Bierhoffs WM-Blog: "Wir liegen im Plan, mehr nicht"

Die Weltmeisterschaft in Brasilien läuft - und damit auch die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über das Wetterchaos in Recife, die Ruhe im Campo Bahia und das anstehende Achtelfinale gegen Algerien.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

in Recife haben wir zum ersten Mal so richtig erlebt, welche Extreme Brasilien bereit hält. Ich glaube nicht, dass irgendeiner von uns jemals so viel Regen über einen so langen Zeitraum gesehen hat. Mir ist erzählt worden, dass binnen 24 Stunden mehr Niederschlag gemessen wurde als sonst in zwölf Monaten.

Da ist es wenig verwunderlich, dass das Chaos nicht überall erfolgreich bekämpft werden konnte. Die Straßen wurden zu Flüssen, das Wasser war einfach überall. Viele der Journalisten, die unsere Mannschaft begleiten, waren davon betroffen. Sie kamen vom Stadion nicht zum Flughafen und sind in Recife gestrandet. Das DFB-Reisebüro hat sich bemüht, hier Lösungen zu finden, es war aber leider nicht möglich, sie noch am selben Tag von Recife nach Porto Seguro zu befördern.

Unter dem Regen habe viele gelitten, es gab auch Mitarbeiter des DFB, die für den Weg vom Hotel zum Stadion mehr als fünf Stunden benötigt und nur noch Teile der zweiten Halbzeit gesehen haben. Positiv überrascht war ich allerdings, wie gut der Rasen in der Arena Pernambuco diese Wassermassen verkraftet hat. Unser Gruppenfinale gegen die USA konnte unter zwar schwierigen aber regulären Bedingungen stattfinden.

Nach der Partie ist Berti Vogts zu uns in die Kabine gekommen. Mich hat das sehr gefreut, ich konnte die Gelegenheit nutzen, mich mal wieder länger mit ihm auszutauschen. Berti war als Trainer sehr wichtig für meine Karriere, er hat mich in die U18 geholt, in die U21, schließlich in die A-Mannschaft, wo er mich auch zum Kapitän gemacht hat. Ich habe ihm unheimlich viel zu verdanken.

Mit Jürgen Klinsmann gab es leider nur einen kurzen Austausch. Man hat gemerkt, dass er sehr auf seine Arbeit fokussiert ist. Es war für ihn kein leichtes Spiel, das gilt genauso für unsere amerikanischen Fitnesstrainer. Sie alle kennen Jürgen sehr gut, sie kennen auch das amerikanische Team sehr gut. Bei allen habe ich gemerkt, wie erleichtert sie waren. Wir haben unser Ziel erreicht, aber natürlich haben sich unsere Amerikaner darüber gefreut, dass auch die Amerikaner das Achtelfinale erreicht haben.

Die Vorrunde ist nun beendet. Wir hatten wahrlich keine leichte Gruppe, wir hatten vor allem schwierige Verhältnisse. Erst Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit, dann der Regen von Recife. Tenor in der Mannschaft war nach dem finalen Vorrunden-Spiel: Es war souverän, aber noch nicht glanzvoll. Bei uns herrscht Zufriedenheit vor, keine Euphorie. Wir liegen im Plan, mehr nicht.



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Die Weltmeisterschaft in Brasilien läuft - und damit auch die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über das Wetterchaos in Recife, die Ruhe im Campo Bahia und das anstehende Achtelfinale gegen Algerien.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

in Recife haben wir zum ersten Mal so richtig erlebt, welche Extreme Brasilien bereit hält. Ich glaube nicht, dass irgendeiner von uns jemals so viel Regen über einen so langen Zeitraum gesehen hat. Mir ist erzählt worden, dass binnen 24 Stunden mehr Niederschlag gemessen wurde als sonst in zwölf Monaten.

Da ist es wenig verwunderlich, dass das Chaos nicht überall erfolgreich bekämpft werden konnte. Die Straßen wurden zu Flüssen, das Wasser war einfach überall. Viele der Journalisten, die unsere Mannschaft begleiten, waren davon betroffen. Sie kamen vom Stadion nicht zum Flughafen und sind in Recife gestrandet. Das DFB-Reisebüro hat sich bemüht, hier Lösungen zu finden, es war aber leider nicht möglich, sie noch am selben Tag von Recife nach Porto Seguro zu befördern.

Unter dem Regen habe viele gelitten, es gab auch Mitarbeiter des DFB, die für den Weg vom Hotel zum Stadion mehr als fünf Stunden benötigt und nur noch Teile der zweiten Halbzeit gesehen haben. Positiv überrascht war ich allerdings, wie gut der Rasen in der Arena Pernambuco diese Wassermassen verkraftet hat. Unser Gruppenfinale gegen die USA konnte unter zwar schwierigen aber regulären Bedingungen stattfinden.

Nach der Partie ist Berti Vogts zu uns in die Kabine gekommen. Mich hat das sehr gefreut, ich konnte die Gelegenheit nutzen, mich mal wieder länger mit ihm auszutauschen. Berti war als Trainer sehr wichtig für meine Karriere, er hat mich in die U18 geholt, in die U21, schließlich in die A-Mannschaft, wo er mich auch zum Kapitän gemacht hat. Ich habe ihm unheimlich viel zu verdanken.

Mit Jürgen Klinsmann gab es leider nur einen kurzen Austausch. Man hat gemerkt, dass er sehr auf seine Arbeit fokussiert ist. Es war für ihn kein leichtes Spiel, das gilt genauso für unsere amerikanischen Fitnesstrainer. Sie alle kennen Jürgen sehr gut, sie kennen auch das amerikanische Team sehr gut. Bei allen habe ich gemerkt, wie erleichtert sie waren. Wir haben unser Ziel erreicht, aber natürlich haben sich unsere Amerikaner darüber gefreut, dass auch die Amerikaner das Achtelfinale erreicht haben.

Die Vorrunde ist nun beendet. Wir hatten wahrlich keine leichte Gruppe, wir hatten vor allem schwierige Verhältnisse. Erst Hitze und hohe Luftfeuchtigkeit, dann der Regen von Recife. Tenor in der Mannschaft war nach dem finalen Vorrunden-Spiel: Es war souverän, aber noch nicht glanzvoll. Bei uns herrscht Zufriedenheit vor, keine Euphorie. Wir liegen im Plan, mehr nicht.

So ähnlich hat es auch Wolfgang Niersbach formuliert. Mittlerweile hat sich zum festen Ritual entwickelt, dass sich der DFB-Präsident auf unseren Rückflügen das Bordmikrofon schnappt und eine kurze Ansprache hält. Darin findet er immer die richtigen Worte. Niersbach hat die Mannschaft gelobt, im Namen der DFB-Delegation hat er sich beim Team bedankt.

Und er hat gesagt, dass wir uns im Turnierverlauf steigern müssen. Vor allem hat er gesagt, dass wir uns noch steigern können und dass er davon überzeugt ist, dass wir das tun werden. Genau so sehe ich das auch. Unser Potenzial haben wir noch nicht voll ausgeschöpft, wir waren gut, aber wir können noch besser sein.

Wir sind jetzt wieder zurück im Campo Bahia. Nach dem Trubel bei den Spielen in den Städten ist es für uns immer wieder schön, nach Hause kommen. Hier haben wir Ruhe, hier können wir wieder richtig auftanken. Für uns sind die Zeiten im Campo wertvoll, auch wenn wir von Runde zu Runde ab jetzt nicht mehr als eineinhalb, zwei Tage vor Ort haben.

Dennoch haben wir uns voller Überzeugung dafür entschieden, zwischen den Spielen immer wieder hierher zurück zu kommen und die großen Städte zu verlassen. Die Hotels an den Spielorten haben wir nicht exklusiv für uns, es sind viele andere Gäste und Fans da. Diese Nähe ist für die Fans schön, im Grunde auch für uns.

Sie hat aber zur Folge, dass wir uns nicht so frei bewegen können, wie wir das wollen. Immer wenn wir uns in diesen Hotels öffentlich blicken lassen, werden Trainer und Spieler natürlich von den Fans für Fotos und Autogramme angesprochen. Diese Popularität und die Begeisterung der Fans in Brasilien ist sicherlich faszinierend, aber in manchen Momenten nicht hilfreich für die Konzentration und die Spielvorbereitung.

Ganz anders ist es in unserem Teamquartier. Die Stimmung ist hier sehr relaxed, der Umgang miteinander absolut vorbildlich. Generell, und erst Recht an den Abenden nach unseren Spielen. So war es auch am Donnerstag. Wir waren gegen 21.00 Uhr zurück, haben noch gegessen und eine Weile zusammen gesessen.

Diese Momente sind für das Klima im gesamten Team wichtig. Die Betreuer tauschen sich mit den Spielern aus, die Betreuer aus den einzelnen Bereichen untereinander. Auch einige Spielerfrauen waren da. Dieses Thema wird ja häufig diskutiert - ich bin ein absoluter Befürworter davon, dass die Spieler hin und wieder ihre Partnerinnen sehen können. Zum einen unterstützt dies die familiäre Atmosphäre, die wir in der Nationalmannschaft immer sehr pflegen Außerdem sind damit auch die Frauen in unser Projekt integriert und lernen die Abläufe und unsere Zusammenarbeit im Team besser zu verstehen. Ein Nachteil ist sicher auch nicht, dass die Jungs dann früher auf ihr Zimmer gehen.

Für uns geht es am Montag mit dem Spiel gegen Algerien weiter. Als ich noch Spieler war, habe ich immer gerne gegen nordafrikanische Mannschaften gespielt. Sie waren zwar technisch stark, uns aber meist körperlich unterlegen. Das gilt heute weniger. Wenn man sieht, wie Algerien bei dieser WM bisher aufgetreten ist, muss man ihnen Respekt zollen.

Wer sich in einer Gruppe mit Belgien, Russland und Südkorea durchsetzt, den müssen wir sehr ernst nehmen. Und wir sollten auch die WM 82 nicht vergessen, wo wir zwar das Finale erreicht, aber in der Vorrunde mit 1:2 gegen Algerien verloren haben.

Wir werden uns akribisch auf das Spiel vorbereiten, das kann ich versprechen. Bisher hatte Algerien in der Spielanalyse und in der Scouting-Analyse nicht oberste Priorität. Das wird sich nun ändern. In den kommenden zwei Tagen werden sich unsere Trainer und unsere Scouts fast rund um die Uhr mit dem Gegner beschäftigen.

Interessant wird für mich sein, wie unsere Spieler mit den Reisestrapazen umgehen. Die Flugzeiten bisher waren überschaubar, jetzt kommt zu ersten Mal eine längere Reise mit einer Flugzeit von gut drei Stunden. Das wird also anstrengender, es wird aber ausgeglichen dadurch, dass wir in gemäßigtem Klima spielen. Porto Alegre ist nicht im Ansatz so warm wir Salvador, Fortaleza und Recife. Wir kommen aus der Wärme in kühlere Gefilde, das kann ein Vorteil sein.

Ich bin sehr optimistisch, ich kann euch berichten, dass die Mannschaft voll konzentriert und motiviert ist. Gemeinsam mit euch Fans haben wir bei diesem Turnier noch viel vor. Vielen Dank für eure Unterstützung, sie erreicht uns auch hier in Brasilien. Mich begeistert, welche Begeisterung ihr aus Deutschland nach Brasilien transportiert. Macht weiter so! Lasst nicht nach! Zusammen können wir viel erreichen!

Herzlichst
Oliver Bierhoff