Alaba und Österreich: David gegen Goliath

Alaba ist für Österreich noch viel wichtiger als für den FC Bayern, in Österreich hielten sie es für Verschwendung, ihren Begabtesten auf der linken Abwehrseite zu verstecken. Sie brauchen ihn weiter vorne, entweder im zentralen Mittelfeld, wo er am liebsten spielt, oder als eine Art Linksaußen, wo er die gegnerischen Rechtsverteidiger wahnsinnig machen kann. Ein paar Mal ist er dabei auch schon Philipp Lahm begegnet.

Alaba hat es mit seinen jungen Jahren schon geschafft, für etwas zu stehen. Er steht stellvertretend für die österreichische Nationalmannschaft, die nichts mehr gemein hat mit jenen österreichischen Nationalmannschaften, die man in Deutschland immer so ernst genommen hat, wie sie in Österreich deutsche Ski-Abfahrer ernst nehmen. Inzwischen sprechen Experten mit einiger Hochachtung über die neue österreichische Generation, hinter den grandios begabten Belgiern gilt Österreich als interessantester Insider- Tipp. Österreich gilt als Schwellenland, das längst zu groß ist für Estland, Island oder – das alte Trauma! – die Färoer und stattdessen auf dem Sprung, an den Schwedens, Dänemarks oder Serbiens vorbeizuwachsen.

Länderspieldebüt bereits 2009

Das alles hat nicht nur, aber vor allem mit David Alaba zu tun. Er gibt jenen neuen Ausbildungskonzepten ein Gesicht, die sie in Österreich anlässlich der EM 2008 im eigenen Land zu entwickeln anfingen – und die nun ganz langsam beginnen, sich auszuzahlen.

Aber vor allem zahlt sich jetzt aus, dass die Österreicher schnell und aufmerksam waren. Sie haben damals natürlich bald gemerkt, wie umworben dieser Bursche mit den vielen Nationalitäten war, sie wollten all den Begehrlichkeiten zuvorkommen. Der ehemalige österreichische Teamchef Didi Constantini hat sogar einmal konspirativ von einem Interesse der Deutschen geraunt, obwohl eine Abwerbung durch den DFB gemäß der zu diesem Zeitpunkt geltenden Statuten frühestens zu Alabas 23. Geburtstag möglich gewesen wäre.

Sicherheitshalber haben die Österreicher ihr größtes Talent schnell vom Markt genommen: Es war Constantini, der Alaba am 14. Oktober 2009 zu seinem Debüt in Österreichs A-Elf verhalf; bei einer 1:3-Niederlage in Frankreich wurde Alaba in der 80. Minute eingewechselt, und weil es sich praktischerweise um ein Pflichtspiel in der WM-Qualifikation handelte, war der kolossale Bursche damit automatisch festgespielt, wie das im Branchendeutsch heißt. Tu felix, Austria: Seit dem 14. Oktober 2009 hat das Krankl- Prohaska-und-Polster-Land einen Nationalspieler, der in (fast) allen anderen Ländermannschaften ebenfalls Stammspieler wäre.

Alaba und die Rekorde

Nicht immer lässt sich der wahre Wert eines Fußballers in Rekorden aufwiegen, es gibt Spieler, die nach fünf oder neun Sekunden das schnellste Tor in irgendeinem Wettbewerb erzielt haben, aber solche folkloristischen Daten machen noch keine großen Fußballer aus ihnen. Alabas Rekorde dagegen sprechen für sich und für ihn.



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Hermann Gerland sollte damals über Piotr Trochowski schwärmen, aber am Ende schwärmte er über David Alaba. Über Trochowski fand er auch eine Menge wohlwollende Worte, so war es nicht, aber als er über Alaba sprach, war er nicht mehr zu bremsen. Es war im Herbst 2008, die deutsche Nationalmannschaft hatte gerade ein WM-Qualifikationsspiel mit 1:0 gegen Wales gewonnen, Schütze des Siegtors war Trochowski.

Gerland hat sie ja alle kommen sehen, Philipp Lahm ebenso wie Bastian Schweinsteiger und Piotr Trochowski, er hat sie in der Jugend des FC Bayern alle ausgebildet, manche sagen: bearbeitet. Dieses Länderspiel gegen Wales war wie ein kleines Klassentreffen von Gerland- Schülern, alle spielten sie mit, alle überzeugten sie. Gerland hat es natürlich genossen, als ihn die Zeitungen damals anriefen, er hat ein paar schöne, alte Geschichten erzählt. Aber er hat auch in die Zukunft geschaut.

Gerland: "Der muss schon im Mutterbauch Fußball gespielt haben"

Es gebe da übrigens noch einen bei Bayern, hat er damals gesagt, älterer B-Jugend-Jahrgang, den kenne noch keiner. "Und der", sagte Gerland, "macht mir jetzt schon Freude." Der Spieler heiße David Alaba. Was der für eine Position spiele? Der spiele im Moment auf der linken Seite, sagte Gerland, aber eigentlich könne der alles.

So wie über Alaba hat Gerland bisher nur über Philipp Lahm geschwärmt, der – so Gerlands bekanntestes Bonmot – "schon im Mutterbauch Fußball gespielt haben muss". Für Gerland muss es demnach ein großes Vergnügen sein, dass er heute Co-Trainer einer Mannschaft sein darf, die nicht nur ziemlich viel gewonnen hat in der vergangenen Saison. In dieser Mannschaft des FC Bayern bilden Lahm und dieser ehemals unbekannte Alaba ein Außenverteidigerpaar, von dem immer wieder behauptet wird, es zähle zu den Besten der Welt. Wahrscheinlich stimmt das gar nicht. Wahrscheinlich ist es das beste.

Damals, im Herbst 2008, hat Gerland noch eine weitere Prophezeiung gewagt, deren Seriosität an diesem Freitag in der Münchner Arena erneut überprüft werden kann. Es werde bestimmt nicht mehr allzu lange dauern, bis dieser 16-Jährige Nationalspieler werde, sagte Gerland damals, aber dem Bundestrainer Löw könne er da keine großen Hoffnungen machen. Dieser Alaba besitze verschiedene Wurzeln, nigerianische, philippinische, österreichische. Aber eben: leider keine deutschen.

Österreichs Fußballer des Jahres 2011 und 2012

David Olatukunbo Alaba – geboren in Wien, Mutter Philippinin, Vater Nigerianer – ist inzwischen ein etablierter Nationalspieler, er ist etablierter, als man das mit 21 Jahren und zweieinhalb Monaten eigentlich sein kann. Er hat nicht nur 26 A-Länderspiele für Österreich bestritten, er ist dort auch bester Mann, Fußballer des Jahres 2011 und 2012 - und als Triplegewinner praktisch einziger Kandidat 2013. Er ist Hoffnungsträger und Führungsspieler in einem.

Alaba ist für Österreich noch viel wichtiger als für den FC Bayern, in Österreich hielten sie es für Verschwendung, ihren Begabtesten auf der linken Abwehrseite zu verstecken. Sie brauchen ihn weiter vorne, entweder im zentralen Mittelfeld, wo er am liebsten spielt, oder als eine Art Linksaußen, wo er die gegnerischen Rechtsverteidiger wahnsinnig machen kann. Ein paar Mal ist er dabei auch schon Philipp Lahm begegnet.

Alaba hat es mit seinen jungen Jahren schon geschafft, für etwas zu stehen. Er steht stellvertretend für die österreichische Nationalmannschaft, die nichts mehr gemein hat mit jenen österreichischen Nationalmannschaften, die man in Deutschland immer so ernst genommen hat, wie sie in Österreich deutsche Ski-Abfahrer ernst nehmen. Inzwischen sprechen Experten mit einiger Hochachtung über die neue österreichische Generation, hinter den grandios begabten Belgiern gilt Österreich als interessantester Insider- Tipp. Österreich gilt als Schwellenland, das längst zu groß ist für Estland, Island oder – das alte Trauma! – die Färoer und stattdessen auf dem Sprung, an den Schwedens, Dänemarks oder Serbiens vorbeizuwachsen.

Länderspieldebüt bereits 2009

Das alles hat nicht nur, aber vor allem mit David Alaba zu tun. Er gibt jenen neuen Ausbildungskonzepten ein Gesicht, die sie in Österreich anlässlich der EM 2008 im eigenen Land zu entwickeln anfingen – und die nun ganz langsam beginnen, sich auszuzahlen.

Aber vor allem zahlt sich jetzt aus, dass die Österreicher schnell und aufmerksam waren. Sie haben damals natürlich bald gemerkt, wie umworben dieser Bursche mit den vielen Nationalitäten war, sie wollten all den Begehrlichkeiten zuvorkommen. Der ehemalige österreichische Teamchef Didi Constantini hat sogar einmal konspirativ von einem Interesse der Deutschen geraunt, obwohl eine Abwerbung durch den DFB gemäß der zu diesem Zeitpunkt geltenden Statuten frühestens zu Alabas 23. Geburtstag möglich gewesen wäre.

Sicherheitshalber haben die Österreicher ihr größtes Talent schnell vom Markt genommen: Es war Constantini, der Alaba am 14. Oktober 2009 zu seinem Debüt in Österreichs A-Elf verhalf; bei einer 1:3-Niederlage in Frankreich wurde Alaba in der 80. Minute eingewechselt, und weil es sich praktischerweise um ein Pflichtspiel in der WM-Qualifikation handelte, war der kolossale Bursche damit automatisch festgespielt, wie das im Branchendeutsch heißt. Tu felix, Austria: Seit dem 14. Oktober 2009 hat das Krankl- Prohaska-und-Polster-Land einen Nationalspieler, der in (fast) allen anderen Ländermannschaften ebenfalls Stammspieler wäre.

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Alaba und die Rekorde

Nicht immer lässt sich der wahre Wert eines Fußballers in Rekorden aufwiegen, es gibt Spieler, die nach fünf oder neun Sekunden das schnellste Tor in irgendeinem Wettbewerb erzielt haben, aber solche folkloristischen Daten machen noch keine großen Fußballer aus ihnen. Alabas Rekorde dagegen sprechen für sich und für ihn.

Er ist der jüngste Spieler, der für die österreichische Nationalelf debütierte (17 Jahre und 112 Tage); er ist der jüngste Spieler, der je Österreichs Fußballer des Jahres " wurde; er ist der jüngste Spieler, der je für den FC Bayern in der Champions League gespielt hat (17 Jahre und 259 Tage). Und: Er ist der erste Österreicher, der die Champions League gewonnen hat, am 25. Mai dieses Jahres mit den Bayern im Londoner Wembleystadion gegen Borussia Dortmund.

Es werden vielleicht noch ein paar Rekorde dazukommen (der jüngste Spieler, der je das Triple verteidigte?), es werden vielleicht auch noch ein paar davon gebrochen werden, aber ein Rekord könnte für die Ewigkeit bleiben: David Alaba ist der jüngste Österreicher, über den Hermann Gerland schwärmte, als handle es sich um Philipp Lahm.