Adel Tawil: Mit Jogi auf der Bühne

Höhen und Tiefen eines Fans

Er denkt zurück an das Champions-League-Finale 1999. Die Bayern gegen ManUnited in Barcelona. "Diese Niederlage. In den letzten Sekunden. Bei diesem wichtigen Spiel. Das gibt’s nur im Fußball", sinniert er. "Und auf diese außergewöhnlichen Momente wartet man im Fußball – weil er sie auch regelmäßig bietet." So wie bei der Begegnung zwischen Dortmund und Real Madrid, als der BVB beinahe das 0:3 aus dem Hinspiel wettgemacht hätte. "Das habe ich leider verpasst. Da habe ich mich tierisch geärgert. Denn das ist schon großartig, wenn man so ein Spiel live sieht. Ich merke dann, wie der Puls hochgeht. Das Spiel nimmt einen ein. Man kann nicht mehr aufstehen, sich kein Bier mehr holen, weil man genau weiß, jede Sekunde kann das nächste große Ding passieren."

Das beinhaltet auch eine mögliche negative Wendung. "Ich weiß noch, ich habe geweint, als Deutschland 1986 das WM-Endspiel gegen Argentinien verloren hat. Das war ein absoluter Albtraum für mich. Ich war damals acht Jahre alt. Natürlich war Maradona ein sensationeller Fußballer. Aber ich konnte nur an meine Mannschaft denken", erzählt Tawil.

Fußball ist für ihn all inclusive. Emotionale Höhen und Tiefen. Tawil akzeptiert, dass das dazugehört. Freut sich, wenn es Pokal-Sensationen gibt, wie die des Berliner AK, der vor einem Jahr 1899 Hoffenheim aus dem Wettbewerb warf. Leidet mit seiner Hertha jahrelang in der Zweitklassigkeit, obwohl es ihm als Kind nicht in den Kopf wollte, warum in allen europäischen Hauptstädten mehrere Klubs in der Erstklassigkeit spielen – nur in Deutschland nicht.

Eigene Karriere endet früh

Tawil garniert seine Betrachtungen des Fußballs mit einer Nüchternheit und Sachlichkeit. Seine eigenen Fähigkeiten schätzt er schonungslos offen ein. Beim SC Siemensstadt hat er bis zur B-Jugend gespielt. Als Verteidiger. Schnell sei er gewesen, einen guten Schuss habe er gehabt, die Freistöße habe er sogar ausführen dürfen. Aber: "Das Talent hat gefehlt."

Und dann kamen irgendwann die Mädels. Die Musik war sowieso schon immer da. Mit der Hertha hat er jedoch nie gebrochen. Den Ex-Berliner Sofian Chahed zählt er zu seinen besten Freunden. Und auch musikalisch wäre er fast mal für die Blau-Weißen angetreten. 2009 lief es richtig gut für die Hertha, das Team war Spitzenreiter, und Tawil erklärte sich bereit, die Meisterhymne zu singen. Doch sein Klub wurde nicht Meister, sein Auftritt fiel aus. Abgesehen davon, dass er zu der Aussage steht, hat ihm dieses Beispiel jedoch einmal mehr gezeigt, wie schwer es ist, den Fußball vorherzusagen. Aber das ist ja ganz in seinem Sinne.

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Adel Tawil lacht. Ob er ein Fußball-Experte sei? "Nein, nicht so richtig", sagt der Musiker. Das Geständnis fällt ihm nicht schwer. Denn damit bewahrt sich der Berliner etwas ganz Elementares. Er lässt sich bei den Spielen treiben, bleibt offen für Emotionen und anfällig für das Unvorhersagbare. Für den Fußball hat sich Tawil den strahlenden Blick und die großen Augen eines Kindes erhalten. Es ist ein Erbe, das er seit frühester Jugend pflegt. Wenn der 35-Jährige über Fußball spricht, kehrt er immer wieder gerne in die Vergangenheit zurück.

"Als Deutschland 1990 Weltmeister wurde, war ich in Tunesien", erzählt Tawil. "Die Leute dort haben das Finale zwar geguckt, aber waren dabei ziemlich unemotional. Doch ich war in meinem Deutschland-Trikot und mit meiner Deutschland–Fahne unterwegs. Ich bin nach dem Schlusspfiff auf die Straße gerannt." Er ließ sich mitreißen. "Die Spieler waren meine Helden."

Pokalfinale "immer etwas Besonderes für mich"

Respekt, beinahe Ehrfurcht spricht daher aus seinen Worten, wenn er über seine Heroen redet. Ihm bedeutet es etwas, Franz Beckenbauer einfach mal zu begegnen oder Rudi Völler im Stadion zu entdecken. Der Fußball ist für ihn eben ein anderes Metier als die Musik. Er beschreibt es so: "Als Musiker kommt es ja vor, dass man mal andere bekannte Musiker trifft. Ich war zum Beispiel auf einer Gala, auf der auch Elton John war. Aber für mich ist es immer noch etwas anderes, wenn der 'Kaiser' einem über den Weg läuft."

Auch deshalb ist das Finale um den DFB-Pokal etwas Besonderes für ihn. "Beim Endspiel sind sie alle dabei, das finde ich einmalig. Wenn ich die mal live sehe, ist das immer etwas Besonderes für mich", sagt Adel Tawil. So empfunden hatte er beispielsweise auch beim DFB-Bundestag 2010, als er in der Essener Philharmonie auftreten durfte. Nur ein paar Lieder, aber vor erlesenem Publikum. Es blieb hängen. "Alles, was Rang und Namen im deutschen Fußball hatte, war da", erinnert er sich. Er trug ein Deutschland-Trikot, sang "Vom selben Stern", Jogi Löw kam auf die Bühne und schenkte ihm einen Ball, "ein Erlebnis".

Zum dritten Mal dabei

Zweimal hatte er schon die Ehre in Berlin beim größten Spiel des Jahres. Heute ist er zum dritten Mal beim DFB-Pokalfinale dabei. Und gespannt. Bayern München gegen Borussia Dortmund – das wollte er sich nicht entgehen lassen. Seine Meinung zum Spiel: "Die Bayern sind schon Meister, insofern würde ich es den Dortmundern gönnen, den Pokal zu holen."

Vor allem aber hofft er auf das, was ihn am Fußball so fasziniert. Auf die Emotionen, die freigesetzt werden. "Fußball ist wie das Leben. In diesem Spiel steckt einfach alles drin. Von grenzenloser Freude bis zur puren Enttäuschung. Es gibt Situationen, in denen man unter großem Druck steht, es einem aber dennoch gelingt, sich zu befreien. Wie in einem guten Song. Eine tolle Geschichte, die jedes Mal neu geschrieben wird", sagt er.

Höhen und Tiefen eines Fans

Er denkt zurück an das Champions-League-Finale 1999. Die Bayern gegen ManUnited in Barcelona. "Diese Niederlage. In den letzten Sekunden. Bei diesem wichtigen Spiel. Das gibt’s nur im Fußball", sinniert er. "Und auf diese außergewöhnlichen Momente wartet man im Fußball – weil er sie auch regelmäßig bietet." So wie bei der Begegnung zwischen Dortmund und Real Madrid, als der BVB beinahe das 0:3 aus dem Hinspiel wettgemacht hätte. "Das habe ich leider verpasst. Da habe ich mich tierisch geärgert. Denn das ist schon großartig, wenn man so ein Spiel live sieht. Ich merke dann, wie der Puls hochgeht. Das Spiel nimmt einen ein. Man kann nicht mehr aufstehen, sich kein Bier mehr holen, weil man genau weiß, jede Sekunde kann das nächste große Ding passieren."

Das beinhaltet auch eine mögliche negative Wendung. "Ich weiß noch, ich habe geweint, als Deutschland 1986 das WM-Endspiel gegen Argentinien verloren hat. Das war ein absoluter Albtraum für mich. Ich war damals acht Jahre alt. Natürlich war Maradona ein sensationeller Fußballer. Aber ich konnte nur an meine Mannschaft denken", erzählt Tawil.

Fußball ist für ihn all inclusive. Emotionale Höhen und Tiefen. Tawil akzeptiert, dass das dazugehört. Freut sich, wenn es Pokal-Sensationen gibt, wie die des Berliner AK, der vor einem Jahr 1899 Hoffenheim aus dem Wettbewerb warf. Leidet mit seiner Hertha jahrelang in der Zweitklassigkeit, obwohl es ihm als Kind nicht in den Kopf wollte, warum in allen europäischen Hauptstädten mehrere Klubs in der Erstklassigkeit spielen – nur in Deutschland nicht.

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Eigene Karriere endet früh

Tawil garniert seine Betrachtungen des Fußballs mit einer Nüchternheit und Sachlichkeit. Seine eigenen Fähigkeiten schätzt er schonungslos offen ein. Beim SC Siemensstadt hat er bis zur B-Jugend gespielt. Als Verteidiger. Schnell sei er gewesen, einen guten Schuss habe er gehabt, die Freistöße habe er sogar ausführen dürfen. Aber: "Das Talent hat gefehlt."

Und dann kamen irgendwann die Mädels. Die Musik war sowieso schon immer da. Mit der Hertha hat er jedoch nie gebrochen. Den Ex-Berliner Sofian Chahed zählt er zu seinen besten Freunden. Und auch musikalisch wäre er fast mal für die Blau-Weißen angetreten. 2009 lief es richtig gut für die Hertha, das Team war Spitzenreiter, und Tawil erklärte sich bereit, die Meisterhymne zu singen. Doch sein Klub wurde nicht Meister, sein Auftritt fiel aus. Abgesehen davon, dass er zu der Aussage steht, hat ihm dieses Beispiel jedoch einmal mehr gezeigt, wie schwer es ist, den Fußball vorherzusagen. Aber das ist ja ganz in seinem Sinne.