Bierhoffs WM-Blog: "Frühe Pfiffe trüben das Bild"

Der Countdown läuft für die Weltmeisterschaft in Brasilien - und damit auch für die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute zum Auftakt mit Gedanken zum Chile-Spiel.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

in genau 100 Tagen beginnt für uns mit dem Spiel in Salvador gegen Portugal die Weltmeisterschaft 2014. Auf vielen Ebenen und an vielen Stellen leisten viele Menschen schon jetzt viel Arbeit, damit unsere Mannschaft die besten Voraussetzungen hat, um in Brasilien Erfolg zu haben. Rund um die Mannschaft findet derzeit die Detailplanung der Abläufe bis zur und während der WM statt. Aus vielen Gedanken und Ideen gibt es einige Projekte, die angeschoben und organisiert werden müssen für Deutschlands Herzensangelegenheit - die Nationalmannschaft. Um die Fans auf die WM einzustimmen, werde ich mich ab sofort nun einmal in der Woche melden und über die Geschehnisse rund um das A-Team informieren.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal kurz auf das Spiel gegen Chile eingehen. Erstes Spiel, erster Sieg in diesem Jahr - das steht unter dem Strich. Selbst mit so einem Spiel könnte ich bei der WM leben, wenn das Ergebnis 1:0 für uns heißt. Über dem Strich stehen aber einige Dinge, die wir in unserem Spiel optimieren können. Dass das Team besser spielen kann, steht außer Frage. Ich finde es dennoch schade, wenn die deutsche Nationalmannschaft und deutsche Nationalspieler in Deutschland schon nach 30 Minuten von unseren deutschen Fans ausgepfiffen werden.

Die Fans können sich darauf verlassen, dass unser Team alles gibt. Genauso muss sich die Mannschaft darauf verlassen können, dass sie die volle Unterstützung ihrer Fans hat. Wir haben tolle Fans in ganz Deutschland, bei den Spielen der Nationalmannschaft erleben wir immer wieder emotionale Spiele in grandioser Atmosphäre vor fantastischen Fans. Als Pate des Fan Club Nationalmannschaft weiß ich ganz genau, welchen Aufwand die Fans betreiben und wie viel Herzblut sie in die Unterstützung des Teams investieren. Und gerade für diese Fans tut es mir leid, wenn einige mit ihren frühen Pfiffen das Bild trüben. Wir sind für die Fans da, die Fans sind für uns da, mit vollem Herzen! Umso mehr, wenn es nicht so läuft. Gerade dann sind die Fans gefragt, gerade dann muss das Team spüren, wie bedingungslos die Unterstützung ist.

Die Tage bis zum Spiel haben wir genutzt, um uns ausführlich mit den Spielern zu unterhalten, um ihnen zu sagen, was wir von ihnen in den kommenden Wochen auch ohne Länderspiel erwarten. Wir wollten aber auch verstehen, wie wir ihnen helfen können. Wenn wir bei der WM bis ins Finale vordringen sollten, wären wir inklusive Vorbereitung acht Wochen am Stück fast rund um die Uhr als Team zusammen. Zur Ablenkung, aber auch "Weiterbildung" werden wir uns das ein oder andere einfallen lassen, gerade in der Vorbereitung. Schon in der Vergangenheit hatten wir immer wieder außergewöhnliche Menschen und Sportler beim Team, die aus ihrem Leben berichtet haben. Rugby-Star Jonah Lomu war bei uns, auch Reinhold Messner, NFL-Star Björn Werner und viele andere. Für die Spieler ist es immer wieder interessant, sich mit den Besten aus anderen Welten zu unterhalten und ihren Weg zum Erfolg zu erfahren. Jeder kann aus solchen Gesprächen etwas für sich mitnehmen. Ähnliche Aktionen werden wir auch diesmal haben, wie sagt man so schön: Die Planungen laufen auf Hochtouren.

Das gilt auch ein paar Kilometer weiter südwestlich: im Campo Bahia, in unserem Team Basecamp für die WM in Brasilien. Vieles ist geschrieben worden über unser "Germanisches Dorf", das meiste ist falsch. Etwa das unerträgliche Gerücht, dass wir die Anlage für uns und in Eigenregie errichten lassen würden. Aber ich möchte gar nicht auf weitere Punkte eingehen. Vielmehr will ich hier von etwas anderem berichten - von meinen Begegnungen mit den Menschen vor Ort. Im Rahmen der WM-Gruppenauslosung war ich erst Ende Februar das fünfte Mal in Brasilien. Und habe mich anstecken lassen von der Euphorie, die ich bei den Brasilianern gespürt habe. Es war rührend, mit welcher Vorfreude sie über die WM gesprochen haben und wie die Brasilianer uns begegnet sind. Offen, herzlich, voller Lebensfreude, Energie und stolz, die deutsche Mannschaft zu unterstützen. Natürlich erwarten die Brasilianer viel von ihrer Selecao und wollen sie gewinnen sehen, aber sie erhoffen sich auch eine Verbesserung der eigenen Lebensumstände.

Und wir wollen einen Teil dazu leisten. Das Campo Bahia hat schon jetzt vielen Brasilianern Arbeit gegeben, im Betrieb nach dem Turnier wird dies weiter so sein. Auch der DFB und die Nationalmannschaft werden sich dafür einsetzen, den Menschen in der Region etwas Nachhaltiges zu hinterlassen. Wir prüfen gerade verschiedene Projekte und werden uns da etwas einfallen lassen - dieses Versprechen gebe ich gerne. Mit ihrer Begeisterung werden die Brasilianer das Turnier prägen. Damit passen sie hervorragend zu uns. Denn für sie ist die WM eine Herzensangelegenheit - so wie für uns Deutsche die deutsche Nationalmannschaft.

Herzlichst
Oliver Bierhoff

Das meinen DFB.de-User:

"Ich möchte zu Ihrem Bericht sagen, dass ich nach 50 Jahren im Ausland immer noch sehr stolz bin auf das Team. Viel Glück!" (Manfred W. Fautsch, Ontario/Kanada)

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Der Countdown läuft für die Weltmeisterschaft in Brasilien - und damit auch für die deutsche WM-Mission. Sportlich und organisatorisch. Genau an der Schnittstelle wirkt Oliver Bierhoff, der Manager der Nationalmannschaft. Jede Woche berichtet der 45-Jährige darüber, exklusiv für die User von DFB.de. Bierhoffs WM-Blog - heute zum Auftakt mit Gedanken zum Chile-Spiel.

Liebe Fans der Nationalmannschaft,

in genau 100 Tagen beginnt für uns mit dem Spiel in Salvador gegen Portugal die Weltmeisterschaft 2014. Auf vielen Ebenen und an vielen Stellen leisten viele Menschen schon jetzt viel Arbeit, damit unsere Mannschaft die besten Voraussetzungen hat, um in Brasilien Erfolg zu haben. Rund um die Mannschaft findet derzeit die Detailplanung der Abläufe bis zur und während der WM statt. Aus vielen Gedanken und Ideen gibt es einige Projekte, die angeschoben und organisiert werden müssen für Deutschlands Herzensangelegenheit - die Nationalmannschaft. Um die Fans auf die WM einzustimmen, werde ich mich ab sofort nun einmal in der Woche melden und über die Geschehnisse rund um das A-Team informieren.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal kurz auf das Spiel gegen Chile eingehen. Erstes Spiel, erster Sieg in diesem Jahr - das steht unter dem Strich. Selbst mit so einem Spiel könnte ich bei der WM leben, wenn das Ergebnis 1:0 für uns heißt. Über dem Strich stehen aber einige Dinge, die wir in unserem Spiel optimieren können. Dass das Team besser spielen kann, steht außer Frage. Ich finde es dennoch schade, wenn die deutsche Nationalmannschaft und deutsche Nationalspieler in Deutschland schon nach 30 Minuten von unseren deutschen Fans ausgepfiffen werden.

Die Fans können sich darauf verlassen, dass unser Team alles gibt. Genauso muss sich die Mannschaft darauf verlassen können, dass sie die volle Unterstützung ihrer Fans hat. Wir haben tolle Fans in ganz Deutschland, bei den Spielen der Nationalmannschaft erleben wir immer wieder emotionale Spiele in grandioser Atmosphäre vor fantastischen Fans. Als Pate des Fan Club Nationalmannschaft weiß ich ganz genau, welchen Aufwand die Fans betreiben und wie viel Herzblut sie in die Unterstützung des Teams investieren. Und gerade für diese Fans tut es mir leid, wenn einige mit ihren frühen Pfiffen das Bild trüben. Wir sind für die Fans da, die Fans sind für uns da, mit vollem Herzen! Umso mehr, wenn es nicht so läuft. Gerade dann sind die Fans gefragt, gerade dann muss das Team spüren, wie bedingungslos die Unterstützung ist.

Die Tage bis zum Spiel haben wir genutzt, um uns ausführlich mit den Spielern zu unterhalten, um ihnen zu sagen, was wir von ihnen in den kommenden Wochen auch ohne Länderspiel erwarten. Wir wollten aber auch verstehen, wie wir ihnen helfen können. Wenn wir bei der WM bis ins Finale vordringen sollten, wären wir inklusive Vorbereitung acht Wochen am Stück fast rund um die Uhr als Team zusammen. Zur Ablenkung, aber auch "Weiterbildung" werden wir uns das ein oder andere einfallen lassen, gerade in der Vorbereitung. Schon in der Vergangenheit hatten wir immer wieder außergewöhnliche Menschen und Sportler beim Team, die aus ihrem Leben berichtet haben. Rugby-Star Jonah Lomu war bei uns, auch Reinhold Messner, NFL-Star Björn Werner und viele andere. Für die Spieler ist es immer wieder interessant, sich mit den Besten aus anderen Welten zu unterhalten und ihren Weg zum Erfolg zu erfahren. Jeder kann aus solchen Gesprächen etwas für sich mitnehmen. Ähnliche Aktionen werden wir auch diesmal haben, wie sagt man so schön: Die Planungen laufen auf Hochtouren.

Das gilt auch ein paar Kilometer weiter südwestlich: im Campo Bahia, in unserem Team Basecamp für die WM in Brasilien. Vieles ist geschrieben worden über unser "Germanisches Dorf", das meiste ist falsch. Etwa das unerträgliche Gerücht, dass wir die Anlage für uns und in Eigenregie errichten lassen würden. Aber ich möchte gar nicht auf weitere Punkte eingehen. Vielmehr will ich hier von etwas anderem berichten - von meinen Begegnungen mit den Menschen vor Ort. Im Rahmen der WM-Gruppenauslosung war ich erst Ende Februar das fünfte Mal in Brasilien. Und habe mich anstecken lassen von der Euphorie, die ich bei den Brasilianern gespürt habe. Es war rührend, mit welcher Vorfreude sie über die WM gesprochen haben und wie die Brasilianer uns begegnet sind. Offen, herzlich, voller Lebensfreude, Energie und stolz, die deutsche Mannschaft zu unterstützen. Natürlich erwarten die Brasilianer viel von ihrer Selecao und wollen sie gewinnen sehen, aber sie erhoffen sich auch eine Verbesserung der eigenen Lebensumstände.

Und wir wollen einen Teil dazu leisten. Das Campo Bahia hat schon jetzt vielen Brasilianern Arbeit gegeben, im Betrieb nach dem Turnier wird dies weiter so sein. Auch der DFB und die Nationalmannschaft werden sich dafür einsetzen, den Menschen in der Region etwas Nachhaltiges zu hinterlassen. Wir prüfen gerade verschiedene Projekte und werden uns da etwas einfallen lassen - dieses Versprechen gebe ich gerne. Mit ihrer Begeisterung werden die Brasilianer das Turnier prägen. Damit passen sie hervorragend zu uns. Denn für sie ist die WM eine Herzensangelegenheit - so wie für uns Deutsche die deutsche Nationalmannschaft.

Herzlichst
Oliver Bierhoff

Das meinen DFB.de-User:

"Ich möchte zu Ihrem Bericht sagen, dass ich nach 50 Jahren im Ausland immer noch sehr stolz bin auf das Team. Viel Glück!" (Manfred W. Fautsch, Ontario/Kanada)