Bierhoffs WM-Blog: "Von vier Toren dürfen wir uns nicht blenden lassen"

Die WM ist mittlerweile voll im Gang. Und ich finde, dass das Turnier bisher sehr gelungen ist. Das Niveau der Spiele ist hoch, mich als Stürmer freut, dass viele Tore fallen und den Fans Spektakel geboten wird. Als eine Tendenz der bisherigen Spiele hat sich bestätigt, was wir im Vorfeld immer gesagt hatten: Die Teams aus Südamerika sind stark. Bei "ihrer" WM sind sie voll motiviert, sie gehen ein sehr hohes Tempo, über 90 Minuten. Chile und Uruguay haben gezeigt, dass man mit ihnen rechnen muss, auch wenn wir darüber reden, wer dieses Turnier gewinnen könnte.

Am Ausscheiden der Spanier und den großen Problemen, die England hat, sieht man, dass sich gerade die europäischen Mannschaften in Südamerika schwer tun können. Aber: wir sind gewappnet. Auch weil wir mit unserem Basecamp in Santo André die richtige Wahl getroffen haben. Wir haben von dort aus nicht nur kurze Anreisezeiten zu unseren Spielen. Vor allem sind wir in einer Region, in der wir viel an der frischen Luft sein und die Spieler sich an das warme Klima der Spielorte gewöhnen können.

Fortaleza ist dafür ein gutes Beispiel. Als wir am Donnerstagabend um 22.30 Uhr aus dem Flugzeug gestiegen sind, sind wir gegen eine heiße, feuchte Wand gelaufen. Es waren an die 30 Grad, die Luftfeuchtigkeit war extrem hoch. Die Spieler haben schon auf den ersten Metern eine Vorstellung bekommen, was sie am Samstagnachmittag im Stadion erwarten wird: Sie werden extrem gefordert werden, sie werden extrem wollen müssen. Und auch das stimmt mich optimistisch. Denn neben vielem anderen habe ich in den vergangenen Tagen und Wochen gesehen, dass die Mannschaft diese wichtige Fähigkeit auch hat: Sie verfügt über einen großen Willen.

Herzlichst
Oliver Bierhoff

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Die Weltmeisterschaft in Brasilien läuft - und damit auch die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute über die Fanunterstützung, den Zusammenhalt in der Mannschaft und den nächsten Schritt gegen Ghana.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

unser Start in die WM lief wie gewünscht. Nach dem Spiel gegen Portugal haben wir die drei Punkte, die wir haben wollten. Wir haben Euch Fans in Deutschland begeistert – und Ihr habt uns begeistert. Mich haben die Reaktionen sehr gefreut, die wir von Euch erhalten haben. Vielen Dank für die vielen Glückwünsche, vielen Dank für die vielen guten Worte. Wir spüren Eure Unterstützung, uns hilft die Gewissheit, dass Ihr Fans zu uns steht.

Fast genauso wie über das Resultat habe ich mich im Spiel gegen Portugal über das Verhalten der gesamten Mannschaft gefreut. Auf dem Platz stand eine Einheit, ein echtes Team. Und dieses Team war größer als die elf Spieler, die in der Startformation standen. Das eindrucksvollste Bild des Spiels war für mich der gemeinsame Jubel nach dem 2:0 von Mats Hummels. Die gesamte Bank ist aufgesprungen, alle haben mitgejubelt. Und ich habe gespürt, dass diese Freude echt ist, sie war nicht inszeniert, um nach außen zu wirken, sie kam von innen und hat umso mehr Wirkung entfaltet.

Es war imponierend, wie sich Spieler wie Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski und Miroslav Klose vor, während und nach dem Spiel verhalten haben. Spieler mit überragender Reputation haben ihr Ego nach hinten gestellt, sie haben der Mannschaft geholfen, auch wenn sie nicht oder nicht viel gespielt haben. Manche halten dies für selbstverständlich, ich weiß, dass dies nicht selbstverständlich ist. Miro hat in der Kabine kurz vor Anpfiff noch eine Ansprache an das Team gehalten. Darin hat er unterstrichen, was er danach vorgelebt hat: Dass eine Mannschaft nur dann ein großes Turnier gewinnen kann, wenn im Team ein großer Geist herrscht.

Wie sich Bastian, Lukas und Miro gegen Portugal präsentiert haben, war einfach gut. Sie haben damit auch den vielen jungen und neuen Spielern vorgelebt, wie sie mit der ungewohnten Situation umgehen, einmal nicht erste Wahl zu sein. Für alle Spieler, aber insbesondere für die drei gilt: Noch haben sie auf dem Platz keine große Rolle gespielt. Noch. Ich bin sicher, dass sie alle bei dieser WM auch noch auf dem Platz eine entscheidende Rolle spielen werden.

Wie gesagt: Mir hat vieles gefallen, was ich im Spiel gegen Portugal gesehen habe. Wir müssen aber ehrlich sein. Portugal ist zwar die Nummer vier der Welt, zu den WM-Favoriten gehört das Team allerdings nicht. Und: Im Spiel ist vieles für uns gelaufen. Wir haben den Elfmeter bekommen, nach der Roten Karte haben wir in Überzahl gespielt. Von den vier Toren dürfen wir uns nicht blenden lassen. Wir haben nur ein Spiel gewonnen, das ist nicht mehr als ein Siebtel, wenn wir Weltmeister werden wollen. Uns muss bewusst sein, dass noch erheblich größere Herausforderungen auf uns warten. Gegner, die uns mehr fordern werden, als Portugal das an diesem Tag konnte.

Als Spieler und Manager erlebe ich insgesamt mein zehntes großes Turnier. Dabei sind die Aufgaben nach erfolgreichen Auftaktspielen immer gleich. Nach der ersten Freude gilt es, die Spieler und auch das Umfeld runterzufahren und dafür zu sensibilisieren, dass lediglich die Pflicht erfüllt und noch gar nichts erreicht ist. Die drei Punkte gegen Portugal sind nicht viel wert, wenn wir gegen Ghana nicht nachlegen. Ich kann mich noch an einige Situation erinnern, in denen wir trotz guten Auftakts vor dem dritten Spiel unter Druck standen. Eben weil wir im zweiten Spiel nicht abgerufen haben, was wir hätten abrufen können. Das wollen wir diesmal vermeiden. Ich bin zuversichtlich, dass uns das gelingen wird. Ich erlebe die Mannschaft sehr konzentriert, die Spieler haben verstanden, dass Ghana uns alles abverlangen wird. Ghana hat eine technisch und körperlich sehr starke Mannschaft, die Spieler sind sehr robust. Ghana muss nach der Niederlage gegen die USA gegen uns gewinnen. Für sie geht es um alles oder nichts, das macht sie sehr gefährlich, darauf müssen wir uns einstellen.

Die WM ist mittlerweile voll im Gang. Und ich finde, dass das Turnier bisher sehr gelungen ist. Das Niveau der Spiele ist hoch, mich als Stürmer freut, dass viele Tore fallen und den Fans Spektakel geboten wird. Als eine Tendenz der bisherigen Spiele hat sich bestätigt, was wir im Vorfeld immer gesagt hatten: Die Teams aus Südamerika sind stark. Bei "ihrer" WM sind sie voll motiviert, sie gehen ein sehr hohes Tempo, über 90 Minuten. Chile und Uruguay haben gezeigt, dass man mit ihnen rechnen muss, auch wenn wir darüber reden, wer dieses Turnier gewinnen könnte.

Am Ausscheiden der Spanier und den großen Problemen, die England hat, sieht man, dass sich gerade die europäischen Mannschaften in Südamerika schwer tun können. Aber: wir sind gewappnet. Auch weil wir mit unserem Basecamp in Santo André die richtige Wahl getroffen haben. Wir haben von dort aus nicht nur kurze Anreisezeiten zu unseren Spielen. Vor allem sind wir in einer Region, in der wir viel an der frischen Luft sein und die Spieler sich an das warme Klima der Spielorte gewöhnen können.

Fortaleza ist dafür ein gutes Beispiel. Als wir am Donnerstagabend um 22.30 Uhr aus dem Flugzeug gestiegen sind, sind wir gegen eine heiße, feuchte Wand gelaufen. Es waren an die 30 Grad, die Luftfeuchtigkeit war extrem hoch. Die Spieler haben schon auf den ersten Metern eine Vorstellung bekommen, was sie am Samstagnachmittag im Stadion erwarten wird: Sie werden extrem gefordert werden, sie werden extrem wollen müssen. Und auch das stimmt mich optimistisch. Denn neben vielem anderen habe ich in den vergangenen Tagen und Wochen gesehen, dass die Mannschaft diese wichtige Fähigkeit auch hat: Sie verfügt über einen großen Willen.

Herzlichst
Oliver Bierhoff