"Air" Riedle verabschiedet sich nach Rom

Was passierte im deutschen Fußball vor fünf Jahren? Vor 25, 50 oder 100 Jahren? Der Historiker Udo Muras hat in den Archiven gesucht und blickt auf die wichtigsten Jahrestage zurück. Die DFB-Wochenschau - immer mittwochs auf DFB.de.

30. März

Vor 60 Jahren unterliegt Weltmeister Deutschland Italien in einem Testspiel 1:2. Vor 82.000 Zuschauern im Stuttgarter Neckarstadion gehen die Gäste nach acht Minuten durch Milan-Stürmer Frignani in Führung, die Erich Juskowiak per Elfmeter ausgleicht (26.). Vor dem Schuss platziert sich Ferrario von Juventus Turin hinter dem Tor in einer Sandgrube, um dem Torwart Tipps zu geben, Schiedsrichter Zsolt (Ungarn) duldet das jedoch nicht und beordert ihn aufs Feld zurück. Für den 1:2-Endstand sorgt Pivatelli aus Bologna. Die Kritiken für den mit acht Weltmeistern angetretenen Gastgeber fallen hart aus. Im kicker ist von "einer tiefen Enttäuschung zu lesen", nur "die eindrucksvolle Rückkehr von Fritz Walter", der erstmals seit Bern wieder am Ball ist, gilt als Lichtblick. Das Sport Magazin fordert: "Die Weltmeister-Elf braucht frisches Blut." Sepp Herberger hat mit der Verjüngung schon begonnen und stellt den 18-jährigen Uwe Seeler in den Sturm, aber auch für ihn ist es eine Lehrstunde.

Vor 30 Jahren findet der 25. Bundesliga-Spieltag statt. Richtig rund geht es auf der Bielefelder Alm. Titelaspirant HSV muss ab der 75. Minute ohne Stammtorwart Uli Stein auskommen, der mit einer Gehirnerschütterung vom Platz getragen wird. Das Auswechsel-Kontingent ist erschöpft, Feldspieler Wolfgang Rolff muss zwischen die Pfosten und kassiert prompt noch drei Tore zum 1:4-Endstand. HSV-Manager Günter tadelt: "Was hier geboten wurde, ist fast schon vereinsschädigendes Verhalten." Viel Beifall erntet dagegen Arminen-Stürmer Siggi Reich, der bereits seinen zweiten Dreierpack in der Saison 1984/1985 schnürt. Das Zuschauer-Interesse ist weiterhin mäßig, 24.000 Fans sehen Bremens 2:1 gegen Schalke und sorgen für die Rekordkulisse des Tages. Werder bleibt den Bayern auf den Fersen, die gegen Fortuna Düsseldorf 17.000 Zuschauer im Olympiastadion mit Toren verwöhnen – selbst Libero Klaus Augenthaler trifft beim 6:0 zweimal. Borussia Mönchengladbach verteidigt Platz drei durch ein souveränes 4:0 bei Eintracht Braunschweig, hinter der nur noch der KSC steht. Die Premiere des Karlsruher Trainers Lothar Buchmann sorgt nicht für die erhoffte Wende, das 0:0 im Heimspiel gegen Leverkusen hilft nicht weiter. Torlos endet auch die Partie zwischen dem 1. FC Köln und Waldhof Mannheim, das schon zum fünften Mal in Folge remis spielt. Eine bessere Serie hat Borussia Dortmund, die im Westfalenstadion Meister VfB Stuttgart 4:1 zerlegt und schon zum dritten Mal in Folge gewinnt. Nicht schlecht für einen Abstiegskandidaten, den der neue Trainer Erich Ribbeck wiederbelebt hat. "Erich, du darfst nicht gehen", singen die Fans. Doppel-Torschütze Daniel Simmes, erst 18 Jahre alt, plaudert aus: "Herr Ribbeck hat uns überzeugt, wie schlecht es ist, wenn wir absteigen."

Vor zehn Jahren kommt es in der WM-Qualifikation zu einem deutschen Trainer-Duell. Griechenland mit Otto Rehhagel schlägt Albanien mit Hans-Peter Briegel 2:0 – und der Ex-Bremer Angelos Charisteas erzielt das erste Tor. Ein doppelt bitterer Tag für Briegel, der 1997 in Kaiserslautern als Sportdirektor hingeworfen hat – im Zwist mit Rehhagel.

31. März

Vor 80 Jahren fallen die letzten Entscheidungen in den Gau-Ligen. Mit dem VfL Benrath, der durch ein Tor von Josef Rasselnberg Duisburg 99 1:0 schlägt, steht auch der Niederrhein-Meister fest. Damit ist das Teilnehmerfeld für die Endrunde komplett. In Baden-Württemberg steigt mit Union Böckingen (1:1 in Ulm) der Vorjahres-Meister ab. Im Norden erwischt es den FC St. Pauli, in Niedersachsen Werder Bremen. Beide ereilt ihr Los, als sie selbst spielfrei haben. In München beklatschen 8000 Zuschauer einen starken 1. FC Nürnberg, der durch zwei Treffer von Georg Friedl beim TSV 1860 2:0 gewinnt und die Saison als Zweiter hinter der Spielvereinigung Fürth beendet.

Vor 75 Jahren finden die Pokal-Halbfinalspiele statt. Doch nur ein Finalist wird vorläufig ermittelt: Der 1. FC Nürnberg schaltet vor 40.000 Zuschauern im Praterstadion Gastgeber Rapid Wien mit 1:0 aus, das Tor erzielt Willi Kund mit einem Schrägschuss. "Lebhafter Beifall belohnte die Tat", vermeldet der kicker, "die Wiener Zuschauer stutzten, noch fürchteten sie nichts für Rapid." Ein Irrtum. Waldhof Mannheim und Wacker Wien trennen sich vor 25.000 Fans in Mannheim 1:1, ein Wiederholungsspiel wird nötig. Die Gäste-Führung von Johann Walzhofer (61.) gleicht Reinhold Fanz (70.) alsbald aus, in der Verlängerung fallen keine Tore. Obwohl man schon weit im Jahr 1940 ist, wird noch der Tschammer-Pokalsieger 1939 ermittelt – kriegsbedingte Verzögerungen. Der Krieg fordert noch mehr vom Fußball. Generalfeldmarschall Hermann Göring fordert die Vereine auf, ihre Vitrinen zu entrümpeln und wertlose Pokale und sonstige Geräte in die Metallsammlung zu geben, das sei "für die Reichsverteidigung von größtem Wert". So steht es im kicker – neben den Berichten zum Halbfinale.

In den Gau-Ligen rollt der Ball auch, es gibt vier weitere Meister, von denen nur einer gewinnt. Der 1. FC Nürnberg, ja im Pokal beschäftigt, profitiert im Bayern-Gau von Schweinfurts 3:5 beim BC Augsburg. Der Hessen-Meister CSC 03 Kassel wird im zweiten Entscheidungsspiel von Hanau 93 mit 5:1 deklassiert, aber sein Hinspiel-Polster (7:2) reicht. Der SV Mülheim ist trotz des 1:2 in Troisdorf Mittelrhein-Meister. Wirklich meisterlich spielt Rasensport Gleiwitz auf, das sich nach dem 9:1 gegen den ATV Liegnitz die Krone in Schlesien aufsetzen darf. Der Deutsche Meister Schalke 04 demonstriert seine Stärke im eigenen Gau beim 14:0 über Westfalia Herne. Der fünffache Torschütze Hermann Eppenhoff kommt schon auf 27 Saison-Treffer und ist Führender im Reich. Borussia Dortmund hingegen ist nach einem 2:3 beim VfL Bochum nicht mehr zu retten und steigt in Westfalen ab, Bayern München muss das in Bayern auch befürchten, verbessert durch ein 2:0 bei Jahn Regensburg aber seine Chancen. Ein Schützenfest feiert der 1. FC Kaiserslautern im Südwesten bei Schlusslicht GfL Darmstadt (10:1), auch Fritz Walter ist unter den Torschützen.

Vor 25 Jahren endet der 27. Bundesliga-Spieltag ohne Auswärtssieg und mit nur 22 Toren. Die insgesamt 633 Saison-Treffer 1989/1990 sind ein historischer Minuswert. Da schmerzt der Abgang echter Torjäger doppelt: Nationalstürmer Karl-Heinz Riedle gibt an diesem Tag seinen Wechsel von Werder Bremen zu Lazio Rom bekannt. Die meisten Tore erzielt Tabellenführer Bayern München im Heimspiel gegen den VfB Stuttgart (3:1), dessen neuer Trainer Willi Entenmann sich wohl einen leichteren Gegner zum Einstand gewünscht hätte. Im Nordderby bezwingt Werder Bremen den HSV durch den ersten Bundesliga-Treffer von Dieter Eilts 2:1, wodurch die Hamburger nach über 17 Jahren wieder auf einem direkten Abstiegsplatz landen. "Wer jetzt noch nicht kapiert hat, dass wir im Abstiegskampf sind, hat seinen Beruf verfehlt", sagt Libero Michael Schröder. In Kaiserslautern haben sie es kapiert, der FCK tauscht nach einer Serie von 7:1-Punkten und dem 2:1 gegen Uerdingen mit dem HSV die Plätze. "Ich bin happy, anders kann ich es nicht sagen", sagt der Retter auf der Trainerbank, Karl-Heinz Feldkamp, nach vierwöchiger Amtszeit.

Vor 20 Jahren unterliegt Eintracht Frankfurt zuhause Schalke 04 0:3, alle Tore fallen nach der Pause. Schalke-Joker Sergej Dikhtiar trifft schon zwei Minuten nach seiner Einwechslung. Eintracht-Trainer Jupp Heynckes, der seiner Mannschaft für einen Sieg zwei freie Tage versprochen hat, gibt sie nun auch für eine Niederlage. Gerüchte um seinen Rücktritt werden sich schon bald als wahr erweisen. In der zweiten Freitagspartie gewinnt der MSV Duisburg das Abstiegs-Derby gegen den VfL Bochum 3:1. Unter dem Strich bleiben beide.

1. April

Vor 60 Jahren wird in Paris die Einführung einer "Europameisterschaft der Vereine" beschlossen. Der Vorläufer des Europapokals besteht zunächst nur aus Spielen der europäischen Meister-Klubs, von denen 15 ihre Vertreter nach Paris entsandt haben. Initiator des Ganzen ist die französische Sport-Zeitung L’Equipe, vor allem deren Redakteur Gabriel Hanot. Weder die FIFA noch die UEFA haben mit dem Wettbewerb etwas zu tun, die Organisation obliegt vorläufig einem Komitee aus Vertretern der beteiligten Klubs. Es wird im K.o.-System gespielt, die Zuschauereinnahmen bleiben beim Gastgeber, der nur für den Aufenthalt der Gäste, nicht aber deren Anreise aufkommen muss. Pro Spiel muss jeder Verein 865 DM an das Organisationskomitee zur Deckung der Unkosten abführen. So fing es an mit dem Millionen-Spiel Europapokal.

Am selben Tag ist Bayern München so gut wie abgestiegen. Im vorgezogenen Heimspiel gegen die Stuttgarter Kickers ist das Schlusslicht der Oberliga Süd zwar drückend überlegen, kommt aber nur zu einem 1:1. Nach Lettls Knöchelbruch gehen dezimierte Bayern in Führung, doch Siegfried Kronenbitter gleicht mit dem zweiten Torschuss der Kickers aus. "Das Pech bleibt den Bayern bis zum bitteren Ende treu", titelt das Sport Magazin.

Vor 40 Jahren findet ein Nachholspieltag statt. Aber die Partie zwischen Meister Bayern München und Tabellenführer Borussia Mönchengladbach kommt wieder nicht zur Austragung, die Ränge sind voller Schnee, während der Rasen bespielbar ist. Erstmals fällt im 1972 eingeweihten Olympiastadion ein Spiel aus. So kommt Borussias Verfolger Hertha BSC durch ein 3:1 gegen Braunschweig auf einen Punkt heran. Der HSV verabschiedet sich durch ein blamables 2:3 gegen Duisburg aus dem Titelrennen, dagegen hält Kickers Offenbach Anschluss und schießt Werder Bremen auf einen Abstiegsplatz (5:1), den der VfB Stuttgart dank eines 3:1 gegen die Schalker endlich verlässt. VfB-Coach Albert Sing hat trotzdem nur Lob für den Gegner übrig, Schalke sei "die beste Mannschaft, die bei uns war". Ähnliche Komplimente erhält auch der Vorletzte Tennis Borussia Berlin, der bei der heimstärksten Mannschaft, dem VfL Bochum, ein 0:0 erbeutet. Während TeBe noch hofft und rechnet, geht der Wuppertaler SV (0:4 in Köln) schon auf Abschiedstournee. Auch der WSV erntet immerhin Komplimente, Kölns Trainer Tschik Cajkovski prophezeit: "Nächstes Jahr in der 2. Liga seid ihr wieder eine Spitzenmannschaft."

Am selben Tag gewinnt die Olympia-Auswahl der DDR ihr Qualifikationsspiel für Montreal in Griechenland 1:0. In Athen trifft Mats Vogel.

Vor 25 Jahren wird Hans-Georg Moldenhauer, früher Torwart beim 1. FC Magdeburg, zum Präsidenten des Fußball-Verbandes der DDR (DFV) gewählt. Er erhält auf dem Verbandstag 143 von 258 abgegebenen Stimmen.

Vor 20 Jahren kann sich Borussia Dortmund in der Bundesliga wieder um einem Punkt von Verfolger Werder Bremen absetzen. Der BVB gewinnt gegen Aufsteiger Bayer Uerdingen 3:1 und stoppt seine wochenlange Talfahrt. Borussia Mönchengladbach verliert überraschend zuhause gegen den SC Freiburg (1:2), dessen Trainer Volker Finke nach einer Meldung des TV-Senders Premiere zur neuen Saison in den Schuldienst zurück muss. Der Schock beim SC legt sich alsbald, es ist ja nur ein Aprilscherz. Bitterernst ist die Lage bei Meister FC Bayern, der um die Teilnahme am UEFA-Pokal fürchten muss - in Köln setzt es eine 1:3-Niederlage. Es ist zwar erst die dritte der Saison, doch unter Trainer Giovanni Trapattoni sind die Bayern 1994/1995 "Unentschieden-Meister" (zwölfmal). Köln feiert den Österreicher Toni Polster, dem zwei Tore gelingen. Aufsteiger 1860 München klettert auf den 15. Platz, das 3:1 gegen Dynamo Dresden bringt die Sachsen der 2. Liga wesentlich näher. Dynamo-Präsident Rolf-Jürgen Otto erfährt ungewöhnlichen Widerstand, in der Tagespresse schaltet die Opposition Anzeigen. Auszug: "Wer jetzt nicht handelt, macht sich schuldig. Herr Otto, wir trauen Ihnen nicht mehr." Das turbulenteste Spiel des Tages steigt in Stuttgart, wo der VfB Bayer Leverkusen 4:2 schlägt. Stuttgarts Thomas Berthold sieht Gelb-Rot wegen Meckerns, Leverkusens Christian Wörns Rot und sein Mitspieler Paulo Sergio verschießt einen Elfmeter, nachdem er zuvor einen verwandelt hat. Nach sechs Niederlagen aus den letzten sieben Spielen wackelt Bayer-Trainer Dragoslav Stepanovic gewaltig. "Nach dieser Bilanz kann man nicht mehr von Pech reden", grollt Manager Reiner Calmund.

2. April

Vor 70 Jahren scheidet Bayern München aus dem Bayern-Pokal aus. Im vorletzten Spiel vor Kriegsende unterliegen sie gegen Lokalrivale Bajuwaren 0:1.

Vor 60 Jahren sichert sich der 1. FC Kaiserslautern zum sechsten Mal die Meisterschaft in der Oberliga Südwest. Die "Walter-Elf" gewinnt unter den Augen Sepp Herbergers in Ludwigshafen 3:2 und profitiert vom 1:6-Debakel von Verfolger 1. FC Saarbrücken bei TuS Neuendorf. Im Westen zweifeln nur noch Mathematiker an Rot-Weiß Essens Meisterschaft, RWE gewinnt 3:1 in Düsseldorf, auch wenn Fortuna "über eine Stunde tonangebend" ist (kicker). Im Rennen um Endrundenplatz zwei schenken sich der SV Sodingen und Bayer Leverkusen nichts. Beide gewinnen auswärts 1:0 - Sodingen in Münster, Bayer bei Schwarz-Weiß Essen. Für Schalke wird es nach dem 1:1 in Bochum immer schwerer. Weltmeister Hans Schäfer trifft beim 4:0 des 1. FC Köln gegen Meiderich doppelt, die Minichance des Vorjahresmeisters auf die Endrunde lebt weiter.
Im Süden wird es immer dramatischer, im Fünfkampf um den Titel hat Eintracht Frankfurt (2:0 gegen Regensburg) die Nase wieder vorn. Denn Kickers Offenbach verliert 2:4 in Fürth – und das nach 2:0-Führung. Weiter im Rennen bleiben Reutlingen (0:0 bei Schwaben Augsburg), der KSC (3:3 gegen BC Augsburg) und Schweinfurt (4:0 gegen VfR Mannheim). Eher unbedeutend ist das 6:0 des VfB Stuttgart gegen den 1. FC Nürnberg, die Mittelfeldpartie der Altmeister lockt trotzdem 15.000 Zuschauer an. In der Abstiegsfrage ist im Grunde alles klar. Neben den Bayern braucht auch Hessen Kassel nach dem 1:2 im Heimspiel gegen den FSV Frankfurt ein Wunder.
Im Norden passiert der HSV als erster Oberligist 1954/1955 die 100-Tore-Marke. Das Jubiläumstor beim 3:0 gegen den Bremer SV erzielt Klaus Stürmer. Zur Meisterschaft fehlt noch ein Punkt. Im Rennen um Platz zwei werden die Karten neu gemischt: Während Werder Bremen bei Abstiegskandidat Arminia Hannover unterliegt (1:2), zieht Bremerhaven 93 durch ein 2:1 bei Holstein Kiel vorbei.

Vor 20 Jahren trennen sich Eintracht Frankfurt und Trainer Jupp Heynckes nach nur neun Monaten. Der Trainer tritt aus Enttäuschung über den Saisonverlauf (13. Platz) zurück und verzichtet sogar auf eine Abfindung. "Die Erkenntnis, dass der Verein und ich nicht zusammen passen, ist immer stärker geworden", sagt Heynckes und zieht die Konsequenzen.

Vor zehn Jahren marschieren Bayern München und Schalke 04 im Gleichschritt vorneweg. Die Bayern gewinnen in Wolfsburg 3:0, die punktgleichen Schalker zuhause 4:1 gegen Nürnberg. Schalkes Joker Mike Hanke erzielt zwei Tore, hat dafür aber 86 Minuten Zeit, da Ebbe Sand sich schon bei der ersten Aktion verletzt. Auch die Bayern wechseln früh, Claudio Pizarro muss nach sechs Minuten raus. So gibt es keine Stürmertore in Wolfsburg, es treffen Bastian Schweinsteiger und Torsten Frings sowie VfL-Verteidiger Kevin Hofland per Eigentor. Nach der Partie will VfL-Manager Thomas Strunz einen Rücktritt von Trainer Eric Gerets "nicht ausschließen". Es gärt beim VfL. Der VfB Stuttgart gewinnt das vorweg genommene Finale um Platz drei bei Werder Bremen 2:1 und legt vier Punkte zwischen sich und den Hanseaten. Nach dem Platzverweis gegen Valerien Ismael (84.) entscheidet Christian Tifferts Tor die Partie. Der kicker titelt hämisch: "Werder: Der Triumph des Phlegmas". Im Abstiegskampf sieht Hansa Rostock nach dem erst zweiten Heimsieg (2:0 gegen Mainz) Licht am Ende des Tunnels, bis zum 15. aus Nürnberg sind es noch fünf Punkte. Kaiserslautern ist längst in Sicherheit, aber nach dem 0:2 gegen Hannover steht Trainer Kurt Jara vor dem Aus.

3. April

Vor 50 Jahren wird es in der Bundesliga immer dramatischer. Werder Bremen verliert erstmals nach 13 Spielen wieder (0:1 bei Schalke 04) und verfehlt den Rekord des 1. FC Köln aus der Vorsaison (14 Spiele). Vor allem schmilzt das Polster des Tabellenführers, die Kölner sind nach dem 3:2 bei 1860 München auf einen Punkt dran. Löwen-Trainer Max Merkel grollt: "Immer wenn's um was geht, solche Versager!" Trotzdem bleibt auch sein Team bei drei Zählern Rückstand im Titelrennen, ebenso wie die punktgleichen Dortmunder, obwohl sie in Meiderich 2:3 verlieren. Nicht minder spannend der Abstiegskampf, der ab Platz neun beginnt. Bis zum letzten KSC sind es vier Punkte. Und kein Team gibt auf: Schalke schlägt den Tabellenführer, der KSC zieht Neunkirchen mit rein (2:1), Hertha BSC gewinnt dank eines Rehhagel-Elfmeters in Kaiserslautern (2:1).

Am selben Tag beschließt der DFB-Beirat in Wiesbaden, dass die Bundesliga nicht auf 18 Vereine aufgestockt werden soll. Abgelehnt wird unter anderem die Forderung, dass Vereine statt bisher nur drei Spieler pro Saison nun alle zwei Jahre sechs Spieler verpflichten dürften. Auch die Einführung einer eingleisigen 2. Liga findet keine Mehrheit.

Vor 30 Jahren spielt die Bundesliga mittwochs. Primus Bayern München liegt bei Angstgegner Eintracht Frankfurt nach Treffern von Thomas Berthold und Cezary Tobollik schon 0:2 zurück, ehe Norbert Eder und Michael Rummenigge in den letzten zehn Minuten noch ausgleichen. Verfolger Werder Bremen verliert im Nordderby beim HSV 0:2, Felix Magath und Thomas von Heesen treffen. Einen Scorerpunkt erhält der Münchner Schiedsrichter Aaron Schmidhuber, der bei einem Bremer Pass im Weg steht und den Ball für den einschussbereiten Magath stoppt. Im Rheinderby schießt ausgerechnet der Ex-Düsseldorfer Klaus Allofs das entscheidende 2:1 für den 1. FC Köln und sorgt nach sechs Spielen für einen Sieg. Fortuna dagegen rutscht in den Abstiegsstrudel, aus dem sich der BVB mit dem vierten Sieg in Folge (4:2 beim KSC) allmählich zu verabschieden scheint. Trost für Schlusslicht KSC: Auch Arminia Bielefeld (0:2 in Gladbach) und Eintracht Braunschweig (0:1 in Bochum) verlieren. Waldhof Mannheim baut seine Remis-Serie gegen den VfB Stuttgart (1:1) auf sechs Spiele aus. Aufsteiger Schalke 04 feiert seinen 18 Jahre alten Nationalspieler Olaf Thon, der beim 2:0 gegen Bayer Uerdingen beide Tore erzielt.

Vor 25 Jahren läuten Werder Bremen und AC Florenz die deutsch-italienische Europacup-Woche ein. Im Hinspiel des UEFA-Cup-Halbfinales trennen sie sich 1:1, wobei Werder mit Glück zum Ausgleich kommt – durch ein Eigentor in der 92. Minute.
In der DDR-Oberliga kommt es am 19. Spieltag zum Führungswechsel. Der 1. FC Magdeburg (1:0 in Bischofswerda) profitiert von Dynamo Dresdens 0:2-Niederlage in Erfurt. Dort fliegen mit Olaf Schößler und Matthias Sammer gleich zwei Dynamos vom Platz.

4. April

Vor 20 Jahren stehen zwei Bundesligisten im Halbfinale des UEFA-Pokals mit italienischen Mannschaften. Borussia Dortmund kommt aus Turin mit einem hervorragenden Ergebnis (2:2) zurück, Stefan Reuter und Andy Möller schießen den BVB zweimal in Führung, aber Juventus gleicht stets aus. Das 1:1 ist ein Elfmeter von Roberto Baggio, das 2:2 gelingt ausgerechnet dem kommenden Dortmunder Jürgen Kohler (88.). Wermutstropfen sind die Gelb-Sperren, die sich Karl-Heinz Riedle, Andreas Möller und Matthias Sammer fürs Rückspiel einhandeln. Sammer macht Mut: "Wir werden auch in zwei Wochen eine Top-Mannschaft haben." Bayer Leverkusen setzt seine Talfahrt im Frühjahr 1995 fort und verliert sein Heimspiel gegen den AC Parma 1:2 – trotz früher Führung durch Paulo Sergio (21.). Ein Doppelschlag von Dino Baggio (48.) und Asprilla (51.) dreht die Partie. Nachdem sich auch noch Weltmeister Rudi Völler in die Trainer-Kritiker einreiht und sich verärgert über seinen Reservisten-Status zeigt ("Sowas kann der Trainer mir früher sagen. Ich habe ihm meinen Standpunkt deutlich mitgeteilt."), geht Leverkusen auf Suche nach einem Nachfolger für Stepanovic.

Auch der FC Bayern muss im Europacup der Landesmeister zum AC Mailand und unterliegt nach großem Kampf 0:1. Nur einen von Hansi Pflügler verursachten Elfmetertreffer durch Marco van Basten lassen die Bayern zu. "Aumann entzaubert San Siro", würdigt der kicker die Leistung des Münchner Torwarts im mit 62.717 Zuschauern ausverkauften Stadion von San Siro.

Am selben Tag kann auch der dritte Bundesligist sein Duell gegen eine italienische Mannschaft nicht gewinnen: Der 1. FC Köln kommt jedoch aus Turin im UEFA-Cup mit einem achtbaren 2:3 zurück. Juventus führt schon 3:0, dann treffen Falko Götz und Ralf Sturm für das Daum-Team. Kuriosum am Rande: Die Partie leitet der Österreicher Helmut Kohl, dem der gleichnamige Bundeskanzler einen brieflichen Gruß schickt: "In der Politik wie im Sport sind schnelle, sichere Entscheidungen gefragt. Viel Glück!"

5. April

Vor 90 Jahren schafft der HSV ein kleines Fußball-Wunder. Im Endrunden-Spiel um die Norddeutsche Meisterschaft schlägt er Altona 93 nach 1:4-Pausen-Rückstand noch 5:4. 17.000 Zuschauer werden Zeuge des Spektakels, zu dem Tull Harder und Karl Schneider (beide HSV) je zwei Tore beitragen.

Vor 40 Jahren stellt Borussia Mönchengladbach einen Bundesliga-Rekord auf. Nach dem 5:2 gegen Verfolger Kickers Offenbach sind die Borussen 16 Spiele in Folge ungeschlagen und bauen nebenher den Vorsprung in der Tabelle auf drei Punkte aus. Denn Hertha BSC geht bei Abstiegskandidat Werder Bremen 0:4 unter. Borussen-Stürmer Jupp Heynckes schraubt seine Saisonausbeute mit einem Doppelschlag auf 21 Tore, sein Ziel hat er dicht vor Augen: "Diesmal sollen es mindestens 25 sein!" Eintracht Frankfurt schiebt sich dank eines 2:0 über Meister Bayern München auf Platz drei vor, ein Elfmeter von Karl-Heinz Körbel und Bernd Nickel sichern die Punkte.
Am Abend verlängert Weltmeister Jürgen Grabowski seinen Vertrag bei der Eintracht noch im Stadion, wenn es auch noch der Schriftform bedarf. Aber "Grabi" versichert: "Wir sind uns grundsätzlich einig geworden." Im Abstiegskampf tauschen der 15. und der 16. wieder die Plätze. Werder zieht am VfB vorbei, der sich beim 0:6 in Braunschweig wie ein Absteiger präsentiert. Nur Hans "Buffy" Ettmayer zieht Profit aus dem Desaster, vor dem Spiel hat er angesichts seines angespannten Verhältnisses zu Trainer Sieg privat auf seine Auswechslung gewettet und kassiert zehn D-Mark. Ein schwacher Trost. Sechs Tore fallen auch in Duisburg, wo sich der MSV und RW Essen 3:3 trennen. Für den MSV ist es ein verschenkter Sieg, er hat massenhaft Chancen. Herbert Büssers vergibt allein vier und bettelt danach mit Erfolg um seine Auswechslung, Nachfolger Walter Krause braucht nur sechs Minuten für ein Tor. Missklang am Rande: RWE-Fans benehmen sich daneben, schießen mit Gas-Pistolen auf Ordner, verprügeln andere Zuschauer. Ordner finden bei ihnen Totschläger, Ketten und sogar Revolver. RWE-Präsident Willi Naunheim: "Ich schäme mich für diese Zuschauer."

Vor zehn Jahren unterliegt der FC Bayern im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Chelsea 2:4. In der Nachspielzeit bewahrt ein Elfmetertor von Michael Ballack den Bayern, für die auch Bastian Schweinsteiger trifft, noch eine kleine Chance aufs Rückspiel, aber Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge fürchtet: "Es wird natürlich sehr schwer für uns." Die Bayern sind der letzte deutsche Vertreter im Europapokal 2004/2005.