50 Jahre Bundesliga: Spielzeit 1995/1996

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1995/1996.

Das Jahr der Zäsuren endete tränenreich. Im Sommer 1995 begann in der Bundesliga eine neue Punktrechnung, für Siege gab es fortan drei Zähler, Unentschieden verloren wesentlich an Bedeutung. Das schienen nicht alle begriffen zu haben, der Versuch das Spiel attraktiver zu machen, ging zunächst nach hinten los. Es gab jedenfalls 25 Prozent mehr Punkteteilungen als im Vorjahr, und der 1. FC Kaiserslautern stellte gar einen Remis-Rekord auf (18-mal).

Lautern und Frankfurt: Zwei Gründungsmitglieder steigen ab

Die offenkundige Ignoranz der neuen Spielregeln wurde mit dem Abstieg bestraft. Es war der erste der Pfälzer überhaupt, und so vergoss Andreas Brehme nach dem 1:1 im Abstiegsfinale gegen verunsicherte Leverkusener am 18. Mai 1996 im Fernsehstudio bittere Tränen an der Schulter von Rudi Völler. Zwei Weltmeister vereint in Freud und Leid, es war eine der rührendsten Szenen der Bundesligahistorie. Acht Minuten vor Schluss hatte Leverkusens Markus Münch mit seinem satten Schuss die Lauterer Hoffnungen zerstört.

Mit den Pfälzern verabschiedete sich auch Eintracht Frankfurt, ohne Auswärtssieg. Zwei Gründungsmitglieder auf einen Schlag, das Dino-Sterben war ein großes Thema dieser Saison. Um ein Haar hätte es auch den 1. FC Köln erwischt, der sich erst am letzten Spieltag in Rostock rettete. Mit den Kölnern und dem HSV blieben nach dieser Saison nur noch zwei Gründungsmitglieder übrig, die seit 24. August 1963 keinen Spieltag verpasst hatten.

Bayern: Rehhagel startet mit Rekord und wird später entlassen

Auch Otto Rehhagel war fast immer dabei gewesen, nannte sich mit Recht ein Kind der Bundesliga. Vierzehneinhalb Jahre hatte er allein in Bremen auf der Bank verbracht, dann entschied er sich zu seiner ganz persönlichen Zäsur - und ging zu den Bayern. Dass er dort nicht hinpasste, musste er vorher überall hören und lesen, aber Rehhagel wagte den Sprung ins Haifischbecken dennoch.

Er startete mit einem Bundesligarekord von sieben Siegen, aber sein Starensemble um den aus England zurückgekehrten Nationalmannschaftskapitän Jürgen Klinsmann und dessen Antipoden, Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, war sein schwerster Gegner. Öffentliche Kritik von Spielern (Scholl: "Wir spielen jetzt schon acht Wochen und haben immer noch keine Taktik") und Vorstand zermürbten Rehhagel. Nach der dritten Heimniederlage der Saison, einem 0:1 gegen Hansa Rostock, wurde er entlassen.

Dabei hatte Bayern gerade das UEFA-Cup-Finale erreicht. Das gewannen sie dann schon unter dem erneut einspringenden Franz Beckenbauer, dem ersten Trainer-Präsidenten der Ligahistorie - 1994 war er ja noch Vizepräsident gewesen. Den Hauptauftrag, Meister zu werden, konnte auch der Kaiser nicht erfüllen. Borussia Dortmund schaffte, was seit 1983 keiner mehr geschafft hatte: den Titel zu verteidigen und nicht Bayern München zu heißen. Ausgerechnet in München, beim TSV 1860, machten die Borussen am 33. Spieltag alles perfekt.

Das Jahr des Bosman-Urteils - die Ablösesummen fallen

Tief im Westen war den Bayern plötzlich wieder ein Konkurrent erwachsen, der mehr als ein "One-Hit-Wonder" zu sein schien. Wie sehr die Bayern die neue Gefahr fürchteten, zeigten die mehr oder weniger ernst gemeinten Abwerbungsversuche der BVB-Stars Matthias Sammer, Steffen Freund und Stefan Reuter. Alle blieben letztlich beim BVB, verdienten aber plötzlich wesentlich besser. Vielleicht hatten die Bayern auch nur die Zeichen der Zeit erkannt.

Denn 1995/1996 war auch die Saison, in der eine neue Zeitrechnung im Profifußball begann. Es war das Ende der Ablösesummen, es war das Bosman-Jahr. Der Belgier Jean-Marc Bosman erwirkte im Dezember vor dem EU-Gerichtshof, das bestehende Transferrecht in Europa zu kippen. Künftig entfielen Ablösesummen nach auslaufenden Verträgen, und auch die Ausländerbeschränkung für Spieler aus EU-Ländern fiel. Ein Urteil, das Experten schon lange vorhergesehen hatten. Als es plötzlich da war, war die Fußballwelt wie vor den Kopf geschlagen. Die Sieger waren die Spieler und deren Berater, in deren Taschen die nunmehr entfallenden Ablösesummen flossen.

Nur gut, dass wenigstens der Boom anhielt. Die Schatzmeister meldeten ein weiteres Rekordjahr, und als die Nationalmannschaft im Sommer 1996 Europameister wurde, gab es kaum Zweifel daran, dass es noch weiter bergauf gehen würde mit dem Premiumprodukt Bundesliga.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 33. BUNDESLIGASAISON

Tore: 831 (2,72 pro Spiel)
Torschützenkönige:Fredi Bobic (VfB Stuttgart) 17
Zuschauer: 8.906.792 (29.107 pro Spiel) - Rekordschnitt
Meister: Borussia Dortmund
Absteiger: 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt, KFC Uerdingen
Aufsteiger: VfL Bochum, Arminia Bielefeld, MSV Duisburg
Trainerentlassungen:9
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Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1995/1996.

Das Jahr der Zäsuren endete tränenreich. Im Sommer 1995 begann in der Bundesliga eine neue Punktrechnung, für Siege gab es fortan drei Zähler, Unentschieden verloren wesentlich an Bedeutung. Das schienen nicht alle begriffen zu haben, der Versuch das Spiel attraktiver zu machen, ging zunächst nach hinten los. Es gab jedenfalls 25 Prozent mehr Punkteteilungen als im Vorjahr, und der 1. FC Kaiserslautern stellte gar einen Remis-Rekord auf (18-mal).

Lautern und Frankfurt: Zwei Gründungsmitglieder steigen ab

Die offenkundige Ignoranz der neuen Spielregeln wurde mit dem Abstieg bestraft. Es war der erste der Pfälzer überhaupt, und so vergoss Andreas Brehme nach dem 1:1 im Abstiegsfinale gegen verunsicherte Leverkusener am 18. Mai 1996 im Fernsehstudio bittere Tränen an der Schulter von Rudi Völler. Zwei Weltmeister vereint in Freud und Leid, es war eine der rührendsten Szenen der Bundesligahistorie. Acht Minuten vor Schluss hatte Leverkusens Markus Münch mit seinem satten Schuss die Lauterer Hoffnungen zerstört.

Mit den Pfälzern verabschiedete sich auch Eintracht Frankfurt, ohne Auswärtssieg. Zwei Gründungsmitglieder auf einen Schlag, das Dino-Sterben war ein großes Thema dieser Saison. Um ein Haar hätte es auch den 1. FC Köln erwischt, der sich erst am letzten Spieltag in Rostock rettete. Mit den Kölnern und dem HSV blieben nach dieser Saison nur noch zwei Gründungsmitglieder übrig, die seit 24. August 1963 keinen Spieltag verpasst hatten.

Bayern: Rehhagel startet mit Rekord und wird später entlassen

Auch Otto Rehhagel war fast immer dabei gewesen, nannte sich mit Recht ein Kind der Bundesliga. Vierzehneinhalb Jahre hatte er allein in Bremen auf der Bank verbracht, dann entschied er sich zu seiner ganz persönlichen Zäsur - und ging zu den Bayern. Dass er dort nicht hinpasste, musste er vorher überall hören und lesen, aber Rehhagel wagte den Sprung ins Haifischbecken dennoch.

Er startete mit einem Bundesligarekord von sieben Siegen, aber sein Starensemble um den aus England zurückgekehrten Nationalmannschaftskapitän Jürgen Klinsmann und dessen Antipoden, Rekordnationalspieler Lothar Matthäus, war sein schwerster Gegner. Öffentliche Kritik von Spielern (Scholl: "Wir spielen jetzt schon acht Wochen und haben immer noch keine Taktik") und Vorstand zermürbten Rehhagel. Nach der dritten Heimniederlage der Saison, einem 0:1 gegen Hansa Rostock, wurde er entlassen.

Dabei hatte Bayern gerade das UEFA-Cup-Finale erreicht. Das gewannen sie dann schon unter dem erneut einspringenden Franz Beckenbauer, dem ersten Trainer-Präsidenten der Ligahistorie - 1994 war er ja noch Vizepräsident gewesen. Den Hauptauftrag, Meister zu werden, konnte auch der Kaiser nicht erfüllen. Borussia Dortmund schaffte, was seit 1983 keiner mehr geschafft hatte: den Titel zu verteidigen und nicht Bayern München zu heißen. Ausgerechnet in München, beim TSV 1860, machten die Borussen am 33. Spieltag alles perfekt.

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Das Jahr des Bosman-Urteils - die Ablösesummen fallen

Tief im Westen war den Bayern plötzlich wieder ein Konkurrent erwachsen, der mehr als ein "One-Hit-Wonder" zu sein schien. Wie sehr die Bayern die neue Gefahr fürchteten, zeigten die mehr oder weniger ernst gemeinten Abwerbungsversuche der BVB-Stars Matthias Sammer, Steffen Freund und Stefan Reuter. Alle blieben letztlich beim BVB, verdienten aber plötzlich wesentlich besser. Vielleicht hatten die Bayern auch nur die Zeichen der Zeit erkannt.

Denn 1995/1996 war auch die Saison, in der eine neue Zeitrechnung im Profifußball begann. Es war das Ende der Ablösesummen, es war das Bosman-Jahr. Der Belgier Jean-Marc Bosman erwirkte im Dezember vor dem EU-Gerichtshof, das bestehende Transferrecht in Europa zu kippen. Künftig entfielen Ablösesummen nach auslaufenden Verträgen, und auch die Ausländerbeschränkung für Spieler aus EU-Ländern fiel. Ein Urteil, das Experten schon lange vorhergesehen hatten. Als es plötzlich da war, war die Fußballwelt wie vor den Kopf geschlagen. Die Sieger waren die Spieler und deren Berater, in deren Taschen die nunmehr entfallenden Ablösesummen flossen.

Nur gut, dass wenigstens der Boom anhielt. Die Schatzmeister meldeten ein weiteres Rekordjahr, und als die Nationalmannschaft im Sommer 1996 Europameister wurde, gab es kaum Zweifel daran, dass es noch weiter bergauf gehen würde mit dem Premiumprodukt Bundesliga.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 33. BUNDESLIGASAISON

Tore: 831 (2,72 pro Spiel)
Torschützenkönige:Fredi Bobic (VfB Stuttgart) 17
Zuschauer: 8.906.792 (29.107 pro Spiel) - Rekordschnitt
Meister: Borussia Dortmund
Absteiger: 1. FC Kaiserslautern, Eintracht Frankfurt, KFC Uerdingen
Aufsteiger: VfL Bochum, Arminia Bielefeld, MSV Duisburg
Trainerentlassungen:9