50 Jahre, 50 Gesichter: Übertroffene Erwartungen

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50 Jahre, 50 Gesichter: Für DFB.de erzählt der Autor und Historiker Udo Muras die Geschichte der Bundesliga an Persönlichkeiten nach, die die deutsche Eliteliga prägten. Jahr für Jahr. Heute: Lothar Matthäus, der nach seinem Aufsehen erregenden Wechsel von Mönchengladbach nach München bei den Bayern 1985 Meister und Rekordtorschütze wird.

Mit 18 war Lothar Matthäus in Mönchengladbach Bundesligaspieler geworden, mit 19 war er bereits Europameister. Als er 22 war, hatte sich daran nichts geändert, Titel hatte er noch nicht gewonnen. So musste er nicht lange zaudern, als ihn die Münchner Bayern im November 1983 ansprachen. "Im Düsseldorfer ‚Interconti’ machte ich mit Uli Hoeneß alles klar. Ein BILD-Reporter hatte irgendwie davon Wind bekommen. Als er mich auf einen Wechsel zu Bayern ansprach, griff ich zu einer Notlüge: ‚Da ist nichts dran’." Es kam, wie es kommen musste. Der Transfer wurde vorzeitig publik und Matthäus musste in den letzten Wochen der Saison 1983/84 Spießruten laufen. Wegen der Notlüge und des Wechsels zu den Bayern – der war bei der damaligen Rivalität der ersten Bundesliga-Supermächte in den Augen der Gladbacher Fans Hochverrat. Ein verschossener Elfmeter im Pokalfinale 1984 ausgerechnet gegen die dadurch letztlich siegreichen Bayern überschattete den Abschied des Jung-Nationalspielers noch stärker.

Alle Welt war nun gespannt, wie er nach dem Trubel im Haifischbecken München mit dem Erwartungsdruck klar kommen würde. Um es vorweg zu nehmen: Matthäus schlug voll ein. Dass ein neuer Spieler sofort vereinsinterner Torschützenkönig wird, hatte es an der Säbener Straße in der Bundesliga noch nie gegeben. Doch seine 16 Treffer waren unübertroffen, dabei war er als defensiver Mittelfeldspieler für die Torproduktion alles andere als verantwortlich. Auch die Elfmeter ließen sie den Neuen gleich schießen, er vollstreckte alle drei in seiner Münchner Premieren-Saison.

Traum-Saison statt "Aufbaujahr"

Und obwohl es nicht einmal Uli Hoeneß verlangte, der nach dem Abgang von Weltstar Karl-Heinz Rummenigge zurückhaltend formulierte, "das wird lediglich ein Zwischen- und Aufbaujahr", feierten sie im Juni ihre achte Meisterschaft. Vom ersten Spieltag an marschierten die Bayern vorneweg und Matthäus war mit einer Ausnahme immer in der Startelf. Mit Udo Lattek in München und Franz Beckenbauer ab Saisonstart in der Nationalmannschaft hatte er zwei Trainer, die unumschränkt auf ihn setzten. Kurios: trotz der Dominanz der Bayern fuhr Matthäus in jener Saison oft als einziger Münchner zur Nationalmannschaft.

Matthäus’ Traum-Saison wurde etwas getrübt von der Rückkehr an den Bökelberg, wo sie ihn im Dezember 1984 mit „Judas“-Rufen empfingen. Manager Helmut Grashoff verhängte Klub-Haus-Verbot und als sich Kinder ein Autogramm vom Überläufer holen wollten, wurden sie von einem Ordner verjagt. Zu allem Übel verlor Bayern 2:3 und Matthäus spielte schwach. Im Rückspiel verspürte er Genugtuung, beim 4:0-Sieg unter den Torschützen zu sein.

Nach dem 1:0 in Braunschweig am letzten Spieltag konnte er dann erstmals die Meisterschale anfassen. Dass er sie vor Aufregung in den Matsch fallen ließ, haben sie ihm leicht verziehen an diesem regnerischen Freudentag. Ebenso wie die Spottgesänge auf die Borussia auf dem Rückflug, die auf den Champagner-Einfluss zurück zu führen waren.

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Lob von allen Seiten

Die ZDF-Zuschauer wählten ihn am Abend des 8. Juni immerhin zum drittbesten Spieler der Saison, er erhielt 142.475 Stimmen, vor ihm standen nur Team-Kollege Ludwig Kögl und Rudi Völler von Vize-Meister Werder Bremen. Und der Kicker kürte Matthäus nach der Saison zum besten defensiven Mittelfeldspieler, Rubrik "Internationale Klasse". Auszug aus der Laudatio "Wer geht so lange Wege wie er und wer ist dann noch so torgefährlich und erfolgreich im Abschluss!"

"Meine Entscheidung für München war goldrichtig!", stellte Matthäus klar und wer wollte dem im Glanz der Silberschale widersprechen? Er würde sie noch fünf Mal gewinnen – immer mit den Bayern.

Lothar Matthäus' Bundesligabilanz: 464 Spiele, 121 Tore, Sieben Mal Meister (1985, 1986, 1987, 1994, 1997, 1999, 2000)

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50 Jahre, 50 Gesichter: Für DFB.de erzählt der Autor und Historiker Udo Muras die Geschichte der Bundesliga an Persönlichkeiten nach, die die deutsche Eliteliga prägten. Jahr für Jahr. Heute: Lothar Matthäus, der nach seinem Aufsehen erregenden Wechsel von Mönchengladbach nach München bei den Bayern 1985 Meister und Rekordtorschütze wird.

Mit 18 war Lothar Matthäus in Mönchengladbach Bundesligaspieler geworden, mit 19 war er bereits Europameister. Als er 22 war, hatte sich daran nichts geändert, Titel hatte er noch nicht gewonnen. So musste er nicht lange zaudern, als ihn die Münchner Bayern im November 1983 ansprachen. "Im Düsseldorfer ‚Interconti’ machte ich mit Uli Hoeneß alles klar. Ein BILD-Reporter hatte irgendwie davon Wind bekommen. Als er mich auf einen Wechsel zu Bayern ansprach, griff ich zu einer Notlüge: ‚Da ist nichts dran’." Es kam, wie es kommen musste. Der Transfer wurde vorzeitig publik und Matthäus musste in den letzten Wochen der Saison 1983/84 Spießruten laufen. Wegen der Notlüge und des Wechsels zu den Bayern – der war bei der damaligen Rivalität der ersten Bundesliga-Supermächte in den Augen der Gladbacher Fans Hochverrat. Ein verschossener Elfmeter im Pokalfinale 1984 ausgerechnet gegen die dadurch letztlich siegreichen Bayern überschattete den Abschied des Jung-Nationalspielers noch stärker.

Alle Welt war nun gespannt, wie er nach dem Trubel im Haifischbecken München mit dem Erwartungsdruck klar kommen würde. Um es vorweg zu nehmen: Matthäus schlug voll ein. Dass ein neuer Spieler sofort vereinsinterner Torschützenkönig wird, hatte es an der Säbener Straße in der Bundesliga noch nie gegeben. Doch seine 16 Treffer waren unübertroffen, dabei war er als defensiver Mittelfeldspieler für die Torproduktion alles andere als verantwortlich. Auch die Elfmeter ließen sie den Neuen gleich schießen, er vollstreckte alle drei in seiner Münchner Premieren-Saison.

Traum-Saison statt "Aufbaujahr"

Und obwohl es nicht einmal Uli Hoeneß verlangte, der nach dem Abgang von Weltstar Karl-Heinz Rummenigge zurückhaltend formulierte, "das wird lediglich ein Zwischen- und Aufbaujahr", feierten sie im Juni ihre achte Meisterschaft. Vom ersten Spieltag an marschierten die Bayern vorneweg und Matthäus war mit einer Ausnahme immer in der Startelf. Mit Udo Lattek in München und Franz Beckenbauer ab Saisonstart in der Nationalmannschaft hatte er zwei Trainer, die unumschränkt auf ihn setzten. Kurios: trotz der Dominanz der Bayern fuhr Matthäus in jener Saison oft als einziger Münchner zur Nationalmannschaft.

Matthäus’ Traum-Saison wurde etwas getrübt von der Rückkehr an den Bökelberg, wo sie ihn im Dezember 1984 mit „Judas“-Rufen empfingen. Manager Helmut Grashoff verhängte Klub-Haus-Verbot und als sich Kinder ein Autogramm vom Überläufer holen wollten, wurden sie von einem Ordner verjagt. Zu allem Übel verlor Bayern 2:3 und Matthäus spielte schwach. Im Rückspiel verspürte er Genugtuung, beim 4:0-Sieg unter den Torschützen zu sein.

Nach dem 1:0 in Braunschweig am letzten Spieltag konnte er dann erstmals die Meisterschale anfassen. Dass er sie vor Aufregung in den Matsch fallen ließ, haben sie ihm leicht verziehen an diesem regnerischen Freudentag. Ebenso wie die Spottgesänge auf die Borussia auf dem Rückflug, die auf den Champagner-Einfluss zurück zu führen waren.

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Lob von allen Seiten

Die ZDF-Zuschauer wählten ihn am Abend des 8. Juni immerhin zum drittbesten Spieler der Saison, er erhielt 142.475 Stimmen, vor ihm standen nur Team-Kollege Ludwig Kögl und Rudi Völler von Vize-Meister Werder Bremen. Und der Kicker kürte Matthäus nach der Saison zum besten defensiven Mittelfeldspieler, Rubrik "Internationale Klasse". Auszug aus der Laudatio "Wer geht so lange Wege wie er und wer ist dann noch so torgefährlich und erfolgreich im Abschluss!"

"Meine Entscheidung für München war goldrichtig!", stellte Matthäus klar und wer wollte dem im Glanz der Silberschale widersprechen? Er würde sie noch fünf Mal gewinnen – immer mit den Bayern.

Lothar Matthäus' Bundesligabilanz: 464 Spiele, 121 Tore, Sieben Mal Meister (1985, 1986, 1987, 1994, 1997, 1999, 2000)