Ballack: "Die Finalchance für uns ist groß"

Für die deutsche Nationalmannschaft ist die insgesamt sechste Teilnahme an einem EM-Endspiel in greifbare Nähe gerückt. Doch zunächst wartet am Mittwoch (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) im Halbfinale die Türkei.

"Das wird eine schwierige Aufgabe, aber die Chance für uns ist groß, ins Finale einzuziehen", sagt Kapitän Michael Ballack im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" .

Frage: Deutschland steht gegen die Türkei erstmals seit zwölf Jahren wieder im EM-Halbfinale. War der Viertelfinal-Sieg gegen Portugal der endgültige Befreiungsschlag auf dem Weg zum angestrebten Titelgewinn?

Michael Ballack: Ich denke, schon. Du wächst immer mit dem Gegner und der Aufgabe. Portugal war als Topfavorit gehandelt worden. Wenn du diese Mannschaft in dieser Art und Weise aus dem Turnier wirfst, dann gibt uns das ein riesiges Selbstvertrauen. Das war genau das Spiel, das wir in dieser Turnierphase gebraucht haben.

Frage: Was ist mit der Mannschaft passiert?

Ballack: Nach dem Österreichspiel war eine Erleichterung da, die Vorrunde überstanden zu haben. Wir haben uns richtig gefreut auf den nächsten Gegner, haben aber auch gespürt, dass wir etwas umstellen müssen. Das 4-4-2-System hatte bislang immer sehr gut funktioniert, aber mit dem verletzten Bernd Schneider und Bastian Schweinsteiger, der zunächst nicht in der Anfangsformation gestanden und dann Rot gesehen hatte, fehlten uns zwei wichtige Männer für das Spiel nach vorne. Uns hat etwas Kreativität, Leidenschaft und Begeisterung gefehlt. Es wirkte alles etwas verkrampft. Wir waren gegen Österreich zwar immer Herr der Lage, aber es hat dieser begeisternde Moment gefehlt. Mit der Veränderung kam Stabilität zurück. Man hat von Anfang an gemerkt: Die Mannschaft ist damit zufrieden, sie kann damit gut umgehen. Das heißt nicht, dass man von der grundsätzlichen Philosophie abweicht. Aber wir haben die Veränderung gebraucht.

Frage: Ist die Umstellung zu einem kompakten Fünfer-Mittelfeld eine Entscheidung der Trainer gewesen oder in der Diskussion geboren?

Ballack: Die Idee kam vom Trainer, aber ich war auch der Meinung, dass wir etwas ändern müssen. Wir hatten direkt am Tag nach dem Österreich-Spiel ein gutes Gespräch.



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Für die deutsche Nationalmannschaft ist die insgesamt sechste Teilnahme an einem EM-Endspiel in greifbare Nähe gerückt. Doch zunächst wartet am Mittwoch (ab 20.45 Uhr, live im ZDF) im Halbfinale die Türkei.

"Das wird eine schwierige Aufgabe, aber die Chance für uns ist groß, ins Finale einzuziehen", sagt Kapitän Michael Ballack im aktuellen "DFB.de-Gespräch der Woche" .

Frage: Deutschland steht gegen die Türkei erstmals seit zwölf Jahren wieder im EM-Halbfinale. War der Viertelfinal-Sieg gegen Portugal der endgültige Befreiungsschlag auf dem Weg zum angestrebten Titelgewinn?

Michael Ballack: Ich denke, schon. Du wächst immer mit dem Gegner und der Aufgabe. Portugal war als Topfavorit gehandelt worden. Wenn du diese Mannschaft in dieser Art und Weise aus dem Turnier wirfst, dann gibt uns das ein riesiges Selbstvertrauen. Das war genau das Spiel, das wir in dieser Turnierphase gebraucht haben.

Frage: Was ist mit der Mannschaft passiert?

Ballack: Nach dem Österreichspiel war eine Erleichterung da, die Vorrunde überstanden zu haben. Wir haben uns richtig gefreut auf den nächsten Gegner, haben aber auch gespürt, dass wir etwas umstellen müssen. Das 4-4-2-System hatte bislang immer sehr gut funktioniert, aber mit dem verletzten Bernd Schneider und Bastian Schweinsteiger, der zunächst nicht in der Anfangsformation gestanden und dann Rot gesehen hatte, fehlten uns zwei wichtige Männer für das Spiel nach vorne. Uns hat etwas Kreativität, Leidenschaft und Begeisterung gefehlt. Es wirkte alles etwas verkrampft. Wir waren gegen Österreich zwar immer Herr der Lage, aber es hat dieser begeisternde Moment gefehlt. Mit der Veränderung kam Stabilität zurück. Man hat von Anfang an gemerkt: Die Mannschaft ist damit zufrieden, sie kann damit gut umgehen. Das heißt nicht, dass man von der grundsätzlichen Philosophie abweicht. Aber wir haben die Veränderung gebraucht.

Frage: Ist die Umstellung zu einem kompakten Fünfer-Mittelfeld eine Entscheidung der Trainer gewesen oder in der Diskussion geboren?

Ballack: Die Idee kam vom Trainer, aber ich war auch der Meinung, dass wir etwas ändern müssen. Wir hatten direkt am Tag nach dem Österreich-Spiel ein gutes Gespräch.

Frage: Ist die neue Ausrichtung eine Konsequenz aus dem Personal, das jetzt zur Verfügung steht?

Ballack: Ohne in die Einzelkritik gehen zu wollen: Aber vor dem Turnier hatten wir im Sturm doch die wenigsten Probleme. Dann treffen die Angreifer in der Vorrunde nicht und bekommen natürlich auch kein Selbstvertrauen. Mit Lukas Podolski, der auf der linken Mittelfeldseite eine gute Rolle spielt, mit Rückkehrer Bastian Schweinsteiger und mir etwas vorgerückt haben wir drei Spieler, die nach vorne unheimlich Druck machen können. Dadurch sind wir kompakter gegen Mannschaften, die mit einem Fünfer-Mittelfeld antreten.

Frage: Kam der Mut zur Umstellung auch daher, weil bei dieser EM viele Konkurrenten so spielen?

Ballack: In erster Linie willst du dein Spiel, deine Philosophie durchbringen. Wenn du damit erfolgreich bist, dann hälst du natürlich daran fest. Aber wenn du merkst, du kommst damit nicht weiter, dann versuchst du etwas zu verändern, unabhängig davon, wie andere Mannschaften auftreten.

Frage: Wie wichtig war es, dass sich die Mannschaft nach dem Kroatien-Spiel ohne die Trainer ausgesprochen hat?

Ballack: Sehr wichtig. Nach dem souverän gewonnenen Spiel gegen Polen hat man gedacht, es geht so weiter. Kroatien hat zwar eine sehr gute Mannschaft, aber in Normalform hätten wir da mithalten müssen. Deshalb war es wichtig, dass man die Probleme sofort anspricht, schließlich sind wir Gefahr gelaufen, aus dem Turnier auszuscheiden. Das Spiel gegen Österreich war ja eine undankbare Aufgabe. Da bedurfte es ein paar kritischer Worte auch innerhalb der Mannschaft, um nachher nicht blöd dazustehen.

Frage: Wie war die Stimmung im Team in der kritischen Phase?

Ballack: Unser Selbstbewusstsein war immer vorhanden, und wir haben uns von der Kritik von außen nicht von unserem Weg abbringen lassen, von dem wir überzeugt waren. Aber du kannst nicht immer sagen: alles schön, alles toll. Wenn zuviel Harmonie herrscht, dann geht die Aggressivität verloren. Ein gewisses Maß an innerer Aggressivität, ein bisschen Verärgerung über dich und die anderen braucht man jedoch, um das Maximale herauszuholen. Wir Deutsche brauchen auch Verbissenheit, um unser Spiel durchzubringen. Wenn man die Portugiesen sieht, sind sie aufgrund ihrer Einzelspieler teilweise besser besetzt als wir, aber wir als Team setzten Geschlossenheit, unbedingten Willen, Zielorientiertheit dagegen. Der Erfolg hat uns bestätigt. Gegen Kroatien hatten wir diese Aggressivität verloren, zum Glück zu einem Zeitpunkt, an dem wir noch reagieren konnten.

Frage: War die Aussprache eine Idee von Ihnen?

Ballack: Ein Impuls kam aus dem Trainerteam, aber natürlich auch von uns. In einer Fußball-Mannschaft wird ja immer Klartext gesprochen, ob das im Quartier ist, beim Training oder nach dem Spiel. Manchmal reichen schon ein paar Worte, damit jeder weiß, es wird eng. Es ist nicht immer nur alles schön und toll.

Frage: War der Sieg gegen Portugal für Sie eine kleine Revanche mit Cristiano Ronaldo, der Sie und den FC Chelsea mit Manchester United im Champions-League-Finale bezwungen hat?

Ballack: Er kann ja froh sein, dass wir im Elfmeterschießen einen Strafstoß verknallt haben, nachdem er zuvor schon einen verschossen hatte. Er hatte den Sieg ja eigentlich schon verdaddelt. Aber für mich war das jetzt keine persönliche Genugtuung.

Frage: Jetzt steht das Halbfinale gegen die Türkei an - und Sie vor ihrem ersten internationalen Titel. Haben Sie die Sorge, dass es nicht klappen könnte?

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Ballack: Nein. Die schwierigste Phase des Turniers ist überstanden. Ich spüre viel Positives, aber auch eine gewisse Lockerheit. Ich habe das Gefühl, dass wir nicht nochmal so ein Spiel wie gegen Kroatien vergeigen. Die Türkei ist taktisch, technisch und von den einzelnen Spielern her sicher nicht besser als wir. Aber sie ist unberechenbar, und von keiner von uns wird sie unterschätzen. Die Türkei hat sich bisher immer glänzend auf ihre Gegner eingestellt. Ihre Offensivkraft ist beeindruckend, die Türken besitzen fast ein bisschen die deutsche Mentalität. Schließlich haben dort schon viele deutsche Trainer gearbeitet. Das wird eine schwierige Aufgabe, aber die Chance für uns ist groß, ins Finale einzuziehen.

Frage: Ihr Gesichtsausdruck beim Freistoßtor gegen Österreich war faszinierend. Was hat sich da alles entladen?

Ballack: Bei diesen Super-Zeitlupen erschrickt man ja selbst manchmal, wenn man sich sieht. Mein Vater hat mich auch angerufen und nachgefragt. Das wirkt natürlich in dieser Nahaufnahme sehr angespannt, und es war tatsächlich so, dass ich da viel reingelegt habe.

Frage: Herr Ballack, Sie sprachen von einer Lockerheit, von der großen Chance ins Finale einzuziehen. Ist die Zeit reif für einen großen Titel?

Ballack: Das Gefühl habe ich immer, wenn ich einem Halbfinale stehe. Diesmal aber bin ich ein bisschen gelassener. Vielleicht hängt das mit der Erfahrung und dem Alter zusammen. Ich denke aber nicht, dass es meine letzte Chance auf einen internationalen Titel ist. Ich gehe die Sache entspannter an als vor zwei Jahren bei der WM. Schaun wir mal, was rauskommt.