bis heute der einzige Sportler. Und er ist Pate der Blindenfußball-Bundesliga. DFB.de-Redakteur Thomas Hackbarth sprach mit Uwe Seeler am Rande des Spieltags in Hamburg.

DFB.de: Zwei deutsche Klubs streiten um Europas Fußballkrone. Wen favorisieren Sie?

Seeler: Offensiv ist Dortmund mit Reus, Götze, Lewandowski und Blasczykowski extrem stark besetzt. Die Bayern tragen die Bürde des Favoriten, gerade auch wegen der herausragenden Bank. Defensiv sind sie klar besser besetzt. Aber es ist halt ein Finale, keine Prüfung über eine Saison, da kann alles passieren.

DFB.de: Welcher Stürmer gefällt ihnen besser: Mandzukic oder Lewandowski?

Seeler: Robert Lewandowski ist der feinere Spieler, Mario Mandzukic arbeitet unglaublich stark nach hinten. Der Spirit der Bayern ist phänomenal, wenn ich etwa sehe, wir Franck Ribéry defensiv arbeitet. Dortmund hat bewiesen, dass sie in einem Spiel eine enorme Leistung abrufen können. Ich bin gespannt.

DFB.de: Fliegen Sie nach London?

Seeler: Nein, ich werde wie die meisten Fans am Fernseher dabei sein.

DFB.de: Bayern hat Barcelona in der Addition 7:1 geschlagen, der BVB hat Real aus dem Wettbewerb geworfen. Ist der deutsche Fußball tonangebend in Europa?

Seeler: Ich sehe das nicht für die Bundesliga. Oben gibt es drei, vier herausragende Klubs, der Rest hat Probleme. Da kann ich sicher meinen HSV dazu zählen. Aber Bayern und Dortmund, die sind sicher ganz oben angekommen, zumal Barcelona gerade defensiv schwächer geworden ist. Dass Bayern und Dortmund zurecht im Endspiel stehen, darf man ohne jede deutsche Überheblichkeit sagen.

DFB.de: Was bedeutet ein deutsches Champions-League-Finale in der Konsequenz für die Nationalmannschaft?

Seeler: So lange ist nicht her, dass wir keinen einzigen deutschen Spieler auf Weltklasseniveau hatten. Das ist doch jetzt ganz anders. Wir haben eine starke Nationalmannschaft, eine Konsequenz der intensivierten Talentförderung durch den DFB und die Liga. Die Mannschaft hat keine Lücken, fast alle Positionen sind doppelt stark besetzt. Gegen Italien im EM-Halbfinale hat mir die Körpersprache gefehlt. Egal, Schnee von gestern. Die Mannschaft gehört in dieser Besetzung bei der WM in Brasilien zum engen Favoritenkreis.

DFB.de: Statt über die Zukunft, lassen Sie uns einen Moment über ihre große Karriere reden. 1954 haben Sie ihr Debüt beim HSV gegeben, als 17-Jähriger.

Seeler: Eigentlich wollte mich der HSV schon als 16-Jährigen spielen lassen, aber mein Vater hatte sein Veto eingelegt…

DFB.de: Erwin Seeler, der in den 20er und 30er Jahren selbst ein sehr guter Fußballer war.

Seeler: Genau, mein Vater wusste, wovon er sprach und hat gesagt, ein Jahr warten wir noch. Die grassierende Gelbsucht nach der WM 1954 hat mir dann schon im Oktober zum Debüt in der Nationalmannschaft verholfen, in Hannover gegen Frankreich. Vor dem Turnier in der Schweiz wurde in Deutschland eine Jugend-WM ausgerichtet, daher kannte mich Herberger. Ich habe dort ganz gut getroffen und 13 Tore gemacht.

DFB.de: Sie haben immer gut getroffen. Und zwar für zwei Bundestrainer, für den Chef Herberger und für den als sensibel geltenden Sachsen Helmut Schön. War schon eine Umstellung, oder?

Seeler: Für uns Spieler sicher nicht so, denn Helmut Schön war doch schon Herbergers Assistent gewesen. Schön war nicht ganz so ein harter Hund wie Herberger, aber bei Herberger gab es eben diese klare Ansage, und gleichzeitig war er wie ein Vater. Er nominierte mit Bedacht und nach sorgfältiger Prüfung. Nach meinem Debüt dauerte es bis 1958, bis ich Stammspieler wurde. Er war ein akribischer Trainer. Ich glaube nicht, dass es nach ihm einen Bundestrainer gab, der so viele Briefe geschrieben und so häufig telefoniert hat. Er kannte immer den Stand der Dinge. Dann rief er an und sagte: 'Uwe, Sie haben ihre Sache wieder gut gemacht' und ich dachte 'Jetzt nominierte er dich', dann sagte er 'Uwe, Sie sind auf dem richtigen Weg, machen Sie weiter so' – und legte auf.

DFB.de: Es wurde besser, viel besser. 1958, 1962, 1966, 1970 – bei vier Weltmeisterschaften waren sie dabei. 1965 mussten Sie fürchten, dass Ihre Karriere als 29-Jähriger beendet sein würde.

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Seeler: Ich hatte mir im Februar 1965 in Frankfurt die Achillessehne gerissen, damals war das eigentlich gleichbedeutend mit dem Karriereende. Im Juli stand ich schon wieder bei Freundschaftsspielen auf dem Platz, im August bei Punktspielen. Schön rief Anfang September an und fragte mich, ob ich mir zutraue, beim entscheidenden WM-Qualifikationsspiel in Schweden mit dabei zu sein. Drei Tage Bedenkzeit, dann habe ich zugesagt. Wir mussten in Schweden gewinnen, ein Unentschieden hätte nicht gereicht.

DFB.de: Sie machten wie immer ihr Tor und Deutschland gewann 2:1.

Seeler: Was wäre los gewesen, wenn das schief gegangen wäre. Als ich vom Duschen kam, wartete Helmut Schön in der Kabine und sagte: 'Uwe, Sie trinken heute Abend mit mir einen Whiskey'. 'Herr Schön, ich habe noch nie Whiskey getrunken'. 'Heute Abend werden Sie es tun.'

DFB.de: Es folgte die Vize-Weltmeisterschaft in England, und dann, nach ihrem zwischenzeitlichen Rücktritt, noch eine erfolgreiche WM 1970 in Mexiko. Mit 21-WM-Einsätzen ohne jede Aus- und Einwechslung waren Sie drei Jahrzehnte lang Weltrekordmann, bevor Matthäus sie 1998 ablöste. Gegen Wolfgang Kleff machten Sie im März 1972 ihr letztes Tor für den HSV: Zählt man alles zusammen, waren es exakt 444 Meisterschaftstore. Sensationell!

Seeler: Man kann nichts vergleichen. Es war eine ganz andere Zeit. Wir durften damals gerade Mal 1200 Mark im Monat verdienen, Auswechseln war verboten, wir haben in manchen Jahren vier Länderspiele im Jahr gemacht. Ein Kompliment möchte ich den Bayern machen, denn sie haben viele Eigengewächse eingebaut: Holger Badstuber, Thomas Müller und auch Philipp Lahm. Junge Talente aus der Stadt oder der Region aufzubauen, hat wieder eine Zukunft. Davon bin ich überzeugt. Du brauchst auch die Mentalität der Stadt in der Mannschaft.