Bisanz: "Immer etwas mehr wissen als meine Spieler"

DFB.de: Sind Sie denn von irgendeiner Entwicklung im Trainerwesen überrascht?

Gero Bisanz: Überrascht eigentlich nicht. Mit der Verbesserung des Equipements muss natürlich auch eine intensivere Schulung in bestimmten Bereich einhergehen. Ich habe damals um ein Laptop kämpfen müssen. Alles, was ich in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren im Lehrsaal darstellen wollte, musste ich zu Hause auf Folien zeichnen.

DFB.de: Viele Lehrgangsbeste haben später einen erfolgreichen Weg im Profifußball eingeschlagen. Kann man davon ausgehen, dass die meisten neuen Fußball-Lehrer mit einer guten Note später erfolgreich als Trainer arbeiten werden.

Gero Bisanz: Die Note ist nicht das Entscheidende. Es gab Leute, die bei uns mit der Note eins rausgegangen sind, die theoretisch richtig gut waren, denen konnte es trotzdem passieren, keinen Fuß im Trainerwesen zu fassen. Umgekehrt gab es Fälle, die haben gerade so eben bestanden und sich dann entwickelt, wie man es gar nicht geglaubt hatte.

DFB.de: Heute endet der 59. Fußball-Lehrer-Lehrgang. Was würden Sie den Absolventen mit auf den Weg geben?

Gero Bisanz: Ich würde denen sagen, dass sie das, was sie gelernt haben, so verarbeiten sollen, dass die Spielern es kapieren. Sie müssen eine klare Zielrichtung haben und erklären können, was für ein Spiel sie spielen wollen. Ich würde ihnen sagen, dass sie mit Freude und auch mit Spannung in jedes Training gehen. Sie sollen gut vorbereitet in jede Einheit gehen. Sie sollten immer ein bisschen mehr wissen als die Spieler.

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Gero Bisanz hat die Trainer-Ausbildung beim DFB mitgestaltet und geprägt. Von 1971 bis 2000 war der erste Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft als Chefausbilder tätig. Im Rahmen der Abschlussfeier der 59. Fußball-Lehrer-Ausbildung am heutigen Mittwoch in Bonn wird der 77-Jährige für sein Lebenswerk geehrt.

Im DFB.de-Interview mit Redakteur Niels Barnhofer erzählt Gero Bisanz, wie er die Entwicklung in der Trainer-Ausbildung verfolgt, was er davon hält - und was er den Absolventen empfiehlt.

DFB.de: Herr Bisanz, beneiden Sie die Fußball-Lehrer von heute?

Gero Bisanz: Ja, ich freue mich für den Ausbildungsleiter, dass der DFB erkannt hat, dass die Trainer-Ausbildung ein ganz wichtiger Faktor im Fußball ist. Der DFB stellt die Mittel zur Verfügung, um die Trainer-Ausbildung optimal durchführen zu können. Das sind Dinge, die wir vor 20 oder 30 Jahren nicht hatten - was aber auch ganz normal ist.

DFB.de: Können Sie konkretisieren, was sich verbessert hat?

Gero Bisanz: Das fängt bei den Räumlichkeiten an, die zur Verfügung stehen. Die Seminarräume, aber auch das Büro für den Ausbildungsleiter. Und es geht bis zum Personal, dem Ausbildungsleiter steht ein Stab an Mitarbeitern zur Seite. Die technische Ausrüstung ist kein Vergleich zu früher. Damals gab es einige Dinge noch gar nicht. Ich freue mich über die aktuelle Situation. Sie schafft Voraussetzungen, um sauber arbeiten zu können.

DFB.de: Was sind gravierende Änderungen?

Gero Bisanz: Vor allem die Spielbeobachtung und -analyse bietet neue Möglichkeiten. Da gibt es heute Technologien, das war zu unserer Zeit noch absolut in den Kinderschuhen. Ich wäre heute glücklich, wenn ich Teilnehmer des Fußball-Lehrer-Lehrgangs wäre, weil ich darüber mittlerweile ja viel mehr beigebracht bekomme.

DFB.de: Was hat sich bei den Trainern geändert, die in der Spitze ankommen?

Gero Bisanz: Es sind immer noch Trainer in der Bundesliga und der 2. Bundesliga tätig, die bei mir in der Ausbildung waren. Was auffällig ist, dass viele junge Trainer, die als Spieler gar nicht so in Erscheinung getreten sind, einen sehr guten Eindruck machen. Das hängt sicherlich auch mit einer sehr guten Ausbildung zusammen.

DFB.de: Hatten Sie Musterschüler, von denen Sie gesagt haben, von dem wusste ich, dass er seinen Weg gehen würde?

Gero Bisanz: Ach ja, das ist schwierig, so etwas im Nachgang ganz wertfrei zu sagen. Bei mir waren viele Leute, die jetzt eine gewisse Bekanntheit genießen: Jupp Heynckes, Armin Veh, Felix Magath, Norbert Meier, auch Jogi Löw, Andreas Köpke und Jürgen Klinsmann.

DFB.de: War es absehbar, dass Themen wie Psychologie stärker betont werden?

Gero Bisanz: Ja, natürlich. Wir hatten schon Psychologie im Unterricht gehabt, als ich 1958 im Lehrgang von Hennes Weisweiler war. Frau Dr. Heidemann von der Uni Köln hatte diesen Part übernommen. Ich habe mir dann ein Team zusammengestellt, bei dem ich darauf geachtet habe, dass wir Sportpsychologen bekamen. Sie mussten sich erst in die Materie Fußball einarbeiten. Wir mussten aufpassen, dass die Psychologen nicht nur reine Psychologie anboten, sondern dass sie damit in den Fußball reinguckten. Die Psychologen, die wir für uns gewannen, hatten dann auch durch die Lehrgänge viel gelernt und dadurch ihre Inhalte verfeinert. Es war dann so, dass bei uns vier Stunden Psychologie pro Woche auf dem Lehrplan standen.

DFB.de: Welche Themen in der Psychologie halten Sie für wichtig?

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Gero Bisanz: Wie kritisiere ich die wichtigen Leute? Wie führe ich eine Mannschaftsbesprechung? Wie arbeite ich mit schwierigen Typen oder mit Jugendlichen zusammen? Da spielt ja überall die Psychologie rein. Und man darf nicht den Fehler machen, alle über einen Kamm zu scheren, man sollte sehr individuell arbeiten. Das waren schon bei uns Themen - und sie werden es nach meiner Auffassung auch bleiben.

DFB.de: Sind Sie denn von irgendeiner Entwicklung im Trainerwesen überrascht?

Gero Bisanz: Überrascht eigentlich nicht. Mit der Verbesserung des Equipements muss natürlich auch eine intensivere Schulung in bestimmten Bereich einhergehen. Ich habe damals um ein Laptop kämpfen müssen. Alles, was ich in den 70er-, 80er- und 90er-Jahren im Lehrsaal darstellen wollte, musste ich zu Hause auf Folien zeichnen.

DFB.de: Viele Lehrgangsbeste haben später einen erfolgreichen Weg im Profifußball eingeschlagen. Kann man davon ausgehen, dass die meisten neuen Fußball-Lehrer mit einer guten Note später erfolgreich als Trainer arbeiten werden.

Gero Bisanz: Die Note ist nicht das Entscheidende. Es gab Leute, die bei uns mit der Note eins rausgegangen sind, die theoretisch richtig gut waren, denen konnte es trotzdem passieren, keinen Fuß im Trainerwesen zu fassen. Umgekehrt gab es Fälle, die haben gerade so eben bestanden und sich dann entwickelt, wie man es gar nicht geglaubt hatte.

DFB.de: Heute endet der 59. Fußball-Lehrer-Lehrgang. Was würden Sie den Absolventen mit auf den Weg geben?

Gero Bisanz: Ich würde denen sagen, dass sie das, was sie gelernt haben, so verarbeiten sollen, dass die Spielern es kapieren. Sie müssen eine klare Zielrichtung haben und erklären können, was für ein Spiel sie spielen wollen. Ich würde ihnen sagen, dass sie mit Freude und auch mit Spannung in jedes Training gehen. Sie sollen gut vorbereitet in jede Einheit gehen. Sie sollten immer ein bisschen mehr wissen als die Spieler.