Asamoah vor dem Abschied: "Natürlich ist Wehmut dabei"

Zum Ende dieser Saison wird Gerald Asamoah seine Karriere beenden. Bis dahin stürmt der 43-malige Nationalspieler noch bei den Amateuren von Schalke 04 in der Regionalliga West, also letztmals am Samstag (ab 13 Uhr) im Heimspiel gegen Tabellenführer Borussia Mönchengladbach II. Was dem Vizeweltmeister von 2002 nach dem Ende seiner Laufbahn fehlen wird, weiß der 36-Jährige jetzt schon: die Gespräche in der Kabine. Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Thorsten Langenbahn spricht Gerald Asamoah über die Umkleidekabine als "heiligem Ort", über Besuche der Kanzlerin und andere außergewöhnliche Kabinen-Erlebnisse in seiner fast zwei Jahrzehnte währenden Laufbahn.

DFB.de: Herr Asamoah, Sie haben gesagt, nach Ihrem Karriereende werden Ihnen besonders die Gespräche in der Kabine fehlen. Was wird denn so in der Kabine gesprochen?

Gerald Asamoah: Vieles. Auch vieles, was man natürlich nicht verraten darf. Es ist witzig, wenn ich heute mit den jungen Spielern in den Kabine bin. Wenn du da sitzt und zuhörst, ist es interessant zu hören, was sie so treiben und was sie für Vorstellungen haben. Dabei erinnere ich mich, wie ich in Hannover angefangen habe. Da haben wir auch viel Mist gemacht. (lacht) Kabine ist halt Kabine. Da wird über Gott und die Welt gesprochen.

DFB.de: Was zum Beispiel?

Asamoah: Wir diskutieren, was in der Zeitung steht und was passiert ist. Man unterhält sich einfach. Wenn ich irgendwann nicht mehr dazugehöre, werde ich das vermissen. Die lustigen Sachen, die die jungen Spieler von sich geben. Quatsch zu reden, einfach in der Kabine zu sitzen und abzuschalten.

DFB.de: Frauen und Fußball waren früher die Themen...

Asamoah: (lacht) Ja, unter anderem. Schlimm geworden ist das mittlerweile übrigens mit den Handys, wenn alle da sitzen und spielen oder Nachrichten schreiben. Es gibt Trainer, die verbieten das rigoros. Deswegen bist du dann quasi gezwungen, in der Kabine mit deinen Mitspielern zu reden. Das ist auch gut so. Es gehört dazu, dass man miteinander redet.

DFB.de: Sind die Gespräche bei Profis und Amateuren unterschiedlich?

Asamoah: Nein, das ist alles gleich. Damals bei den Profis auf Schalke waren auch ein paar Ältere dabei. In der Kabine bei den Amateuren sind es vor allem junge Leute. Die reden über Sachen, bei denen ich mich frage: "Sag mal, wo sind wir hier." Aber genau deshalb macht es auch jeden Tag Spaß. Es ist so, als wenn ich der ältere Bruder bin und versuche, ihnen zu helfen. Ab und zu frage ich mich, ob ich als junger Spieler auch mal so war.

DFB.de: Wie hat sich der Umgang in der Kabine in den letzten 15 Jahren verändert?

Asamoah: Damals, als wir in die Kabine kamen, saßen dort viele ältere Spieler. Wenn man jetzt in die Kabine kommt, sind die meisten sehr jung. Deswegen ist das Kabinenleben heute anders, klar sind die Jungs auch frecher. Mittlerweile kriegen sehr viele junge Spieler durch die Talentförderung in Deutschland eine Chance. Benni (Benedikt Höwedes; Anm. d. Red.) gehört bei den Schalke-Profis mit 27 Jahren schon zu den Älteren. Früher warst du mit 27 Jahren noch einer der Jüngeren. Da hat sich schon viel bewegt.



Zum Ende dieser Saison wird Gerald Asamoah seine Karriere beenden. Bis dahin stürmt der 43-malige Nationalspieler noch bei den Amateuren von Schalke 04 in der Regionalliga West, also letztmals am Samstag (ab 13 Uhr) im Heimspiel gegen Tabellenführer Borussia Mönchengladbach II. Was dem Vizeweltmeister von 2002 nach dem Ende seiner Laufbahn fehlen wird, weiß der 36-Jährige jetzt schon: die Gespräche in der Kabine. Im DFB.de-Interview mit Mitarbeiter Thorsten Langenbahn spricht Gerald Asamoah über die Umkleidekabine als "heiligem Ort", über Besuche der Kanzlerin und andere außergewöhnliche Kabinen-Erlebnisse in seiner fast zwei Jahrzehnte währenden Laufbahn.

DFB.de: Herr Asamoah, Sie haben gesagt, nach Ihrem Karriereende werden Ihnen besonders die Gespräche in der Kabine fehlen. Was wird denn so in der Kabine gesprochen?

Gerald Asamoah: Vieles. Auch vieles, was man natürlich nicht verraten darf. Es ist witzig, wenn ich heute mit den jungen Spielern in den Kabine bin. Wenn du da sitzt und zuhörst, ist es interessant zu hören, was sie so treiben und was sie für Vorstellungen haben. Dabei erinnere ich mich, wie ich in Hannover angefangen habe. Da haben wir auch viel Mist gemacht. (lacht) Kabine ist halt Kabine. Da wird über Gott und die Welt gesprochen.

DFB.de: Was zum Beispiel?

Asamoah: Wir diskutieren, was in der Zeitung steht und was passiert ist. Man unterhält sich einfach. Wenn ich irgendwann nicht mehr dazugehöre, werde ich das vermissen. Die lustigen Sachen, die die jungen Spieler von sich geben. Quatsch zu reden, einfach in der Kabine zu sitzen und abzuschalten.

DFB.de: Frauen und Fußball waren früher die Themen...

Asamoah: (lacht) Ja, unter anderem. Schlimm geworden ist das mittlerweile übrigens mit den Handys, wenn alle da sitzen und spielen oder Nachrichten schreiben. Es gibt Trainer, die verbieten das rigoros. Deswegen bist du dann quasi gezwungen, in der Kabine mit deinen Mitspielern zu reden. Das ist auch gut so. Es gehört dazu, dass man miteinander redet.

DFB.de: Sind die Gespräche bei Profis und Amateuren unterschiedlich?

Asamoah: Nein, das ist alles gleich. Damals bei den Profis auf Schalke waren auch ein paar Ältere dabei. In der Kabine bei den Amateuren sind es vor allem junge Leute. Die reden über Sachen, bei denen ich mich frage: "Sag mal, wo sind wir hier." Aber genau deshalb macht es auch jeden Tag Spaß. Es ist so, als wenn ich der ältere Bruder bin und versuche, ihnen zu helfen. Ab und zu frage ich mich, ob ich als junger Spieler auch mal so war.

DFB.de: Wie hat sich der Umgang in der Kabine in den letzten 15 Jahren verändert?

Asamoah: Damals, als wir in die Kabine kamen, saßen dort viele ältere Spieler. Wenn man jetzt in die Kabine kommt, sind die meisten sehr jung. Deswegen ist das Kabinenleben heute anders, klar sind die Jungs auch frecher. Mittlerweile kriegen sehr viele junge Spieler durch die Talentförderung in Deutschland eine Chance. Benni (Benedikt Höwedes; Anm. d. Red.) gehört bei den Schalke-Profis mit 27 Jahren schon zu den Älteren. Früher warst du mit 27 Jahren noch einer der Jüngeren. Da hat sich schon viel bewegt.

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DFB.de: Die Kabine gilt im Fußball als heiliger Ort: Was macht sie so besonders?

Asamoah: Das ist ein Ort, wo man sich zurückziehen kann, wo man abschalten kann und nach Niederlagen zu sich zurückfindet. Zur Kabine hat ja nicht jeder Zugang. In den USA ist es üblich, dass auch Journalisten in die Kabine dürfen, aber ich finde gut, dass es hier anders ist. Das ist unser Bereich, in dem ich mich auch heimisch fühlen muss. Damals im Parkstadion wusste zum Beispiel jeder: "Okay, das ist Asas Dusche." Wenn du lange in einem Verein spielst, ist die Kabine wie deine Heimat. Du fährst morgens hin, gehst in die Kabine und weißt, wo alles ist.

DFB.de: Welcher Verein hat für Sie die schönste Kabine?

Asamoah: Schalke. (lacht) Schön ist es für mich da, wo ich mich heimisch fühle. Zum Beispiel in Hannover im alten Niedersachsenstadion, da war die Kabine nicht überragend, und trotzdem habe ich mich dort immer heimisch gefühlt.

DFB.de: Und welche Kabinen sind besonders luxuriös?

Asamoah: Es gibt schöne Kabinen, in Hamburg und München, wo man sich als Auswärtsmannschaft in den Whirlpool legen kann. Aber das ist nicht das Entscheidende. Man muss sich einfach wohlfühlen. Auch in der Regionalliga, zum Beispiel bei Rot-Weiss Essen. Die haben auch eine schöne Kabine, obwohl es eine Viertligamannschaft ist. Natürlich gibt es auch schlimmere Kabinen, aber das ist okay. So hat man schließlich auch mal angefangen.

DFB.de: Wie war das bei St. Pauli, wo Sie ein Jahr lang gespielt haben? Hatte die Kabine dort einen besonderen Charme?

Asamoah: St. Pauli ist immer anders. Am Trainingsgelände hatte früher kein Spieler seinen eigenen Spind so wie auf Schalke. Das war ungewohnt für mich. Bei S04 musste man zum Training nichts mitbringen, weil man alle Sachen in seinem Spind hatte. Da musste ich mich auf St. Pauli erst umstellen.

DFB.de: Was hatten Sie so alles im Spind: Glücksbringer? Fotos von Ihrer Familie?

Asamoah: Ach, wenn ich erzähle, was alles in meinem Spind war... Wenn du jahrelang auf Schalke spielst, ist das so, als wenn du jahrelang in einem Haus lebst, wo du alles sammelst und erst beim Umzug merkst: "Was habe ich da alles für ein Zeug gesammelt?" Auf Schalke bekommst du von den Fans sehr viele Geschenke, die habe ich immer alle in meinen Schrank gepackt. Als ich dann zu St. Pauli gegangen bin, habe ich gedacht: "Was ist denn hier los, was hast du da alles aufgehoben?"

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DFB.de: Welche Traineransprache in der Kabine werden Sie nie vergessen?

Asamoah: (überlegt) Ansprachen, die ich nie vergessen werde, waren die von Rudi Assauer (Schalke-Manager von 1993 bis 2006; Anm. d. Red.), zum Beispiel wenn wir schlecht gespielt hatten. Er kam öfters in die Kabine, um Hallo zu sagen, meistens sonntags mit seinem Hund. Wenn wir Auslaufen hatten, hat Charly Neumann (Schalkes langjähriger, inzwischen verstorbener Teambetreuer; Anm. d. Red.) für uns Eier gemacht. Und wenn Assauer ein bisschen sauer war, dann kam er und hat uns richtig lang gemacht.

DFB.de: Und von Trainern?

Asamoah: Richtig gut war es 2006 beim Sommermärchen, wie Jürgen Klinsmann uns motiviert hat. Das werde ich nie vergessen. Ralf Rangnick hat sich auch immer neue Sachen einfallen lassen. Einmal haute er in der Kabine, bevor wir raus auf den Platz gingen, auf einen chinesischen Gong.

DFB.de: Was war Ihre turbulenteste Halbzeit?

Asamoah: Es gab schon mal Auseinandersetzungen untereinander. Aber das gehörte dazu. Wir sind dann wieder auf den Platz gegangen und haben das Spiel noch gewonnen. Frank Neubarth (Schalke-Trainer von 2002 bis 2003; Anm. d. Red.) ist mal in Hamburg ausgeflippt. Er war so sauer, dass er unseren Trikotkoffer hochheben und wegschmeißen wollte. Aber der Koffer war so schwer, dass er ihn nicht hochgekriegt hat. Obwohl wir schlecht gespielt hatten, mussten wir Spieler natürlich alle etwas schmunzeln.

DFB.de: Was war Ihre schönste Kabinenfeier?

Asamoah: Besonders schön war 2001 in Berlin mein erster DFB-Pokalsieg. Ich musste zur Dopingkontrolle und habe ein paar Bier getrunken. Als ich zurückkam, war die ganze Mannschaft weg. Da habe ich mit dem Zeugwart noch einige Bier genommen. Wir sind dann mit dem Taxi vom Olympiastadion zum Mannschaftshotel gefahren. Auf dem Weg dorthin bin ich auf dem Kudamm zwischendurch ausgestiegen, um mit den Schalke-Fans zu feiern.

DFB.de: Sie haben sicher noch mehr auf Lager...?

Asamoah: Super war es auch bei der WM 2006. Wenn wir gewonnen hatten, habe ich als DJ Schlager laufen lassen, dann wurde kräftig mitgesungen. Das waren tolle Erlebnisse. Auch 2002 in Japan und Südkorea, da habe ich Videos gedreht, die ich noch zu Hause habe. (lacht) Nach den Siegen habe ich aufgenommen, wie alle kaum bekleidet herrumgelaufen sind und mit Bier gefeiert haben. (lacht noch mehr)

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DFB.de: Welches Lied als Kabinen-DJ bleibt Ihnen für immer im Ohr?

Asamoah: Das sind die Lieder, die man mit der WM 2006 verbindet. Die Songs von Xavier Naidoo, "Dieser Weg wird kein leichter sein" oder "Was wir alleine nicht schaffen", waren die Hauptlieder, die uns jeden Tag vor dem Rausgehen motiviert haben.

DFB.de: Im Film "Sommermärchen" von Sönke Wortmann bekommen die Fans einen Einblick in die Kabine der Nationalmannschaft. Geht es dort anders zu als im Verein?

Asamoah: Eher ruhiger. Man verhält sich im Verein anders als bei der Nationalmannschaft. Es war einfach ein bisschen zurückhaltender.

DFB.de: Wie war das, wenn die Kanzlerin in die Kabine gekommen ist?

Asamoah: Das war einmal spontan, als es hieß: Die Kanzlerin kommt, zieht euch was an! Sie war sehr locker, kannte uns auch mit Namen und hat ein bisschen mit uns gequatscht. Ich weiß noch, bei einem Termin in Berlin, da hatte ich vergessen, dass Angela Merkel zum Essen kommen sollte. Auf einmal hieß es: "Asa, wo bleibst du? Die Kanzlerin ist unten." Und ich dachte nur: "Oh, nein!" Als ich runterkam, stand sie da, und ich konnte nur sagen: "Oh, tut mir leid." Das war so peinlich.

DFB.de: Was war Ihr traurigstes Kabinen-Erlebnis?

Asamoah: Die verpasste Meisterschaft 2001 war schon sehr traurig. Ich kam mit einem breiten Grinsen und einer Bierflasche in der Hand nach oben und dachte, wir sind Meister. Dann kommst du in die Kabine und merkst, alle sind so ruhig, und das andere Spiel (der Bayern beim HSV; Anm. d. Red.) läuft noch weiter. Als das Tor fiel (von Patrik Andersson, das Bayern die Meisterschaft bescherte; Anm. d. Red.), waren in der Kabine erwachsene Leute in Tränen aufgelöst. Da wusste ich schon: Diesen Moment wirst du nie vergessen. Oder 2006 im Westfalenstadion nach dem verlorenen WM-Halbfinale gegen Italien. Nach Niederlagen ist es ja nie schön, in die Kabine zu kommen und zu sehen, wie down alle sind. Aber wenn man so eine Riesenchance hatte, ins Finale zu kommen, ist es besonders bitter zu sehen, wie ruhig es in der Kabine ist.

DFB.de: Vor Ihrem letzten Pflichtspiel am 23. Mai 2015, wird Ihnen da ein bisschen bange beim Gedanken, ein letztes Mal als Spieler in der Kabine zu sitzen?

Asamoah: Wenn man einen Beruf gerne ausübt und die Zeit kommt aufzuhören, ist natürlich Wehmut dabei und man weiß: Jetzt ist der Moment gekommen, an dem ich aufhören muss. Es ist nicht schön, aber ich verspüre auch Vorfreude auf das, was danach kommen wird. Es wird nicht einfach, das, was man jahrelang täglich gemacht hat, auf einmal aufzugeben. Aber ich denke, dass ich gut vorbereitet bin.

DFB.de: Was kommt nach der Karriere?

Asamoah: Ich werde wohl auf Schalke bleiben, wo ich auch schon als Vereinsbotschafter arbeite, ich will außerdem die Trainer-A-Lizenz machen. Ich habe die Vorstellung, irgendwann mal eine Mannschaft zu übernehmen. Ich sehe es jetzt bei den Amateuren, wie viel Spaß es mir macht, mit den jungen Leuten zusammenzuarbeiten. Deswegen reizt es mich schon, meine Erfahrungen weiterzugeben.