Anne van Bonn: "Hätte mir einen anderen Abschied gewünscht"

Eine Ära geht zu Ende. Anne van Bonn wird heute (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport) ihr letztes Spiel in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga bestreiten. Die 34 Jahre alte Mittelfeldspielerin des SC Sand wird dann mit dem Duell beim 1. FC Köln auf 331 Begegnungen in Deutschlands höchster Spielklasse kommen. Mehr Einsätze hat nur Ex-Weltmeisterin Kerstin Garefrekes vorzuweisen. Im DFB.de-Interview blickt Anne van Bonn auf eine einzigartige Karriere zurück und verrät, was kommen wird, wenn die Abschiedstränen getrocknet sind.

DFB.de: Frau van Bonn, Sie werden in Köln das letzte Spiel Ihrer Karriere bestreiten. Wie ist die Gefühlslage bei Ihnen vor der Partie?

Anne van Bonn: Es sind sehr gemischte Gefühle, die ich gerade verspüre. Einerseits freue ich mich sehr auf dieses letzte Spiel. Andererseits bin ich sehr traurig, weil es eben das letzte Spiel ist. Erschwerend kommt für mich hinzu, dass keine Zuschauer da sind. Das fand ich schon bei meinem letzten Heimspiel am vergangenen Wochenende sehr schade. Und jetzt in Köln wird die Situation ja genauso sein. Wenn ich dann letztmals vom Platz gehe werden neben meinen Mitspielerinnen und den Vereinsverantwortlichen ein paar Ordner da sein sonst leider niemand. Ich hätte mir einen anderen Abschied gewünscht. Aber aufgrund der aktuellen Situation ist es leider nicht zu ändern.

DFB.de: Immerhin konnten Sie selbst die Entscheidung treffen, dass es jetzt reicht und mussten nicht zum Beispiel wegen einer Verletzung Schluss machen.

Van Bonn: Es war ein bewusster Schritt, jetzt den nächsten Lebensabschnitt zu beginnen. Es ist mir extrem wichtig, dass ich selbst entscheiden kann, wann und wie ich gehe. Ich finde es tatsächlich wichtig, dass ich nicht durch eine Verletzung gezwungen werde aufzuhören oder weil mir jemand sagt, dass meine Leistung nicht mehr reicht. Ich verlasse die große Bühne erhobenen Hauptes. Darauf bin ich stolz.

DFB.de: Wie schwer war diese Entscheidung für Sie?

Van Bonn: Sehr schwer. Ich habe ziemlich viele Nächte wach gelegen und hin und her überlegt. Diese Entscheidung musste in mir reifen. Ich habe mich lange im Kreis gedreht und meine Entscheidung immer wieder verändert. Als ich dann irgendwann meinen Entschluss gefasst und ihn verkündet hatte, war es eine Erleichterung und es gab kein Zurück mehr. Heute kann ich damit gut leben. Die schlaflosen Nächte sind dennoch nicht vorbei. Gerade die Tage vor dem endgültigen Ende sind nochmal sehr emotional. Aber ich fühle, dass ich den richtigen Schritt mache.

DFB.de: Wird es Tränen geben?

Van Bonn: Ja, ganz bestimmt. Vielleicht unmittelbar nach Schlusspfiff. Vielleicht aber auch erst am Montag wenn der ganze Ballast abgefallen ist und mir die Tragweite meiner Entscheidung richtig bewusst wird. Einiges an Wasser wird noch fließen. Das wird sich nicht verhindern lassen.

DFB.de: Wenn Sie so am Fußball hängen: Warum dann gerade jetzt der Abschied und nicht in einem oder zwei Jahren?

Van Bonn: Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, hier oder woanders weiterzuspielen. Aber ich habe für mich einfach die Entscheidung getroffen, dass ich auch beruflich neue Wege einschlagen möchte und dass dafür jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Ich habe auch in dieser Hinsicht gute Angebote gehabt und mich deshalb für diesen Weg entschieden.

DFB.de: Was machen Sie künftig?

Van Bonn: Ich werde nach Hamburg ziehen und dort als Bauingenieurin arbeiten. Ich habe einen tollen Job in einem jungen und innovativen Team gefunden, das direkt in der Speicherstadt sitzt. Darauf freue ich mich riesig. Aber zunächst muss ich jetzt das Kapitel Fußball vernünftig beenden. Danach habe ich den Kopf frei für die Herausforderungen, die dann kommen werden. Ich möchte diese tolle Zeit beim SC Sand gerne mit einem Sieg beenden.

DFB.de: Der SC Sand wird am Sonntagnachmittag 132 Begegnungen in der Bundesliga bestritten haben. In 131 dieser Spiele werden Sie dann auf dem Platz gestanden haben. Was war in der einen fehlenden Partie los?

Van Bonn: Ich denke, dass diese Statistik nahezu einmalig ist. Ich ärgere mich unglaublich über dieses eine fehlende Spiel. In meinem 100. Spiel für Sand, damals beim SC Freiburg, habe ich in der 90. Minute die Gelb-Rote Karte gesehen und musste deshalb einmal aussetzen. Das ist rückblickend sehr bitter.

DFB.de: In dieser Saison haben Sie keine einzige Minute verpasst. Wie bekommt Ihr Körper das hin?

Van Bonn: Viele Spielerinnen fallen zwischendurch mal wegen kleinerer Verletzungen oder Krankheiten aus. Das ist mir zum Glück nie widerfahren. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mein Körper in all den Jahren so super funktioniert hat. Darauf bin ich stolz.

DFB.de: Was ist in dieser Hinsicht Ihr Geheimnis?

Van Bonn: Es gibt kein Geheimnis. Es gibt viele, die ihre Ernährung plötzlich radikal umstellen und zum Beispiel nur noch vegan essen – und trotzdem fallen sie dann wieder mit einer Muskelverletzung aus. Ich achte zwar auch auf meine Ernährung. Aber ich will auch noch leben und lasse mir nicht alles verbieten, was lecker ist. Generell mache ich neben dem Mannschaftstraining viel für mich selbst. Das war eigentlich schon immer so, seitdem ich auf diesem Niveau Fußball spiele. Der Wechsel zwischen Regeneration und Entspannung auf der einen Seite und Belastung auf der anderen ist für mich ein entscheidender Faktor.

DFB.de: Vor Ihrer Station in Sand hatten Sie eine extrem erfolgreiche Zeit in Duisburg. Wie blicken Sie darauf zurück?

Van Bonn: Auch mit Stolz. Mit vielen Weggefährtinnen aus dieser Zeit habe ich noch heute Kontakt. Da sind echte Freundschaften entstanden. Das hat mich wahnsinnig geprägt. Ich hatte zehn großartige Jahre in Duisburg. Wir haben in dieser Zeit immer um Titel mitgespielt und wahnsinnig coole Erfolge gefeiert. Wir haben den DFB-Pokal gewonnen und die Champions League. Das waren geile Erfahrungen.

DFB.de: Warum nicht die deutsche Meisterschaft?

Van Bonn: Wir waren zu blöd dafür (schmunzelt). In einigen entscheidenden Spielen haben wir Punkte liegen lassen, die uns nachher in dieser Hinsicht das Genick gebrochen haben. Wir sind zwischen 2005 und 2008 viermal hintereinander Vizemeister geworden. Das war wie ein Fluch. Auch die Niederlagen im Finale des DFB-Pokals waren mehr als bitter. Wir haben nichts ausgelassen. Aber die schönen Erinnerungen überwiegen deutlich. Wir waren zum Beispiel im letzten Endspiel des DFB-Pokals, das in Berlin ausgetragen wurde erfolgreich und haben dann auch bei der Premiere in Köln ein Jahr später den Titel geholt. 

DFB.de: Sie haben lange in der Verteidigung gespielt. Die heutige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat Sie in Duisburg dann ins defensive Mittelfeld vorgezogen. Wie wichtig war das für Ihren weiteren Karriereverlauf?

Van Bonn: Es war aus meiner Sicht eine gute und richtige Entscheidung von ihr. Auf der neuen Position konnte ich mehr ins Spiel eingreifen. Die Zeit in der Abwehr war für mich der Einstieg in die Bundesliga, im Mittelfeld habe ich dann den nächsten persönlichen Entwicklungsschritt machen können. Ich habe immer versucht, das Beste aus jeder Situation zu machen.

DFB.de: Sie werden am Sonntag 331 Spiele in der Bundesliga bestritten haben. Nur Kerstin Garefrekes liegt in dieser Statistik mit 355 Einsätzen noch vor Ihnen. Hatten Sie nie den Ehrgeiz, noch zwei Saisons dranzuhängen und sie so zu überholen? Dann würden Sie ganz oben stehen.

Van Bonn: Nein. Diese Rolle nimmt Kerstin völlig zurecht ein. Sie hat das absolut verdient mit ihrer einzigartigen Karriere. Das muss man anerkennen können. Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass so eine Persönlichkeit noch vor mir steht. Ich brauche den Spitzenplatz nicht für mein Ego. Ich freue mich viel mehr über die Titel, die ich mit meinen Mitspielerinnen gewinnen konnte. Dass diese Erfolge für immer in meiner sportlichen Vita stehen, ist toll.

DFB.de: Zum Beispiel auch der Gewinn der Weltmeisterschaft 2004 mit der U 19 des DFB.

Van Bonn: Oh ja, ein unglaubliches Erlebnis. Ich weiß noch, wie wir vier Wochen in Thailand unterwegs waren. Sich nachher Weltmeisterin nennen zu dürfen, ist einfach unbeschreiblich. 

DFB.de: Am Sonntag geht damit auch für Sie persönlich eine Ära zu Ende. Was werden Sie künftig sonntags machen, wenn Sie nicht mehr auf dem Platz stehen werden?

Van Bonn: Das weiß ich selbst noch nicht genau. Es geht ja nicht nur um den Sonntag, sondern um das ganze Wochenende. Ich bin selbst gespannt, wie ich meine neue Freizeit nutzen werde. Ich freue mich darauf, in der Sommerpause mal nicht laufen gehen zu müssen, um den Laktattest zu bestehen. Ich kann dann einfach mal das tun, worauf ich auch ganz spontan Lust habe. Ich freue mich auf die Zeit im Garten, mit dem Hund und mit Freunden. Auf all das, was in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen ist. Viele in meinem Freundeskreis haben mir prophezeit, dass ich mich ganz schnell an die freien Samstage und Sonntag gewöhnen werde. Aber eines ist auch klar: Ganz abgeschlossen habe ich mit dem Fußball nicht. Ein Leben ganz ohne den Fußball ist für mich nicht möglich. Vielleicht suche ich mir irgendeine Hobbytruppe, bei der ich mitkicken kann. Oder ich schließe mich dem HSV an und spiele für sie in der Regionalliga. 

DFB.de: Nicht, dass Sie zweimal aufsteigen und plötzlich doch nochmal in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga auftauchen…

Van Bonn: Nein, das glaube ich nicht. Ich würde den Verein und die Mannschaft gerne unterstützen, diesen Weg zu gehen. Ich gebe meine Erfahrungen gerne an jüngere Spielerinnen weiter. Aber mein klarer Fokus richtet sich zukünftig auf meinen Beruf.

[sw]

Eine Ära geht zu Ende. Anne van Bonn wird heute (ab 14 Uhr, live bei MagentaSport) ihr letztes Spiel in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga bestreiten. Die 34 Jahre alte Mittelfeldspielerin des SC Sand wird dann mit dem Duell beim 1. FC Köln auf 331 Begegnungen in Deutschlands höchster Spielklasse kommen. Mehr Einsätze hat nur Ex-Weltmeisterin Kerstin Garefrekes vorzuweisen. Im DFB.de-Interview blickt Anne van Bonn auf eine einzigartige Karriere zurück und verrät, was kommen wird, wenn die Abschiedstränen getrocknet sind.

DFB.de: Frau van Bonn, Sie werden in Köln das letzte Spiel Ihrer Karriere bestreiten. Wie ist die Gefühlslage bei Ihnen vor der Partie?

Anne van Bonn: Es sind sehr gemischte Gefühle, die ich gerade verspüre. Einerseits freue ich mich sehr auf dieses letzte Spiel. Andererseits bin ich sehr traurig, weil es eben das letzte Spiel ist. Erschwerend kommt für mich hinzu, dass keine Zuschauer da sind. Das fand ich schon bei meinem letzten Heimspiel am vergangenen Wochenende sehr schade. Und jetzt in Köln wird die Situation ja genauso sein. Wenn ich dann letztmals vom Platz gehe werden neben meinen Mitspielerinnen und den Vereinsverantwortlichen ein paar Ordner da sein sonst leider niemand. Ich hätte mir einen anderen Abschied gewünscht. Aber aufgrund der aktuellen Situation ist es leider nicht zu ändern.

DFB.de: Immerhin konnten Sie selbst die Entscheidung treffen, dass es jetzt reicht und mussten nicht zum Beispiel wegen einer Verletzung Schluss machen.

Van Bonn: Es war ein bewusster Schritt, jetzt den nächsten Lebensabschnitt zu beginnen. Es ist mir extrem wichtig, dass ich selbst entscheiden kann, wann und wie ich gehe. Ich finde es tatsächlich wichtig, dass ich nicht durch eine Verletzung gezwungen werde aufzuhören oder weil mir jemand sagt, dass meine Leistung nicht mehr reicht. Ich verlasse die große Bühne erhobenen Hauptes. Darauf bin ich stolz.

DFB.de: Wie schwer war diese Entscheidung für Sie?

Van Bonn: Sehr schwer. Ich habe ziemlich viele Nächte wach gelegen und hin und her überlegt. Diese Entscheidung musste in mir reifen. Ich habe mich lange im Kreis gedreht und meine Entscheidung immer wieder verändert. Als ich dann irgendwann meinen Entschluss gefasst und ihn verkündet hatte, war es eine Erleichterung und es gab kein Zurück mehr. Heute kann ich damit gut leben. Die schlaflosen Nächte sind dennoch nicht vorbei. Gerade die Tage vor dem endgültigen Ende sind nochmal sehr emotional. Aber ich fühle, dass ich den richtigen Schritt mache.

DFB.de: Wird es Tränen geben?

Van Bonn: Ja, ganz bestimmt. Vielleicht unmittelbar nach Schlusspfiff. Vielleicht aber auch erst am Montag wenn der ganze Ballast abgefallen ist und mir die Tragweite meiner Entscheidung richtig bewusst wird. Einiges an Wasser wird noch fließen. Das wird sich nicht verhindern lassen.

DFB.de: Wenn Sie so am Fußball hängen: Warum dann gerade jetzt der Abschied und nicht in einem oder zwei Jahren?

Van Bonn: Es hätte auch die Möglichkeit gegeben, hier oder woanders weiterzuspielen. Aber ich habe für mich einfach die Entscheidung getroffen, dass ich auch beruflich neue Wege einschlagen möchte und dass dafür jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Ich habe auch in dieser Hinsicht gute Angebote gehabt und mich deshalb für diesen Weg entschieden.

DFB.de: Was machen Sie künftig?

Van Bonn: Ich werde nach Hamburg ziehen und dort als Bauingenieurin arbeiten. Ich habe einen tollen Job in einem jungen und innovativen Team gefunden, das direkt in der Speicherstadt sitzt. Darauf freue ich mich riesig. Aber zunächst muss ich jetzt das Kapitel Fußball vernünftig beenden. Danach habe ich den Kopf frei für die Herausforderungen, die dann kommen werden. Ich möchte diese tolle Zeit beim SC Sand gerne mit einem Sieg beenden.

DFB.de: Der SC Sand wird am Sonntagnachmittag 132 Begegnungen in der Bundesliga bestritten haben. In 131 dieser Spiele werden Sie dann auf dem Platz gestanden haben. Was war in der einen fehlenden Partie los?

Van Bonn: Ich denke, dass diese Statistik nahezu einmalig ist. Ich ärgere mich unglaublich über dieses eine fehlende Spiel. In meinem 100. Spiel für Sand, damals beim SC Freiburg, habe ich in der 90. Minute die Gelb-Rote Karte gesehen und musste deshalb einmal aussetzen. Das ist rückblickend sehr bitter.

DFB.de: In dieser Saison haben Sie keine einzige Minute verpasst. Wie bekommt Ihr Körper das hin?

Van Bonn: Viele Spielerinnen fallen zwischendurch mal wegen kleinerer Verletzungen oder Krankheiten aus. Das ist mir zum Glück nie widerfahren. Ich bin sehr dankbar dafür, dass mein Körper in all den Jahren so super funktioniert hat. Darauf bin ich stolz.

DFB.de: Was ist in dieser Hinsicht Ihr Geheimnis?

Van Bonn: Es gibt kein Geheimnis. Es gibt viele, die ihre Ernährung plötzlich radikal umstellen und zum Beispiel nur noch vegan essen – und trotzdem fallen sie dann wieder mit einer Muskelverletzung aus. Ich achte zwar auch auf meine Ernährung. Aber ich will auch noch leben und lasse mir nicht alles verbieten, was lecker ist. Generell mache ich neben dem Mannschaftstraining viel für mich selbst. Das war eigentlich schon immer so, seitdem ich auf diesem Niveau Fußball spiele. Der Wechsel zwischen Regeneration und Entspannung auf der einen Seite und Belastung auf der anderen ist für mich ein entscheidender Faktor.

DFB.de: Vor Ihrer Station in Sand hatten Sie eine extrem erfolgreiche Zeit in Duisburg. Wie blicken Sie darauf zurück?

Van Bonn: Auch mit Stolz. Mit vielen Weggefährtinnen aus dieser Zeit habe ich noch heute Kontakt. Da sind echte Freundschaften entstanden. Das hat mich wahnsinnig geprägt. Ich hatte zehn großartige Jahre in Duisburg. Wir haben in dieser Zeit immer um Titel mitgespielt und wahnsinnig coole Erfolge gefeiert. Wir haben den DFB-Pokal gewonnen und die Champions League. Das waren geile Erfahrungen.

DFB.de: Warum nicht die deutsche Meisterschaft?

Van Bonn: Wir waren zu blöd dafür (schmunzelt). In einigen entscheidenden Spielen haben wir Punkte liegen lassen, die uns nachher in dieser Hinsicht das Genick gebrochen haben. Wir sind zwischen 2005 und 2008 viermal hintereinander Vizemeister geworden. Das war wie ein Fluch. Auch die Niederlagen im Finale des DFB-Pokals waren mehr als bitter. Wir haben nichts ausgelassen. Aber die schönen Erinnerungen überwiegen deutlich. Wir waren zum Beispiel im letzten Endspiel des DFB-Pokals, das in Berlin ausgetragen wurde erfolgreich und haben dann auch bei der Premiere in Köln ein Jahr später den Titel geholt. 

DFB.de: Sie haben lange in der Verteidigung gespielt. Die heutige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat Sie in Duisburg dann ins defensive Mittelfeld vorgezogen. Wie wichtig war das für Ihren weiteren Karriereverlauf?

Van Bonn: Es war aus meiner Sicht eine gute und richtige Entscheidung von ihr. Auf der neuen Position konnte ich mehr ins Spiel eingreifen. Die Zeit in der Abwehr war für mich der Einstieg in die Bundesliga, im Mittelfeld habe ich dann den nächsten persönlichen Entwicklungsschritt machen können. Ich habe immer versucht, das Beste aus jeder Situation zu machen.

DFB.de: Sie werden am Sonntag 331 Spiele in der Bundesliga bestritten haben. Nur Kerstin Garefrekes liegt in dieser Statistik mit 355 Einsätzen noch vor Ihnen. Hatten Sie nie den Ehrgeiz, noch zwei Saisons dranzuhängen und sie so zu überholen? Dann würden Sie ganz oben stehen.

Van Bonn: Nein. Diese Rolle nimmt Kerstin völlig zurecht ein. Sie hat das absolut verdient mit ihrer einzigartigen Karriere. Das muss man anerkennen können. Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass so eine Persönlichkeit noch vor mir steht. Ich brauche den Spitzenplatz nicht für mein Ego. Ich freue mich viel mehr über die Titel, die ich mit meinen Mitspielerinnen gewinnen konnte. Dass diese Erfolge für immer in meiner sportlichen Vita stehen, ist toll.

DFB.de: Zum Beispiel auch der Gewinn der Weltmeisterschaft 2004 mit der U 19 des DFB.

Van Bonn: Oh ja, ein unglaubliches Erlebnis. Ich weiß noch, wie wir vier Wochen in Thailand unterwegs waren. Sich nachher Weltmeisterin nennen zu dürfen, ist einfach unbeschreiblich. 

DFB.de: Am Sonntag geht damit auch für Sie persönlich eine Ära zu Ende. Was werden Sie künftig sonntags machen, wenn Sie nicht mehr auf dem Platz stehen werden?

Van Bonn: Das weiß ich selbst noch nicht genau. Es geht ja nicht nur um den Sonntag, sondern um das ganze Wochenende. Ich bin selbst gespannt, wie ich meine neue Freizeit nutzen werde. Ich freue mich darauf, in der Sommerpause mal nicht laufen gehen zu müssen, um den Laktattest zu bestehen. Ich kann dann einfach mal das tun, worauf ich auch ganz spontan Lust habe. Ich freue mich auf die Zeit im Garten, mit dem Hund und mit Freunden. Auf all das, was in den vergangenen Jahren zu kurz gekommen ist. Viele in meinem Freundeskreis haben mir prophezeit, dass ich mich ganz schnell an die freien Samstage und Sonntag gewöhnen werde. Aber eines ist auch klar: Ganz abgeschlossen habe ich mit dem Fußball nicht. Ein Leben ganz ohne den Fußball ist für mich nicht möglich. Vielleicht suche ich mir irgendeine Hobbytruppe, bei der ich mitkicken kann. Oder ich schließe mich dem HSV an und spiele für sie in der Regionalliga. 

DFB.de: Nicht, dass Sie zweimal aufsteigen und plötzlich doch nochmal in der FLYERALARM Frauen-Bundesliga auftauchen…

Van Bonn: Nein, das glaube ich nicht. Ich würde den Verein und die Mannschaft gerne unterstützen, diesen Weg zu gehen. Ich gebe meine Erfahrungen gerne an jüngere Spielerinnen weiter. Aber mein klarer Fokus richtet sich zukünftig auf meinen Beruf.