Bastian Oczipka: Mit Selbstvertrauen trotz Rückschlag nach Bordeaux

Unumstritten ist Oczipka aber dennoch im Team der Eintracht. Als Trainer Armin Veh kürzlich gefragt wurde, ob er daran denke, Oczipka eine schöpferische Pause einzuräumen, hatte er nur zwei Worte gesagt: "Keine Sekunde." Das Vertrauen in den Linksverteidiger ist groß und ungebrochen. Nun müsste ihm endlich auch mal gelingen, was ihm in 51 Pflichtspielen für Eintracht Frankfurt noch nicht vergönnt war: Ein Treffer. In Bordeaux vor fast "heimischer" Kulisse wäre eine gute Gelegenheit dazu.

[tk]


Am Tag vor dem spektakulären 3:3 gegen den FC Schalke 04 ist in der Frankfurter Rundschau ein Interview mit Bastian Oczipka erschienen, in dem der Frankfurter Linksverteidiger auch sehr detailliert über jene 86. Minute redet, in der die Eintracht zuletzt so viele Gegentore kassiert hat. Oczipka, ein helles Köpfchen, wollte sich gar nicht drauf einlassen, dass womöglich ein "Fluch" (Sebastian Rode) auf dieser Minute liege, ganz und gar nicht: "Wenn man selbst auf dem Platz steht und aktiv eingreifen kann, dann denkt man daran gar nicht so sehr. Man guckt auch nicht alle zwei Minuten auf die Stadionuhr und denkt: 'Oh, gleich fällt bestimmt das Gegentor'."

Dass es dann an diesem Samstag genauso kam, dass just in dieser verflixten 86. Minute die Schalker noch den Ausgleich schafften, ist im Grunde nur noch absurd und unerklärlich. So viele Zufälle gibt es gar nicht. Ohne diese Last-Minute-Gegentore – in sechs Spielen kassierten die Hessen in den letzten Minuten noch Tore – hätten die Frankfurter zehn Punkte mehr auf dem Konto. Abstiegsgefahr? Dieses Wort würde niemandem in Frankfurt dann einfallen. Jetzt stecken sie weiter tief im Schlammassel.

Und doch saugen Bastian Oczipka und Co. aus diesem 3:3 neues Selbstvertrauen. Weil die Eintracht einen 0:2-Rückstand zeitweise in eine 3:2-Führung umgewandelt hatte, nimmt sie diese Partie als Muntermacher mit auf den Trip an den Atlantik. Vielleicht war das der Anfang von der Trendwende. An diesem Donnerstag ist wieder Europa League, um 21.05 Uhr (live bei Sky und Sport1) trifft die Eintracht auf den französischen Vertreter Girondins Bordeaux, und da wollen die Hessen den letzten Schritt tun: Ein einziger Punkt würde genügen zum Erreichen der Runde der besten 32, die im neuen Jahr ausgespielt wird.

Vorfreude auf Frankfurter "Heimspiel"

"Wir freuen uns auf dieses Spiel", sagt der 24 Jahre alte frühere deutsche U 19- und U 20-Auswahlspieler. Bislang haben sich die Frankfurter auf jedes Spiel auf Europas Bühnen gefreut, sie haben sie genossen, und bis auf die letzte Partie bei Maccabi Tel Aviv (2:4) waren diese Spiele auch regelrechte Feste, insbesondere im eigenen Stadion, wo sich die Fans mit grandiosen Choreographien von ihrer allerbesten Seite gezeigt haben.

Auch in Bordeaux haben die Frankfurter Anhänger wieder Großes vor, bis zu 12.000 von ihnen werden sich auf die Reise begeben und die Partie im Stade Jacques-Chaban-Delmas zu einem Heimspiel machen. "Das ist unglaublich", findet auch Oczipka. Bislang halten Fans von Borussia Mönchengladbach bei ihrem Trip Anfang dieses Jahre zum Spiel gegen Lazio Rom mit 10000 Anhängern den Auswärtsrekord. Der wird am Donnerstag wohl fallen.

So langsam findet auch Bastian Oczipka, seit Sommer 2012 in Frankfurt, wieder in die Spur zurück. Der Mann aus Bergisch-Gladbach musste eine kleine Talsohle durchschreiten wie die meisten Frankfurter Überflieger der vergangenen Saison. Aber was heißt Talsohle? Die Fallhöhe war auch erstaunlich. Denn Bastian Oczipka, nach vier Jahren Bayer Leverkusen und Stippvisiten bei Hansa Rostock und FC St. Pauli (wo er sich das Sprunggelenk brach), in Frankfurt heimisch geworden, war einer der herausragenden Akteure der vergangenen traumhaften Saison.

Vorlage mit bösen Erinnerungen

Was ist der linke Verteidiger da marschiert, was hat er für ein Tempo, eine Dynamik auf dem Flügel nach vorne entwickelt. Weit über 100 Flanken bog der Linksfuß in die Strafräume, zehn Torvorlagen steuerte er zum Erfolg bei. Ja, selbst für die Nationalmannschaft war Oczipka plötzlich interessant. Doch an diese überragenden Auftritte konnte der 24-Jährige bislang noch nicht anknüpfen, es lief in dieser Saison nicht so rund für die Eintracht, nicht so rund für Oczipka, der bislang nur auf eine Vorlage kam - und diese musste er teuer bezahlen. Erst bekam er bei einem Kung-Fu–Tritt des Bremers Franco di Santo einen Stollenschuh direkt ins Gesicht, dann musste er kurz vor Schluss mit einem Muskelfaserriss ausscheiden. Immerhin kam die Eintracht da zu ihrem letzten Sieg in der Bundesliga – dem 3:0 bei Werder Bremen am 14. September vor zehn Wochen.

Bastian Oczipka, der mit seiner Freundin Nadine in der Nähe der Frankfurter Alten Oper heimisch geworden ist, selbst ist einer, der viele Dinge hinterfragt, der auch seine eigenen Leistungen kritisch sieht. "Wenn ich mir manchmal meine Szene angucke, dann kann man nur schwer glauben, was man sieht. Da verliere ich vorne einmal den Ball und habe selbst gedacht: 'Wieso gibst du den Ball ab? Da war so viel Platz, alle Zeit der Welt, da war gar kein Gegendruck'." Er hat sich selbst den guten Rat gegeben, einfacher, klarer zu spielen, "wir sollten jetzt keine Überdinger versuchen."

Unumstritten ist Oczipka aber dennoch im Team der Eintracht. Als Trainer Armin Veh kürzlich gefragt wurde, ob er daran denke, Oczipka eine schöpferische Pause einzuräumen, hatte er nur zwei Worte gesagt: "Keine Sekunde." Das Vertrauen in den Linksverteidiger ist groß und ungebrochen. Nun müsste ihm endlich auch mal gelingen, was ihm in 51 Pflichtspielen für Eintracht Frankfurt noch nicht vergönnt war: Ein Treffer. In Bordeaux vor fast "heimischer" Kulisse wäre eine gute Gelegenheit dazu.