Bayern-Coach ten Hag: "Guardiolas System passt auch zu uns"

ten Hag: Schon damals war ich vom FC Bayern angetan. In ganz Europa tragen Menschen diesen Verein im Herzen, und an der Säbener Straße riecht es schlichtweg nach Fußball. Der Klub hat den Drang, den Erfolg immer wieder zu bestätigen. Daher bin ich sehr glücklich, ein Teil dieser Strategie sein zu dürfen.

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Er hätte Cheftrainer eines niederländischen Erstligisten sein können, setzt aber nun in der Regionalliga Bayern Woche für Woche neue Maßstäbe: Erik ten Hag sorgt bei der U 23 des Rekordmeisters FC Bayern München für frischen Wind und eindrucksvolle Erfolge. Mit 21 von 21 möglichen Punkten aus den ersten sieben Partien liegen die Münchner klar auf Kurs in Richtung Meisterschaft und Aufstieg in die 3. Liga.

Auch weil Deutsch während seiner Schulzeit ein Pflichtfach war, musste der in Haaksbergen in der Nähe der deutschen Grenze geborene Niederländer ten Hag, der in München die Nachfolge von Ex-Nationalspieler Mehmet Scholl angetreten hat, während der Sommerpause auch keinen gesonderten Kurs einlegen, sondern beherrscht die Sprache längst perfekt.

Im exklusiven DFB.de-Interview mit dem Journalisten Dominik Sander spricht Erik ten Hag, der den niederländischen Zweitligisten Go Ahead Eagles in der abgelaufenen Saison nach 17 Jahren zurück in die Eliteklasse führte, über den FC Bayern als faszinierendsten Klub in Europa, die Perspektive der Bayern-Talente und Pep Guardiola.

DFB.de: Sieben Spiele, sieben Siege und ein Torverhältnis von 23:3.Gibt es bei der U 23 des FC Bayern München II aktuell trotzdem noch etwas auszusetzen?

Erik ten Hag: Es gibt noch einiges zu verbessern. Vor dem Hintergrund unserer etwas komplizierten Vorbereitung konnten wir bisher aber noch nicht so häufig im Detail arbeiten. Viele Spieler waren erst viel später bei uns eingestiegen. Daher sollten wir beispielsweise fitness-technisch demnächst noch mal einen Sprung nach vorne machen. Den Saisonstart haben wir trotzdem gut über die Bühne bekommen. Die Jungs verinnerlichen, dass die Defensive der Ausgangspunkt ist, und besitzen großes Potenzial.

DFB.de: "Gut ist nicht gut genug", war eines Ihrer ersten Zitate nach dem Saisonstart. Würden Sie sich als Perfektionist bezeichnen?

ten Hag: Eher als Idealist. Klar ist: Wir sind beim FC Bayern. Bei unseren Ansprüchen darf ein einfaches Gut nicht reichen. Spieler, die einen Topsport betreiben, sollten sich jeden Tag verbessern wollen. Das fordere ich auch ein.

DFB.de: Im Vergleich zur vergangenen Spielzeit mit 13 Punkten aus den ersten sieben Partien wirkt die Mannschaft diesmal zu Saisonbeginn viel gefestigter. Kann sich die Bayern-Reserve im Rennen um die Meisterschaft in der Regionalliga Bayern nur selbst schlagen?

ten Hag: Ich stelle ungern Vergleiche an. Es steht nun eine andere Mannschaft auf dem Platz. Nur diesen Prozess analysiere ich. Wir sind uns darüber bewusst, dass noch einige Widerstände auf uns warten und die Meisterschaft erst im nächsten Frühjahr entschieden sein wird.

DFB.de: Stichwort Ausbildung: Mit Julian Green, Vladimir Rankovic, Benno Schmitz oder Patrick Weihrauch war eine Reihe Ihrer Talente mit dem neuen Cheftrainer Pep Guardiola im Trainingslager der Profis im Trentino. Wie bewerten Sie die Perspektive?

ten Hag: Die Jungs bekommen bei uns eine Topausbildung und besitzen dann alle Möglichkeiten. Allerdings bewegen sich die Profis des FC Bayern auf Weltklasseniveau. Dennoch traue ich einigen Spielern aus meinem Kader diesen Sprung zu.

DFB.de: Bereits kurz nach seinem Amtsantritt hatte Pep Guardiola erstmals das Training der U 23 besucht. Wie haben Sie Ihn kennengelernt?

ten Hag: Bei Pep Guardiola zeigte sich sofort, dass er ein Auge für den gesamten Verein hat. Die Zusammenarbeit mit ihm, aber auch mit Sportvorstand Matthias Sammer und Co-Trainer Hermann Gerland läuft quasi perfekt. Beispielsweise hat Pep in dieser Woche ein gemeinsames Training mit Profis und der U 23-Mannschaft geleitet. Solche Einheiten helfen den jungen Spielern sehr.

DFB.de: Haben Sie - abgesehen von leichten Äußerlichkeiten - Gemeinsamkeiten zwischen Ihnen und Pep Guardiola festgestellt?

ten Hag: Es ist schwer, diese Frage im Detail zu beantworten, aber ich glaube schon. Pep Guardiola und ich leben den ganzen Tag Fußball und wollen, dass unsere Mannschaften auf dem Platz agieren, statt zu reagieren. Bei der U 23 setzten wir auch auf das Spielsystem von Guardiola. Es passt auch sehr gut zu den Qualitäten meiner Mannschaft.

DFB.de: Sie hätten bei Ihrem Ex-Klub Go Ahead Eagles auch Cheftrainer eines Erstligisten sein können. Warum haben Sie sich trotzdem für den Weg nach München entschieden?

ten Hag: Der Wechsel stand schon lange vor unserem Aufstieg fest, und Wort ist Wort. Für mich ist der FC Bayern aktuell der faszinierendste Klub in Europa. Außerdem hatte ich schon öfter die Chance, einen Erstligisten zu trainieren, und ich werde diese Möglichkeit in Zukunft bestimmt noch einmal bekommen.

DFB.de: Dabei kam der Aufstieg für den Verein aus Deventer völlig überraschend!

ten Hag: Absolut. Es war eine Sensation, mit der niemand gerechnet hatte. Über die gesamte Saison wurde uns von der Konkurrenz allerdings schon attestiert, dass wir mit den schönsten Fußball gespielt haben. Am Ende hat mich dann sehr gefreut, dass wir Attraktivität und Erfolg verbinden konnten.

DFB.de: Bei Ihren vorherigen Stationen waren Sie Assistent von Fred Rutten und Steve McClaren. Wer hat Sie als Trainer geprägt?

ten Hag: Von beiden habe ich viele Einflüsse mitgenommen. Die Zeit mit Fred Rutten, mit und unter dem ich beim FC Twente noch selbst gespielt hatte, war sicherlich etwas intensiver. Dennoch sollte man immer bei sich selbst bleiben.

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DFB.de: Welche Rolle hat Sportvorstand Matthias Sammer bei Ihrem Wechsel nach München gespielt?

ten Hag: Matthias Sammer, den ich bereits aus seiner Zeit als Sportdirektor beim Deutschen Fußball-Bund kenne, spielte die größte Rolle. Ich war damals Referent für die Trainerausbildung, wir haben oft unsere Meinungen ausgetauscht über Fußball, Ausbildung und so weiter. Wir haben also seit Jahren ein persönlich gutes Verhältnis.

DFB.de: Im Rahmen Ihrer Ausbildung zum Fußball-Lehrer hatten Sie bereits 2006 unter dem damaligen Trainer Felix Magath ein Praktikum an der Säbener Straße absolviert. Was macht den FC Bayern aus Ihrer Sicht zum faszinierendsten Klub in Europa?

ten Hag: Schon damals war ich vom FC Bayern angetan. In ganz Europa tragen Menschen diesen Verein im Herzen, und an der Säbener Straße riecht es schlichtweg nach Fußball. Der Klub hat den Drang, den Erfolg immer wieder zu bestätigen. Daher bin ich sehr glücklich, ein Teil dieser Strategie sein zu dürfen.