50 Jahre Bundesliga: Die Spielzeit 2003/2004

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu gibt es auf DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 2003/2004.

Als die Überflieger der Saison wieder Bodenhaftung hatten, griff der Trainer des Jahres zur Kamera. Den Moment galt es festzuhalten, da 20.000 Fans den SV Werder Bremen am Abend des 8. Mai 2004 auf dem Flughafen empfingen. Es war schon die vierte Meisterschaft der Hanseaten, aber diesmal übertraf die Begeisterung alles, passend zum Boom um die Bundesliga.

"Werder-Dösis" ziehen aus Blamage Kraft und Ansporn

Filmreif wie diese Szenen bei der Landung, die Thomas Schaaf aus dem Cockpit festhielt, während er die Werder-Fahne schwenkte, war die ganze Saison der Bremer. Sie begann mit einer Blamage, aus der sie Kraft und Ansporn zogen. Gegen den kleinen SV Pasching aus Österreich hatten sie im UI-Cup eine 0:4-Schlappe kassiert und den UEFA-Cup verpasst. Der Spott über die "Werder-Dösis" trieb sie zu Höchstleistungen.

Die Mannschaft um den ebenso exzentrischen wie genialen französischen Spielmacher Johan Micoud und den brasilianischen "Kugelblitz" Ailton dominierte die Liga in einer Art, die man in jenen Jahren nur den Bayern zugetraut hatte. Schon bis dahin stets unter den ersten Vier, übernahm Werder am 16. Spieltag die Tabellenspitze und gab sie nicht mehr ab. Bis zum Tag ihrer Meisterkrönung, die - wie von einem guten Regisseur erdacht - im Münchner Olympiastadion beim Titelverteidiger vonstatten ging, blieben sie 23 Spiele ungeschlagen.

Die damals viertlängste Serie in der Bundesliga war ein stolzer Vereinsrekord, den die Öffentlichkeit nicht zu Unrecht den Verantwortlichen zubilligte: Manager Klaus Allofs und Trainer Thomas Schaaf. "Dieses Duo ist das Beste, was die Fußballbranche derzeit hergibt", würdigte die DFL in ihrem Jahrbuch die Macher. Und die Konkurrenz beneidete den SV Werder Bremen um seine Tugenden: Kontinuität - Schaaf und Allofs waren schon im fünften Jahr am Ruder (und sind es heute noch) -, Bescheidenheit und Cleverness. Und die Kunst, aus wenig viel zu machen.

Magath löst Hitzfeld in München ab

Nur 5,4 Millionen Euro gaben die Bremer vor der Saison aus - Titelverteidiger FC Bayern investierte allein in Stürmerstar Roy Makaay mehr als das Dreifache. Aber nicht immer lässt sich Erfolg kaufen. Und während Werder sogar das Double gewann, gingen die Bayern gänzlich leer aus. 2002 hatte Ottmar Hitzfeld ein solches Resultat noch überstanden, nun aber war die Geduld der Bayern zu Ende. Manager Uli Hoeneß sagte: "Ich habe meine kritischen Gedanken, was die Zusammenarbeit von Hitzfeld mit der Mannschaft betrifft."

Die Superstars brauchten eine harte Hand, glaubten sie in München. Zum Saisonende lösten sie den Vertrag mit dem bis dato sechsmaligen Meistertrainer auf und holten den in Stuttgart überaus erfolgreichen Felix Magath. Er war immerhin ins Achtelfinale der Champions League gelangt, die er 2004 nur um einen Punkt verpasste. Dafür hatte sich Bayer Leverkusen unter Klaus Augenthaler wieder berappelt und Platz drei erreicht.

Die Sensation der 41. Saison war jedoch der VfL Bochum, den Trainer Peter Neururer im angeblich so schweren zweiten Jahr nach dem Aufstieg in den UEFA-Cup führte. Borussia Dortmund schaffte selbst das nicht mehr und stand plötzlich vor großen wirtschaftlichen Problemen: Die Stadionmiete von jährlich 17 Millionen Euro trieb den Klub an den Rand der Insolvenz, die Angestellten inklusive der Profis verzichteten auf 20 Prozent ihrer Gehälter.

14 Trainerentlassungen - neuer Rekord

Auch dem 1. FC Kaiserslautern wuchsen die Stadionkosten über den Kopf, und Verstöße im Lizenzierungsverfahren kosteten die Pfälzer drei Punkte Abzug. Indizien für das Ende der Goldgräberzeit, die der Vorfreude auf die WM 2006 entgegenliefen. Überall in den WM-Standorten entstanden modernere, größere Stadien. Hertha BSC verbrachte die ganze Saison auf einer Großbaustelle, die den passenden Rahmen für die sportliche Tristesse bildete. Trainer Huub Stevens musste ein Ultimatum über sich ergehen lassen, das er überstand, um dann doch kurz darauf gehen zu müssen. Senior Hans Meyer erhielt der Hauptstadt die Bundesliga.

Stevens war nur einer von vielen Fällen, in denen Trainer entlassen wurden. Nie mussten mehr gehen, und nur selten geschah es auf die feine Tour. Falko Götz etwa erfuhr von seiner Entlassung bei 1860 München von Journalisten, die ihn damit auf der Pressekonferenz konfrontierten. Das war ebenso wenig bundesligareif wie die sportliche Leistung der "Löwen", die nach zehn Jahren abstiegen. Dass eine Ära enden würde, ahnte da noch keiner. Bis heute sind sie nicht wieder gekommen.

Auf internationalem Parkett machte die Bundesliga in einem weiteren Zuschauer-Boomjahr keine gute Figur. Nur der FC Bayern und Stuttgart kamen noch über den Winter, scheiterten aber im Achtelfinale. Die Nationalmannschaft flog bei der EM 2004 in Portugal in der Vorrunde raus, Teamchef Rudi Völler trat zurück. Kleiner Trost für die deutsche Fan-Seele: Europameister wurde Griechenland mit Trainer Otto Rehhagel - einem Kind der Bundesliga.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 41. BUNDESLIGASAISON

Tore: 909 (2,97 pro Spiel)
Torschützenkönig: Ailton (Werder Bremen) 28
Zuschauer: 10.724.586 (35.048 pro Spiel) - Rekord
Meister: Werder Bremen
Absteiger: 1860 München, Eintracht Frankfurt, 1. FC Köln
Aufsteiger: Arminia Bielefeld, 1. FC Nürnberg, Mainz 05
Trainerentlassungen: 14 - Rekord
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Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu gibt es auf DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 2003/2004.

Als die Überflieger der Saison wieder Bodenhaftung hatten, griff der Trainer des Jahres zur Kamera. Den Moment galt es festzuhalten, da 20.000 Fans den SV Werder Bremen am Abend des 8. Mai 2004 auf dem Flughafen empfingen. Es war schon die vierte Meisterschaft der Hanseaten, aber diesmal übertraf die Begeisterung alles, passend zum Boom um die Bundesliga.

"Werder-Dösis" ziehen aus Blamage Kraft und Ansporn

Filmreif wie diese Szenen bei der Landung, die Thomas Schaaf aus dem Cockpit festhielt, während er die Werder-Fahne schwenkte, war die ganze Saison der Bremer. Sie begann mit einer Blamage, aus der sie Kraft und Ansporn zogen. Gegen den kleinen SV Pasching aus Österreich hatten sie im UI-Cup eine 0:4-Schlappe kassiert und den UEFA-Cup verpasst. Der Spott über die "Werder-Dösis" trieb sie zu Höchstleistungen.

Die Mannschaft um den ebenso exzentrischen wie genialen französischen Spielmacher Johan Micoud und den brasilianischen "Kugelblitz" Ailton dominierte die Liga in einer Art, die man in jenen Jahren nur den Bayern zugetraut hatte. Schon bis dahin stets unter den ersten Vier, übernahm Werder am 16. Spieltag die Tabellenspitze und gab sie nicht mehr ab. Bis zum Tag ihrer Meisterkrönung, die - wie von einem guten Regisseur erdacht - im Münchner Olympiastadion beim Titelverteidiger vonstatten ging, blieben sie 23 Spiele ungeschlagen.

Die damals viertlängste Serie in der Bundesliga war ein stolzer Vereinsrekord, den die Öffentlichkeit nicht zu Unrecht den Verantwortlichen zubilligte: Manager Klaus Allofs und Trainer Thomas Schaaf. "Dieses Duo ist das Beste, was die Fußballbranche derzeit hergibt", würdigte die DFL in ihrem Jahrbuch die Macher. Und die Konkurrenz beneidete den SV Werder Bremen um seine Tugenden: Kontinuität - Schaaf und Allofs waren schon im fünften Jahr am Ruder (und sind es heute noch) -, Bescheidenheit und Cleverness. Und die Kunst, aus wenig viel zu machen.

Magath löst Hitzfeld in München ab

Nur 5,4 Millionen Euro gaben die Bremer vor der Saison aus - Titelverteidiger FC Bayern investierte allein in Stürmerstar Roy Makaay mehr als das Dreifache. Aber nicht immer lässt sich Erfolg kaufen. Und während Werder sogar das Double gewann, gingen die Bayern gänzlich leer aus. 2002 hatte Ottmar Hitzfeld ein solches Resultat noch überstanden, nun aber war die Geduld der Bayern zu Ende. Manager Uli Hoeneß sagte: "Ich habe meine kritischen Gedanken, was die Zusammenarbeit von Hitzfeld mit der Mannschaft betrifft."

Die Superstars brauchten eine harte Hand, glaubten sie in München. Zum Saisonende lösten sie den Vertrag mit dem bis dato sechsmaligen Meistertrainer auf und holten den in Stuttgart überaus erfolgreichen Felix Magath. Er war immerhin ins Achtelfinale der Champions League gelangt, die er 2004 nur um einen Punkt verpasste. Dafür hatte sich Bayer Leverkusen unter Klaus Augenthaler wieder berappelt und Platz drei erreicht.

Die Sensation der 41. Saison war jedoch der VfL Bochum, den Trainer Peter Neururer im angeblich so schweren zweiten Jahr nach dem Aufstieg in den UEFA-Cup führte. Borussia Dortmund schaffte selbst das nicht mehr und stand plötzlich vor großen wirtschaftlichen Problemen: Die Stadionmiete von jährlich 17 Millionen Euro trieb den Klub an den Rand der Insolvenz, die Angestellten inklusive der Profis verzichteten auf 20 Prozent ihrer Gehälter.

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14 Trainerentlassungen - neuer Rekord

Auch dem 1. FC Kaiserslautern wuchsen die Stadionkosten über den Kopf, und Verstöße im Lizenzierungsverfahren kosteten die Pfälzer drei Punkte Abzug. Indizien für das Ende der Goldgräberzeit, die der Vorfreude auf die WM 2006 entgegenliefen. Überall in den WM-Standorten entstanden modernere, größere Stadien. Hertha BSC verbrachte die ganze Saison auf einer Großbaustelle, die den passenden Rahmen für die sportliche Tristesse bildete. Trainer Huub Stevens musste ein Ultimatum über sich ergehen lassen, das er überstand, um dann doch kurz darauf gehen zu müssen. Senior Hans Meyer erhielt der Hauptstadt die Bundesliga.

Stevens war nur einer von vielen Fällen, in denen Trainer entlassen wurden. Nie mussten mehr gehen, und nur selten geschah es auf die feine Tour. Falko Götz etwa erfuhr von seiner Entlassung bei 1860 München von Journalisten, die ihn damit auf der Pressekonferenz konfrontierten. Das war ebenso wenig bundesligareif wie die sportliche Leistung der "Löwen", die nach zehn Jahren abstiegen. Dass eine Ära enden würde, ahnte da noch keiner. Bis heute sind sie nicht wieder gekommen.

Auf internationalem Parkett machte die Bundesliga in einem weiteren Zuschauer-Boomjahr keine gute Figur. Nur der FC Bayern und Stuttgart kamen noch über den Winter, scheiterten aber im Achtelfinale. Die Nationalmannschaft flog bei der EM 2004 in Portugal in der Vorrunde raus, Teamchef Rudi Völler trat zurück. Kleiner Trost für die deutsche Fan-Seele: Europameister wurde Griechenland mit Trainer Otto Rehhagel - einem Kind der Bundesliga.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 41. BUNDESLIGASAISON

Tore: 909 (2,97 pro Spiel)
Torschützenkönig: Ailton (Werder Bremen) 28
Zuschauer: 10.724.586 (35.048 pro Spiel) - Rekord
Meister: Werder Bremen
Absteiger: 1860 München, Eintracht Frankfurt, 1. FC Köln
Aufsteiger: Arminia Bielefeld, 1. FC Nürnberg, Mainz 05
Trainerentlassungen: 14 - Rekord