50 Jahre Bundesliga: Die Saison 2011/2012

Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu gibt es auf DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute zum Abschluss: die Saison 2011/2012.

Die vergangene Saison gab sich alle Mühe, unvergesslich zu bleiben. Wohl selten hatten die Fans so viel Gesprächsstoff. Sie staunten und applaudierten dem Titelverteidiger Borussia Dortmund, der zwischenzeitlich acht Punkte hinter den Bayern lag, aber dank einer Superserie von 28 Spielen ohne Niederlage erneut am 32. Spieltag aber Meister wurde.

Bayern werden dreimal Zweiter

Sie debattierten kontrovers, was an den Ego-Vorwürfen gegen Arjen Robben dran sei, die lauter wurden, als der Niederländer im Gipfeltreffen in Dortmund Mitte April den Elfmeter verschoss, der die Saison entschied. Nicht dass er verschoss, sondern dass er unbedingt schießen wollte, nahm ihm manch einer krumm. Erst recht, als sich das Missgeschick gegen Chelsea im "Finale dahoam" in München wiederholte. So nah war lange kein Bundesligist mehr dran am Gewinn der Champions League. Elf Jahre beträgt die Wartezeit auf internationale Titel nunmehr.

Mit drei zweiten Plätzen – auch das Pokalfinale verlor Bayern gegen BVB mit 2:5 – waren die Bayern noch nie in die Ferien gegangen. Hat Jupp Heynckes, der den Rekordmeister schon zum dritten Mal coacht, etwa das "Vizekusen"-Syndrom aus Leverkusen importiert?

Weniger scherzhaft, sondern mitfühlend, sprachen die Menschen über einen anderen Trainer: Schalkes Ralf Rangnick trat nach dem 6. Spieltag zurück: Burn-out-Syndrom. Trainer-Legende Huub Stevens kam zurück an die Stätte seiner Triumphe, nun mit neuer Philosophie. Es hatte sich ausgemauert, die Null stand nicht mehr, nirgends fielen mehr Treffer als bei Schalker Spielen (3,47).

Chaos in der Relegation - auch Rehhagel hilft Hertha nicht

Auch das Drama in der Relegation bestimmte die Stammtisch-Gespräche oder deren virtuelle Ableger, die Internetforen. Freilich darf es hier keine zwei Meinungen geben: Szenen wie in Düsseldorf, als Fans beider Lager für Spielunterbrechungen sorgten, will niemand sehen und schaden dem Fußball. Erst nach zwei Verhandlungen vor den DFB-Gerichten stand der 18. Teilnehmer an der Bundesliga 2012/2013 fest: Fortuna Düsseldorf. Und Hertha BSC musste wieder absteigen.

Allein die Vorgänge in der Hauptstadt würden ein Buch füllen. Trainer Markus Babbel entzweite sich mit Manager Michael Preetz. Gravierend waren die Folgen: Hertha entließ Babbel ein halbes Jahr früher, als der wollte, doch Nachfolger Michael Skibbe verlor alle fünf Pflichtspiele und war Anfang März schon wieder weg.

Es kam, und das war für viele der Hammer schlechthin, Otto Rehhagel. Für das 73-jährige "Kind der Bundesliga" schloss sich ein Kreis. 1963 stand er am allerersten Spieltag im Hertha-Trikot auf dem Platz. Dass die Hauptstadt die bevorstehende 50. Saison nur aus dem Fernsehen verfolgen darf, konnte "König Otto" aber auch nicht verhindern.

Podolski verlässt Köln, Raúl sagt auf Schalke "Adios"

Die Mitabsteiger waren nicht minder namhaft und sind vom Selbstverständnis her ewige Bundesligisten. Dennoch mussten der 1. FC Kaiserslautern, dem nur 24 Tore gelangen, und der 1. FC Köln Abschied nehmen. Lukas Podolski zog es nach dem dritten Abstieg mit seinem Lieblingsklub nach England, er spielt nun für Arsenal London.

Mit dem Spanier Raúl, der sich nicht nur in die Herzen der Schalker Fans schoss, verlor die Liga eine weitere Attraktion. Auch Michael Ballack wird nicht mehr in der Bundesliga spielen, über den Verlauf der Saison in Leverkusen war der 99-malige Nationalspieler ebenso enttäuscht wie sein Verein, der die Champions League verpasste.

Bayern und Schalke erging es da besser, Borussia Mönchengladbach droht sie in der Qualifikation zu verpassen. Dennoch zählen auch die Borussen zu den Saisongewinnern, mit Marco Reus (jetzt BVB) hatten sie den Fußballer des Jahres. Der Abstiegskandidat der Vorsaison spielte lange um die Meisterschaft mit, die bis Februar noch ein Vierkampf war. Dann aber zogen die Dortmunder einen Endspurt an, dem keiner mehr folgen konnte.

Streich: "An die Grenzen des Möglichen gegangen"

Die Dortmunder der unteren Tabellenhälfte hießen FC Augsburg und SC Freiburg. In die Winterpause gingen sie auf Abstiegsplätzen, aber beide schafften die Rettung. Die einen (Freiburg) nach einem Trainerwechsel, die anderen nicht. Hätte irgendwer den Rückrunden-Trainer des Jahres wählen lassen, Freiburgs Christian Streich wäre weit vorne gelandet. Sympathisch, bescheiden, ein bisschen schräg und äußerst uneitel rettete er den SC in die Jubiläumssaison hinein. "Wir sind an die Grenzen des Möglichen gegangen", sagte er.

Dem HSV attestierte das niemand, aber selbst seine schlechteste Platzierung in 49 Bundesligajahren reichte zur Versetzung. So bleibt den Hamburgern, was für keinen anderer Klub gilt: immer erste Liga. Sie haben alle Zeiten miterlebt, die guten und die schlechten.

Momentan sind sie generell gut: Nie gab es mehr Zuschauer, nie waren Umsätze und TV-Gelder höher und wohl selten gab es so viele junge Spaßfußballer. Alles spricht für eine schöne Jubiläumsfeier.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 49. BUNDESLIGASAISON

Tore: 875 (2,86 pro Spiel)
Torschützenkönig: Klaas-Jan Huntelaar (Schalke 04) 29
Zuschauer: 13.553.692 (44.293 pro Spiel) - Rekord
Meister: Borussia Dortmund
Absteiger: Hertha BSC, 1. FC Köln, 1. FC Kaiserslautern
Aufsteiger: SpVgg. Greuther Fürth, Eintracht Frankfurt, Fortuna Düsseldorf
Trainerentlassungen: 9
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Ein rundes Jubiläum steht für Europas erfolgreichste Liga kurz bevor. Pünktlich dazu gibt es auf DFB.de eine neue Serie. In "Eine Erfolgsgeschichte: 50 Jahre Bundesliga" fasst der Autor und Historiker Udo Muras noch einmal alle bisherigen Spielzeiten der deutschen Eliteklasse zusammen. Heute zum Abschluss: die Saison 2011/2012.

Die vergangene Saison gab sich alle Mühe, unvergesslich zu bleiben. Wohl selten hatten die Fans so viel Gesprächsstoff. Sie staunten und applaudierten dem Titelverteidiger Borussia Dortmund, der zwischenzeitlich acht Punkte hinter den Bayern lag, aber dank einer Superserie von 28 Spielen ohne Niederlage erneut am 32. Spieltag aber Meister wurde.

Bayern werden dreimal Zweiter

Sie debattierten kontrovers, was an den Ego-Vorwürfen gegen Arjen Robben dran sei, die lauter wurden, als der Niederländer im Gipfeltreffen in Dortmund Mitte April den Elfmeter verschoss, der die Saison entschied. Nicht dass er verschoss, sondern dass er unbedingt schießen wollte, nahm ihm manch einer krumm. Erst recht, als sich das Missgeschick gegen Chelsea im "Finale dahoam" in München wiederholte. So nah war lange kein Bundesligist mehr dran am Gewinn der Champions League. Elf Jahre beträgt die Wartezeit auf internationale Titel nunmehr.

Mit drei zweiten Plätzen – auch das Pokalfinale verlor Bayern gegen BVB mit 2:5 – waren die Bayern noch nie in die Ferien gegangen. Hat Jupp Heynckes, der den Rekordmeister schon zum dritten Mal coacht, etwa das "Vizekusen"-Syndrom aus Leverkusen importiert?

Weniger scherzhaft, sondern mitfühlend, sprachen die Menschen über einen anderen Trainer: Schalkes Ralf Rangnick trat nach dem 6. Spieltag zurück: Burn-out-Syndrom. Trainer-Legende Huub Stevens kam zurück an die Stätte seiner Triumphe, nun mit neuer Philosophie. Es hatte sich ausgemauert, die Null stand nicht mehr, nirgends fielen mehr Treffer als bei Schalker Spielen (3,47).

Chaos in der Relegation - auch Rehhagel hilft Hertha nicht

Auch das Drama in der Relegation bestimmte die Stammtisch-Gespräche oder deren virtuelle Ableger, die Internetforen. Freilich darf es hier keine zwei Meinungen geben: Szenen wie in Düsseldorf, als Fans beider Lager für Spielunterbrechungen sorgten, will niemand sehen und schaden dem Fußball. Erst nach zwei Verhandlungen vor den DFB-Gerichten stand der 18. Teilnehmer an der Bundesliga 2012/2013 fest: Fortuna Düsseldorf. Und Hertha BSC musste wieder absteigen.

Allein die Vorgänge in der Hauptstadt würden ein Buch füllen. Trainer Markus Babbel entzweite sich mit Manager Michael Preetz. Gravierend waren die Folgen: Hertha entließ Babbel ein halbes Jahr früher, als der wollte, doch Nachfolger Michael Skibbe verlor alle fünf Pflichtspiele und war Anfang März schon wieder weg.

Es kam, und das war für viele der Hammer schlechthin, Otto Rehhagel. Für das 73-jährige "Kind der Bundesliga" schloss sich ein Kreis. 1963 stand er am allerersten Spieltag im Hertha-Trikot auf dem Platz. Dass die Hauptstadt die bevorstehende 50. Saison nur aus dem Fernsehen verfolgen darf, konnte "König Otto" aber auch nicht verhindern.

Podolski verlässt Köln, Raúl sagt auf Schalke "Adios"

Die Mitabsteiger waren nicht minder namhaft und sind vom Selbstverständnis her ewige Bundesligisten. Dennoch mussten der 1. FC Kaiserslautern, dem nur 24 Tore gelangen, und der 1. FC Köln Abschied nehmen. Lukas Podolski zog es nach dem dritten Abstieg mit seinem Lieblingsklub nach England, er spielt nun für Arsenal London.

Mit dem Spanier Raúl, der sich nicht nur in die Herzen der Schalker Fans schoss, verlor die Liga eine weitere Attraktion. Auch Michael Ballack wird nicht mehr in der Bundesliga spielen, über den Verlauf der Saison in Leverkusen war der 99-malige Nationalspieler ebenso enttäuscht wie sein Verein, der die Champions League verpasste.

Bayern und Schalke erging es da besser, Borussia Mönchengladbach droht sie in der Qualifikation zu verpassen. Dennoch zählen auch die Borussen zu den Saisongewinnern, mit Marco Reus (jetzt BVB) hatten sie den Fußballer des Jahres. Der Abstiegskandidat der Vorsaison spielte lange um die Meisterschaft mit, die bis Februar noch ein Vierkampf war. Dann aber zogen die Dortmunder einen Endspurt an, dem keiner mehr folgen konnte.

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Streich: "An die Grenzen des Möglichen gegangen"

Die Dortmunder der unteren Tabellenhälfte hießen FC Augsburg und SC Freiburg. In die Winterpause gingen sie auf Abstiegsplätzen, aber beide schafften die Rettung. Die einen (Freiburg) nach einem Trainerwechsel, die anderen nicht. Hätte irgendwer den Rückrunden-Trainer des Jahres wählen lassen, Freiburgs Christian Streich wäre weit vorne gelandet. Sympathisch, bescheiden, ein bisschen schräg und äußerst uneitel rettete er den SC in die Jubiläumssaison hinein. "Wir sind an die Grenzen des Möglichen gegangen", sagte er.

Dem HSV attestierte das niemand, aber selbst seine schlechteste Platzierung in 49 Bundesligajahren reichte zur Versetzung. So bleibt den Hamburgern, was für keinen anderer Klub gilt: immer erste Liga. Sie haben alle Zeiten miterlebt, die guten und die schlechten.

Momentan sind sie generell gut: Nie gab es mehr Zuschauer, nie waren Umsätze und TV-Gelder höher und wohl selten gab es so viele junge Spaßfußballer. Alles spricht für eine schöne Jubiläumsfeier.

ZAHLEN UND FAKTEN DER 49. BUNDESLIGASAISON

Tore: 875 (2,86 pro Spiel)
Torschützenkönig: Klaas-Jan Huntelaar (Schalke 04) 29
Zuschauer: 13.553.692 (44.293 pro Spiel) - Rekord
Meister: Borussia Dortmund
Absteiger: Hertha BSC, 1. FC Köln, 1. FC Kaiserslautern
Aufsteiger: SpVgg. Greuther Fürth, Eintracht Frankfurt, Fortuna Düsseldorf
Trainerentlassungen: 9