"20 Jahre, 20 Köpfe": Evelyn Holtkamp lässt die Männer nach ihrer Pfeife tanzen

DFB.de: Auf dem Fußballplatz können Sie sich also durchsetzen. Unterstützung für Ihre Tätigkeit als Schiedsrichterin haben Sie sich dennoch geholt. Da geht es aber um etwas anderes, richtig?

Holtkamp: Genau, ich nehme beim Leadership-Programm vom Deutschen Fußball-Bund und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) teil. Das Programm bereitet auf künftige Führungspositionen im Ehrenamt in der Vereins- oder Verbandsstruktur vor.

DFB.de: Das Programm dauert ein Jahr, etwa sechs Monate sind schon rum. Wie ist Ihr Eindruck?

Holtkamp: Ich bin zufrieden. Die Organisation funktioniert gut und mein Mentor, Dr. Lothar Rieth, passt sehr gut zu mir. Er ist Konzernexperte und selbst Schiedsrichter in Karlsruhe. Er kann mich gut auf eine Führungsposition vorbereiten.

DFB.de: Was streben Sie an?

Holtkamp: Kurzfristig nichts. Längerfristig natürlich eine Führungsposition im Schiedsrichterwesen, zum Beispiel im Verbandsschiedsrichterausschuss. Im Moment habe ich ja schon die Leitung vom bfv-Programm zur Gewinnung neuer Schiedsrichterinnen.

DFB.de: Dann können Sie das Erlernte ja direkt in die Praxis umsetzen. Was können Sie über das Berufliche hinaus persönlich von dem Programm mitnehmen?

Holtkamp: Dinge wie Selbstbewusstsein, wie man sich ein gewisses Standing erarbeitet aber auch Inhalte zum Thema Entscheidungsfindung kann man fürs Privatleben aber auch fürs Berufsleben mitnehmen. Ich arbeite als Softwareentwicklerin. Gerade für die Besprechung mit Kunden sind diese Faktoren hilfreich. Aber in erster Linie nehme ich das meiste natürlich für meine Schiedsrichter-Funktion mit. Da bin ich nämlich nach wie vor eine Exotin. Eine Frau unter 150 Männern.

[jus]


Rund 400.000 Menschen in Deutschland engagieren sich ehrenamtlich für den Fußball. Sie sind Vereinsvorsitzender, Abteilungsleiterin, Jugendleiter oder Schatzmeisterin. Rechnet man die unzähligen freiwilligen Helfer hinzu - den Platzwart, die Betreuerin der Bambinis, den Papa am Grill, die Mama an der Waschmaschine - sind es zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen 1,7 Millionen Menschen, die dafür sorgen, dass der Ball rollt. Die "Aktion Ehrenamt" des Deutschen Fußball-Bundes feiert im Jahr 2017 ihr 20-jähriges Jubiläum. Zwei Jahrzehnte der Unterstützung aller ehrenamtlich und freiwillig Engagierten. "20 Jahre, 20 Köpfe": Im Jubiläumsjahr der "Aktion Ehrenamt" zeigen wir Ihnen einige Verrückte und Vorbilder. Heute: Schiedsrichterin Evelyn Holtkamp.

Männerdomäne Fußball. Evelyn Holtkamp ist trotzdem hier zu Hause. Sie ist Schiedsrichterin und Vorsitzende der Schiedsrichter-Kommission im Badischen Fußballverband (bfv). "Eine Exotin", wie sie selber sagt. Jetzt strebt sie auch noch eine Führungsposition in ihrem Ehrenamt an – und das als Frau. Eine Betonung, die nicht abwertend klingen soll. Im Gegenteil. Sie soll verdeutlichen, dass auch heutzutage noch Frauen in Führungsetagen zur Minderheit gehören. Das statistische Bundesamt veröffentlichte vergangenes Jahr eine Studie, die belegt, dass nur 29 Prozent der Führungspositionen in Deutschland von Frauen besetzt sind. Das ist weniger als jede dritte Stelle. Noch weniger Frauen sind als Schiedsrichterin aktiv. Im Badischen Fußballverband liegt der Anteil bei drei Prozent.

Die 31-jährige Evelyn Holtkamp schwimmt gegen den Strom. Und das gleich zweifach: als Schiedsrichterin und Anwärterin auf eine künftige Führungsposition im Ehrenamt. Der DFB und der DOSB haben im Jahr 2016 erstmals das Leadership-Programm für Frauen im Fußball gestartet. Ehrenamtlich engagierte Frauen werden hier für Führungsaufgaben in ihrem Verein oder Verband vorbereitet. Evelyn Holtkamp nimmt an der Premiere teil. DFB.de hat mit ihr über Frauenpower, Herausforderungen und das Leadership-Programm gesprochen.

DFB.de: Frau Holtkamp, wenn Sie abends nach einem Spiel, das sie gepfiffen haben, nach Hause fahren, fragen Sie sich dann nicht manchmal "warum tue ich mir das überhaupt an"?

Evelyn Holtkamp: Ja, diese Frage habe ich mir besonders während meiner Anfangszeit gestellt. Aber mittlerweile denke ich darüber nicht mehr nach. Konflikte lassen mich kalt.

DFB.de: Warum war der Anfang so schwer?

Holtkamp: In den ersten zwei bis drei Jahren habe ich in der A- und B-Klasse gepfiffen. Die Jungs reagieren teilweise ziemlich abgezockt. Da musste ich erstmal lernen, mich nicht unterkriegen zu lassen.

DFB.de: Und das hat geklappt?

Holtkamp: Ja, der Auftritt ist entscheidend. Als ich dann angefangen habe, in der Landesliga zu pfeifen, hat sich die Situation ohnehin verändert. Die älteren Spieler wissen, dass die Schiedsrichter, die eingesetzt werden, qualifiziert sind - egal ob Mann oder Frau. Ich werde akzeptiert und meine Entscheidungen meistens respektiert.

###more###

DFB.de: Auf dem Fußballplatz können Sie sich also durchsetzen. Unterstützung für Ihre Tätigkeit als Schiedsrichterin haben Sie sich dennoch geholt. Da geht es aber um etwas anderes, richtig?

Holtkamp: Genau, ich nehme beim Leadership-Programm vom Deutschen Fußball-Bund und dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) teil. Das Programm bereitet auf künftige Führungspositionen im Ehrenamt in der Vereins- oder Verbandsstruktur vor.

DFB.de: Das Programm dauert ein Jahr, etwa sechs Monate sind schon rum. Wie ist Ihr Eindruck?

Holtkamp: Ich bin zufrieden. Die Organisation funktioniert gut und mein Mentor, Dr. Lothar Rieth, passt sehr gut zu mir. Er ist Konzernexperte und selbst Schiedsrichter in Karlsruhe. Er kann mich gut auf eine Führungsposition vorbereiten.

DFB.de: Was streben Sie an?

Holtkamp: Kurzfristig nichts. Längerfristig natürlich eine Führungsposition im Schiedsrichterwesen, zum Beispiel im Verbandsschiedsrichterausschuss. Im Moment habe ich ja schon die Leitung vom bfv-Programm zur Gewinnung neuer Schiedsrichterinnen.

DFB.de: Dann können Sie das Erlernte ja direkt in die Praxis umsetzen. Was können Sie über das Berufliche hinaus persönlich von dem Programm mitnehmen?

Holtkamp: Dinge wie Selbstbewusstsein, wie man sich ein gewisses Standing erarbeitet aber auch Inhalte zum Thema Entscheidungsfindung kann man fürs Privatleben aber auch fürs Berufsleben mitnehmen. Ich arbeite als Softwareentwicklerin. Gerade für die Besprechung mit Kunden sind diese Faktoren hilfreich. Aber in erster Linie nehme ich das meiste natürlich für meine Schiedsrichter-Funktion mit. Da bin ich nämlich nach wie vor eine Exotin. Eine Frau unter 150 Männern.

###more###