50 Jahre Bundesliga: Die Spielzeit 1988/1989

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1988/1989.

Nur kurz sonnten sich die Bremer auf dem Gipfel, ihr Meisterstück blieb Episode. Das machten die Bayern im Spieljahr nach der Heim-EM 1988 deutlich, das nach der kürzesten Sommerpause überhaupt schon am 23. Juli begann. Sie blieben in den ersten 23 Spiele ungeschlagen, scheinbar ein Rekord für die Ewigkeit – bis ihn Jupp Heynckes selbst überbot. 2010 hielt er mit Leverkusen noch eine Partie länger durch. Doch der entscheidende Unterschied: Mit den Bayern wurde der Jungtrainer 1989 Meister.

Daum attackiert Bayern und Heynckes

Fünf Punkte Vorsprung gaukeln Langeweile vor, doch dem war gewiss nicht so. Wieder war den Münchnern ein neuer Rivale erwachsen, und dessen junger Trainer sorgte schon dafür, dass das Titelrennen 1988/1989 spannend blieb und bis heute nicht vergessen worden ist. War es sonst eher Bayern-Art, den Widerpart zu verunsichern und zu sticheln, so nahm Christoph Daum im Sinne seines 1. FC Köln diese Rolle im Frühjahr 1989 ein.

Einige sehr provokative Äußerungen über den Kollegen Heynckes führten am 19. Mai im ZDF-Sportstudio zu einem legendären Showdown zwischen Kölnern und Bayern. Wer das Wortgefecht gewann, ließ sich schwer sagen. Christoph Daum und Uli Hoeneß, der quasi als Heynckes’ Anwalt agierte, schenkten sich nichts, es war beste Samstagabend-Unterhaltung.

Hoeneß-Prophezeiung wird Wirklichkeit

Aber sicher ist: Hoeneß bekam Recht. Prophezeite er Daum doch: "Am Donnerstag wird dein Weg zu Ende sein, mein lieber Freund." Das bezog er natürlich nur auf das Titelrennen, das die Bayern im Müngersdorfer Stadion an diesem 31. Spieltag für sich entschieden. Im wohl bedeutendsten Bayern-Spiel in der Karriere von Roland Wohlfarth siegten die Gäste 3:1, der Mittelstürmer schoss alle Tore.

Im folgenden Heimspiel gegen Uerdingen machten die Bayern, mittlerweile schon Rekordmeister, beim 5:0 ihren elften Titel perfekt. Wer wie der FCB zu Hause ungeschlagen bleibt und dabei nur drei Punkte abgibt und wer zudem insgesamt nur 26 Tore kassiert, der hat wahrlich meisterliche Qualitätsmerkmale.

Eine starke Saison spielten auch die Bremer, der HSV und der VfB Stuttgart. Die Schwaben führten in der Hinrunde kurz die Tabelle an und erreichten das UEFA-Cup-Finale, wo sie aber ebenso an Diego Maradonas SSC Neapel scheiterten wie im Halbfinale die Bayern.

Bremen "verkauft" Heimspiel an einen Sponsor

Charakteristisch für die letzte Saison vor Überwindung der Teilung Deutschlands waren die Zukunftssorgen der Bundesliga. Die Zuschauerzahlen stürzten erneut unter die 18.000er-Marke, es gab allerlei Initiativen. Manche regten die Verkleinerung der Bundesliga auf 16 Vereine an, andere einen neuen Modus.

Und es gab mehr oder weniger pfiffige Ideen. Während Uli Hoeneß für seinen Vorschlag, bei einem Sieg unter 3:0 gegen Stuttgarter Kickers den Eintritt zurückzuzahlen, viel Kritik einsteckte und einen Rückzieher machen musste, machte Kollege Willi Lemke ein sattes Geschäft - Werder Bremen verkaufte im März als erster Verein ein Heimspiel an einen Sponsor.

Autohersteller Citroen bezahlte 120.000 Mark, verscherbelte die Tickets zum Dumping-Preis (drei Mark pro Stehplatz, acht pro Sitzplatz) und nutzte die einmalige Chance, gegen Waldhof Mannheim ungehemmt und exklusiv im Stadion erscheinen zu können. 37.204 Zuschauer kamen so zum ersten völlig legal verkauften Bundesligaspiel. Saisonrekord gegen den Tabellenletzten. Lemke: "12.000 Zuschauer kommen normalerweise gegen Waldhof, das macht rund 70.000 Mark netto. Also haben wir jetzt zusätzlich 50.000 DM verdient." Die Idee erhielt sogar aus München Beifall, blieb aber ein Einzelfall.

Zuschauereinwirkung sorgt für Spielwiederholung

Auf ein anderes Novum hätte die Bundesliga gut und gern verzichten können: Wegen eines Feuerzeugwurfs an den Kopf des Gladbachers Christian Hochstätter in Karlsruhe musste erstmals ein Spiel auf Grund von Zuschauereinwirkungen wiederholt werden. Bisher war das nur Gevatter Nebel gelungen.

Ein Novum fand ein schnelles Ende: Stuttgart hatte 1988/1989 zwei Bundesligisten, doch die Kickers verabschiedeten sich trotz eines 2:0-Sieges gegen die Bayern gleich wieder. Mit ihnen erwischte es Hannover 96, das ebenfalls den Gang in Liga zwei antreten musste.

Eintracht Frankfurt dagegen kam mit dem Schrecken davon und hatte in der Relegation – gegen Saarbrücken – erneut das bessere Ende für sich hatte. Dabei schossen die Hessen nur 30 Tore und führten die Schar der Offensivverweigerer an, aus noch immer ungeklärten Gründen fielen satte 110 Tore weniger als im Vorjahr. Und es sollte noch schlimmer kommen.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 26. BUNDESLIGASAISON

Tore: 852 (2,78 pro Spiel) - Minusrekord
Torschützenkönig: Thomas Allofs (1. FC Köln) und Roland Wohlfarth (Bayern) je 17 - Minusrekord
Zuschauer: 5.495.457 (17.959 pro Spiel)
Meister: Bayern München
Absteiger: Hannover 96, Stuttgarter Kickers
Aufsteiger: FC Homburg, Fortuna Düsseldorf
Trainerentlassungen: 8
[um]


[bild1]

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu startet DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute: die Saison 1988/1989.

Nur kurz sonnten sich die Bremer auf dem Gipfel, ihr Meisterstück blieb Episode. Das machten die Bayern im Spieljahr nach der Heim-EM 1988 deutlich, das nach der kürzesten Sommerpause überhaupt schon am 23. Juli begann. Sie blieben in den ersten 23 Spiele ungeschlagen, scheinbar ein Rekord für die Ewigkeit – bis ihn Jupp Heynckes selbst überbot. 2010 hielt er mit Leverkusen noch eine Partie länger durch. Doch der entscheidende Unterschied: Mit den Bayern wurde der Jungtrainer 1989 Meister.

Daum attackiert Bayern und Heynckes

Fünf Punkte Vorsprung gaukeln Langeweile vor, doch dem war gewiss nicht so. Wieder war den Münchnern ein neuer Rivale erwachsen, und dessen junger Trainer sorgte schon dafür, dass das Titelrennen 1988/1989 spannend blieb und bis heute nicht vergessen worden ist. War es sonst eher Bayern-Art, den Widerpart zu verunsichern und zu sticheln, so nahm Christoph Daum im Sinne seines 1. FC Köln diese Rolle im Frühjahr 1989 ein.

Einige sehr provokative Äußerungen über den Kollegen Heynckes führten am 19. Mai im ZDF-Sportstudio zu einem legendären Showdown zwischen Kölnern und Bayern. Wer das Wortgefecht gewann, ließ sich schwer sagen. Christoph Daum und Uli Hoeneß, der quasi als Heynckes’ Anwalt agierte, schenkten sich nichts, es war beste Samstagabend-Unterhaltung.

Hoeneß-Prophezeiung wird Wirklichkeit

Aber sicher ist: Hoeneß bekam Recht. Prophezeite er Daum doch: "Am Donnerstag wird dein Weg zu Ende sein, mein lieber Freund." Das bezog er natürlich nur auf das Titelrennen, das die Bayern im Müngersdorfer Stadion an diesem 31. Spieltag für sich entschieden. Im wohl bedeutendsten Bayern-Spiel in der Karriere von Roland Wohlfarth siegten die Gäste 3:1, der Mittelstürmer schoss alle Tore.

Im folgenden Heimspiel gegen Uerdingen machten die Bayern, mittlerweile schon Rekordmeister, beim 5:0 ihren elften Titel perfekt. Wer wie der FCB zu Hause ungeschlagen bleibt und dabei nur drei Punkte abgibt und wer zudem insgesamt nur 26 Tore kassiert, der hat wahrlich meisterliche Qualitätsmerkmale.

Eine starke Saison spielten auch die Bremer, der HSV und der VfB Stuttgart. Die Schwaben führten in der Hinrunde kurz die Tabelle an und erreichten das UEFA-Cup-Finale, wo sie aber ebenso an Diego Maradonas SSC Neapel scheiterten wie im Halbfinale die Bayern.

Bremen "verkauft" Heimspiel an einen Sponsor

Charakteristisch für die letzte Saison vor Überwindung der Teilung Deutschlands waren die Zukunftssorgen der Bundesliga. Die Zuschauerzahlen stürzten erneut unter die 18.000er-Marke, es gab allerlei Initiativen. Manche regten die Verkleinerung der Bundesliga auf 16 Vereine an, andere einen neuen Modus.

Und es gab mehr oder weniger pfiffige Ideen. Während Uli Hoeneß für seinen Vorschlag, bei einem Sieg unter 3:0 gegen Stuttgarter Kickers den Eintritt zurückzuzahlen, viel Kritik einsteckte und einen Rückzieher machen musste, machte Kollege Willi Lemke ein sattes Geschäft - Werder Bremen verkaufte im März als erster Verein ein Heimspiel an einen Sponsor.

Autohersteller Citroen bezahlte 120.000 Mark, verscherbelte die Tickets zum Dumping-Preis (drei Mark pro Stehplatz, acht pro Sitzplatz) und nutzte die einmalige Chance, gegen Waldhof Mannheim ungehemmt und exklusiv im Stadion erscheinen zu können. 37.204 Zuschauer kamen so zum ersten völlig legal verkauften Bundesligaspiel. Saisonrekord gegen den Tabellenletzten. Lemke: "12.000 Zuschauer kommen normalerweise gegen Waldhof, das macht rund 70.000 Mark netto. Also haben wir jetzt zusätzlich 50.000 DM verdient." Die Idee erhielt sogar aus München Beifall, blieb aber ein Einzelfall.

[bild2]

Zuschauereinwirkung sorgt für Spielwiederholung

Auf ein anderes Novum hätte die Bundesliga gut und gern verzichten können: Wegen eines Feuerzeugwurfs an den Kopf des Gladbachers Christian Hochstätter in Karlsruhe musste erstmals ein Spiel auf Grund von Zuschauereinwirkungen wiederholt werden. Bisher war das nur Gevatter Nebel gelungen.

Ein Novum fand ein schnelles Ende: Stuttgart hatte 1988/1989 zwei Bundesligisten, doch die Kickers verabschiedeten sich trotz eines 2:0-Sieges gegen die Bayern gleich wieder. Mit ihnen erwischte es Hannover 96, das ebenfalls den Gang in Liga zwei antreten musste.

Eintracht Frankfurt dagegen kam mit dem Schrecken davon und hatte in der Relegation – gegen Saarbrücken – erneut das bessere Ende für sich hatte. Dabei schossen die Hessen nur 30 Tore und führten die Schar der Offensivverweigerer an, aus noch immer ungeklärten Gründen fielen satte 110 Tore weniger als im Vorjahr. Und es sollte noch schlimmer kommen.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 26. BUNDESLIGASAISON

Tore: 852 (2,78 pro Spiel) - Minusrekord
Torschützenkönig: Thomas Allofs (1. FC Köln) und Roland Wohlfarth (Bayern) je 17 - Minusrekord
Zuschauer: 5.495.457 (17.959 pro Spiel)
Meister: Bayern München
Absteiger: Hannover 96, Stuttgarter Kickers
Aufsteiger: FC Homburg, Fortuna Düsseldorf
Trainerentlassungen: 8