Bierhoffs WM-Blog: "Wir wollen Kontakt mit den Menschen"

Der Countdown läuft für die Weltmeisterschaft in Brasilien - und damit auch für die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über die Stimmung im Team, das Trainingslager in Südtirol, das Medieninteresse und den Gesundheitszustand der Mannschaft.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

ungefähr neun Minuten benötigt die alte, klapprige Fähre von einem zum anderen Ufer des João de Tiba. Neun Minuten in eine andere Welt, neun Minuten als Zäsur. Als wir am vergangenen Sonntag zusammen auf der Fähre standen, habe ich die Gesichter der Spieler gemustert und in ihnen zu lesen versucht. In der Realität ist eingetreten, was meine Vorstellung entworfen hatte. Die Überfahrt war ein Moment des Innehaltens, ein Augenblick der Besinnlichkeit. In den Augen der Spieler war zu sehen, dass jeder spürt, dass nun etwas Großes beginnt. Eine besondere Zeit. An einem besonderen Ort.

Wenig später war es soweit, endlich konnten wir das Campo Bahia beziehen. Ich gebe ehrlich zu, dass auch ich sehr gespannt war, wie es vor Ort tatsächlich aussehen würde. Aus der Distanz gab es variierende Informationen und Berichte, was den Zustand des Campo Bahia betrifft. Ich wusste zwar, dass ich mich auf das verlassen kann, was mir unsere Partner zugesichert hatten. Aber es war auch für mich doch eine Erleichterung, dass die Zusagen alle und pünktlich eingehalten wurden. Nach sechs Tagen in Santo André kann ich sagen, dass ich sehr glücklich bin, wie wir es hier angetroffen haben, wie die Bedingungen sind und wie die ersten Tage verlaufen sind.

Trotz der Diskussionen, die extern geführt werden. Wir haben registriert, dass in den Medien der Vorwurf erhoben wird, dass wir nicht offen genug sind, es heißt, wir würden uns zu sehr abschotten. Diese Thematik kenne ich nun schon seit 18 Jahren, in denen ich als Spieler oder auch Manager für den DFB dabei bin. Für mich stellt sich in dieser Diskussion immer die Frage nach der Alternative. Wir wollen Kontakt mit den Menschen, wir wollen uns in Maßen offen und zugänglich zeigen, wir wollen unkompliziert und unbürokratisch sein. Und - soweit dies verantwortbar ist - sind wir dies auch. Allerdings sind die Anforderungen an ein Team wie Deutschland immer besonders hoch, auch unter allen sicherheitsrelevanten Aspekten.

Nur ein kleines Beispiel: Viele Spieler würden den Weg zum Trainingsplatz gerne mit dem Fahrrad fahren. Sie haben keine Berührungsängste, unsere Spieler sind offene und neugierige Menschen, den Kontakt mit den Brasilianern scheuen sie nicht. Doch leider ist dies nicht möglich, die brasilianischen Sicherheitskräfte lassen solche Alleingänge nicht zu. Und wir haben Respekt vor deren Entscheidungen und Vertrauen in ihre Arbeit. Es wäre ein Affront, wenn wir uns ihren Empfehlungen nicht anschließen würden. Wir sind Gäste hier, und wir wären schlechte Gäste, wenn wir die Expertise unserer Gastgeber nicht achten würden. Meine Hoffnung ist, dass sich seitens der Behörden die Einschätzung der Lage in den kommenden Tagen entspannt, aber das liegt nicht in unserer Hand.

Für uns kann ich sagen, dass wir uns in Brasilien und im Campo Bahia extrem wohl fühlen. Wie bei jedem Turnier hat es auch diesmal ein, zwei Tage gedauert, bis die Mannschaft das Quartier voll für sich eingenommen und mit dem Geist der Nationalmannschaft gefüllt hat. Außenstehenden ist dieser Geist nur schwer vermittelbar. Wenn eine so große Gruppe so fern der Heimat so eng beieinander ist und so intensiv für ein so großes Ziel arbeitet, kann daraus besondere Energie entstehen. Dies ist im Campo der Fall, jeden Tag mehr. Es ist zu spüren, wie heimisch sich das Team fühlt, wie gut die Kommunikation ist, wie sehr alle die optimalen Bedingungen auch als Verpflichtung begreifen.

In den vergangenen Tagen habe ich gespürt, wie groß der Wille jedes einzelnen Spielers ist. Der Kampf um die Plätze wurde noch konzentrierter und noch intensiver. Wichtig ist: der Geist im Team hat darunter nicht gelitten. Jeder hat Respekt vor der Person und den Fähigkeiten des anderen. Joachim Löw hat neulich noch einmal betont, dass er weiß, dass er nicht nur die elf Spieler benötigt, die am Montag gegen Portugal von Beginn an auf dem Rasen stehen. Im Laufe des Turniers wird jeder Spieler eine wichtige Rolle spielen. Wie bei allen anderen Turnieren wird auch für die WM 2014 gelten: Die erste Elf wird nicht die letzte Elf sein.



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Der Countdown läuft für die Weltmeisterschaft in Brasilien - und damit auch für die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über die Stimmung im Team, das Trainingslager in Südtirol, das Medieninteresse und den Gesundheitszustand der Mannschaft.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

ungefähr neun Minuten benötigt die alte, klapprige Fähre von einem zum anderen Ufer des João de Tiba. Neun Minuten in eine andere Welt, neun Minuten als Zäsur. Als wir am vergangenen Sonntag zusammen auf der Fähre standen, habe ich die Gesichter der Spieler gemustert und in ihnen zu lesen versucht. In der Realität ist eingetreten, was meine Vorstellung entworfen hatte. Die Überfahrt war ein Moment des Innehaltens, ein Augenblick der Besinnlichkeit. In den Augen der Spieler war zu sehen, dass jeder spürt, dass nun etwas Großes beginnt. Eine besondere Zeit. An einem besonderen Ort.

Wenig später war es soweit, endlich konnten wir das Campo Bahia beziehen. Ich gebe ehrlich zu, dass auch ich sehr gespannt war, wie es vor Ort tatsächlich aussehen würde. Aus der Distanz gab es variierende Informationen und Berichte, was den Zustand des Campo Bahia betrifft. Ich wusste zwar, dass ich mich auf das verlassen kann, was mir unsere Partner zugesichert hatten. Aber es war auch für mich doch eine Erleichterung, dass die Zusagen alle und pünktlich eingehalten wurden. Nach sechs Tagen in Santo André kann ich sagen, dass ich sehr glücklich bin, wie wir es hier angetroffen haben, wie die Bedingungen sind und wie die ersten Tage verlaufen sind.

Trotz der Diskussionen, die extern geführt werden. Wir haben registriert, dass in den Medien der Vorwurf erhoben wird, dass wir nicht offen genug sind, es heißt, wir würden uns zu sehr abschotten. Diese Thematik kenne ich nun schon seit 18 Jahren, in denen ich als Spieler oder auch Manager für den DFB dabei bin. Für mich stellt sich in dieser Diskussion immer die Frage nach der Alternative. Wir wollen Kontakt mit den Menschen, wir wollen uns in Maßen offen und zugänglich zeigen, wir wollen unkompliziert und unbürokratisch sein. Und - soweit dies verantwortbar ist - sind wir dies auch. Allerdings sind die Anforderungen an ein Team wie Deutschland immer besonders hoch, auch unter allen sicherheitsrelevanten Aspekten.

Nur ein kleines Beispiel: Viele Spieler würden den Weg zum Trainingsplatz gerne mit dem Fahrrad fahren. Sie haben keine Berührungsängste, unsere Spieler sind offene und neugierige Menschen, den Kontakt mit den Brasilianern scheuen sie nicht. Doch leider ist dies nicht möglich, die brasilianischen Sicherheitskräfte lassen solche Alleingänge nicht zu. Und wir haben Respekt vor deren Entscheidungen und Vertrauen in ihre Arbeit. Es wäre ein Affront, wenn wir uns ihren Empfehlungen nicht anschließen würden. Wir sind Gäste hier, und wir wären schlechte Gäste, wenn wir die Expertise unserer Gastgeber nicht achten würden. Meine Hoffnung ist, dass sich seitens der Behörden die Einschätzung der Lage in den kommenden Tagen entspannt, aber das liegt nicht in unserer Hand.

Für uns kann ich sagen, dass wir uns in Brasilien und im Campo Bahia extrem wohl fühlen. Wie bei jedem Turnier hat es auch diesmal ein, zwei Tage gedauert, bis die Mannschaft das Quartier voll für sich eingenommen und mit dem Geist der Nationalmannschaft gefüllt hat. Außenstehenden ist dieser Geist nur schwer vermittelbar. Wenn eine so große Gruppe so fern der Heimat so eng beieinander ist und so intensiv für ein so großes Ziel arbeitet, kann daraus besondere Energie entstehen. Dies ist im Campo der Fall, jeden Tag mehr. Es ist zu spüren, wie heimisch sich das Team fühlt, wie gut die Kommunikation ist, wie sehr alle die optimalen Bedingungen auch als Verpflichtung begreifen.

In den vergangenen Tagen habe ich gespürt, wie groß der Wille jedes einzelnen Spielers ist. Der Kampf um die Plätze wurde noch konzentrierter und noch intensiver. Wichtig ist: der Geist im Team hat darunter nicht gelitten. Jeder hat Respekt vor der Person und den Fähigkeiten des anderen. Joachim Löw hat neulich noch einmal betont, dass er weiß, dass er nicht nur die elf Spieler benötigt, die am Montag gegen Portugal von Beginn an auf dem Rasen stehen. Im Laufe des Turniers wird jeder Spieler eine wichtige Rolle spielen. Wie bei allen anderen Turnieren wird auch für die WM 2014 gelten: Die erste Elf wird nicht die letzte Elf sein.

Herzlichst
Oliver Bierhoff