50 Jahre Bundesliga: Spielzeit 2008/2009

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu gibt es auf DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 2008/2009.

Eigentlich gilt er nicht als ein Mann, der Emotionen zeigt. Aber als Felix Magath mit der Meisterschale in der Hand Abschied von den Fans nahm, da wollen Augenzeugen ein paar Tränchen gesehen haben. Und alle hörten seine Worte: "Ihr macht es mir schwer. Nirgendwo war es so schön wie hier!" Das will etwas heißen, Magath war schon fast überall, aber ein solches Fußball-Wunder wie 2009 in Wolfsburg hatte auch er noch nicht vollbracht.

Dagegen kamen weder der Aufstieg mit Nürnberg noch der Klassenverbleib mit Frankfurt oder Stuttgart und nicht einmal das Doppel-Double in München an. Magath und der VfL Wolfsburg schrieben in der 46. Saison Bundesligageschichte. Ab der Rückrunde.

Aufsteiger Hoffenheim wird Herbstmeister

Die Geschichte der Hinrunde schien einem Asterix-Comic entnommen. Die TSG Hoffenheim, ein finanzstarker Emporkömmling aus einem kleinen 3200-Einwohner-Dorf im Kraichgau, war nach zwei Aufstiegen in Folge auch in der Bundesliga nicht zu bremsen. Trainer Ralf Rangnick ließ in allen Stadien "auf Teufel-komm-raus" stürmen, und die Fachwelt musste sich an Namen wie Carlos Eduardo, Chinedu Obasi, Sejad Salihovic, Demba Ba oder Vedad Ibisevic gewöhnen, denn einer von ihnen stand jede Woche auf der Anzeigetafel - als Torschütze.

Hoffenheims Kombinationsfußball verblüffte die versiertesten Taktik-Gurus, und mit jedem Sieg wurde die Brust breiter. Als es am 16. Spieltag zum vor der Saison unvorstellbarsten aller Spitzenspiele kam, sagte Rangnick der versammelten Weltpresse, die in Hoffenheim eingefallen war, keck: "Wenn Sie flotte Sprüche hören wollen, müssen Sie nach München fahren. Wenn Sie flotten Fußball sehen wollen, sind Sie in Hoffenheim richtig."

Das galt auch trotz der 1:2-Auswärtsniederlage bei den Bayern, und eine Woche später war die TSG als zweiter Aufsteiger überhaupt Herbstmeister. Dann jedoch riss sich Torjäger Vedad Ibisevic (18 Treffer in 17 Spielen ) im Trainingslager das Kreuzband, und das Herbstmärchen aus dem Kraichgau fand kein Happy End im Sommer. Hoffenheim stürzte tiefer als jeder Herbstmeister und wurde dennoch beachtlicher Siebter.

Klinsmann reformiert Bayern - und scheitert

Aber auch die Bayern hatten nichts zu feiern im Sommer 2009, obwohl sie einen Trainer geholt hatten, der für das Sommermärchen des deutschen Fußballs stand: Jürgen Klinsmann, von 2004 bis 2006 Bundestrainer, drehte nun an der Säbener Straße jeden Stein um. Nie gaben die Bayern auf Wunsch eines Trainers mehr Geld für Infrastruktur aus als in der neunmonatigen Klinsmann-Ära. Aber auf dem ersten Platz waren sie nie, und als im April 2009 sämtliche Titelträume platzten, setzten sie dem Reformer aus Huntington Beach in Florida den Stuhl vor die Tür.

Eine Szene steht für diese Saison und deren Verlauf: das Solo des im August noch völlig unbekannten Wolfsburgers Grafite am 26. Spieltag, das er mit einem tolldreisten Hackentrick abschloss. Bayern verlor in Wolfsburg 1:5, es war wegweisend für beide Mannschaften. Auch wenn Magath noch bis zum 31. Spieltag alle Meisterschaftsambitionen von sich wies - seine Mannschaft strafte ihn Woche für Woche Lügen.

Grafite und Dzeko schießen 54 Tore

So sensationell wie die Hoffenheimer Vorrunde war die Wolfsburger Rückrunde, in die der VfL als Neunter ging. Dann machten sich das oft belächelte Magathsche Konditionstraining im Winter und seine Einkaufspolitik bezahlt. Das in Europa namenlose Stürmer-Duo Grafite/Dzeko schoss sagenhafte 54 Tore - Bundesligarekord. Das Team reihte zehn Siege aneinander, auch das ein Rekord für eine Saison, und es holte 43 Rückrundenpunkte.

Dennoch war es eine enge Entscheidung: Nach dem 32. Spieltag träumten noch vier Mannschaften vom Titel, überraschend hielten auch Hertha BSC und der HSV lange mit. Aber Wolfsburg gab sich keine Blöße mehr und wurde nach einem 5:1 über Werder Bremen, das sich eine Auszeit von Europa nahm, Meister. Und Magath beherzigte einen Sinnspruch. Er ging, als es am schönsten wahr - Schalke 04 wollte endlich wieder bessere Zeiten erleben und holte sich den Trainer des Jahrzehnts.

Arminia Bielefeld sorgte im Abstiegskampf für ein Novum und holte nach dem 33. Spieltag den Trainer mit dem Retterimage: Aber Jörg Berger konnte nicht zaubern, Arminia stieg ab - wie auch der KSC und der letzte Ost-Vertreter Energie Cottbus, das in der nach 18 Jahren wieder eingeführten Relegation Nürnberg unterlag.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 46. BUNDESLIGASAISON

Tore: 894 (2,92 pro Spiel)
Torschützenkönig: Grafite (VfL Wolfsburg) 28
Zuschauer: 12.822.484 (41.904 pro Spiel) - Rekord
Meister: VfL Wolfsburg
Absteiger: Energie Cottbus, Karlsruher SC, Arminia Bielefeld
Aufsteiger: SC Freiburg, FSV Mainz 05, 1. FC Nürnberg
Trainerentlassungen: 5
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Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu gibt es auf DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 2008/2009.

Eigentlich gilt er nicht als ein Mann, der Emotionen zeigt. Aber als Felix Magath mit der Meisterschale in der Hand Abschied von den Fans nahm, da wollen Augenzeugen ein paar Tränchen gesehen haben. Und alle hörten seine Worte: "Ihr macht es mir schwer. Nirgendwo war es so schön wie hier!" Das will etwas heißen, Magath war schon fast überall, aber ein solches Fußball-Wunder wie 2009 in Wolfsburg hatte auch er noch nicht vollbracht.

Dagegen kamen weder der Aufstieg mit Nürnberg noch der Klassenverbleib mit Frankfurt oder Stuttgart und nicht einmal das Doppel-Double in München an. Magath und der VfL Wolfsburg schrieben in der 46. Saison Bundesligageschichte. Ab der Rückrunde.

Aufsteiger Hoffenheim wird Herbstmeister

Die Geschichte der Hinrunde schien einem Asterix-Comic entnommen. Die TSG Hoffenheim, ein finanzstarker Emporkömmling aus einem kleinen 3200-Einwohner-Dorf im Kraichgau, war nach zwei Aufstiegen in Folge auch in der Bundesliga nicht zu bremsen. Trainer Ralf Rangnick ließ in allen Stadien "auf Teufel-komm-raus" stürmen, und die Fachwelt musste sich an Namen wie Carlos Eduardo, Chinedu Obasi, Sejad Salihovic, Demba Ba oder Vedad Ibisevic gewöhnen, denn einer von ihnen stand jede Woche auf der Anzeigetafel - als Torschütze.

Hoffenheims Kombinationsfußball verblüffte die versiertesten Taktik-Gurus, und mit jedem Sieg wurde die Brust breiter. Als es am 16. Spieltag zum vor der Saison unvorstellbarsten aller Spitzenspiele kam, sagte Rangnick der versammelten Weltpresse, die in Hoffenheim eingefallen war, keck: "Wenn Sie flotte Sprüche hören wollen, müssen Sie nach München fahren. Wenn Sie flotten Fußball sehen wollen, sind Sie in Hoffenheim richtig."

Das galt auch trotz der 1:2-Auswärtsniederlage bei den Bayern, und eine Woche später war die TSG als zweiter Aufsteiger überhaupt Herbstmeister. Dann jedoch riss sich Torjäger Vedad Ibisevic (18 Treffer in 17 Spielen ) im Trainingslager das Kreuzband, und das Herbstmärchen aus dem Kraichgau fand kein Happy End im Sommer. Hoffenheim stürzte tiefer als jeder Herbstmeister und wurde dennoch beachtlicher Siebter.

Klinsmann reformiert Bayern - und scheitert

Aber auch die Bayern hatten nichts zu feiern im Sommer 2009, obwohl sie einen Trainer geholt hatten, der für das Sommermärchen des deutschen Fußballs stand: Jürgen Klinsmann, von 2004 bis 2006 Bundestrainer, drehte nun an der Säbener Straße jeden Stein um. Nie gaben die Bayern auf Wunsch eines Trainers mehr Geld für Infrastruktur aus als in der neunmonatigen Klinsmann-Ära. Aber auf dem ersten Platz waren sie nie, und als im April 2009 sämtliche Titelträume platzten, setzten sie dem Reformer aus Huntington Beach in Florida den Stuhl vor die Tür.

Eine Szene steht für diese Saison und deren Verlauf: das Solo des im August noch völlig unbekannten Wolfsburgers Grafite am 26. Spieltag, das er mit einem tolldreisten Hackentrick abschloss. Bayern verlor in Wolfsburg 1:5, es war wegweisend für beide Mannschaften. Auch wenn Magath noch bis zum 31. Spieltag alle Meisterschaftsambitionen von sich wies - seine Mannschaft strafte ihn Woche für Woche Lügen.

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Grafite und Dzeko schießen 54 Tore

So sensationell wie die Hoffenheimer Vorrunde war die Wolfsburger Rückrunde, in die der VfL als Neunter ging. Dann machten sich das oft belächelte Magathsche Konditionstraining im Winter und seine Einkaufspolitik bezahlt. Das in Europa namenlose Stürmer-Duo Grafite/Dzeko schoss sagenhafte 54 Tore - Bundesligarekord. Das Team reihte zehn Siege aneinander, auch das ein Rekord für eine Saison, und es holte 43 Rückrundenpunkte.

Dennoch war es eine enge Entscheidung: Nach dem 32. Spieltag träumten noch vier Mannschaften vom Titel, überraschend hielten auch Hertha BSC und der HSV lange mit. Aber Wolfsburg gab sich keine Blöße mehr und wurde nach einem 5:1 über Werder Bremen, das sich eine Auszeit von Europa nahm, Meister. Und Magath beherzigte einen Sinnspruch. Er ging, als es am schönsten wahr - Schalke 04 wollte endlich wieder bessere Zeiten erleben und holte sich den Trainer des Jahrzehnts.

Arminia Bielefeld sorgte im Abstiegskampf für ein Novum und holte nach dem 33. Spieltag den Trainer mit dem Retterimage: Aber Jörg Berger konnte nicht zaubern, Arminia stieg ab - wie auch der KSC und der letzte Ost-Vertreter Energie Cottbus, das in der nach 18 Jahren wieder eingeführten Relegation Nürnberg unterlag.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 46. BUNDESLIGASAISON

Tore: 894 (2,92 pro Spiel)
Torschützenkönig: Grafite (VfL Wolfsburg) 28
Zuschauer: 12.822.484 (41.904 pro Spiel) - Rekord
Meister: VfL Wolfsburg
Absteiger: Energie Cottbus, Karlsruher SC, Arminia Bielefeld
Aufsteiger: SC Freiburg, FSV Mainz 05, 1. FC Nürnberg
Trainerentlassungen: 5