Bayern gegen HSV: Das Duell der Unzertrennlichen

Es sind Duelle, die sich ins kollektive Gedächtnis der Fußballfans eingebrannt haben. Spiele für die ganz großen Emotionen - Begeisterung und Entsetzen, Siegestaumel und tiefe Trauer. Begegnungen, die Millionen von Menschen in ihren Bann ziehen, jedes Mal aufs Neue. Unvergessene Momente der Bundesligahistorie, 90 Minuten für die Ewigkeit, die normale Partien zu Klassikern gemacht haben.

Ein Spiel und seine Geschichte: In einer Serie schaut der DFB.de-Autor und Historiker Udo Muras immer freitags während der Saison in die Chronik von ganz besonderen Bundesliga-Duellen, die aktuell anstehen. Heute: Bayern München gegen den Hamburger SV, die am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) in der Allianz-Arena aufeinandertreffen.

Bundesliga-Debüt erst 1965

Bevor es die Bundesliga gab, hatten sie wenig miteinander zu tun. Hamburg und München, viel weiter können deutsche Städte nicht auseinander liegen, und so kam es natürlich niemals vor, dass der HSV und der FC Bayern in einer Liga spielten. Seit 1965 jedoch, als die Bayern aufstiegen, wird die Partie jede Saison zweimal aufgeführt - und da keiner von ihnen jemals abgestiegen ist, geht das schon seit 46 Jahre ununterbrochen so. Das ist Bundesligarekord.

Zwar wurde der Nordgipfel zwischen dem HSV und Werder Bremen noch ein Jahr länger ausgetragen, doch es gab bekanntlich 1980/1981 eine Pause, bedingt durch Bremens Abstieg. Bayern und der HSV aber scheinen unzertrennlich zu sein. Vor 30 Jahren war es die spannendste Paarung Deutschlands, zwischen 1979 und 1983 kam der Meister stets aus einer dieser beiden Städte. Es war die Zeit, als das Nord-Süd-Duell zum Klassiker wurde.

Premiere im Jahr 1926

Die Partien vor der Bundesligagründung sind von geringer Anzahl und Bedeutung gewesen. Im Mai 1926 sah man sich erstmals überhaupt, die Bayern gewannen sowohl das Freundschaftsspiel daheim als auch das Rückspiel im August jeweils mit 4:3.

Als es erstmals um etwas ging, triumphierte der HSV. Am 22. Juli 1928 sah man sich in Duisburg im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft, und obwohl die Bayern durch Nationalspieler Josef Pöttinger in Führung gingen und man mit 1:1 die Seiten wechselte, hieß es nach 90 Minuten 2:8! Entscheidend waren die beiden HSV-Tore in der 46. und 47. Minute. Was war da wohl im Pausentee der Bayern gewesen? Der große HSV-Torjäger jener Epoche, Tull Harder, erfüllte seinen Job und traf gleich dreimal. Kleiner Trost für die Bayern: Sie hatten gegen den kommenden Meister verloren.

Hamburger Fan-Beifall für die Bayern

Es war das einzige Pflichtspiel vor dem Krieg, der Klassiker nahm einen langen Anlauf. Erst 37 Jahre später wurde es wieder ernst: in der Bundesliga. Der HSV war von Beginn an dabei, die Bayern kamen zwei Jahre später. Deswegen reisten sie nicht gerade als Favorit am 20. Oktober 1965 an den Rothenbaum, doch so traten sie von Beginn an auf. Schon nach 20 Minuten hieß es nach Toren von Rudolf Nafziger und Gerd Müller, der in seiner Karriere 26 Bundesligatore gegen den HSV erzielte, 2:0. In der Schlussphase sorgten erneut Nafziger und Dieter Brenninger für einen sensationellen 4:0-Auswärtssieg.

Selbst die HSV-Fans spendeten Beifall. Es war ein wegweisendes Spiel für dieses Duell, das die Bayern statistisch klar dominieren: Nach Siegen führen sie in der Bundesliga mit 52:19, selbst in Hamburg 20:12. Keiner hat mehr Siege beim HSV errungen als der FC Bayern.

Im folgenden Jahr gelang dem HSV dann der erste Sieg im Oberhaus (3:1), der mit dem Sprung an die Tabellenspitze versüßt wurde. Charly Dörfel war an jenem 10. Dezember 1966 der Mann des Tages, zwei Tore schoss er selbst, das entscheidende von Uwe Seeler bereitete er vor. Müllers Tor war ausnahmsweise wertlos.

Bayern-Sieg im einzigen DFB-Pokalfinale der Dauerrivalen

Die Bayern revanchierten sich noch in derselben Saison: Im Heimspiel gewannen sie 3:1 und zwei Wochen darauf im bis dato einzigen DFB-Pokalfinale dieser Rivalen glatt mit 4:0.

Dennoch sahen 69.000 Zuschauer in Stuttgart über weite Strecken ein offenes Spiel, in dem Gerd Müller den Torreigen nach 23 Minuten eröffnete. Sepp Maier verhinderte mehrmals den Ausgleich, und erst ein Doppelschlag von Ohlhauser und wieder Müller machte nach 76 Minuten alles klar. Im Gefühl des sicheren Sieges verletzte „Mucki“ Brenninger dann ein ungeschriebenes Gesetz und verwandelte als Gefoulter einen Elfmeter.

Einziger Verlust der Bayern an diesem Tag: ein Zahn von Kapitän Werner Olk nach einem Zusammenprall mit Uwe Seeler. Die von Trainer Tschik Cajkovski väterlich betreuten jungen Bayern feierten ausgelassen ihren dritten DFB-Pokaltriumph. Franz Beckenbauer spielte am Klavier „Hänschen-Klein“, während Sepp Maier den Funktionären unter dem Tisch die Schnürsenkel verknotete.

"HSV stets ein gefundenes Fressen"

Für den HSV begannen nun schwere Zeiten, mit Titeln hatte er bis 1976, als der DFB-Pokal gewonnen wurde, nichts mehr zu tun. Der FC Bayern dagegen entwickelte sich zu einer Weltklassemannschaft, die den Grundstein für den heutigen Status des Rekordmeisters legte.

Die Bilanz der sieben Jahre zwischen 1967 und 1974 spiegelte das deutlich wider: Bayern gewann zwölfmal, davon zehnmal in Serie, bei einem Remis und einem einzigen HSV-Sieg am 2. März 1968 (2:1). In München verloren die Hanseaten ihre ersten neun Gastspiele, so dass der Münchner Merkur 1971 schrieb: „Hamburger stets ein gefundenes Fressen!“

In jene Zeit bis 1974/1975 fielen etliche HSV-Debakel wie das 1:5 im August 1968 in München mit vier Müller-Toren, das 1:5 im September 1970 in Hamburg, als Franz „Bulle“ Roth drei Treffer erzielte und Sepp Maier sogar einen Elfmeter hielt, was nicht seine Spezialität war, oder das 2:6 in München im März 1971 mit drei Müller-Toren, das zu den drei torreichsten Nord-Süd-Duellen zählt.

Noch nie mehr als acht Tore

Mehr als acht Tore fielen nämlich nie in der Bundesliga zwischen diesen beiden Klubs. Im Oktober 1971 glückte Gerd Müller beim 4:1 in Hamburg nach der Pause ein echter Hattrick, und wieder hielt Maier einen Elfmeter, nun gegen Peter Nogly. Im Rückspiel wurde es ungewohnt dramatisch, der HSV holte einen 0:2 und 2:3-Rückstand auf, Manfred Kaltz traf sogar aus 30 Metern. Erst in der Nachspielzeit gewann der kommende Meister durch einen Roth-Strafstoß mit 4:3.

Die Hamburger tobten, Trainer Klaus Ochs sagte: „Wir sind diesmal verschaukelt worden“. HSV-Abwehrchef Willi Schulz, der den Elfmeter verschuldet hatte, sagte süffisant: „Wir sind so Paar gelaufen, der Gerd Müller und ich. Der Ball prallte dem Gerd vor die Brust ins Aus. Ich ging hinters Tor und wollte Abstoß machen, da sah ich: Elfmeter.“ Schiedsrichter Kindervater ließ sich auch nachher nicht beirren: „Nach der Regel 12 ist Stoßen im Strafraum mit einem Strafstoß zu belegen.“

Gerd Müller: Mit Schnauzbart, ohne Tor

Danach wurde es wieder einseitiger, 1973/1974 trieben es die Bayern auf die Spitze: Dem 4:1 in München folgte am 4. Mai 1974 ein 5:0 in Hamburg, das ist bis heute die höchste Heimniederlage des HSV in der Bundesliga. Linksverteidiger Paul Breitner erzielte zwei Tore, aber das eigentlich Besondere an diesem Schützenfest war: Gerd Müller ging leer aus, wie schon in den Wochen zuvor.

Prompt wurde ihm geraten, sich den Schnauzbart abzurasieren. Aber der Bomber der Nation war nicht abergläubisch: „Das ist doch Quatsch“. Uli Hoeneß schoss an diesem Tag seinen ersten Bundesliga-Elfmeter, und der Kicker titelte: „Jetzt macht Hoeneß alles“. Der HSV tröstete sich mit der Rekordeinnahme seiner Ligahistorie, 54.017 Zuschauer brachten der Klubkasse 605.000 D-Mark ein.

Sperlich beendet „schwarze HSV-Serie“

Im großen Krisenjahr der Bayern 1974/1975, als sich nach dem Dreifachtriumph Meister/Europacupsieger/Weltmeister bei den Stars im Team eine gewisse Sättigung einstellte, gewann der HSV erstmals beide Spiele -jeweils 1:0. In München beendete ein Treffer von Hans-Jürgen Sperlich die schwarze HSV-Serie, es waren die ersten Punkte im zehnten Anlauf.

Auffallend, dass es in den ersten zwölf Jahren nur ein Unentschieden in diesem Duell gab (2:2 in Hamburg im Januar 1969). Erst ein Pokalspiel brachte wieder ein Remis: Im Mai 1976 trennte man sich im Halbfinale in Hamburg 2:2. In der Wiederholung stand es in der 90. Minute noch 0:0, da schoss ein gewisser Kurt Eigl den HSV ins Finale, das die Hamburger dann auch gewannen.

Bayern nahm schon im Herbst 1976 Revanche, als man binnen zwei Wochen in München elf Tore gegen den HSV schoss. Dem 5:1 im Pokal folgte ein 6:2 in der Liga, Gerd Müller schoss im Punktspiel gegen seinen Lieblingsgegner wieder vier Tore.

Die späten Siebziger: HSV wird zum Spitzenteam

Danach waren solche Resultate die Ausnahme, der HSV avancierte Ende der Siebziger endlich zu einer Macht, wovon schon im Rückspiel etwas zu spüren war: Das 5:0 vom 1. April 1977 ist der höchste HSV-Sieg gegen Bayern.

Am 9. Juni 1979 standen die Münchner dann Spalier bei der ersten Hamburger Meisterfeier in der Bundesliga, die leider überschattet wurde von bedauerlichen Vorfällen auf den Rängen. Unter den in ihrer Euphorie auf den Rasen drängenden HSV-Fans, die einen Zaun einbrechen ließen, gab es 71 Verletzte, Krankenwagen rasten durchs Volksparkstadion.

Das trübte die Meisterfeier stärker als das Resultat von 1:2. Bayerns Paul Breitner ließ sich in dieser Partie übrigens für einen Fußballfilm verkabeln, um seine Kommandos zu dokumentieren.

Rassige Duelle in den 80er-Jahren

Es begannen die Jahre, in denen jedes Duell zwischen Bayern und dem HSV ein Spitzenspiel war. 1979/1980 hätte der HSV nach der Europacupwertung zwar die Nase vorn gehabt (1:1 in München, 3:1 zu Hause), Meister aber wurde der FC Bayern. In Hamburg fielen die Tore erst ab der 60. Minute, was auch charakteristisch für dieses Spiel ist: 30 der 91 Bundesligaduelle standen zur Pause noch 0:0 - also jedes dritte.

Auch in den beiden Duellen 1980/1981 war das so, aber das Warten lohnte sich meist. In München feierten die meisten der 78.000 Zuschauer, die auf dem Schwarzmarkt bis zu 150 D-Mark bezahlt hatten, Klaus Augenthaler, der kurz vor Schluss das 2:1 köpfte. Für den Kicker war es das „Duell der Giganten“, sieben aktuelle Nationalspieler standen auf dem Platz.

Bundestrainer Jupp Derwall durfte sich das nicht entgehen lassen. Sein Kommentar zur Pause: „Intelligenter Fußball, sicherlich. Aber ob die Zuschauer so was sehen wollen?“

HSV nur Remis vor den Augen des Kanzlers

Nun, Rasenschach gab es häufiger in jenen Tagen. Die Giganten kannten sich bestens, und oft neutralisierten sie sich, so dass außergewöhnliche Einzelleistungen die Entscheidung bringen mussten. Ein Kopfballtor von Verteidiger Klaus Augenthaler, sonst eher als Scharfschütze gefürchtet, gehörte dazu. Im Rückspiel entschied sich die Meisterschaft 1980/1981 bereits im März - jedenfalls aus der Retrospektive.

2:0 führte Tabellenführer HSV unter den Augen von Bundeskanzler Helmut Schmidt („Mein Herz schlägt für den HSV“) durch Tore von Felix Magath und Horst Hrubesch bis zur 67. Minute, in der virtuellen Tabelle betrug der Vorsprung fünf Punkte - damals waren das zwei Siege und ein Unentschieden. Neun Spiele vor Schluss kaum noch aufzuholen.

Doch die großen Bayern-Stars jener Epoche, Karl-Heinz Rummenigge und Paul Breitner, drehten mit ihren Toren das Spiel noch. Der Ausgleich fiel in der 89. Minute, Breitner machte damit seinen Fehler vor dem 2:0 wett. Frust und Selbstzweifeln bei den Hamburgern, Felix Magath sagte: „Die ganz abgebrühten Spieler sind wir wohl doch nicht.“

Das Bayern-Gewinner-Gen

Auf dem Flughafen Fuhlsbüttel fingen die Reporter dagegen markige Worte aus dem Bayern-Lager ein. „An die Wand gespielt haben wir die“ (Rummenigge). Oder: „Jetzt sind wir wieder wir selbst“ (Trainer Pal Csernai). Der Kicker schrieb: „Nach diesem Spiel hätten die Münchner kein Flugzeug gebraucht, um nach München zurückzukehren - sie schwebten auch so auf Wolke 17, rosarot.“

Dieses Spiel gehört zu denen, die sich bestens eignen, um jüngeren Menschen zu erklären was das Bayern-Gen ist. Der HSV brach anschließend jedenfalls ein, und die Schale ging wieder nach München.

Das legendäre 3:4 von München

1981/1982 war es jedoch anders herum. Mit Ernst Happel auf der Bank wurden die Hamburger sofort Meister, und nun legten sie den Grundstein dafür durch einen Sieg beim Rivalen. Am 24. April 1982 kamen sie als Spitzenreiter zum Verfolger und spielten zunächst wie immer bei Bayern, wo sie bis zu jenem Tag erst zweimal gewonnen hatten.

Zur Pause führte Bayern 2:1, und als sich Torwart Uli Stein bei einem harmlosen Kopfball von Dieter Hoeneß verschätzte und nach 65 Minuten das 3:1 zuließ, wähnten sich die Bayern als Sieger. „Wir hatten das Spiel fest im Griff, doch wieder einmal war es für einige schon vor dem Abpfiff zu Ende“, grollte Csernai.

Was geschah dann? Der junge Thomas von Heesen durfte ein Solo übers ganze Feld machen und auf 2:3 verkürzen. Dann kam die große Viertelstunde von Nationalstürmer Horst Hrubesch, der in der 75. Minute per Fuß ausglich und mit dem Schlusspfiff einen seiner gefürchteten Kopfbälle im Tor von Walter Junghans unterbrachte. Fertig war Bayerns erste Heimniederlage nach 43 Ligaspielen und das dritte 3:4 binnen zwei Wochen (inklusive Europacup). Der Entertainer Rudi Carrell witzelte in seiner Show „Am laufenden Band“: „Die Bayern haben eine neue Telefonnummer: 343434“.

HSV unter Happel meisterlich

Vor allem hatten sie den Schaden, der Titel war futsch, was ihnen schon mit Abpfiff bewusst war. Präsident Willi O. Hoffmann gratulierte Ernst Happel bereits, der ihm entgegnete: „Wenn wir jetzt nicht Meister werden, dann nie.“

Sie wurden es, auch im Folgejahr, das ebenfalls ein legendäres Duell in München brachte. 2:2 stand es nach 90 Minuten, wieder hatten Tore von „Breitnigge“ ein 0:2 wettgemacht, da entschied Schiedsrichter Walter Eschweiler in der 90. Minute auf Elfmeter für den HSV. In der Südkurve rasteten Fans aus, Leuchtraketen flogen und es gab eine fünfminütige Unterbrechung.

Zeit genug um nervös zu werden, auch einen zuverlässigen Schützen wie Manfred Kaltz ließ das Warten nicht kalt. Jean-Marie Pfaff, von Paul Breitner noch flugs über Kaltz’ Ecke informiert, hielt prompt. „Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal verschossen habe“, sagte Kaltz frustriert. Der Kicker feierte das Spiel hymnisch als „Festtag des Fußballs“.

Die Fehler-Parade des Mladen Pralija

Leider war es einer der letzten mit Endspiel-Charakter, die große HSV-Zeit endete nach dem Europacup-Sieg im Mai 1983 allmählich. Meister wurden die Hanseaten seitdem auch nie mehr, die Bayern dagegen jedes zweite Jahr. Im März 1987 war der HSV noch mal auf Augenhöhe, doch die Bayern gewannen das Spitzenspiel im Volkspark 2:1, als Michael Rummenigge drei Minuten vor Schluss von einem Stein-Fehler profitierte, dessen Abwurf zu kurz geraten war.

Im Sommer 1987 stand wieder ein HSV-Torwart im Blickpunkt: Der bedauernswerte Mladen Pralija machte beim 0:6 in München einen Fehler nach dem anderen und wurde bundesweit verspottet. Es war der höchste Bayern-Sieg über den HSV, der in der Folge als Konkurrent weitgehend ausschied.

FCB zwölfmal ungeschlagen

Von 1985 bis 1991 blieben die Bayern zwölfmal ungeschlagen, wenn es auch hin und wieder knapp wurde wie am Sonntag, 5. Mai 1991. Es war die Zeit der ersten Live-Übertragungen von Bundesligaspielen, und diese Partie im Volksparkstadion hatte es auch verdient. Bis zur 87. Minute führte der HSV 2:1, dann schossen Olaf Thon und Stefan Reuter Bayern noch zum Sieg.

Lieber denken die HSV-Fans dagegen an den 11. Februar 1996 zurück, als es andersherum lief: Bis zur 85. Minute führten Otto Rehhagels Bayern, dann trafen Andre Breitenreiter und Joker Uwe Jähnig. Auf der HSV-Bank coachte damals ein gewisser Felix Magath. Es war für neun Jahre und 18 Spiele der letzte Hamburger Sieg in diesem Duell…

Historisch relevant war der Rückrundenstart 1997/1998 in München (3:0), als Giovane Elber das schnellste Tor der Bundesligageschichte gelang. Vom Anstoß weg vergingen elf Sekunden, ehe er Richard Golz überwand. Der Rekord wurde noch zweimal eingestellt und besteht bis heute.

Andersson entscheidet Meisterschaft 2001 in letzter Sekunde

Es war nichts gegen die Ereignisse des 19. Mai 2001, als die Bayern um ein Haar im neuen Hamburger Stadion die Meisterschaft verspielt hätten. Ein Punkt hätte ihnen im Fernduell mit Schalke genügt, doch in der 90. Minute köpfte Sergej Barbarez das 1:0 für den HSV. Die Bayern warfen sich zu Boden, Entsetzen auf der Bank.

Nur einer gab nicht auf: Torwart Oliver Kahn rüttelte die Mitspieler auf und rief seine legendär geworden Worte aus: "Weitermachen, immer weitermachen!" Es lief die fünfte Minute der Nachspielzeit, auf Schalke feierte man schon die Meisterschaft, da gab Schiedsrichter Markus Merk nach einem Rückpass von Ujfalusi auf Torwart Schober indirekten Freistoß im HSV-Strafraum. Oliver Kahn eilte nach vorne, er wollte sogar selbst schießen. Stefan Effenberg verjagte ihn, und Kahn rempelte die Hamburger, die sich in einer langen Reihe auf der Torlinie postiert hatten, an. Es war ein Signal an die Kollegen: Hier glaubt noch einer an Wunder.

Das Wunder geschah: Effenberg tippte den Ball kurz zu Patrik Andersson, der noch nie ein Tor für Bayern geschossen hatte. Der Schwede fand eine Lücke zuwischen Pfosten und Abwehrbeinen, flach rauschte der Ball ins Netz und Oliver Kahn riss vor Freude eine Eckfahne heraus. 1:1 - wieder ein Bayern-Remis in Hamburg, das ein Sieg war. „Dieses Glück hat hier in Deutschland nur der FC Bayern“, sagte Elber. Kahn sah es sachlicher: „Man kann die Dinge anscheinend erzwingen. Genau dieser Charakter hat uns zum Meister gemacht.“ Vier Tage später gewannen die Bayern auch die Champions League in Mailand gegen den FC Valencia - Abschluss einer unglaublichen Saison.

Ausnahmslos knappe Resultate seit 2006

Zweimal hat ihnen der HSV seitdem aber noch richtig weh getan: Am 24. September 2005 beendeten Tore von Rafael van der Vaart und Piotr Trochowski in Hamburg die längste Siegesserie der Bundesligahistorie (15 Spiele) und nebenbei auch die schwarze HSV-Serie nach neun sieglosen Jahren gegen Bayern.

Im Rückspiel fügte ein spätes Tor von Nigel de Jong dem kommenden Meister seine allererste Niederlage (1:2) in der Allianz-Arena zu - und wieder tobte Oliver Kahn. Viermal in Folge sollte der HSV in München nicht verlieren, erst im Vorjahr riss die Serie durch das 1:0-Siegtor von Franck Ribery, der HSV-Ersatzkeeper Wolfgang Hesl schlecht aussehen ließ.

Seit 2006 hat es zwischen den Giganten der Achtziger nur noch knappe Resultate gegeben: sechs Siege mit maximal einem Tor Vorsprung und vier Remis. Ein Kennzeichen für das Erstarken des HSV, der in Hamburg seit drei Spielen kein Bayern-Tor mehr zugelassen hat. Überhaupt fielen in den vergangenen vier Duellen nur drei Tore. Aber auch über diese Phase wird der Nord-Süd-Gipfel gewiss hinweg kommen - vielleicht schon am Samstag.

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Es sind Duelle, die sich ins kollektive Gedächtnis der Fußballfans eingebrannt haben. Spiele für die ganz großen Emotionen - Begeisterung und Entsetzen, Siegestaumel und tiefe Trauer. Begegnungen, die Millionen von Menschen in ihren Bann ziehen, jedes Mal aufs Neue. Unvergessene Momente der Bundesligahistorie, 90 Minuten für die Ewigkeit, die normale Partien zu Klassikern gemacht haben.

Ein Spiel und seine Geschichte: In einer Serie schaut der DFB.de-Autor und Historiker Udo Muras immer freitags während der Saison in die Chronik von ganz besonderen Bundesliga-Duellen, die aktuell anstehen. Heute: Bayern München gegen den Hamburger SV, die am Samstag (ab 15.30 Uhr, live bei Sky) in der Allianz-Arena aufeinandertreffen.

Bundesliga-Debüt erst 1965

Bevor es die Bundesliga gab, hatten sie wenig miteinander zu tun. Hamburg und München, viel weiter können deutsche Städte nicht auseinander liegen, und so kam es natürlich niemals vor, dass der HSV und der FC Bayern in einer Liga spielten. Seit 1965 jedoch, als die Bayern aufstiegen, wird die Partie jede Saison zweimal aufgeführt - und da keiner von ihnen jemals abgestiegen ist, geht das schon seit 46 Jahre ununterbrochen so. Das ist Bundesligarekord.

Zwar wurde der Nordgipfel zwischen dem HSV und Werder Bremen noch ein Jahr länger ausgetragen, doch es gab bekanntlich 1980/1981 eine Pause, bedingt durch Bremens Abstieg. Bayern und der HSV aber scheinen unzertrennlich zu sein. Vor 30 Jahren war es die spannendste Paarung Deutschlands, zwischen 1979 und 1983 kam der Meister stets aus einer dieser beiden Städte. Es war die Zeit, als das Nord-Süd-Duell zum Klassiker wurde.

Premiere im Jahr 1926

Die Partien vor der Bundesligagründung sind von geringer Anzahl und Bedeutung gewesen. Im Mai 1926 sah man sich erstmals überhaupt, die Bayern gewannen sowohl das Freundschaftsspiel daheim als auch das Rückspiel im August jeweils mit 4:3.

Als es erstmals um etwas ging, triumphierte der HSV. Am 22. Juli 1928 sah man sich in Duisburg im Halbfinale um die Deutsche Meisterschaft, und obwohl die Bayern durch Nationalspieler Josef Pöttinger in Führung gingen und man mit 1:1 die Seiten wechselte, hieß es nach 90 Minuten 2:8! Entscheidend waren die beiden HSV-Tore in der 46. und 47. Minute. Was war da wohl im Pausentee der Bayern gewesen? Der große HSV-Torjäger jener Epoche, Tull Harder, erfüllte seinen Job und traf gleich dreimal. Kleiner Trost für die Bayern: Sie hatten gegen den kommenden Meister verloren.

Hamburger Fan-Beifall für die Bayern

Es war das einzige Pflichtspiel vor dem Krieg, der Klassiker nahm einen langen Anlauf. Erst 37 Jahre später wurde es wieder ernst: in der Bundesliga. Der HSV war von Beginn an dabei, die Bayern kamen zwei Jahre später. Deswegen reisten sie nicht gerade als Favorit am 20. Oktober 1965 an den Rothenbaum, doch so traten sie von Beginn an auf. Schon nach 20 Minuten hieß es nach Toren von Rudolf Nafziger und Gerd Müller, der in seiner Karriere 26 Bundesligatore gegen den HSV erzielte, 2:0. In der Schlussphase sorgten erneut Nafziger und Dieter Brenninger für einen sensationellen 4:0-Auswärtssieg.

Selbst die HSV-Fans spendeten Beifall. Es war ein wegweisendes Spiel für dieses Duell, das die Bayern statistisch klar dominieren: Nach Siegen führen sie in der Bundesliga mit 52:19, selbst in Hamburg 20:12. Keiner hat mehr Siege beim HSV errungen als der FC Bayern.

Im folgenden Jahr gelang dem HSV dann der erste Sieg im Oberhaus (3:1), der mit dem Sprung an die Tabellenspitze versüßt wurde. Charly Dörfel war an jenem 10. Dezember 1966 der Mann des Tages, zwei Tore schoss er selbst, das entscheidende von Uwe Seeler bereitete er vor. Müllers Tor war ausnahmsweise wertlos.

Bayern-Sieg im einzigen DFB-Pokalfinale der Dauerrivalen

Die Bayern revanchierten sich noch in derselben Saison: Im Heimspiel gewannen sie 3:1 und zwei Wochen darauf im bis dato einzigen DFB-Pokalfinale dieser Rivalen glatt mit 4:0.

Dennoch sahen 69.000 Zuschauer in Stuttgart über weite Strecken ein offenes Spiel, in dem Gerd Müller den Torreigen nach 23 Minuten eröffnete. Sepp Maier verhinderte mehrmals den Ausgleich, und erst ein Doppelschlag von Ohlhauser und wieder Müller machte nach 76 Minuten alles klar. Im Gefühl des sicheren Sieges verletzte „Mucki“ Brenninger dann ein ungeschriebenes Gesetz und verwandelte als Gefoulter einen Elfmeter.

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Einziger Verlust der Bayern an diesem Tag: ein Zahn von Kapitän Werner Olk nach einem Zusammenprall mit Uwe Seeler. Die von Trainer Tschik Cajkovski väterlich betreuten jungen Bayern feierten ausgelassen ihren dritten DFB-Pokaltriumph. Franz Beckenbauer spielte am Klavier „Hänschen-Klein“, während Sepp Maier den Funktionären unter dem Tisch die Schnürsenkel verknotete.

"HSV stets ein gefundenes Fressen"

Für den HSV begannen nun schwere Zeiten, mit Titeln hatte er bis 1976, als der DFB-Pokal gewonnen wurde, nichts mehr zu tun. Der FC Bayern dagegen entwickelte sich zu einer Weltklassemannschaft, die den Grundstein für den heutigen Status des Rekordmeisters legte.

Die Bilanz der sieben Jahre zwischen 1967 und 1974 spiegelte das deutlich wider: Bayern gewann zwölfmal, davon zehnmal in Serie, bei einem Remis und einem einzigen HSV-Sieg am 2. März 1968 (2:1). In München verloren die Hanseaten ihre ersten neun Gastspiele, so dass der Münchner Merkur 1971 schrieb: „Hamburger stets ein gefundenes Fressen!“

In jene Zeit bis 1974/1975 fielen etliche HSV-Debakel wie das 1:5 im August 1968 in München mit vier Müller-Toren, das 1:5 im September 1970 in Hamburg, als Franz „Bulle“ Roth drei Treffer erzielte und Sepp Maier sogar einen Elfmeter hielt, was nicht seine Spezialität war, oder das 2:6 in München im März 1971 mit drei Müller-Toren, das zu den drei torreichsten Nord-Süd-Duellen zählt.

Noch nie mehr als acht Tore

Mehr als acht Tore fielen nämlich nie in der Bundesliga zwischen diesen beiden Klubs. Im Oktober 1971 glückte Gerd Müller beim 4:1 in Hamburg nach der Pause ein echter Hattrick, und wieder hielt Maier einen Elfmeter, nun gegen Peter Nogly. Im Rückspiel wurde es ungewohnt dramatisch, der HSV holte einen 0:2 und 2:3-Rückstand auf, Manfred Kaltz traf sogar aus 30 Metern. Erst in der Nachspielzeit gewann der kommende Meister durch einen Roth-Strafstoß mit 4:3.

Die Hamburger tobten, Trainer Klaus Ochs sagte: „Wir sind diesmal verschaukelt worden“. HSV-Abwehrchef Willi Schulz, der den Elfmeter verschuldet hatte, sagte süffisant: „Wir sind so Paar gelaufen, der Gerd Müller und ich. Der Ball prallte dem Gerd vor die Brust ins Aus. Ich ging hinters Tor und wollte Abstoß machen, da sah ich: Elfmeter.“ Schiedsrichter Kindervater ließ sich auch nachher nicht beirren: „Nach der Regel 12 ist Stoßen im Strafraum mit einem Strafstoß zu belegen.“

Gerd Müller: Mit Schnauzbart, ohne Tor

Danach wurde es wieder einseitiger, 1973/1974 trieben es die Bayern auf die Spitze: Dem 4:1 in München folgte am 4. Mai 1974 ein 5:0 in Hamburg, das ist bis heute die höchste Heimniederlage des HSV in der Bundesliga. Linksverteidiger Paul Breitner erzielte zwei Tore, aber das eigentlich Besondere an diesem Schützenfest war: Gerd Müller ging leer aus, wie schon in den Wochen zuvor.

Prompt wurde ihm geraten, sich den Schnauzbart abzurasieren. Aber der Bomber der Nation war nicht abergläubisch: „Das ist doch Quatsch“. Uli Hoeneß schoss an diesem Tag seinen ersten Bundesliga-Elfmeter, und der Kicker titelte: „Jetzt macht Hoeneß alles“. Der HSV tröstete sich mit der Rekordeinnahme seiner Ligahistorie, 54.017 Zuschauer brachten der Klubkasse 605.000 D-Mark ein.

Sperlich beendet „schwarze HSV-Serie“

Im großen Krisenjahr der Bayern 1974/1975, als sich nach dem Dreifachtriumph Meister/Europacupsieger/Weltmeister bei den Stars im Team eine gewisse Sättigung einstellte, gewann der HSV erstmals beide Spiele -jeweils 1:0. In München beendete ein Treffer von Hans-Jürgen Sperlich die schwarze HSV-Serie, es waren die ersten Punkte im zehnten Anlauf.

Auffallend, dass es in den ersten zwölf Jahren nur ein Unentschieden in diesem Duell gab (2:2 in Hamburg im Januar 1969). Erst ein Pokalspiel brachte wieder ein Remis: Im Mai 1976 trennte man sich im Halbfinale in Hamburg 2:2. In der Wiederholung stand es in der 90. Minute noch 0:0, da schoss ein gewisser Kurt Eigl den HSV ins Finale, das die Hamburger dann auch gewannen.

Bayern nahm schon im Herbst 1976 Revanche, als man binnen zwei Wochen in München elf Tore gegen den HSV schoss. Dem 5:1 im Pokal folgte ein 6:2 in der Liga, Gerd Müller schoss im Punktspiel gegen seinen Lieblingsgegner wieder vier Tore.

Die späten Siebziger: HSV wird zum Spitzenteam

Danach waren solche Resultate die Ausnahme, der HSV avancierte Ende der Siebziger endlich zu einer Macht, wovon schon im Rückspiel etwas zu spüren war: Das 5:0 vom 1. April 1977 ist der höchste HSV-Sieg gegen Bayern.

Am 9. Juni 1979 standen die Münchner dann Spalier bei der ersten Hamburger Meisterfeier in der Bundesliga, die leider überschattet wurde von bedauerlichen Vorfällen auf den Rängen. Unter den in ihrer Euphorie auf den Rasen drängenden HSV-Fans, die einen Zaun einbrechen ließen, gab es 71 Verletzte, Krankenwagen rasten durchs Volksparkstadion.

Das trübte die Meisterfeier stärker als das Resultat von 1:2. Bayerns Paul Breitner ließ sich in dieser Partie übrigens für einen Fußballfilm verkabeln, um seine Kommandos zu dokumentieren.

Rassige Duelle in den 80er-Jahren

Es begannen die Jahre, in denen jedes Duell zwischen Bayern und dem HSV ein Spitzenspiel war. 1979/1980 hätte der HSV nach der Europacupwertung zwar die Nase vorn gehabt (1:1 in München, 3:1 zu Hause), Meister aber wurde der FC Bayern. In Hamburg fielen die Tore erst ab der 60. Minute, was auch charakteristisch für dieses Spiel ist: 30 der 91 Bundesligaduelle standen zur Pause noch 0:0 - also jedes dritte.

Auch in den beiden Duellen 1980/1981 war das so, aber das Warten lohnte sich meist. In München feierten die meisten der 78.000 Zuschauer, die auf dem Schwarzmarkt bis zu 150 D-Mark bezahlt hatten, Klaus Augenthaler, der kurz vor Schluss das 2:1 köpfte. Für den Kicker war es das „Duell der Giganten“, sieben aktuelle Nationalspieler standen auf dem Platz.

Bundestrainer Jupp Derwall durfte sich das nicht entgehen lassen. Sein Kommentar zur Pause: „Intelligenter Fußball, sicherlich. Aber ob die Zuschauer so was sehen wollen?“

HSV nur Remis vor den Augen des Kanzlers

Nun, Rasenschach gab es häufiger in jenen Tagen. Die Giganten kannten sich bestens, und oft neutralisierten sie sich, so dass außergewöhnliche Einzelleistungen die Entscheidung bringen mussten. Ein Kopfballtor von Verteidiger Klaus Augenthaler, sonst eher als Scharfschütze gefürchtet, gehörte dazu. Im Rückspiel entschied sich die Meisterschaft 1980/1981 bereits im März - jedenfalls aus der Retrospektive.

2:0 führte Tabellenführer HSV unter den Augen von Bundeskanzler Helmut Schmidt („Mein Herz schlägt für den HSV“) durch Tore von Felix Magath und Horst Hrubesch bis zur 67. Minute, in der virtuellen Tabelle betrug der Vorsprung fünf Punkte - damals waren das zwei Siege und ein Unentschieden. Neun Spiele vor Schluss kaum noch aufzuholen.

Doch die großen Bayern-Stars jener Epoche, Karl-Heinz Rummenigge und Paul Breitner, drehten mit ihren Toren das Spiel noch. Der Ausgleich fiel in der 89. Minute, Breitner machte damit seinen Fehler vor dem 2:0 wett. Frust und Selbstzweifeln bei den Hamburgern, Felix Magath sagte: „Die ganz abgebrühten Spieler sind wir wohl doch nicht.“

Das Bayern-Gewinner-Gen

Auf dem Flughafen Fuhlsbüttel fingen die Reporter dagegen markige Worte aus dem Bayern-Lager ein. „An die Wand gespielt haben wir die“ (Rummenigge). Oder: „Jetzt sind wir wieder wir selbst“ (Trainer Pal Csernai). Der Kicker schrieb: „Nach diesem Spiel hätten die Münchner kein Flugzeug gebraucht, um nach München zurückzukehren - sie schwebten auch so auf Wolke 17, rosarot.“

Dieses Spiel gehört zu denen, die sich bestens eignen, um jüngeren Menschen zu erklären was das Bayern-Gen ist. Der HSV brach anschließend jedenfalls ein, und die Schale ging wieder nach München.

Das legendäre 3:4 von München

1981/1982 war es jedoch anders herum. Mit Ernst Happel auf der Bank wurden die Hamburger sofort Meister, und nun legten sie den Grundstein dafür durch einen Sieg beim Rivalen. Am 24. April 1982 kamen sie als Spitzenreiter zum Verfolger und spielten zunächst wie immer bei Bayern, wo sie bis zu jenem Tag erst zweimal gewonnen hatten.

Zur Pause führte Bayern 2:1, und als sich Torwart Uli Stein bei einem harmlosen Kopfball von Dieter Hoeneß verschätzte und nach 65 Minuten das 3:1 zuließ, wähnten sich die Bayern als Sieger. „Wir hatten das Spiel fest im Griff, doch wieder einmal war es für einige schon vor dem Abpfiff zu Ende“, grollte Csernai.

Was geschah dann? Der junge Thomas von Heesen durfte ein Solo übers ganze Feld machen und auf 2:3 verkürzen. Dann kam die große Viertelstunde von Nationalstürmer Horst Hrubesch, der in der 75. Minute per Fuß ausglich und mit dem Schlusspfiff einen seiner gefürchteten Kopfbälle im Tor von Walter Junghans unterbrachte. Fertig war Bayerns erste Heimniederlage nach 43 Ligaspielen und das dritte 3:4 binnen zwei Wochen (inklusive Europacup). Der Entertainer Rudi Carrell witzelte in seiner Show „Am laufenden Band“: „Die Bayern haben eine neue Telefonnummer: 343434“.

HSV unter Happel meisterlich

Vor allem hatten sie den Schaden, der Titel war futsch, was ihnen schon mit Abpfiff bewusst war. Präsident Willi O. Hoffmann gratulierte Ernst Happel bereits, der ihm entgegnete: „Wenn wir jetzt nicht Meister werden, dann nie.“

Sie wurden es, auch im Folgejahr, das ebenfalls ein legendäres Duell in München brachte. 2:2 stand es nach 90 Minuten, wieder hatten Tore von „Breitnigge“ ein 0:2 wettgemacht, da entschied Schiedsrichter Walter Eschweiler in der 90. Minute auf Elfmeter für den HSV. In der Südkurve rasteten Fans aus, Leuchtraketen flogen und es gab eine fünfminütige Unterbrechung.

Zeit genug um nervös zu werden, auch einen zuverlässigen Schützen wie Manfred Kaltz ließ das Warten nicht kalt. Jean-Marie Pfaff, von Paul Breitner noch flugs über Kaltz’ Ecke informiert, hielt prompt. „Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal verschossen habe“, sagte Kaltz frustriert. Der Kicker feierte das Spiel hymnisch als „Festtag des Fußballs“.

Die Fehler-Parade des Mladen Pralija

Leider war es einer der letzten mit Endspiel-Charakter, die große HSV-Zeit endete nach dem Europacup-Sieg im Mai 1983 allmählich. Meister wurden die Hanseaten seitdem auch nie mehr, die Bayern dagegen jedes zweite Jahr. Im März 1987 war der HSV noch mal auf Augenhöhe, doch die Bayern gewannen das Spitzenspiel im Volkspark 2:1, als Michael Rummenigge drei Minuten vor Schluss von einem Stein-Fehler profitierte, dessen Abwurf zu kurz geraten war.

Im Sommer 1987 stand wieder ein HSV-Torwart im Blickpunkt: Der bedauernswerte Mladen Pralija machte beim 0:6 in München einen Fehler nach dem anderen und wurde bundesweit verspottet. Es war der höchste Bayern-Sieg über den HSV, der in der Folge als Konkurrent weitgehend ausschied.

FCB zwölfmal ungeschlagen

Von 1985 bis 1991 blieben die Bayern zwölfmal ungeschlagen, wenn es auch hin und wieder knapp wurde wie am Sonntag, 5. Mai 1991. Es war die Zeit der ersten Live-Übertragungen von Bundesligaspielen, und diese Partie im Volksparkstadion hatte es auch verdient. Bis zur 87. Minute führte der HSV 2:1, dann schossen Olaf Thon und Stefan Reuter Bayern noch zum Sieg.

Lieber denken die HSV-Fans dagegen an den 11. Februar 1996 zurück, als es andersherum lief: Bis zur 85. Minute führten Otto Rehhagels Bayern, dann trafen Andre Breitenreiter und Joker Uwe Jähnig. Auf der HSV-Bank coachte damals ein gewisser Felix Magath. Es war für neun Jahre und 18 Spiele der letzte Hamburger Sieg in diesem Duell…

Historisch relevant war der Rückrundenstart 1997/1998 in München (3:0), als Giovane Elber das schnellste Tor der Bundesligageschichte gelang. Vom Anstoß weg vergingen elf Sekunden, ehe er Richard Golz überwand. Der Rekord wurde noch zweimal eingestellt und besteht bis heute.

Andersson entscheidet Meisterschaft 2001 in letzter Sekunde

Es war nichts gegen die Ereignisse des 19. Mai 2001, als die Bayern um ein Haar im neuen Hamburger Stadion die Meisterschaft verspielt hätten. Ein Punkt hätte ihnen im Fernduell mit Schalke genügt, doch in der 90. Minute köpfte Sergej Barbarez das 1:0 für den HSV. Die Bayern warfen sich zu Boden, Entsetzen auf der Bank.

Nur einer gab nicht auf: Torwart Oliver Kahn rüttelte die Mitspieler auf und rief seine legendär geworden Worte aus: "Weitermachen, immer weitermachen!" Es lief die fünfte Minute der Nachspielzeit, auf Schalke feierte man schon die Meisterschaft, da gab Schiedsrichter Markus Merk nach einem Rückpass von Ujfalusi auf Torwart Schober indirekten Freistoß im HSV-Strafraum. Oliver Kahn eilte nach vorne, er wollte sogar selbst schießen. Stefan Effenberg verjagte ihn, und Kahn rempelte die Hamburger, die sich in einer langen Reihe auf der Torlinie postiert hatten, an. Es war ein Signal an die Kollegen: Hier glaubt noch einer an Wunder.

Das Wunder geschah: Effenberg tippte den Ball kurz zu Patrik Andersson, der noch nie ein Tor für Bayern geschossen hatte. Der Schwede fand eine Lücke zuwischen Pfosten und Abwehrbeinen, flach rauschte der Ball ins Netz und Oliver Kahn riss vor Freude eine Eckfahne heraus. 1:1 - wieder ein Bayern-Remis in Hamburg, das ein Sieg war. „Dieses Glück hat hier in Deutschland nur der FC Bayern“, sagte Elber. Kahn sah es sachlicher: „Man kann die Dinge anscheinend erzwingen. Genau dieser Charakter hat uns zum Meister gemacht.“ Vier Tage später gewannen die Bayern auch die Champions League in Mailand gegen den FC Valencia - Abschluss einer unglaublichen Saison.

Ausnahmslos knappe Resultate seit 2006

Zweimal hat ihnen der HSV seitdem aber noch richtig weh getan: Am 24. September 2005 beendeten Tore von Rafael van der Vaart und Piotr Trochowski in Hamburg die längste Siegesserie der Bundesligahistorie (15 Spiele) und nebenbei auch die schwarze HSV-Serie nach neun sieglosen Jahren gegen Bayern.

Im Rückspiel fügte ein spätes Tor von Nigel de Jong dem kommenden Meister seine allererste Niederlage (1:2) in der Allianz-Arena zu - und wieder tobte Oliver Kahn. Viermal in Folge sollte der HSV in München nicht verlieren, erst im Vorjahr riss die Serie durch das 1:0-Siegtor von Franck Ribery, der HSV-Ersatzkeeper Wolfgang Hesl schlecht aussehen ließ.

Seit 2006 hat es zwischen den Giganten der Achtziger nur noch knappe Resultate gegeben: sechs Siege mit maximal einem Tor Vorsprung und vier Remis. Ein Kennzeichen für das Erstarken des HSV, der in Hamburg seit drei Spielen kein Bayern-Tor mehr zugelassen hat. Überhaupt fielen in den vergangenen vier Duellen nur drei Tore. Aber auch über diese Phase wird der Nord-Süd-Gipfel gewiss hinweg kommen - vielleicht schon am Samstag.