Bierhoffs WM-Blog: "Zum Start der Vorbereitung sind alle dabei"

Der Countdown läuft für die Weltmeisterschaft in Brasilien - und damit auch für die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über das Champions-League-Halbfinale der Bayern und die Auswirkungen auf die Nationalmannschaft.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

ich schaue zunächst immer gerne auf das Positive. Habt ihr das Lachen im Gesicht von Sami Khedira gesehen, seine stolze Freude? Die Niederlage einer deutschen Mannschaft und unserer Jungs tut mir sehr leid, gleichzeitg habe ich Sami diesen Erfolg gegönnt, den Einzug ins Champions-League-Finale mit Real Madrid. Sami hat schwierige Monate hinter sich, er hat bewundernswert, akribisch und professionell für sein Comeback gearbeitet. Und langsam wird er belohnt. Mit einer Reha ohne Rückschläge, mit der Rückkehr ins Mannschaftstraining, mit den Erfolgen seiner Mannschaft. Die Siege Reals sind auch seine Siege. Mannschaften gewinnen und verlieren als Team, diesen Geist hat er bei uns in der Nationalmannschaft und bei Real Madrid immer vorbildlich vorgelebt. Und zum Team gehören auch die verletzten Spieler - zu denen Sami zum Glück nicht mehr gehört. Sein Comeback zeichnet sich ab, und wer weiß, womöglich wird er nach dem Finale der Champions League in Lissabon am 24. Mai nicht auf der Tribüne, sondern auf dem Rasen strahlen. Ich würde es ihm wünschen.

Zur Niederlage der Bayern gegen Real ist viel gesagt und geschrieben worden. Vor zwölf Monaten noch 7:0 in zwei Spielen gegen Barcelona, jetzt 0:5 gegen Real Madrid. Die Fußballwelt hat sich nicht dramatisch gewandelt, es haben nur zwei punktuelle Ereignisse am äußeren Rand des Möglichen stattgefunden. Es war nicht normal, dass die Bayern im vergangenen Jahr so souverän gegen Barca gewonnen haben, genauso außergewöhnlich ist das deutliche Ausscheiden in dieser Spielzeit. In den vergangenen Monaten und Jahren haben die Bayern mitreißenden und begeisternden Fußball gespielt und sich als stärkste Mannschaft der Welt präsentiert. Ihnen ist gelungen, Erfolg und Spektakel zu vereinen, dafür haben sie in der ganzen Welt Bewunderung erfahren und Sympathien erworben. Ich bin sicher, dass in München nun nicht der Fehler gemacht wird, alles zu hinterfragen, was den FCB an die Spitze Europas geführt hat. Sie selbst werden alles nüchtern und sachlich analysieren. Fehler, Niederlagen und Unberechenbarkeit gehören auch zum Fußball, sie machen ihn aus. Und nicht immer muss alles falsch gewesen sein, wenn am Ende ein anderer jubelt.

Außerdem gibt es Erklärungsansätze für die Leistungsdelle in München. In der Bundesliga haben die Bayern nicht mehr in allen Spielen alles geben müssen, um die Gegner zu besiegen. Ein Vorteil gegenüber Real war das nicht. Auch der Spannungsabfall nach der frühesten Meisterschaft aller Zeiten hat nicht geholfen. Der fehlende Wettbewerbsdruck hat den Bayern die Selbstverständlichkeit genommen, wer nicht ständig an der Leistungsgrenze spielt, hat einen weiten Weg, diese Grenze wieder zu erreichen.

Die Halbfinals der Champions-League-Saison 2013/2014 haben ergeben: Es stehen zwei spanische Vereine im Endspiel, vier deutsche Mannschaften sind vorher ausgeschieden. Was bedeutet dies für die WM in Brasilien? Ist Spanien nun nicht mehr aufzuhalten? Davon muss man nicht ausgehen. Natürlich gehört der Titelverteidiger zu den Titelfavoriten, aber durch das spanische Duell in Portugal nicht mehr als ohnehin. Wie gesagt: Rückschlüsse auf die Nationalmannschaft sind aus den Erfolgen der Vereinsteams nur bedingt möglich, das gilt nicht für Deutschland exklusiv. Ein knappes Jahr ist es her, da haben Bayern München und Borussia Dortmund die Fußballwelt im Finale von London verzaubert. Zwei deutsche Mannschaften im Endspiel der Champions League, elf deutsche Nationalspieler standen auf dem Rasen des Wembley-Stadions - eine deutsche Zeit wurde ausgerufen. Im Vereinsfußball - und bei den Nationalmannschaften. Damals wurde übersehen, dass die deutschen Teams auch von Nichtdeutschen geprägt sind. David Alaba, Arjen Robben, Franck Ribery, Mario Mandzukic bei den Bayern, Neven Subotic, Lukasz Piszczek, Jakub Blaszczykowski, Robert Lewandowski beim BVB.

Ebenso haben die beiden Madrider Teams zahlreiche Ausländer in ihren Reihen, entscheidende Spieler wie Christiano Ronaldo, Karim Benzema, Gareth Bale, Angel di Maria, Pepe, Fabio Coentrao, Miranda, Tiago, Diego, Arda Turan, die nicht für Spanien spielen. Um nur einige zu nennen. Vertretene Nationen: Brasilien, Portugal, Frankreich, Türkei, Wales. Um nur einige zu nennen.

Nach der Niederlage der Bayern habe ich oft gelesen, dass es einen Gewinner gibt: Joachim Löw. Mit Ausnahme von Sami Khedira findet das Champions-League-Finale durch das Aus von André Schürrle und dem FC Chelsea ohne Beteiligung deutscher Nationalspieler statt. Für die Nationalmannschaft bedeutet dies: Wenn wir am 21. Mai in Südtirol mit der Vorbereitung beginnen, wird das Team komplett sein, zum ersten Mal seit der EM 2008 werden wir bei allen Einheiten allen Spielern alles abverlangen können. Das erleichtert einiges, die Trainings- und Belastungssteuerung, den Prozess der Teamfindung, das Automatisieren von Abläufen. Wobei ich festhalten will: Niemand in der Sportlichen Leitung hat sich über das Ausscheiden der Bayern gefreut. Ich hätte allen Spielern von Herzen den Einzug ins Finale und die Titelverteidigung gegönnt, der Bundestrainer hat in der Bayern-Niederlage nicht gewonnen. Denn Joachim Löw und sein Trainerstab sind erfahren genug, sie hätten die Mannschaft optimal vorbereitet, auch wenn die Spieler zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Mannschaft gestoßen wären. Aus der EM 2012 haben wir unsere Schlussfolgerungen gezogen, wir hätten Hebel gehabt, das kann ich versprechen.

Das alles ist aber Konjunktiv, die Bayern haben die Chance verpasst, einen weiteren großen Titel zu gewinnen. Die Chance, den wichtigsten internationalen Titel zu gewinnen, haben die Nationalspieler noch immer. Mit der deutschen Nationalmannschaft - bei der WM in Brasilien. Für dieses Ziel werden wir gemeinsam alles geben, darauf könnt ihr euch verlassen.

Herzlichst
Oliver Bierhoff

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Der Countdown läuft für die Weltmeisterschaft in Brasilien - und damit auch für die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über das Champions-League-Halbfinale der Bayern und die Auswirkungen auf die Nationalmannschaft.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

ich schaue zunächst immer gerne auf das Positive. Habt ihr das Lachen im Gesicht von Sami Khedira gesehen, seine stolze Freude? Die Niederlage einer deutschen Mannschaft und unserer Jungs tut mir sehr leid, gleichzeitg habe ich Sami diesen Erfolg gegönnt, den Einzug ins Champions-League-Finale mit Real Madrid. Sami hat schwierige Monate hinter sich, er hat bewundernswert, akribisch und professionell für sein Comeback gearbeitet. Und langsam wird er belohnt. Mit einer Reha ohne Rückschläge, mit der Rückkehr ins Mannschaftstraining, mit den Erfolgen seiner Mannschaft. Die Siege Reals sind auch seine Siege. Mannschaften gewinnen und verlieren als Team, diesen Geist hat er bei uns in der Nationalmannschaft und bei Real Madrid immer vorbildlich vorgelebt. Und zum Team gehören auch die verletzten Spieler - zu denen Sami zum Glück nicht mehr gehört. Sein Comeback zeichnet sich ab, und wer weiß, womöglich wird er nach dem Finale der Champions League in Lissabon am 24. Mai nicht auf der Tribüne, sondern auf dem Rasen strahlen. Ich würde es ihm wünschen.

Zur Niederlage der Bayern gegen Real ist viel gesagt und geschrieben worden. Vor zwölf Monaten noch 7:0 in zwei Spielen gegen Barcelona, jetzt 0:5 gegen Real Madrid. Die Fußballwelt hat sich nicht dramatisch gewandelt, es haben nur zwei punktuelle Ereignisse am äußeren Rand des Möglichen stattgefunden. Es war nicht normal, dass die Bayern im vergangenen Jahr so souverän gegen Barca gewonnen haben, genauso außergewöhnlich ist das deutliche Ausscheiden in dieser Spielzeit. In den vergangenen Monaten und Jahren haben die Bayern mitreißenden und begeisternden Fußball gespielt und sich als stärkste Mannschaft der Welt präsentiert. Ihnen ist gelungen, Erfolg und Spektakel zu vereinen, dafür haben sie in der ganzen Welt Bewunderung erfahren und Sympathien erworben. Ich bin sicher, dass in München nun nicht der Fehler gemacht wird, alles zu hinterfragen, was den FCB an die Spitze Europas geführt hat. Sie selbst werden alles nüchtern und sachlich analysieren. Fehler, Niederlagen und Unberechenbarkeit gehören auch zum Fußball, sie machen ihn aus. Und nicht immer muss alles falsch gewesen sein, wenn am Ende ein anderer jubelt.

Außerdem gibt es Erklärungsansätze für die Leistungsdelle in München. In der Bundesliga haben die Bayern nicht mehr in allen Spielen alles geben müssen, um die Gegner zu besiegen. Ein Vorteil gegenüber Real war das nicht. Auch der Spannungsabfall nach der frühesten Meisterschaft aller Zeiten hat nicht geholfen. Der fehlende Wettbewerbsdruck hat den Bayern die Selbstverständlichkeit genommen, wer nicht ständig an der Leistungsgrenze spielt, hat einen weiten Weg, diese Grenze wieder zu erreichen.

Die Halbfinals der Champions-League-Saison 2013/2014 haben ergeben: Es stehen zwei spanische Vereine im Endspiel, vier deutsche Mannschaften sind vorher ausgeschieden. Was bedeutet dies für die WM in Brasilien? Ist Spanien nun nicht mehr aufzuhalten? Davon muss man nicht ausgehen. Natürlich gehört der Titelverteidiger zu den Titelfavoriten, aber durch das spanische Duell in Portugal nicht mehr als ohnehin. Wie gesagt: Rückschlüsse auf die Nationalmannschaft sind aus den Erfolgen der Vereinsteams nur bedingt möglich, das gilt nicht für Deutschland exklusiv. Ein knappes Jahr ist es her, da haben Bayern München und Borussia Dortmund die Fußballwelt im Finale von London verzaubert. Zwei deutsche Mannschaften im Endspiel der Champions League, elf deutsche Nationalspieler standen auf dem Rasen des Wembley-Stadions - eine deutsche Zeit wurde ausgerufen. Im Vereinsfußball - und bei den Nationalmannschaften. Damals wurde übersehen, dass die deutschen Teams auch von Nichtdeutschen geprägt sind. David Alaba, Arjen Robben, Franck Ribery, Mario Mandzukic bei den Bayern, Neven Subotic, Lukasz Piszczek, Jakub Blaszczykowski, Robert Lewandowski beim BVB.

Ebenso haben die beiden Madrider Teams zahlreiche Ausländer in ihren Reihen, entscheidende Spieler wie Christiano Ronaldo, Karim Benzema, Gareth Bale, Angel di Maria, Pepe, Fabio Coentrao, Miranda, Tiago, Diego, Arda Turan, die nicht für Spanien spielen. Um nur einige zu nennen. Vertretene Nationen: Brasilien, Portugal, Frankreich, Türkei, Wales. Um nur einige zu nennen.

Nach der Niederlage der Bayern habe ich oft gelesen, dass es einen Gewinner gibt: Joachim Löw. Mit Ausnahme von Sami Khedira findet das Champions-League-Finale durch das Aus von André Schürrle und dem FC Chelsea ohne Beteiligung deutscher Nationalspieler statt. Für die Nationalmannschaft bedeutet dies: Wenn wir am 21. Mai in Südtirol mit der Vorbereitung beginnen, wird das Team komplett sein, zum ersten Mal seit der EM 2008 werden wir bei allen Einheiten allen Spielern alles abverlangen können. Das erleichtert einiges, die Trainings- und Belastungssteuerung, den Prozess der Teamfindung, das Automatisieren von Abläufen. Wobei ich festhalten will: Niemand in der Sportlichen Leitung hat sich über das Ausscheiden der Bayern gefreut. Ich hätte allen Spielern von Herzen den Einzug ins Finale und die Titelverteidigung gegönnt, der Bundestrainer hat in der Bayern-Niederlage nicht gewonnen. Denn Joachim Löw und sein Trainerstab sind erfahren genug, sie hätten die Mannschaft optimal vorbereitet, auch wenn die Spieler zu unterschiedlichen Zeitpunkten zur Mannschaft gestoßen wären. Aus der EM 2012 haben wir unsere Schlussfolgerungen gezogen, wir hätten Hebel gehabt, das kann ich versprechen.

Das alles ist aber Konjunktiv, die Bayern haben die Chance verpasst, einen weiteren großen Titel zu gewinnen. Die Chance, den wichtigsten internationalen Titel zu gewinnen, haben die Nationalspieler noch immer. Mit der deutschen Nationalmannschaft - bei der WM in Brasilien. Für dieses Ziel werden wir gemeinsam alles geben, darauf könnt ihr euch verlassen.

Herzlichst
Oliver Bierhoff