Ali Bilgin: Ein Hauch von Königsklasse bei Regionalliga-Primus Lotte

"Ich bin nicht für Hobbyfußball hier"

Beim mittlerweile fünften Anlauf auf den ersehnten Sprung in die dritthöchste deutsche Spielklasse soll und will Ali Bilgin mit "seiner" Rückennummer 17 eine tragende Rolle spielen. "Ich bin nicht für Hobbyfußball nach Lotte gekommen, sondern will als Führungsfigur auf und neben dem Platz einen großen Teil zu einer erfolgreichen Saison beitragen", sagt er selbstbewusst. Beim aktuellen Ligakonkurrenten aus Essen avancierte der technisch beschlagene Mittelfeldspieler bereits vor rund zehn Jahren wegen seiner dynamischen Spielweise zum Publikumsliebling, zeigte nie Star-Allüren und feierte gleich zwei Zweitliga-Aufstiege mit seinem Heimatverein.

Seine langen dunklen Haare aus der RWE-Zeit sind zwar inzwischen ab, doch seine Qualitäten auf dem Platz hat Bilgin nicht eingebüßt. Gleich bei seinem ersten Einsatz (1:0 gegen die SSVg. Velbert) gelang ihm der Siegtreffer. Weil er in der Partie gegen die U 23 des FC Schalke 04 (0:0) umgeknickt war, fehlte er allerdings im Spitzenspiel beim SC Fortuna Köln (2:1) am vergangenen Wochenende.

Dank eines starken Saisonstarts mit 28 von 36 möglichen Punkten aus den ersten zwölf Partien liegen die Sportfreunde unter dem vor Saisonbeginn verpflichteten Trainer Yildirim auf Anhieb wieder auf Meisterschaftskurs. "Nach einem Drittel der Saison zeigt sich immer, in welche Richtung es geht. Wir können den verpassten Aufstieg aus der Vorsaison jetzt nachholen. Wenn wir unsere Form konstant halten können, dann wird es schwer, uns da oben wieder runterzuholen", so Ali Bilgin, der den SC Fortuna und Viktoria Köln als härteste Konkurrenten ansieht.

Training unter Zico, Daum und Aragonés

Meisterschaft und Aufstieg sind für Ali Bilgin, der im Dezember seinen 32. Geburtstag feiern wird, auch wegen einiger verpasster Titel in der Vergangenheit noch einmal ein großer Anreiz. 2006 begann der Rechtsfuß seine siebenjährige Odyssee in der Türkei. Bereits nach einer überzeugenden Saison bei Antalyaspor (sechs Tore in 30 Partien) ermöglichte ihm den Wechsel zu Fenerbahce Istanbul. Am Bosporus wurde Bilgin zusammen mit Weltstars wie Roberto Carlos oder Alex jeweils zweimal Vizemeister und Vizepokalsieger. "Fenerbahce ist so etwas wie der FC Bayern München der Türkei. Daher waren die zweiten Plätze schon eine bittere Pille", so der Deutsch-Türke.

Gleich in erster Saison (2007/2008) mischte Bilgin mit "Fener" die Champions League auf. Unter der Regie des ehemaligen brasilianischen Nationalstürmers Zico gelang der Sprung in das Viertelfinale. Endstation war trotz eines 2:1-Hinspielsieges der englische Spitzenklub FC Chelsea (0:2). Weitere große Trainerpersönlichkeiten, unter denen Bilgin spielen durfte, waren Christoph Daum und Luis Aragonés, der die spanische Nationalmannschaft 2008 zum Europameister-Titel (1:0 gegen Deutschland) und damit erstmals in der Geschichte auf den ersten Platz in der FIFA-Weltrangliste führte. "Von solchen Trainern nimmt jeder Spieler unheimlich viel mit", sagt der gebürtige Essener.

Vorfreude auf die "alte Liebe" Rot-Weiss Essen



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Einen "Kulturschock" der besonderen Art erlebt Ex-Profi Ali Bilgin auch rund drei Wochen nach seinem Wechsel zum West-Regionalligisten Sportfreunde Lotte noch fast jeden Tag. Wo der 31-Jährige in der Türkei regelmäßig vor 30.000 bis 50.000 Zuschauern gespielt hatte, sind es in Lotte im Tecklenburger Land trotz der aktuellen Erfolgsserie der Sportfreunde nur selten mehr als 1.000 Besucher.

Führten die Auswärtsfahrten mit dem türkischen Spitzenklub Fenerbahce Istanbul ins berühmte Mailänder Giuseppe Meazza-Stadion oder an der Stamford Bridge nach London, heißen Bilgins nächste Gegner SC Verl und SV Lippstadt 08. Von einer türkischen Metropole in ein 13.000 Seelen-Dorf, Regionalliga statt Champions League. So lautet nun der Alltag für den Mittelfeldspieler.

"In Lotte ist alles etwas anders"

DFB.de erwischte Ali Bilgin gut gelaunt vor dem Nachmittagstraining. Die Trainingskiebitze in Lotte kann er an einer Hand abzählen - wenn überhaupt. Mit den Worten "beschaulich, familiär und gute Stimmung" beschreibt der Deutsch-Türke, der in Essen im Herzen des Ruhrgebiets geboren wurde, die Atmosphäre in seiner neuen Wahlheimat.

Untergebracht ist er aktuell noch in einem Gästehaus. Die Wohnungssuche läuft aber längst auf Hochtouren, damit Ehefrau Ilkay und seine beiden erst zweieinhalb Monaten alten Zwillingssöhne Emre und Arcan schnell aus Istanbul nachreisen können. "In Lotte ist alles etwas anders. Da dauert die Umstellung ein paar Tage länger, aber ich fühle mich wohl", so Bilgin.

Wie bei RWE: Mit Kumpel Yildirim soll es nach oben gehen

Die Sportfreunde aus der kleinen Gemeinde Lotte im Großraum Osnabrück kannte Ali Bilgin, bis Mai bei Göztepe Izmir unter Vertrag, bis vor wenigen Monaten nur vom Namen her, wenn er sich aus der Türkei über die Tabellenstände in den deutschen Ligen informierte. Ein entscheidender Faktor für den Wechsel zum aktuellen Meister und Tabellenführer der West-Staffel war Trainer Ramazan Yildirim, den er aus seiner Zeit bei Rot-Weiss Essen noch bestens kennt. "Wir sind in der Saison 2003/2004 gemeinam in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Daraus ist eine sehr gute Freundschaft entstanden", betont der ehemalige RWE-Kapitän.

Vom Aufstieg in die 3. Liga und den damit verbundenen Sprung in den Profibereich träumen die Sportfreunde um den langjährigen "Macher" Manfred Wilke bereits seit einigen Jahren. Doch selbst die Rekordsaison mit 26 Siegen und einer zwischenzeitlichen Serie von 23 Partien ohne Niederlage hatte den Blau-Weißen in der vergangenen Spielzeit am Ende nicht gereicht. In der Aufstiegsrelegation platzte gegen den Nordost-Meister RB Leipzig (0:2/2:2 nach Verlängerung) der große Traum.

"Ich bin nicht für Hobbyfußball hier"

Beim mittlerweile fünften Anlauf auf den ersehnten Sprung in die dritthöchste deutsche Spielklasse soll und will Ali Bilgin mit "seiner" Rückennummer 17 eine tragende Rolle spielen. "Ich bin nicht für Hobbyfußball nach Lotte gekommen, sondern will als Führungsfigur auf und neben dem Platz einen großen Teil zu einer erfolgreichen Saison beitragen", sagt er selbstbewusst. Beim aktuellen Ligakonkurrenten aus Essen avancierte der technisch beschlagene Mittelfeldspieler bereits vor rund zehn Jahren wegen seiner dynamischen Spielweise zum Publikumsliebling, zeigte nie Star-Allüren und feierte gleich zwei Zweitliga-Aufstiege mit seinem Heimatverein.

Seine langen dunklen Haare aus der RWE-Zeit sind zwar inzwischen ab, doch seine Qualitäten auf dem Platz hat Bilgin nicht eingebüßt. Gleich bei seinem ersten Einsatz (1:0 gegen die SSVg. Velbert) gelang ihm der Siegtreffer. Weil er in der Partie gegen die U 23 des FC Schalke 04 (0:0) umgeknickt war, fehlte er allerdings im Spitzenspiel beim SC Fortuna Köln (2:1) am vergangenen Wochenende.

Dank eines starken Saisonstarts mit 28 von 36 möglichen Punkten aus den ersten zwölf Partien liegen die Sportfreunde unter dem vor Saisonbeginn verpflichteten Trainer Yildirim auf Anhieb wieder auf Meisterschaftskurs. "Nach einem Drittel der Saison zeigt sich immer, in welche Richtung es geht. Wir können den verpassten Aufstieg aus der Vorsaison jetzt nachholen. Wenn wir unsere Form konstant halten können, dann wird es schwer, uns da oben wieder runterzuholen", so Ali Bilgin, der den SC Fortuna und Viktoria Köln als härteste Konkurrenten ansieht.

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Training unter Zico, Daum und Aragonés

Meisterschaft und Aufstieg sind für Ali Bilgin, der im Dezember seinen 32. Geburtstag feiern wird, auch wegen einiger verpasster Titel in der Vergangenheit noch einmal ein großer Anreiz. 2006 begann der Rechtsfuß seine siebenjährige Odyssee in der Türkei. Bereits nach einer überzeugenden Saison bei Antalyaspor (sechs Tore in 30 Partien) ermöglichte ihm den Wechsel zu Fenerbahce Istanbul. Am Bosporus wurde Bilgin zusammen mit Weltstars wie Roberto Carlos oder Alex jeweils zweimal Vizemeister und Vizepokalsieger. "Fenerbahce ist so etwas wie der FC Bayern München der Türkei. Daher waren die zweiten Plätze schon eine bittere Pille", so der Deutsch-Türke.

Gleich in erster Saison (2007/2008) mischte Bilgin mit "Fener" die Champions League auf. Unter der Regie des ehemaligen brasilianischen Nationalstürmers Zico gelang der Sprung in das Viertelfinale. Endstation war trotz eines 2:1-Hinspielsieges der englische Spitzenklub FC Chelsea (0:2). Weitere große Trainerpersönlichkeiten, unter denen Bilgin spielen durfte, waren Christoph Daum und Luis Aragonés, der die spanische Nationalmannschaft 2008 zum Europameister-Titel (1:0 gegen Deutschland) und damit erstmals in der Geschichte auf den ersten Platz in der FIFA-Weltrangliste führte. "Von solchen Trainern nimmt jeder Spieler unheimlich viel mit", sagt der gebürtige Essener.

Vorfreude auf die "alte Liebe" Rot-Weiss Essen

Wie schon zuvor bei Rot-Weiss Essen gab es für Ali Bilgin auch in der Türkei immer wieder Rückschläge durch Verletzungen. Zunächst verhinderte ein Faserriss sein Debüt für die Nationalelf. Ein Meniskusschaden in der dritten Saison sorgte 2010 nicht nur für das Aus bei Fenerbahce, sondern warf ihn auch während seiner folgenden Station bei Kayserispor immer wieder zurück. Über Kasimpasa Istanbul und Göztepe Izmir kehrte der leidenschaftliche Tennisspieler zur Jahresmitte nach Deutschland zurück und verschwendet noch keine Gedanken an ein mögliches Karriereende.

Vor allem ein Spiel steht für Ali Bilgin in den kommenden Wochen unter dem Motto "Zurück zu den Wurzeln". Am Freitag, 8. November, gastiert der Mittelfeldspieler mit den Sportfreunden unter Flutlicht an der Essener Hafenstraße und damit in seiner Heimat. Bemerkenswert: Bilgin, der nur einen Steinwurf vom Stadion entfernt aufgewachsen war, ist der einzige gebürtige Bergeborbecker, der in den vergangenen Jahrzehnten die Kapitänsbinde des Traditionsvereins getragen hatte.

"Mein Herz hängt an RWE. So soll es auch immer bleiben. Ich freue mich auf eine emotionale Rückkehr vor vielen Fans", betont der Mittelfeldmann. Wohl wissend, dass die treuen Essener Zuschauer regelmäßig für eine spektakuläre Atmosphäre und damit auch für einen Hauch von Profifußball in der Regionalliga sorgen. Aber daran ist Ali Bilgin ja ohnehin gewöhnt.