Am Anfang stand der Goldfasanen-Cup

Mit dem Traumfinale zwischen dem Deutschen Meister Schalke 04 und dem damaligen Rekordmeister 1. FC Nürnberg begann 1935 die deutsche Pokalgeschichte. Mit dem Traumendspiel zwischen Rekordpokalsieger Bayern München und dem amtierenden Pokalsieger Werder Bremen, den beiden erfolgreichsten deutschen Klubs der vergangenen 20 Jahre, erlebt sie an diesem Samstag den Höhepunkt ihrer nunmehr 67. Auflage. Die Trophäe, um die es geht, übt auf alle Beteiligten längst schon eine magische Anziehungskraft aus. DFB-Redakteur Wolfgang Tobien über die Faszination des DFB-Pokals und seines Vorgängers.

Die einen können sich partout nicht von ihm trennen. Wie beispielsweise Wolfgang Schäfer von Bayer Uerdingen, der 1985 nach seinem entscheidenden Tor zum 2:1-Triumph im Finale gegen Bayern München das begehrte Stück nach der Siegesfeier mit ins Bett genommen hat. Andere können ihn einfach nicht fest genug halten. Wie Rudi Assauer, der das Objekt der Begierde 2002 nach Schalkes 4:2 im Endspiel gegen Bayer Leverkusen im Sieges­taumel zu Boden fallen ließ. Die fällige General­überholung kostete 32.000 Euro. Der Manager von Schalke 04 bezahlte sie aus eigener Tasche.

Materialwet von rund 100.000 Euro

52 Zentimeter hoch und 5,7 Kilo schwer ist der Cup, der seit 1965 dem alljährlichen Sieger des Pokalendspiels überreicht wird. Aus feuervergoldetem Sterlingsilber und 250 Gramm Feingold besteht das gute Stück, das 1964 von seinem Schöpfer, dem Kölner Künstler Wilhelm Nagel, mit zwölf Turmalinen, zwölf Bergkristallen und 18 Nephriten sowie mit dem aus Nephrit geformten DFB-Emblem als Kernstück dekoriert wurde und einen geschätzten Materialwert von rund 100.000 Euro hat. Wird er, wie in den vergangenen Jahren üblich, nach Spielende und der Übergabe vollständig mit Bier gefüllt, ergießen sich im ersten Siegesrausch auf dem Spielfeld acht Liter über den Trainer der erfolgreichen Mannschaft.

1991 musste der Sockel des Pokals um fünf Zentimeter erhöht werden, da nach der Gravur von bis dahin etwa 700 Buchstaben und Ziffern mit den Namen und Jahres­zahlen der Pokalsieger Platz für weitere Eintragungen geschaffen werden musste. Die neue Sockelfläche reicht nunmehr bis ins Jahr 2020 aus.

Zu diesem Zeitpunkt wird der Wettbewerb dann 85 Jahre alt sein. Mehr als 4.000 Mannschaften gingen am 6. Ja­nuar 1935 an den Start, um erstmals in Deutschland einen nationalen Pokalwettbewerb auszuspielen. Zwölf Monate später kam es, wie jetzt 2010 zwischen Rekord­pokal­sieger Bayern München (14 Titel) und dem amtierenden sowie zweiterfolgreichsten Pokalsieger Werder Bremen (6) im 67. Pokalendspiel, am 8. Dezember 1935 zum Traum­finale der seinerzeit beiden besten Mann­schaf­ten. Zwischen dem damaligen deutschen Rekord­meister 1. FC Nürnberg und dem amtierenden Meister Schalke 04. Als erster Sieger in der langen DFB-Pokal­historie bekam Nürnberg nach dem 2:0-Sieg in Düsseldorf den offiziell „Goldfasanen-Pokal“ genannten Siegespreis überreicht, der im Volksmund gemeinhin nur als „Tscham­mer-Pokal“ (nach dem dama­ligen Reichs­sport­führer Hans von Tschammer und Osten) bezeichnet wurde. Das erste Team, das den Pokal zweimal in Folge entgegennehmen konnte, war 1940 und 1941 der Dresdner SC mit dem späteren Bundestrainer Helmut Schön im halblinken Mittelfeld.

Im Kriegsjahr 1943 endete die Frühphase des deutschen Pokalwettbewerbs. Nach der Wiederbelebung 1952 wurde dem ersten Sieger des DFB-Vereinspokals, Rot-Weiss Essen, ebenso wie den weiteren Gewinnern bis 1964, die ursprüngliche Trophäe als Siegespreis übergeben, auf der das Hakenkreuz entfernt und durch eine Platte mit dem DFB-Logo ersetzt worden war. Seitdem gewann der DFB-Pokal zunehmend an Attraktivität, vor allem auch, weil seine Faszination als Cup der Über­raschungen mit zahllosen denkwürdigen Geschichten und skurrilen Episoden einhergeht. Als erster Überraschungs­sieger konnte 1959 das im Sommer zuvor in die Oberliga West aufgestiegene Team von Schwarz-Weiß Essen den Pokal entgegennehmen, nachdem bis dahin ausschließlich etablierte Teams in der Siegerliste aufgetaucht waren. Die Essener Underdogs hatten mit Erfolgen über Hertha BSC Berlin und den Hamburger SV das Finale in Kassel erreicht, wo sie das südwestdeutsche Traditionsteam Borussia Neunkirchen 5:2 bezwangen.

Um den Pokal-Triumphzug der Essener Schwarz-Weißen mit den damals aktuellen und späteren Nationalspielern Theo Klöckner, Heinz Steinmann und Horst Trimhold rankt sich auch eine der amüsantesten Storys der Pokalgeschichte: Im Halbfinale beim Hamburger SV vertrat Verteidiger Karl-Heinz Mozin in der Schlussphase den verletzten Tor­wart Merchel mit blankem Oberkörper, um sich optisch vom Team abzusetzen. Der Schiedsrichter half aus und übergab dem Teilzeitschlussmann seine schwarze Jacke. Wenig später stoppte Mozin den durchgebrochenen Charly Dörfel, indem er ihm die Hose herunterzog. Dörfel schoss völlig überrascht am leeren Tor vorbei – und alle erwarteten einen Platzverweis. Mozin erwirkte jedoch beim Schiedsrichter Gnade vor Recht – angeblich mit den Worten: „Lass mich drauf, meine Frau macht mir die Hölle heiß, wenn ich im Finale nicht dabei bin.“



[bild1]

Mit dem Traumfinale zwischen dem Deutschen Meister Schalke 04 und dem damaligen Rekordmeister 1. FC Nürnberg begann 1935 die deutsche Pokalgeschichte. Mit dem Traumendspiel zwischen Rekordpokalsieger Bayern München und dem amtierenden Pokalsieger Werder Bremen, den beiden erfolgreichsten deutschen Klubs der vergangenen 20 Jahre, erlebt sie an diesem Samstag den Höhepunkt ihrer nunmehr 67. Auflage. Die Trophäe, um die es geht, übt auf alle Beteiligten längst schon eine magische Anziehungskraft aus. DFB-Redakteur Wolfgang Tobien über die Faszination des DFB-Pokals und seines Vorgängers.

Die einen können sich partout nicht von ihm trennen. Wie beispielsweise Wolfgang Schäfer von Bayer Uerdingen, der 1985 nach seinem entscheidenden Tor zum 2:1-Triumph im Finale gegen Bayern München das begehrte Stück nach der Siegesfeier mit ins Bett genommen hat. Andere können ihn einfach nicht fest genug halten. Wie Rudi Assauer, der das Objekt der Begierde 2002 nach Schalkes 4:2 im Endspiel gegen Bayer Leverkusen im Sieges­taumel zu Boden fallen ließ. Die fällige General­überholung kostete 32.000 Euro. Der Manager von Schalke 04 bezahlte sie aus eigener Tasche.

Materialwet von rund 100.000 Euro

52 Zentimeter hoch und 5,7 Kilo schwer ist der Cup, der seit 1965 dem alljährlichen Sieger des Pokalendspiels überreicht wird. Aus feuervergoldetem Sterlingsilber und 250 Gramm Feingold besteht das gute Stück, das 1964 von seinem Schöpfer, dem Kölner Künstler Wilhelm Nagel, mit zwölf Turmalinen, zwölf Bergkristallen und 18 Nephriten sowie mit dem aus Nephrit geformten DFB-Emblem als Kernstück dekoriert wurde und einen geschätzten Materialwert von rund 100.000 Euro hat. Wird er, wie in den vergangenen Jahren üblich, nach Spielende und der Übergabe vollständig mit Bier gefüllt, ergießen sich im ersten Siegesrausch auf dem Spielfeld acht Liter über den Trainer der erfolgreichen Mannschaft.

1991 musste der Sockel des Pokals um fünf Zentimeter erhöht werden, da nach der Gravur von bis dahin etwa 700 Buchstaben und Ziffern mit den Namen und Jahres­zahlen der Pokalsieger Platz für weitere Eintragungen geschaffen werden musste. Die neue Sockelfläche reicht nunmehr bis ins Jahr 2020 aus.

Zu diesem Zeitpunkt wird der Wettbewerb dann 85 Jahre alt sein. Mehr als 4.000 Mannschaften gingen am 6. Ja­nuar 1935 an den Start, um erstmals in Deutschland einen nationalen Pokalwettbewerb auszuspielen. Zwölf Monate später kam es, wie jetzt 2010 zwischen Rekord­pokal­sieger Bayern München (14 Titel) und dem amtierenden sowie zweiterfolgreichsten Pokalsieger Werder Bremen (6) im 67. Pokalendspiel, am 8. Dezember 1935 zum Traum­finale der seinerzeit beiden besten Mann­schaf­ten. Zwischen dem damaligen deutschen Rekord­meister 1. FC Nürnberg und dem amtierenden Meister Schalke 04. Als erster Sieger in der langen DFB-Pokal­historie bekam Nürnberg nach dem 2:0-Sieg in Düsseldorf den offiziell „Goldfasanen-Pokal“ genannten Siegespreis überreicht, der im Volksmund gemeinhin nur als „Tscham­mer-Pokal“ (nach dem dama­ligen Reichs­sport­führer Hans von Tschammer und Osten) bezeichnet wurde. Das erste Team, das den Pokal zweimal in Folge entgegennehmen konnte, war 1940 und 1941 der Dresdner SC mit dem späteren Bundestrainer Helmut Schön im halblinken Mittelfeld.

Im Kriegsjahr 1943 endete die Frühphase des deutschen Pokalwettbewerbs. Nach der Wiederbelebung 1952 wurde dem ersten Sieger des DFB-Vereinspokals, Rot-Weiss Essen, ebenso wie den weiteren Gewinnern bis 1964, die ursprüngliche Trophäe als Siegespreis übergeben, auf der das Hakenkreuz entfernt und durch eine Platte mit dem DFB-Logo ersetzt worden war. Seitdem gewann der DFB-Pokal zunehmend an Attraktivität, vor allem auch, weil seine Faszination als Cup der Über­raschungen mit zahllosen denkwürdigen Geschichten und skurrilen Episoden einhergeht. Als erster Überraschungs­sieger konnte 1959 das im Sommer zuvor in die Oberliga West aufgestiegene Team von Schwarz-Weiß Essen den Pokal entgegennehmen, nachdem bis dahin ausschließlich etablierte Teams in der Siegerliste aufgetaucht waren. Die Essener Underdogs hatten mit Erfolgen über Hertha BSC Berlin und den Hamburger SV das Finale in Kassel erreicht, wo sie das südwestdeutsche Traditionsteam Borussia Neunkirchen 5:2 bezwangen.

Um den Pokal-Triumphzug der Essener Schwarz-Weißen mit den damals aktuellen und späteren Nationalspielern Theo Klöckner, Heinz Steinmann und Horst Trimhold rankt sich auch eine der amüsantesten Storys der Pokalgeschichte: Im Halbfinale beim Hamburger SV vertrat Verteidiger Karl-Heinz Mozin in der Schlussphase den verletzten Tor­wart Merchel mit blankem Oberkörper, um sich optisch vom Team abzusetzen. Der Schiedsrichter half aus und übergab dem Teilzeitschlussmann seine schwarze Jacke. Wenig später stoppte Mozin den durchgebrochenen Charly Dörfel, indem er ihm die Hose herunterzog. Dörfel schoss völlig überrascht am leeren Tor vorbei – und alle erwarteten einen Platzverweis. Mozin erwirkte jedoch beim Schiedsrichter Gnade vor Recht – angeblich mit den Worten: „Lass mich drauf, meine Frau macht mir die Hölle heiß, wenn ich im Finale nicht dabei bin.“

Dem Zauber und der Anziehungskraft dieser Trophäe konnte aber auch ein ganz Großer der Fußballgeschichte nicht widerstehen. In einem der denkwürdigsten Pokal­endspiele saß Günter Netzer 1973 gegen den 1. FC Köln zunächst auf der Bank, weil Mönchengladbachs Trainer Hennes Weisweiler wegen des bevorstehenden Wechsels seines Spielmachers zu Real Madrid total verärgert war. Als es nach Ende der regulären Spielzeit 1:1 stand, wechsel­te sich Netzer, wie er später zugab, zu Beginn der Verlängerung selbst ein und erzielte nach nur drei Minuten mit einem fulminanten Distanzschuss den entscheidenden Treffer zum 2:1-Sieg.

Einem Weltstar wie dem Gladbacher Regisseur verhalf die Magie des Cups auf diese Weise zum „Tor des Jahres“ und dem einst weltbesten Torhüter Oliver Kahn Jahre später zum Einzelrekord von sechs deutschen Pokalsiegen. „Nobodies“ aus Ortschaften wie Eppingen, Weinheim, Geislingen oder Vestenbergsgreuth brachte der DFB-Pokal daneben mit Sensationssiegen beispielsweise über den Hamburger SV und Bayern München für immer auf die überregionale Fußball-Landkarte.

Hoher Aufwand für Fernsehübertragungen

Geradezu magnetisch ist die Ausstrahlung des DFB-Pokals vor allem auch auf das Fernsehen, das mit immer größerem Aufwand vom Wettbewerb insgesamt und nicht zuletzt vom Nationalfeiertag des deutschen Fußballs, dem seit 1985 in Berlin stattfindenden Finale, berichtet. 2009 konnten die TV-Zuschauer beim 66. DFB-Pokalendspiel erstmals zwischen zwei Sendern wählen, um das Finale als Live-Erlebnis direkt und in voller Länge mitzuerleben. Zu verdanken war und ist dies der vom DFB mit dem neuen TV-Vertrag für den DFB-Pokal besiegelten Kooperation mit den öffentlich-rechtlichen Anstalten und dem inzwischen in Sky umbenannten Bezahlsender Premiere.

So viel Fernsehen war nie wie beim Finale 2009, das in mehr als 150 Länder in voller Länge übertragen wurde. Und so viel Geld gab und gibt es für die Teilnehmer eben­falls wie niemals zuvor. So wird der diesjährige Pokalsieger alles in allem 3,6 Millionen Euro erhalten, der Verlierer immerhin noch drei Millionen.

[bild2]

Welch ein Unterschied zum ersten live im Fernsehen übertragenen Pokalspiel! Am 26. Dezember 1952 standen sich der FC St. Pauli und Hamborn 07 auf dem Heiligengeistfeld gegenüber. Der NWDR übertrug direkt aus dem Bunker an der Feldstraße. 4.464 TV-Besitzer, so heißt es, konnten zuschauen, knapp 500 mehr als im Stadion dabei gewesen waren. Damals konnte es sich der Fernsehsender noch leisten, keinen einzigen Pfennig für die Übertragungsrechte an St. Pauli zu bezahlen.

St. Pauli legt denkwürdigen Einspruch ein

Mit St. Pauli verbindet sich zudem eine andere Episode zum Schmunzeln, die die Magie der legendären Trophäe belegt. Ende Juli 1969 schied der FC St. Pauli im DFB-Pokal aus, legte aber Protest gegen die Wertung der mit 0:1 ver­lorenen Begegnung ein. Drei Akteure der gegnerischen Mannschaft seien nicht spielberechtigt gewesen, so die Begründung für den letztlich erfolglosen Einspruch des damaligen Regionalligisten. Der Gegner, dem St. Paulis Vorstand am grünen Tisch den Sieg aberkennen lassen wollte, kam aus den eigenen Reihen. Es war die Amateur­mannschaft des Kiezvereins.

St. Pauli als eines von vielen Beispielen für Niederlagen (und für Siege) im DFB-Pokal, die oftmals nicht zu fassen sind. Wie die Trophäe selbst, die Rudi Assauer 2002 nicht richtig fassen konnte. Und von der Wolfgang Schäfer 1985 nicht lassen wollte.